Gliederung der Vorlesung:
01.
Gegenstand und Aufgaben
02.
Währungspolitik: Historische Einführung
03.
Währungspolitik: Theoretische Grundlagen
04.
Währungspolitik: Das Instrumentarium
05. Währungspolitik:
Die policy-mix-Strategie
06.
Handelspolitik: Historische Einführung
07.
Handelspolitik: Theoretische Grundlagen
08.
Handelspolitik: Das handelspolitische Instrumentarium
09.
Arbeitsmarktpolitik
10.
Kapitalmarktpolitik
11.
Integrationspolitik
12.
Politik zugunsten der Entwicklungsländer
Kapitel 3: . Währungspolitik: Theoretische Grundlagen
Gliederung:
01. Problemstellung
02. Ursachen von Devisenbilanzungleichgewichten
03. Der Wechselkursmechanismus
04. Der Geldmengenpreismechanismus
05. Der Einkommensmechanismus
06. Der Zins-Kredit-Mechanismus
07. Ursachen der Wechselkursschwankungen
08. Einfluss auf die Konjunkturlage im Innern
09. Überwindung der Schuldenkrise
01. Problemstellung
Von den in Kapitel 01 aufgeführten Zielen der Außenwirtschaftspolitik sind
im Rahmen der Währungspolitik insbesondere folgende drei Ziele angesprochen:
·
Ausgleich der Leistungs- und Devisenbilanz,
·
Wechselkursstabilität und
·
Vermeidung unerwünschter Rückwirkungen auf die
Konjunktur.
Wir wollen uns mit diesen drei Zielen im Folgenden befassen. Beginnen wir
mit dem Ziel, die Leistungs- bzw. die Devisenbilanz auszugleichen.
02.
Ursachen von Devisenbilanzungleichgewichten
Als Ursachen von Devisenbilanzungleichgewichten
kommen in Frage:
Erstens Ursachen, die sich auf die Leistungsbilanz
beziehen:
·
unterschiedliche Inflationsraten,
·
unterschiedliche reale Wachstumsraten sowie
·
Unterschiede in der Steuer- und Zollgesetzgebung
Steigen im Inland die Güterpreise stärker als im Ausland, so verlagert sich
die Nachfrage immer mehr auf die Güter im Ausland, die Importausgaben steigen
an und die Exporterlöse sinken gleichzeitig. Die Leistungsbilanz wird
defizitär.
Steigen andererseits die realen Wachstumsraten im Inland stärker als im Ausland,
steigt der Import stärker als der Export, da die Importnachfrage von der Höhe
des Einkommens abhängt. Der Exporterlös des Inlandes entspricht jedoch den
Importausgaben des Auslandes, die gerade deshalb weniger ansteigen als die
Importausgaben des Inlandes, da annahmegemäß das Einkommen im Ausland weniger
ansteigt als im Inland.
Schließlich können unterschiedliche Umsatzsteuersätze im In- und Ausland
dazu führen, dass die Preise der Güter im In- und Ausland differieren und dass
aus diesen Gründen Ungleichgewichte in den Devisenbilanzen hervorgerufen werden.
Auch die Erhebung von Zöllen verändert die Güterpreise und damit auch die
Leistungsbilanz.
Zweitens Ursachen, die in der Kapitalbilanz
liegen:
·
das Zinsgefälle,
·
spekulative Kapitalbewegungen
Steigt der Zins im Inland stärker als im Ausland, so wird ausländisches
Kapital in stärkerem Maße als bisher im Inland angeboten mit der Folge, dass
mehr Devisen auf den Devisenmärkten angeboten werden. Die Devisenbilanz erhält
einen Überschuss.
Veränderungen im Kapitalexport oder Kapitalimport und damit Ungleichgewichte
in der Kapitalbilanz können sich auch bereits aus Erwartungen über Änderungen
im internationalen Zinsgefälle oder in den Wechselkursen ergeben.
03. Der
Wechselkursmechanismus
In der Literatur werden
verschiedene Möglichkeiten diskutiert, wie Ungleichgewichte in der
Leistungsbilanz sowie in der Devisenbilanz vermindert werden können. Hierzu
zählen der Wechselkursmechanismus, der Geldmengenpreismechanismus, der
Einkommensmechanismus sowie der Zinskreditmechanismus. Wir wollen mit einer
idealtypischen Betrachtungsweise des Wechselkursmechanismus beginnen,
dargestellt anhand eines Devisenbilanz-Defizits.
·
Als Folge des Defizits wird die eigene Währung
(€) abgewertet.
·
Dies führt zu einem Rückgang der Importe (- dIm).
·
Gleichzeitig steigen die Exporte (+ dExp).
·
Dies bewirkt schließlich einen Rückgang im
Devisenbilanz-Defizit: -d(DB-Defizit).
In der Realität kann allerdings nicht in jedem Falle mit dieser idealtypischen
Reaktion gerechnet werden. Ein Anstieg der Devisenkurse findet nämlich nur dann
statt, wenn die Notenbank nicht (z. B. aufgrund eines Systems fester Wechselkurse)
zu einer Intervention auf den Devisenmärkten gezwungen ist oder wenn die
Notenbank im Rahmen eines Systems freier Wechselkurse auf schmutziges Floaten
verzichtet. Von schmutzigem Floaten spricht man immer dann, wenn bei Freigabe
der Wechselkurse die Notenbank durch Intervention den Wechselkurs zu halten
versucht. Denn in diesem Falle wird ja eine Abwertung der eigenen Währung, der
erste Schritt dieser Abfolge zum Abbau des Defizites in der Devisenbilanz
verhindert.
Weiterhin gilt, dass die Elastizitäten der Importnachfrage ausreichend groß
sein müssen, damit die oben gezeigten Wirkungsketten auch eintreten.
Der erzielte Erlös (ExWS) des inländischen Exporteurs kann in inländischer
oder ausländischer Währung angegeben werden. In inländischer Währung berechnet
gibt diese Variable den Gewinn an, welcher für die Investitionen der
Unternehmungen maßgeblich ist. In ausländischer Währung lässt diese Variable
erkennen, welche Wertsumme für Importe zur Verfügung steht.
Die Exportwertsumme in
ausländischer Währung berechnet (ExWS) ist das Produkt aus Eurokurs (w = $/€)
multipliziert mit dem Güterpreis in Euro (pi = €/x) berechnet,
multipliziert mit der Gütermenge (x).
Das Defizit sinkt nur, wenn die Summe der Importnachfrageelastizitäten des
Auslandes (hA) und des Inlandes (hI) größer eins ist.
Denn bei einer Abwertung sinkt zwar die nachgefragte Importgütermenge,
gleichzeitig aber muss ja annahmegemäß für eine Importgütereinheit aufgrund der
Abwertung ein höherer Preis (in ausländischer Währung gerechnet) bezahlt
werden. Die erhoffte Reduzierung des Defizites in der Devisenbilanz tritt als
nur ein, wenn der Preiseffekt geringer ausfällt als der Mengeneffekt. Es gilt
also:
(hA + hI > 1).
Lange Zeit wurden in der Literatur die Importnachfrageelastizitäten systematisch
unterschätzt und angenommen, dass die Summe der in- und ausländischen
Importnachfrageelastizitäten tatsächlich oftmals nicht den Wert eins erreicht.
In Wirklichkeit sind diese Werte jedoch
in aller Regel höher eins. Man ging von vorgegebenen empirischen Werten (Preis–Mengen-Kombinationen)
aus und unterstellte stillschweigend eine Konstanz der Angebotskurve. Indem man
die empirischen Werte miteinander verband, erhielt man eine recht unelastische
Nachfragekurve.
