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Gliederung der Vorlesung:

 

01. Gegenstand und Aufgaben

02. Währungspolitik: Historische Einführung

03. Währungspolitik: Theoretische Grundlagen

04. Währungspolitik: Das Instrumentarium

05. Währungspolitik: Die policy-mix-Strategie

06. Handelspolitik: Historische Einführung

07. Handelspolitik: Theoretische Grundlagen

08. Handelspolitik: Das handelspolitische Instrumentarium

09. Arbeitsmarktpolitik

10. Kapitalmarktpolitik

11. Integrationspolitik 

12. Politik  zugunsten der Entwicklungsländer

 

 

Kapitel 12: Politik  zugunsten der Entwicklungsländer

 

 

 

Gliederung:

 

01. Definition: Entwicklungsländer

02. Entstehung der heutigen Entwicklungsländer

03. Entwicklungsländer u. internationale Organisationen

04. Die Entwicklung der Welthandelskonferenz

05. Die Theorien von Myrdal und Prebish

06. Arten der Entwicklungshilfe

07. Zielsetzungen

08. Problematik der Maßnahmen

 

 

 

01. Definition: Entwicklungsländer

 

Alle Maßnahmen der wirtschaftlich hoch entwickelten Nationen zugunsten der Entwicklungsländer zählen zur Entwicklungshilfe. Als erstes Problem entsteht die Frage, was ist ein Entwicklungsland? Man beschränkt sich zumeist auf wirtschaftliche Kriterien und misst die Entwicklung am Pro-Kopf-Einkommen der Bewohner einer Volkswirtschaft. Die Entwicklungshilfe ist insoweit Hilfe der reicheren zugunsten der ärmeren Volkswirtschaften. Die Forderung nach Entwicklungshilfe ergibt sich dann aus der allgemeineren Forderung nach Abbau der Differenzierung im Pro-Kopf-Einkommen und der Anwendung dieser Forderung auf die internationale Ebene.

 

Es bestehen allerdings Schwierigkeiten beim Vergleich der Pro-Kopf Einkommen, da eine Umrechnung über den Wechselkurs notwendig ist. Eine Umrechnung wäre aber nur dann korrekt, wenn der Wechselkurs die unterschiedliche Kaufkraft zweier Länder auch widerspiegeln würde. Genau dies muss gerade im Verhältnis zwischen den Industrienationen und den Entwicklungsländern bezweifelt werden, da in den Entwicklungsländern nur ein minimaler Teil der Güter der Lebenshaltung zu den Gütern zählt, welche international gehandelt werden und welche deshalb den Wechselkurs de facto bestimmen. Diese Definition entspricht darüber hinaus einer eher kurzfristigen Sicht, da die langfristigen und dynamischen Entwicklungsmöglichkeiten bei dieser Definition nicht berücksichtigt werden.

 

Als Beispiel sei folgender Fall angenommen: Das Pro-Kopf-Einkommen einer Volkswirtschaft kann aufgrund der Ausbeute von Rohstoffen (z. B. Erdöl) sehr hoch sein, wobei jedoch die Ausbeute von Rohstoffen zeitlich begrenzt ist. Soweit die Erträge aus den Rohstoffen nicht zur industriellen Entwicklung der Volkswirtschaft eingesetzt werden, besteht die Gefahr, dass diese Volkswirtschaft in Zukunft wiederum in Armut zurückfällt. Deshalb besteht der Vorschlag, als Kriterium für den wirtschaftlichen Entwicklungsstand die Frage zu nehmen, inwieweit ein Land die Fähigkeit erworben hat, auch in Zukunft den bisher erreichten Wohlstand zu realisieren.

 

Erfahrungsgemäß hat die Industrialisierung überhaupt erst die Möglichkeit zu einer solchen zukunftsorientierten Ausrichtung einer Volkswirtschaft eröffnet. Der Mechanismus einer industrialisierten Volkswirtschaft sorgt hierbei auf zweierlei Weise für eine Reproduktion: Auf der einen Seite wird der mit der Produktion verbundene technische und wirtschaftliche Verschleiß durch Ersatzinvestitionen ausgeglichen und es wird nur soweit von Vermögenszuwächsen gesprochen, als die Investitionen das Ausmaß der notwendigen Ersatzinvestitionen übersteigen.