Man kann aber bei der Interpretation dieses empirischen Materials auch unterstellen,
dass zur gleichen Zeit die Angebotskurve nach unten verschoben wurde. In diesem
Falle ergeben die neuen Schnittpunkte zwischen Nachfrage- und Angebotskurve bei
gleichem statistischem Ausgangsmaterial einen recht elastischen Verlauf der
Nachfragekurve.
Drei Phasen lassen sich in der Wirkungskette
des Wechselkursmechanismus unterscheiden:
Kurzfristig:
Nur der Wechselkurs hat sich zunächst verändert,
die Exportwertsumme ExWS$ sinkt;
Mittelfristig:
Die Menge steigt nach einer gewissen Zeit
zusätzlich an und zwar als Reaktion gegenüber der vorangegangenen Kursänderung:
Die Wirkung auf die Exportwertsumme ist von der Importnachfrageelastizität
abhängig, wenn sie größer als eins ist, tritt – wie erhofft – eine Zunahme ein.
Langfristig:
Da die Auslandsnachfrage ansteigt, ist auch – wiederum nach einer gewissen
Zeit – mit einem Anstieg der €-Preise zu rechnen. Allerdings wird die Nachfrage
aufgrund dieser Preissteigerung selbst wiederum etwas zurückgehen.
Verfolgen wir diese drei Phasen, dann führt das Absenken des Devisenkurses
zunächst zu einer Abnahme und erst später zu der erhofften Zunahme der Exportwertsumme
in $ gerechnet. Da die Kurve des zeitlichen Verlaufs dem Buchstaben J gleicht,
sprach man in diesem Zusammenhange auch von einem J-Kurven-Effekt. Erst mittel-
und langfristig tritt der erwünschte Effekt ein, wenn der Absatz und wegen der
erhöhten ausländischen Nachfrage auch der inländische Preis der Exportgüter
ansteigt. Aber auch hier kann nicht immer mit einer Steigerung der Exportsumme
gerechnet werden. Voraussetzung für einen Anstieg in der Exportwertsumme ist
es, dass die nachgefragte Menge prozentual in stärkerem Maße ansteigt als der
partielle Rückgang aufgrund der Abwertung.
Folgende Animation zeigt die Veränderung der
Exportwertsumme (ExWS) im Zeitablauf.
Animation_1
Unsere bisherigen Überlegungen bezogen sich auf die Exportwertsumme in ausländischen
Währungseinheiten berechnet. Dieser Begriff steht – wie bereits vermerkt – im
Mittelpunkt der Frage, ob die Exporterlöse ausreichen, um die Importausgaben zu
finanzieren. Für die Frage der Finanzierung der Investitionen ist von größerer
Bedeutung der Begriff der Exportwertsumme in inländischen Währungseinheiten.
Wir wollen abschließend zu diesem Abschnitt kurz aufzeigen, welche Beziehungen
zwischen diesen beiden Begriffen bestehen.
Hierbei bezieht sich die Exportwertsumme in ausländischen Geldeinheiten berechnet
(ExWS$) auf das Produkt: Preis der Exportgüter in ausländischen Währungseinheiten
(p$) multipliziert mit der Exportgütermenge (x), während sich die
Exportwertsumme in inländischen Währungseinheiten berechnet (ExWS€)
aus dem Produkt: Preis der Exportgüter in inländischen Währungseinheiten (p€)
multipliziert mit der Exportgütermenge (x) ergibt. Entsprechend der Definition
des Devisenkurses (w = $/€) gilt die Formel:
ExWS$ = ExWS€ * w
bzw. ExWS€ = ExWS$ /w
Folgende Graphik verdeutlicht die Zusammenhänge zwischen beiden Begriffen.
Wir gehen von einem 4 Quadranten-Diagramm aus. Wir tragen in den
Nordost-Quadranten die Exportwertsumme ExWS$, in den
Südost-Quadranten die Exportwertsumme ExWS€ und in den Südwest-Quadranten
schließlich den Devisenkurs ab. Der Nordwest-Quadrant schließlich dient über
die 45°-Linie der Spiegelung des ExWS$ in den Südwest-Quadranten.
Wir zeichnen als erstes in den Nordost-Quadranten die ExWS$ ein,
die dem Rechteck p$ * x entspricht. In den Südwest-Quadranten zeichnen wir den
Devisenkurs w ein, der vor der Abwertung der eigenen Währung gegolten hatte.
Wir können nun zeigen, welchen Wert die Exportwertsumme ExWS€ vor
der Abwertung erreicht hatte. Dieser Wert entspricht dem weißen Rechteck im
NO-Quadranten. Ausgehend von diesem Rechteck können wir über die Verbindungslinien
die Exportwertsumme in inländischen Währungseinheiten (ExWS€) ermitteln
und erhalten so das gelbe Rechteck.
Wir führen nun die Abwertung ein, welche bewirkt, dass der Winkel der Devisenkurslinie
im SW-Quadranten verringert wird. Die Exportwertsumme in inländischen
Geldeinheiten berechnet (ExWS€) entspricht nun dem blauen Rechteck
im NO-Quadranten. Folgen wir wiederum den Verbindungslinien, erhalten wir den
Wert der Exportwertsumme in inländischen Geldeinheiten (ExWS€),
welcher dem roten Rechteck im SO-Quadranten entspricht.
04. Der
Geldmengenpreismechanismus
Fragen wir uns zweitens nach der Wirkungsweise des Geldmengenpreismechanismus.
Während der Wechselkursmechanismus bei Systemen freier Wechselkurse zum Zuge
kommt, ergibt sich der Geldmengenpreismechanismus aus den Handlungen der
Notenbanken im Rahmen eines Systems fester Wechselkurse. Idealtypisch funktioniert
der Geldmengenpreismechanismus wie folgt:
Wir gehen wiederum auch hier von einem
Devisenbilanz-Defizit aus.
·
Aufgrund des Defizites ist die inländische
Notenbank gehalten, erstens Devisen zu verkaufen, um auf diese Weise eine
Abwertung der eigenen Währung zu verhindern.
·
Dies führt zweitens zu einer Reduzierung der
umlaufenden Geldmenge.
Drittens wird hierdurch entsprechend der Quantitätstheorie eine
Preisniveaureduzierung bewirkt, soweit die Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes
sowie das Handelsvolumen aufgrund dieser Transaktionen nicht ebenfalls
verändert werden:
G * U = P * H
G: Geldmenge
U: Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes
P: Güterpreisniveau
H: Handelsvolumen
Als Folge hiervon sinken viertens
die Importe, die Exporte steigen. Da die inländischen Preise sinken, ist es für
die inländischen Konsumenten vorteilhaft, Güter, welche bisher importiert
wurden, nun im Inland zu kaufen. Die Preissenkung hat weiterhin zur Folge, dass
die ausländischen Konsumenten nun vermehrt die inländischen Produkte
nachfragen.
Fünftens schließlich sinkt das Devisenbilanz-Defizit, da ja auf der einen
Seite die Exportsumme angestiegen und auf der anderen Seite die Importsumme
reduziert wurde.
Auch hier gilt wiederum, dass dieser idealtypische Verlauf nur unter
bestimmten Bedingungen erreicht wird. Mit folgenden Schwierigkeiten ist beim
Geldmengenmechanismus zu rechnen:
Die Notenbank könnte die erzwungene Geldkontraktion durch expansive Geldpolitik
zu kompensieren versuchen. Man spricht hierbei von sterilisierender
Geldpolitik. Droht eine Abwertung, wird durch den Verkauf der Devisen wie bereits
gezeigt die umlaufende Geldmenge reduziert. Da diese Verringerung der Geldmenge
zu einer Erhöhung der inländischen Zinsen führen wird und da diese kontraktive
Geldpolitik die Konjunktur gefährden könnte, muss befürchtet werden, dass die
Notenbanken diese Wirkungen dadurch zu verhindern suchen, dass sie auf den
inländischen Kapitalmärkten Wertpapiere ankaufen und auf diese Weise die umlaufende
Geldmenge wiederum vermehren.
Auf diese Weise könnte zwar die befürchtete Beeinträchtigung der Konjunktur
verhindert werden. Auf der anderen Seite würde jedoch aufgrund der verhinderten
Reduzierung des Preisniveaus der außenpolitisch erwünschte Rückgang des
Defizites in der Devisenbilanz ebenfalls verhindert.
Der Rückgang der Geldmenge könnte
weiterhin durch Anstieg der Umlaufsgeschwindigkeit oder durch Rückgang des
Handelsvolumens wettgemacht werden.
Entsprechend der Quantitätsgleichung tritt ja die erhoffte Preisreduzierung
nur dann ein, wenn Umlaufsgeschwindigkeit (U) sowie Handelsvolumen (X) konstant
bleiben, bzw. den kontraktiven Geldmengeneffekt nicht vollständig kompensieren.
Weiterhin gilt es auch hier zu überprüfen, ob der Elastizitätspessimismus
zu Recht besteht, ob also die Importnachfrageelastizitäten zu gering sind, um
das Devisenbilanzdefizit zu reduzieren. Es gelte die Marshall-Lerner-Bedingung.
Danach lautet die Stabilitätsbedingung:
S (hI + hA) > 1
hI: = Importnachfrageelastizität des
Inlandes
hA:= Importnachfrageelastizität des
Auslandes
Beachte: Bei einem LB-Defizit muss die Exportwertsumme (ExWS) steigen oder
die Importwertsumme sinken, um eine Gleichgewichtstendenz auszulösen. Die
Exportwertsumme sinkt jedoch – wie gezeigt – partiell, weil annahmegemäß der
Preis sinkt, steigt jedoch partiell, weil die Nachfragemenge steigt.
ExWS = w * pi * x
In welchem Verhältnis jedoch Preissenkung und Mengenzuwachs stehen, hängt von
der Elastizität der Importnachfrage ab. Entsprechend der
Marshall-Lerner-Bedingung sinkt das LB-Defizit nur dann, wenn die Summe der
Importnachfrageelastizitäten des In- und Auslandes größer eins ist. Es kommt
also entscheidend auf die Größe dieser Elastizitäten an, ob der Ankauf von
Devisen seitens der Notenbank wirklich zu dem erwünschten Abbau des Zahlungsbilanzdefizits
führt.
In der Literatur wurde bezweifelt, ob die Marshall-Lerner-Bedingung
wirklich gelte. Die Marshall-Lerner-Bedingung gelte nämlich nur dann, wenn die
notwendige Anpassung nur auf der Güternachfrageseite erfolge. Entscheidend sei
vielmehr die Robinson-Bedingung, bei der sowohl Anpassungen der Nachfrage wie
auch des Angebotes berücksichtigt werden. Die Angebotselastizitäten können nämlich
nur dann vernachlässigt werden, wenn sie de facto unendlich groß sind. Nach
Robinson gilt jedoch, dass bei Berücksichtigung der Angebotselastizitäten die
Summe beider Importnachfrageelastizitäten deutlich unter eins liegen kann, um
dennoch noch ein Gleichgewicht in der Devisenbilanz herbeizuführen.
05. Der
Einkommensmechanismus
Von einem LB-Überschuss gehen zusätzlich einkommenssteigernde Effekte aus,
die selbst wiederum einen Abbau der LB bewirken. Als Beispiel sei dieses Mal
ein LB-Überschuss (LB-Üb) gewählt.
·
Aufgrund des Exportmultiplikators steigt das
Inlandsprodukt: + dY,
·
aufgrund der Inlandsproduktsteigerung steigt der
Import: + dIM,
·
damit sinkt jedoch der LB-Überschuss: - dLB-Üb.
Der Einkommensmechanismus führt allerdings immer nur zu einem begrenzten
Ausgleich. Er ist also nicht in der Lage, das Ungleichgewicht in der Devisenbilanz vollständig zu beseitigen.
Ein vollständiger Einkommensmechanismus würde verlangen, dass dLB/dEX im
Gleichgewicht null wird. Dies wäre jedoch nur dann der Fall, wenn (1 - c) null
würde, was voraussetzen würde, dass die Konsumneigung gerade den Wert 1 aufweisen würde! Dies widerspricht jedoch
jeder Erfahrung.
06. Der
Zins-Kredit-Mechanismus
Die idealtypische Funktionsweise des
Zinskreditmechanismus verläuft wie folgt. Als Beispiel sei ein
DB-Überschuss (DB-Üb) gewählt.
·
Die Geldmenge steigt aufgrund des Ankaufs von
Devisen seitens der Notenbank (+dM).
·
Es kommt aufgrund der Geldmengenvermehrung zu
einer Senkung des inländischen Zinssatzes (-dii).
Deshalb verringert sich der Kapitalimport (-dKIm), vorausgesetzt
der ausländische Zins (iA) bleibt konstant!
·
Gleichzeitig erhöht sich der Kapitalexport (+dKEx).
·
Schließlich kommt es über diese
Kapitalbewegungen zu einem Rückgang im Devisenbilanz–Überschuss (-dDB-Üb).
·
Beachte: Auch hier ist ebenfalls kein
vollständiger Ausgleich der Leistungsbilanz möglich! Die Leistungsbilanz
kann ja nur dadurch beeinflusst werden, dass entweder der Wechselkurs oder aber
die Preisindizes des In- und Auslandes verändert werden. Ein Ausgleich der Devisenbilanz
ist allerdings über einen Zins-Kreditmechanismus dadurch möglich, dass das
gleichbleibende Defizit in der Leistungsbilanz durch Überschüsse in der
Kapitalbilanz kompensiert wird.
Wiederum gilt auch hier, dass diese beschriebenen idealtypischen Wirkungen
in der Realität nicht immer eintreten. Auch hier ist also wiederum mit Schwierigkeiten
beim Zins-Kreditmechanismus zu rechnen:
Die Notenbank betreibt unter Umständen eine sterilisierende Geldpolitik.
Unter sterilisierender Geldpolitik versteht man – wie bereits erwähnt – den
Versuch der Notenbank, die durch Intervention auf dem Devisenmarkt ausgelöste
Geldmengenerweiterung durch entgegengesetzte Intervention auf dem Kapitalmarkt
(also durch Ankäufe von Wertpapieren) zu kompensieren.
Ein Zinsgefälle führt weiterhin nur dann zu Kapitalwanderungen, wenn die
Risiken eines Kapitalexportes nicht zu hoch werden. Wenn also die Risiken einer
Kapitalanlage im Ausland bedeutend größer sind als bei inländischen Kapitalanlagen,
werden die inländischen Kapitalgeber auch dann nicht ihren Kapitalexport auf
Kosten einer inländischen Anlage erhöhen, wenn der inländische Zins im Verhältnis
zum ausländischen Zins sinkt.
Langfristig ziehen schließlich Kapitalexporte wiederum Güterimporte nach
sich. Aufgrund der Kapitalexporte werden im Ausland Produktionsanlagen
errichtet, die ausländische Produktion steigt an und diese vermehrte Produktion
im Ausland kann zum Teil wiederum exportiert (also in das Kapitalgeberland importiert)
werden.
07.
Ursachen der Wechselkursschwankungen
Nachdem wir uns mit der Zielsetzung des Ausgleichs der Devisenbilanz
befasst haben, wollen wir uns nun der zweiten Zielsetzung der
Außenwirtschaftspolitik: der Wechselkursstabilität zuwenden.
Kurzfristig verursachen ZB-Ungleichgewichte Wechselkursschwankungen. Ausgangspunkt
ist eine Datenänderung, welche entweder die Devisenangebots- oder die
Devisennachfragekurve verschiebt.
Unterstellen wir die Nachfragekurve sei nach oben verschoben. Der Wechselkurs
(w) steigt kurzfristig an, weil die Devisennachfrage nun das Devisenangebot
übersteigt.
Langfristig hängen Devisen-Nachfrage und
-Angebot jedoch von folgenden Faktoren ab:
§ vom
Verhältnis der Inlandspreise zu den Auslandspreisen:
§ vom
Verhältnis des inländischen Inlandsproduktes zum ausländischen Inlandsprodukt:
§ vom
Verhältnis des Auslandszinses zum Inlandszins:
§ von
den erwarteten Wechselkursänderungen (we ):
Mit NEDev: Nachfrage nach Devisen
§ von
der Mobilität der Güter und Faktoren: Je elastischer Angebot und Nachfrage von
bzw. nach Gütern reagieren, umso weniger Wechselkursänderungen sind zum
DB-Ausgleich notwendig.
§ vom
Verhalten der Gewerkschaften: Wenn die Gewerkschaften einen Kaufkraftausgleich
durchsetzen, steigt die Import- und Devisennachfrage. Die Lohnsteigerungen
führen zu Steigerungen der Inlandspreise und dies wiederum zu einer Verlagerung
der Konsumnachfrage nach Gütern aus dem Ausland.
Wechselkursschwankungen werden somit vom Gütermarkt sowie vom Kapitalmarkt
bestimmt. Auf dem Gütermarkt gilt das Kaufkraftparitätentheorem: Der
Wechselkurs spiegelt die Kaufkraftparität wieder.
Voraussetzung hierfür ist, dass sich das Preisniveau auf international
gehandelte Güter bezieht, dass die Transportkosten unberücksichtigt bleiben und
dass keine Zölle erhoben werden.
Veränderungen im Preisniveau der Güter, welche gar nicht international gehandelt
werden, können keinen Einfluss auf den Wechselkurs nehmen, da ja Auswirkungen
auf den Wechselkurs über Änderungen der inländischen und ausländischen
Importnachfrage erfolgen. Die Importnachfrage nach diesen Gütern ist jedoch ex
definitione null!
Ein vollständiger Preisausgleich könnte natürlich nur dann erfolgen, wenn
der Import aus dem Ausland ohne jegliche Transportkosten erfolgen würde. Berücksichtigen
wir die Transportkosten, dann entsprechen im Gleichgewicht die Inlandspreise
den Auslandspreisen zuzüglich Transportkosten.
Auch Zölle verhindern einen vollständigen Ausgleich der internationalen
Preise. Wird ein Gut importiert, so hat der Importeur in diesem Falle ja nicht
nur den im Ausland geltenden Preis, sondern zusätzlich den Importzoll zu
entrichten. Ein Gleichgewicht stellt sich also in diesem Falle bereits dann
ein, wenn der inländische Preis dem ausländischen Preis zuzüglich des
Importzolles entspricht.
Auf dem Kapitalmarkt gilt das Zinsparitätstheorem: Bei vollkommener internationaler
Kapitalmobilität erfolgt ein Ausgleich der Zinsen im Inland und Ausland:
iI = iA + (we - w)/w
Welcher dieser Determinanten überwiegt, hängt
entscheidend von folgenden Bedingungen ab:
·
vom jeweils verwirklichten Wechselkurssystem.
In Systemen fester Wechselkurse erfolgt die Kaufkraftparität stärker durch
Bewegungen in den nationalen Preisniveaus, da der Wechselkurs konstant ist.
In Systemen flexibler Wechselkurse wird die Kaufkraftparität stärker durch
Wechselkursschwankungen erreicht. Es gilt:
·
von der Größe eines Landes im Vergleich zum
Ausland.
In sehr kleinen Ländern passt sich der Inlandspreis einseitig an den
Auslandspreis an, die Notenbanken der großen Länder haben über ihre Geldpolitik
auch Einfluss auf den Auslandszins.
08.
Einfluss auf die Konjunkturlage im Innern
Wir wollen wir uns nun mit der Frage
befassen, inwieweit die Außenwirtschaftslage (das Ungleichgewicht in der
Devisenbilanz) auch Einfluss auf die Ziele der Konjunkturpolitik nimmt.
Beginnen wir damit, dass wir überprüfen, auf welche Weise das Ungleichgewicht
in der Devisenbilanz (oder auch der Leistungsbilanz) das Ziel der
Konjunkturstabilisierung beeinträchtigt.
Wir kommen hierbei zu unterschiedlichen Ergebnissen je nachdem wir eine
keynesianische oder eine klassische Betrachtungsweise unterstellen.
Aus keynesianischer Sicht gilt:
Ein Leistungsbilanzdefizit (Import größer als
Export) führt also über eine Reduzierung des Inlandsproduktes (Y) zu einem Rückgang
in der Beschäftigung (B).
Aus klassischer Sicht gilt hingegen:
Ein Leistungsbilanzdefizit (Import größer als Export) führt hier über eine
Verminderung der umlaufenden Geldmenge (M) zu einem Rückgang im Preisniveau
(P).
Wir wollen nun überprüfen, ob
auch Wechselkursschwankungen Einfluss auf die Konjunktur ausüben. Wir wollen
unterstellen, dass aufgrund eines Anstiegs des Devisenkurses die
Importgüterpreise in ausländischer Währung berechnet ebenfalls ansteigen. Die
ausländischen Importgüterpreise gehen aber auch in das inländische Preisniveau
ein. Entweder steigen die Inlandspreise der importierten Konsumgüter oder aber
die Inlandspreise derjenigen Güter, welche zur Produktion ausländische
Rohstoffe benötigen.
Die Gewerkschaften fordern
deshalb oftmals einen Kaufkraftausgleich. Dies hinwiederum bewirkt eine
Erhöhung der Kosten und damit der allgemeinen Preise. Es kommt somit letzten
Endes aufgrund dieser Preissteigerung auch zu einer Veränderung der Inlandsnachfrage
und damit der Inlandskonjunktur.
Es ist darüber hinaus auch mit einer verminderten Effizienz der
Konjunkturpolitik zu rechnen. Bei Autarkie würde die Konjunkturpolitik wie
folgt wirken. Die Geldpolitik würde über eine Geldmengenvermehrung zu einem
Rückgang im Zinssatz führen, was selbst wiederum einen Anstieg im
Investitionsvolumen sowie im Inlandsprodukt auslösen würde:
Eine expansive Fiskalpolitik würde unmittelbar zu
einer Steigerung des Inlandsproduktes führen:
Staatsausgaben
T: Steuern
Allerdings wäre mit einem Crowding out zu rechnen. Die vom Staat
ausgelöste Mehrnachfrage würde nämlich zu
Zinssteigerungen führen, die selbst wiederum partiell das Inlandsprodukt
reduzieren würden und damit den erhofften expansiven Effekt vermindern würden:
In analoger Weise gibt es auch einen außenwirtschaftlich bedingten Crowding
out. Ein Budgetdefizit erhöht nämlich den Import und löst einen negativen Importmultiplikator
aus (These vom außenhandelsbedingten Crowding out).
Entsprechend dem Einkommensmechanismus hängt die Importnachfrage von der
Einkommenshöhe ab. Also wird eine durch ein Defizit des Staatshaushaltes
verursachte Einkommenssteigerung wiederum teilweise dadurch rückgängig gemacht,
dass der Import ansteigt und dass damit eine partielle Einkommensminderung eintritt.
Es gibt aber auch Effizienz steigernde Effekte: Eine expansive Geldpolitik
des Auslandes belebt über Zinssenkungen, die auch zu Zinssenkungen im Inland
führen, die inländische Konjunktur.
Ob im Endergebnis positive oder negative Wirkungen eintreten, hängt von verschiedenen
Faktoren ab. So ist die Frage von Bedeutung, ob die Konjunkturwellen im In- und
Ausland synchron verlaufen; bei asynchronem Konjunkturverlauf führt eine
expansive Geldpolitik des Auslandes zu einer Erhitzung der eigenen Konjunktur.
Beispielsweise herrsche im Ausland ein Konjunkturtief und die ausländische
Notenbank würde deshalb zur Konjunkturanregung die Zinsen senken. Im Inland
hingegen liege bereits eine überhitzte Konjunktur vor, es wäre also erwünscht,
dass die inländische Notenbank die Zinsen erhöhe. In Wirklichkeit führen jedoch
die Zinssenkungen im Ausland auch zu Zinssenkungen im Inland.
Ob positive oder negative Wirkungen eintreten, ist weiterhin davon
abhängig, ob das Ausland vorwiegend über geld- oder fiskalpolitische Maßnahmen
die Konjunktur zu beeinflussen versucht. Eine expansive Geldpolitik des
Auslandes führt zu Zinssenkungen, eine expansive Fiskalpolitik zu
Zinssteigerungen, da ja eine Steigerung der Staatsausgaben einen vermehrten
Geldbedarf auslöst, der selbst wiederum zu Zinssteigerungen führt, sofern die
Geldmenge konstant bleibt.
Ob per Saldo positive oder negative Wirkungen
eintreten, ist weiterhin abhängig:
·
vom Wechselkurssystem: Bei flexiblen
Wechselkursen ist eine weitgehende Abschirmung möglich;
·
von der Größe eines Landes: Nur größere Länder
können das Weltzinsniveau beeinflussen;
·
von der Kapitalmobilität: Nur bei Kapitalmobilität
wirken sich Zinsänderungen auf die DB-Bilanz aus. Bei hohem Anteil der
Kapitalbilanz kann die LB-Bilanz nach wie vor unausgeglichen bleiben.
·
vom Verhalten der Notenbanken: So kann durch schmutziges
Floaten der Abschirmungseffekt verhindert werden;
·
vom Verhalten der Gewerkschaften: Fordern die
Gewerkschaften einen Kaufkraftausgleich für gestiegene Importgüterpreise, kommt
es zu einer erneuten Passivierung der Leistungsbilanz.
09. Überwindung der Schuldenkrise
Wir hatten oben gesehen, welchen Weg die Europäische Gemeinschaft gewählt
hat, um den verschuldeten Staaten eine Hilfe zu gewähren. Dieser Weg ist sicherlich
schlecht geeignet, die verschuldeten Länder aus der Krise herauszuführen.
Hierbei hätte es durchaus die Möglichkeit gegeben, dass diese Länder
relativ schnell aus ihrem wirtschaftlichen Tief herausgefunden hätten. Im
Grunde wären drei Maßnahmenkomplexe notwendig gewesen. Diese Länder hätten
erstens ihre Mitgliedschaft in der Europäischen Währungsunion vorübergehend
ruhen lassen und zu einer nationalen Währung zurückkehren müssen. Sie hätten
auf diese Weise die Möglichkeit erhalten, ihre eigene Währung gegenüber dem
Euro abzuwerten.
Diese Abwertung hätte zur Folge gehabt, dass die ausländischen Importeure
die griechischen Exporte zu einem niedrigeren ausländischen Preis erhalten
hätten, ohne dass auch die Einnahmen der griechischen Unternehmungen zurückgegangen
wären. Die Nachfrage nach griechischen Produkten wäre wieder gestiegen, damit
das Leistungsbilanzdefizit abgebaut worden und aufgrund der erhöhten Erlöse der
Unternehmungen auch das Steuervolumen vergrößert worden, was schließlich auch
zu einem Abbau des Staatsbudgets geführt hätte.
Natürlich hätte diese Abwertung auch zur Folge gehabt, dass die Importe Griechenlands
verteuert worden wären. Aber auch diese Wirkung hätte letztendlich zu einem
erneuten Aufschwung beitragen können, da auf der einen Seite aufgrund der
gestiegenen Importpreise in einheimischer Währung ein Rationalisierungszwang
entstanden wäre und auf der anderen Seite die Nachfrage der inländischen
Unternehmer sich dort, wo es möglich war, verstärkt inländischen Konkurrenzprodukten
hätte zuwenden können.
Allerdings wäre es fatal gewesen, wenn diese Abwertung unkontrolliert
durchgeführt worden wäre, der Kurs der neu eingeführten Währung des
verschuldeten Landes wäre in sehr kurzer Zeit bodenlos gesunken mit der Folge,
dass diejenigen Unternehmungen, welche in starkem Maße auf Importe aus dem
Ausland angewiesen sind, in den Bankerott getrieben worden wären.
Diese fatalen Wirkungen hätten jedoch vermieden werden können, wenn eine
kontrollierte Abwertung durchgeführt worden wäre, indem die Währung in kleinen
voraussehbaren Schritten abgewertet worden wäre. Eine solche kontrollierte
Abwertung hätte natürlich die griechische Notenbank nicht allein bewerkstelligen
können, da ja diese Abwertung in kleinen Schritten nur dadurch hätte durchgeführt
werden können, dass die Notenbank inländische Währung mit ausländischen Devisen
aufgekauft hätte, damit diese stufenweise Abwertung überhaupt möglich würde.
Hierzu wäre jedoch die inländische Notenbank mangels ausreichender Devisen
nicht in der Lage. Hier hätte somit die europäische Notenbank sowie der Währungsfonds
diesen Verkauf von Devisen und Ankauf der inländischen Währung des
verschuldeten Landes übernehmen oder zumindest unterstützen müssen.
Die meisten Politiker sowohl der verschuldeten Länder wie der anderen
europäischen Staaten wiesen – ermutigt durch die Presse – diesen Weg jedoch
entschieden von sich und taten so, als ob mit einem solchen Vorschlag
Griechenland der Todesstoß gegeben würde. In Wirklichkeit wäre jedoch den
verschuldeten Ländern mit einem solchen Schritt geholfen worden.
Neben der vorübergehenden Rückkehr des verschuldeten Landes zu einer eigenen
Währung verbunden mit einer Abwertung dieser nationalen Währung wäre es
zweitens hilfreich gewesen, wenn der verschuldeten Regierung erlaubt worden
wäre, im Hinblick auf die eingegangenen Schulden ein Moratorium zu verkünden,
aufgrund dessen der Staat zumindest einen großen Teil dieser Schulden nicht
mehr zurückgezahlt hätte. Auf diese Weise hätte ein durch eine Abwertung
erfolgter wirtschaftlicher Aufschwung sofort zur Gesundung des Landes verwendet
werden können.
Auch dieser Vorschlag wurde von den Geberländern zumindest am Anfang der
Krise vehement abgelehnt und als eine Zumutung und Bankerotterklärung verstanden.
In Wirklichkeit wäre dies der Weg gewesen, der durchaus marktwirtschaftlichen
Prinzipien entsprochen hätte und in der Nachkriegszeit wiederholt von mehreren
größeren Staaten mit Erfolg angewandt wurde.
Ein solches Verfahren hätte somit einer marktwirtschaftlichen Regelung entsprochen.
Jeder Geldgeber, welcher Wertpapiere kauft, hat das Risiko zu tragen, dass
diese Investition auch unter Umständen zu Verlusten führen kann. Je größer
dieses Verlustrisiko ist, um so höher fällt auf einem freien Kapitalmarkt auch
die Rendite aus. Im Hinblick auf Griechenland z. B. war die aussichtslose Lage
der Staatsfinanzen schon lange bekannt und die Käufer der griechischen
Staatspapiere erreichten auch lange Zeit einen enorm hohen Zins. Es entspricht
dem marktwirtschaftlichen Haftungsprinzip, dass dann, wenn eine Unternehmung,
aber auch der Staat pleite geht und nicht mehr in der Lage ist, aus eigener
Kraft diese Kredite zurückzuzahlen, die Eigentümer dieser Wertpapiere den
Verlust zu tragen haben.
Anstatt dass jedoch dieser Weg beschritten wurde, bemühten sich die europäischen
Staaten diese maroden Wertpapiere aufzukaufen, die europäische Notenbank,
stellte in Aussicht, diesem Kurs zu folgen. Später wurden die Banken, welche
den größten Teil dieser Wertpapiere besaßen, genötigt, eine gewisse Minderung
dieser Schuld anzuerkennen.
Auf der einen Seite war die Minderung der Schuld viel zu gering, auf der
anderen Seite kam diese Regelung zu spät, da ja bereits der größte Teil dieser
Staatspapiere in Händen des Staates lag und somit der Steuerzahler letztendlich
für diese Verluste aufkommen musste. Der Steuerzahler war jedoch nicht dieses Risiko
eingegangen, hatte deshalb auch keine Zinsen aus diesen Wertpapieren erhalten
und wurde nun – ganz gegen marktwirtschaftliche Grundprinzipien – zu Unrecht
zur Kasse gebeten.
Oftmals wird gegen den Vorschlag eines Moratoriums eingewandt, dass auf
diese Weise der verschuldete Staat für die Zukunft unglaubwürdig würde und
deshalb auch keine Möglichkeit hätte, in Zukunft wiederum Kredite auf den
Kapitalmärkten aufzunehmen. Es gelte der Grundsatz, wer einmal lügt, dem glaubt
man nicht, auch dann, wenn er die Wahrheit spricht.
Diese Befürchtung besteht nicht zu Recht. De facto haben die Länder, welche
in der Nachkriegszeit diesen Weg eines Moratoriums beschritten haben, ihre zukünftige
Kreditwürdigkeit nicht verloren. Mehrere Gründe sind dafür verantwortlich. In
aller Regel waren es ganz andere Regierungen, welche die Verschuldung des
Staates ausgelöst hatten und welche dann später die Sanierung der Staatsfinanzen
durchführen mussten. Man kann nicht von der Unglaubwürdigkeit der bisherigen
Regierungen auf die Unglaubwürdigkeit der neuen Regierungen schließen.
Des Weiteren interessieren die Kapitalgeber im Allgemeinen nicht so sehr
die vergangenen Aktivitäten und Fehler der Regierungen, sondern allein die
Frage, ob die von der neuen Regierung eingeleiteten Aktivitäten als
wirtschaftlich er-tragreich angesehen werden können. Ist dies der Fall, wird
die neue Regierung auch immer neue Kapitalgeber finden.
Zu diesen beiden Vorschlägen (zeitweise Suspendierung der Mitgliedschaft in
der Währungsunion und Moratorium) hätte nun drittens die Europäische Gemeinschaft
eine Art Marshallplan vorsehen können. Marshall war in der unmittelbaren Zeit
nach dem zweiten Weltkrieg Außenminister der USA und hatte 1948 eine Entwicklungshilfe
in Form eines verlorenen Zuschusses in Höhe von 13 Mrd. Dollar (!) – aufgeteilt
auf vier Jahre für einige wichtige europäische Staaten wie Großbritannien,
Frankreich, Italien und auch Deutschland – vorgeschlagen. Der heute von der
Europäischen Union gebildete Fonds beziffert sich demgegenüber auf 1500 Mrd.
Euro.
Der besondere Charakter dieser finanziellen Spritze bestand darin, dass
diese Geldbeträge nur aus der Sicht des Geberlandes (der USA) einen verlorenen
Zuschuss darstellten. Die einzelnen Unternehmungen erhielten diese Gelder in
Form eines zinsvergünstigten Kredites. Auf diese Weise wurde erreicht, dass die
gleiche Geldsumme mehrfach eingesetzt werden konnte, der Kredit war an ein
eigens hierfür eingerichtetes Geldinstitut zurückzuzahlen, das dann diese
Gelder erneut an Unternehmungen ausgeliehen hat, welche als besonders produktiv
eingestuft werden konnten.
Obwohl also dieser Kredit aus der Sicht der USA ein verlorener Zuschuss
war, der nicht mehr an die USA zurückgezahlt werden musste, kann man trotzdem
nicht davon sprechen, dass es sich hierbei allein um eine caritative Hilfe gehandelt
hatte, welche die Vereinigten Staaten von Amerika selbstlos gewährt hätten. Die
Gewährung der Marshallplanhilfe verfolgte nämlich auf der einen Seite das Ziel,
den Export der eigenen nordamerikanischen Waren nach Europa zu fördern. Solange
die europäischen Staaten danieder lagen, konnten die USA nicht damit rechnen,
ihre eigenen Warenüberschüsse nach Europa zu exportieren. Auf der anderen Seite
wollten die USA über diese finanzielle Hilfe verhindern, dass sich insbesondere
Deutschland dem Sowjetkommunismus zuwendet und damit im kalten Krieg die
Erfolgsaussichten der USA vermindert hätte.
Eine solche Art von Entwicklungshilfe an die verschuldeten europäischen Länder
hätte nun auch von der Europäischen Gemeinschaft gestartet werden können. Auch
hier sollte diese Finanzspritze aus der Sicht Europas ein verlorener Zuschuss
sein, während die Gelder an besonders produktive Unternehmungen in den Schuldnerländern
in Form zinsvergünstigter Kredite gezahlt werden, wobei auch hier wiederum nach
Ablauf der Fristen diese Gelder erneut an andere Unternehmungen hätten
ausgezahlt werden können.
Auf diese Weise hätte der Erholungsprozess der Volkswirtschaften in den verschuldeten
Staaten verstärkt werden können, indem die einzelnen Unternehmungen schneller
in die Lage versetzt worden wären, ihre veralteten und unproduktiven
Produktionsanlagen zu erneuern. Diese Gelder hätten deshalb auch nur an
Unternehmungen gezahlt werden sollen, von denen nach einer Rentabilitätsprüfung
festgestellt wurde, dass diese Hilfen auch für die Erneuerung des Maschinenparks
und damit zur Steigerung der Produktivität dieser Unternehmungen mit Erfolg
eingesetzt würden.
Betrachten wir das gemeinsame Wirken dieser drei Vorschläge, so würde der
Wiederaufbau dieser Volkswirtschaften damit beginnen, dass die einzelnen
Unternehmungen aufgrund des Abwertungseffektes, aber auch der speziellen
Entwicklungshilfe so erneuert werden könnten, dass sie im internationalen Handel
wettbewerbsfähig würden. In diesem Falle würden die Produktion und die Gewinnsumme
und mit ihnen auch die Steuereinnahmen ansteigen, ohne dass die Steuersätze und
damit auch die Preise ebenfalls ansteigen würden.
Auf diese Weise würde verhindert, dass der wirtschaftliche Aufschwung nicht
sofort wiederum aufgrund zusätzlicher Kosten infolge von Steuersatzerhöhungen
gebremst würde. Auch der Umstand, dass die bisherigen Schulden wegen des
Moratoriums entweder gar nicht mehr oder immerhin nur zum Teil oder erst nach
vielen Jahren aufgrund einer Umschuldung zurückgezahlt werden müssten, stünden
alle erhaltenen Kredite und auch die eigenen Gewinne der Unternehmungen für
einen relativ schnellen Aufbau dieser marode gewordenen Volkswirtschaft zur
Verfügung. Entsprechend dieser drei Vorschläge wäre nicht nur Griechenland (dem
jeweiligen Schuldnerland), sondern auch der Europäischen Gemeinschaft wirkungsvoller
geholfen worden als dies vermutlich für das in der jüngsten Vergangenheit
angewandte Maßnahmenpaket gilt.
Zusammenfassung:
01. Die Währungspolitik verfolgt
einen Ausgleich der Leistungs- und Devisenbilanz, eine Wechselkursstabilität
sowie die Vermeidung unerwünschter Rückwirkungen auf die Konjunktur.
02. Der Beitrag der Außenwirtschaftstheorie besteht in der Klärung der
Frage, auf welche Determinanten Veränderungen in diesen drei Zielgrößen zurückgeführt
werden und auf welchem Wege deshalb die erwünschten Zielpositionen erreicht
werden können.
03. Leistungsbilanzungleichgewichte können durch unterschiedliche
Inflationsraten oder reale Wachstumsraten der am Außenhandel beteiligten
Volkswirtschaften als auch aufgrund unterschiedlicher Steuer- und
Zollgesetzgebung ausgelöst werden.
04. Kapitalbilanzungleichgewichte können aufgrund eines internationalen Zinsgefälles
und aufgrund spekulativer Kapitalbewegungen auftreten.
05. Wichtiger als die Frage der Auslösung von Ungleichgewichten ist die
Frage, auf welchem Wege Ungleichgewichte der Zahlungsbilanzen abgebaut werden.
Es gibt im Grunde nur zwei Mechanismen, die der Tendenz nach für einen vollständigen
Abbau von Devisenbilanzungleichgewichten Sorge tragen: Der Geldmengen-Preis-Mechanismus,
der in der Goldwährung und in den Systemen fester Wechselkurse zum Tragen kommt
und der Wechselkursmechanismus, der in Systemen freier Wechselkurse wirksam
ist.
06. Der Wechselkursmechanismus kommt dadurch zum Zuge, dass Änderungen im
Wechselkurs die erforderlichen Änderungen in den Import- und Exportnachfrageströmen
auslösen. Für den Wechselkursmechanismus gilt, dass er allerdings nur soweit
erfolgreich ist, als die Notenbanken nicht durch Devisenmarktinterventionen Veränderungen
im Wechselkurs verhindern (schmutziges Floaten).
07. Lange Zeit ging man von der Marshall-Lerner-Bedingung aus, wonach nur
dann mit Gleichgewichtsbewegungen zu rechnen ist, wenn die Summe der Importnachfrage-Elastizitäten
des In- und Auslandes größer eins sei.
08. In den 50 er Jahren war man aufgrund empirischer Untersuchungen in der
Frage, ob die tatsächlichen Elastizitäten groß genug sind, pessimistisch. In
der Zwischenzeit ist man in dieser Frage optimistischer, da entsprechend der
Robinson-Bedingung Gleichgewichtstendenzen auch dann zu erwarten sind, wenn die
Summe der fraglichen Elastizitäten etwas unter eins liegt. Weiterhin hat die Kritik
an den empirischen Untersuchungen gezeigt, dass das Ausmaß der tatsächlichen
Elastizitäten systematisch unterschätzt wurde.
09. Der Geldmengen-Preis-Mechanismus bewirkt einen Abbau von Ungleichgewichten
dadurch, dass sich über Geldmengenänderungen die nationalen Preisniveaus
einander annähern. Der Geldmengen-Preis-Mechanismus führt allerdings nur unter
idealtypischen Bedingungen zu einem vollständigen Abbau von Ungleichgewichten.
10. So darf die Notenbank keine sterilisierende Geldpolitik auf den
inländischen Kapitalmärkten vornehmen. Weiterhin darf die Veränderung in der
Banknotenmenge nicht durch Giralgeldveränderungen kompensiert werden. Auch muss
die Veränderung in den Güterpreisen zu normalen Nachfrageänderungen führen, die
größer ausfallen als die Preisvariationen.
11. Gleichgewichtstendenzen treten weiterhin nur dann auf, wenn Angebot und
Nachfrage ausreichend elastisch reagieren.
12. Die Problematik des Elastizitätspessimismus ist sowohl für den
Geldmengen-Preis-Mechanismus wie auch für den Wechselkursmechanismus von
Bedeutung. Gleichgültig, ob die Nachfrageänderung durch Änderungen der
nationalen Preise oder durch Änderung des Devisenkurses ausgelöst wurde, sie
verbessert die Devisenbilanz nur dann, wenn die hierdurch ausgelösten
Mengenbewegungen größer ausfallen als die Preisbewegungen.
13. Weiterhin gilt, dass auch in den sogenannten Systemen fester
Wechselkurse die Devisenkurse innerhalb der Bandbreiten schwanken und durch
Änderung in den offiziellen Wechselkursparitäten einem Wandel ausgesetzt sind.
14. Der Einkommensmechanismus basiert auf der Tatsache, dass sich Defizite
der Leistungsbilanz einkommensmindernd auswirken, was selbst wiederum einen
Rückgang in der Importwert-Summe und im Leistungsbilanzdefizit auslöst. Der
Einkommensmechanismus ist allerdings notwendigerweise unvollständig.
15. Der Zins-Kredit-Mechanismus hebt darauf ab, dass bei einem Überschuss
in der Devisenbilanz innerhalb eines Systems fester Wechselkurse die Notenbank
Devisen ankaufen muss. Dies führt zu einem Zuwachs in der umlaufenden
Geldmenge, zu einem Zinsrückgang und schließlich zu Kapitalexporten und einem
Rückgang der Kapitalimporte; beide Kapitalbewegungen bewirken einen Rückgang im
Devisenbilanz-Überschuss. Allerdings darf die Notenbank keine sterilisierende
Geldpolitik betreiben.
16. Wechselkursschwankungen werden kurzfristig durch Ungleichgewichte der
Devisenbilanz ausgelöst, langfristig steigt der Devisenkurs, wenn die Devisennachfrage
steigt und/oder das Devisenangebot zurückgeht. Devisenangebot und -nachfrage
werden ihrerseits vor allem vom Verhältnis der Güterpreise sowie der Zinssätze
im In- und Ausland bestimmt. Diese Zusammenhänge werden im Kaufkraftparitätentheorem
sowie im Zinsparitätstheorem dargestellt.
17. Welche Determinanten des Wechselkurses im einzelnen überwiegen, hängt
vom Wechselkurssystem, von der Größe des Landes, von der Mobilität der Güter
und Faktoren und vom Verhalten der Gewerkschaften ab.
18. In Systemen fester Wechselkurse stellt sich die Kaufkraftparität
stärker durch Bewegungen in den nationalen Preisniveaus, in Systemen flexibler
Wechselkurse stärker durch Wechselkursschwankungen ein.
19. In sehr kleinen Ländern passt sich der Inlandszins einseitig an den Auslandszins
an, die Notenbanken der großen Länder haben über ihre Geldpolitik auch Einfluss
auf den Auslandszins.
20. Eine Kaufkraftparität kann sich weiterhin nur in dem Maße einstellen,
in dem Güter auch international gehandelt werden; ähnlich gilt, dass sich die
Zinsparität nur in dem Maße einstellt, in dem das Kapital mobil ist.
21. Die Gewerkschaften können durch expansive Lohnpolitik in Defizitländern
die Wirksamkeit von Abwertungen unterlaufen und dadurch weitere Wechselkursanpassungen
notwendig machen.
22. Die Außenwirtschaft wirkt sich auf die nationale Konjunkturlage vor
allem über Ungleichgewichte in den Leistungs- und Devisenbilanzen aus, in dem
bei Überschüssen Inflation, bei Defiziten Arbeitslosigkeit importiert wird.
23. Aber auch über Wechselkursschwankungen wird die interne Konjunkturlage
beeinflusst. Die Preise der importierten Konsumgüter gehen unmittelbar in den
Lebenshaltungskostenindex ein, die Preise der importierten Rohstoffe erhöhen
die Kosten und mit ihnen die Preise der im Inland produzierten Güter.
24. Fordern die Gewerkschaften einen Ausgleich für den Anstieg der Lebenshaltungskosten,
so steigen die Preise erneut an, da diesem Lohnstückkostenanstieg kein Anstieg
in der Produktivität gegenübersteht.
25. Internationaler Handel kann den Erfolg nationaler Konjunkturpolitik
beeinträchtigen. Eine kontraktive Geldpolitik mit Zinssteigerungen führt zu
Kapitalimport und damit zu einem Anstieg des Devisenangebotes, die Intervention
der Notenbank führt zu einem Anstieg der Geldmenge, was den Zielen der kontraktiven
Geldpolitik zuwiderläuft.
26. Eine staatliche Beschäftigungspolitik führt gerade dann, wenn sie
zunächst erfolgreich ist, über Einkommens- und Importzuwächse erneut zu einer
Passivierung der Leistungsbilanz, die sich selbst wiederum
beschäftigungsmindernd auswirkt.
27. Allerdings können von der Außenwirtschaft auch positive Einflüsse ausgehen,
so kann die Konjunkturbelebung im Ausland dadurch zu einer Konjunkturbelebung
im Inland führen, dass der Anstieg des Auslandseinkommens die Export- und damit
auch die Beschäftigungschancen vergrößert.
28. Ob positive oder negative Wirkungen von der Außenwirtschaft zu erwarten
sind, hängt einmal davon ab, ob die Konjunkturen im In- und Ausland synchron
verlaufen (ein Exportüberschuss kann auch eine unerwünschte Inflation auslösen).
Zum andern hängt die Art der Wirkung auch davon ab, ob das Ausland
Konjunkturpolitik mit geld- oder fiskalpolitischen Maßnahmen betreibt.
29. Eine expansive Geldpolitik im Ausland führt auch im Inland zu einer
Verringerung der Zinsen und damit zu einer Konjunkturbelebung. Eine defizitäre
Fiskalpolitik im Ausland führt c. p. weltweit zu Zinssteigerungen, die
konjunkturdämpfend wirken.
30. Lange Zeit herrschte die Meinung vor, eine Volkswirtschaft könne sich
über ein System freier Wechselkurse vor den Außeneinflüssen erfolgreich
abschirmen, da in diesem System keine längerfristigen ZB-Ungleichgewichte
auftreten. Trotzdem muss mit gewissen Außeneinflüssen gerechnet werden, da der
Wechselkurs immer nur die Devisen- aber nicht die Leistungsbilanz ausgleicht,
da weiterhin ein Ausgleich u. U. durch schmutziges Floaten der Notenbanken
verhindert wird und da schließlich das inländische Preisniveau und der
inländische Produktionsumfang auch von Schwankungen im Wechselkurs beeinflusst
werden.
Fragen zu Kapitel 3:
01. Welche drei Ziele stehen im Vordergrund der Währungspolitik?
02. Worin liegen die zwei wichtigsten Ursachen für Ungleichgewichte in der
Leistungsbilanz?
03. Worin liegen die drei wichtigsten Ursachen für Ungleichgewichte in der Kapitalbilanz?
04. Was bewirkt der
Wechselkursmechanismus?
05. Welche Höhe müssen die Importnachfrageelastizitäten erreichen, damit
auch ein Abbau des LB-Defizits eintritt?
06. Was versteht man unter dem
J-Kurvenerfekt?
07. Auf welchem Wege wird aufgrund des Geldmengen-Mechanismus der Ausgleich
der Leistungsbilanz erfolgen?
08. Was versteht man unter sterilisierender Geldpolitik?
09. Was versteht man unter Elastizitätspessimismus?
10. Auf welche Zusammenhänge hebt der Einkommensmechanismus ab?
11. Inwiefern hängen die Wechselkursschwankungen langfristig auch von den
Erwartungen über der Verlauf der Wechselkurse ab?
12. Worin unterscheidet sich die keynesianische Theorie von der klassischen
Theorie in der Frage, welchen Einfluss LB-Defizite auf die Konjunkturlage ausüben?
Antworten zu Kapitel 3:
01. Die Währungspolitik verfolgt in erster Linie das Ziel des Devisen- und Leistungsbilanzausgleich,
das weitere Ziel der Wechselkursstabilität sowie die Vermeidung unerwünschter
Rückwirkungen auf die innere Konjunkturlage.
02. Die Leistungsbilanz kann einmal aufgrund unterschiedlicher Inflationsraten,
zum andern aufgrund unterschiedlicher Wachstumsraten der einzelnen am
Außenhandel beteiligten Volkswirtschaften ungleichgewichtig werden.
03. Ungleichgewichte in der Kapitalbilanz können erstens aufgrund eines
internationalen Zinsgefälles, zweitens aufgrund spekulativer Kapitalbewegungen,
drittens schließlich aufgrund einer unterschiedlichen Steuer- und Zollgesetzgebung
entstehen.
04. Der Wechselkurs bewirkt, dass z. B. aufgrund eines Defizites in der Leistungsbilanz
der Devisenkurs steigt (die eigene Währung abgewertet wird) und dass dieser
Anstieg im Devisenkurs selbst wiederum zu einem Zuwachs in den Exportwerten und
gleichzeitig zu einer Abnahme in den Importwerten führt. Auf diese Weise wird
das Defizit in der Leistungsbilanz automatisch reduziert.
05. Ein Abbau der LB-Ungleichgewichte ist nur zu erwarten, wenn die Summe
der Importnachfrageelastizitäten größer eins ist, die Gültigkeit der
Marshal-Lerner-Bedingung vorausgesetzt.
06. Unter dem J-Kurveneffekt versteht man die Tatsache, dass auf
kurzfristige Sicht z. B. eine Abwertung der eigenen Währung nicht wie
erhofft zu einem Abbau, sondern sogar zu
einem Anstieg des LB-Defizits führt.
07. Beim Geldmengenmechanismus erfolgt der Abbau des LB-Ungleichgewich-tes über Veränderungen in
den nationalen Preisniveaus. Während der Wechselkursmechanismus in Systemen
freier Wechselkurse zum Zuge kommt, tritt im System fester Wechselkurse der
Geldmengenmechanismus in Kraft.
08. Betreibt eine Notenbank eine sterilisierende Geldpolitik, dann wird sie
die durch Interventionen auf dem Devisenmarkt ausgelösten Geldmengenveränderungen
durch gleichgroße, aber entgegengesetzte Interventionen auf den Kapitalmärkten
rückgängig machen.
09. Vertreter des Elastizitätspessimismus bezweifeln, dass in der Realität
die Summe der Importnachfrageelastizitäten größer eins ist.
10. Der Einkommensmechanismus hebt
auf Kreislaufzusammenhänge ab und wurde von der keynesianischen Theorie
entwickelt. Danach führt eine Exportzunahme über einen Zuwachs im Volkseinkommen
auch zu einem Anstieg im Import und trägt deshalb von selbst dazu bei, dass der
anfängliche Überschuss in der LB-Bilanz teilweise wiederum abgebaut wird.
11. Erwartungen üben insofern auf den Verlauf des Wechselkurses einen Einfluss
aus, als z. B. aufgrund eines für die Zukunft befürchteten Anstiegs im Devisenkurs
Importkäufe vorgezogen werden.
12. Keynesianisch betrachtet führt ein LB-Defizit zu einem Rückgang im Einkommen
und damit auch in der Beschäftigung. Klassisch betrachtet führt hingegen ein
LB-Defizit über die Intervention der Notenbank auf den Devisenmärkten zu einer
Reduzierung der umlaufenden Geldmenge und auf diesem Wege zu deflationären
Tendenzen.