 

Auf der anderen Seite erfolgt die Reproduktion in Geldeinheiten, die nicht unbedingt wiederum in den Bereichen, aus denen die Erträge entstammen, angelegt werden müssen. Die Industriegesellschaft ist somit flexibler als die Agrargesellschaft. Insoweit enthält die Industriegesellschaft in viel stärkerem Maße als die Agrargesellschaft eine wesentliche Voraussetzung zur Erhaltung der Produktionskraft. Allerdings wirken diese Kräfte nur dann, wenn keine externen Kosten (Effekte) auftreten.

 

Ein zweites Problem bei der Definition einer Entwicklungshilfe entsteht im Zusammenhang mit der Frage, ob nur umverteilungspolitische Maßnahmen zur Entwicklungshilfe zählen. Es ist unzweckmäßig, die Entwicklungshilfe lediglich auf Maßnahmen der Umverteilung zu beschränken. Bei einer echten Umverteilung geht die Hilfe stets zu Lasten der hoch entwickelten Volkswirtschaften. Dieses Modell geht von einer Konfliktbeziehung aus: Der Nutzenzuwachs des einen Landes bedeutet für das andere Land einen Nutzenverlust. Es entspricht jedoch liberalem Denken, dass auch in den internationalen Beziehungen oftmals mit harmonischen Beziehungen zu rechnen ist.

 

Gemeinsame Aktivitäten vergrößern in diesem Falle den Nutzen beider Gruppen. In diesem Sinne liegt Entwicklungshilfe auch dann vor, wenn aufgrund bestimmter Aktivitäten der hoch entwickelten Volkswirtschaften zugunsten der Entwicklungsländer auch der Nutzen der hoch entwickelten Volkswirtschaften vermehrt wird oder zumindest nicht zurückgeht. Es entspricht auch den christlichen wie auch liberalen Wertvorstellungen von der Menschenwürde besser, Hilfe als Hilfe zur Selbsthilfe und nicht primär nur als Umverteilung zu verstehen (Handel statt Hilfe im Sinne einseitiger Transfers).

 

 

02. Entstehung der heutigen Entwicklungsländer

 

Die meisten der heute als Entwicklungsländer eingestuften Volkswirtschaften gingen aus den Kolonien der früheren Kolonialmächte: England, Frankreich Spanien, Portugal und Niederlande hervor und wurden erst in den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts unabhängige Nationen. Entwicklungshilfe wurde hierbei in der Vergangenheit vor allem von den Weltmächten geleistet, stärker von den Großmächten der westlich orientierten Länder als von der UdSSR.

 

Für die USA und die UdSSR galt, dass bei der Entwicklungshilfe zunächst vorwiegend bündnispolitische Zielsetzungen im Vordergrund standen; es ging primär darum, Bündnispartner zu gewinnen. Ein Großteil der Hilfe bestand deshalb auch in Mitteln, die stärker der Verteidigungsfähigkeit einer Nation als dem materiellen Wohlstand der Nation galten. Es entsprach allerdings auch der westlichen Ideologie, dass die Gefahr eines Überwechselns ins östliche Lager vor allem dadurch gebannt werden könnte, dass das Pro-Kopf-Einkommen in den Entwicklungsländern angehoben werde.

 

 

03. Entwicklungsländer u. internationale Organisationen

 

Allgemein wurde von Seiten der Entwicklungsländer der Vorwurf erhoben, sie seien im Rahmen der internationalen Organisationen unterrepräsentiert. Dies galt zunächst im Hinblick auf die Stimmverteilung im IWF-System. Es wurde bereits gezeigt, dass die Weltbank ihre Entwicklungskredite zunächst zum Wiederaufbau des zerstörten Europas und erst danach vorwiegend zur Finanzierung von Entwicklungsprojekten in den Entwicklungsländern eingesetzt hatte.

 

In den 70er und 80er Jahren hat die Europäische Gemeinschaft mehrere Abkommen mit einem Teil der Entwicklungsländer abgeschlossen, in denen den Entwicklungsländern gewisse Zollpräferenzen eingeräumt wurden.

 

 

04. Die Entwicklung der Welthandelskonferenz

 

Die Welthandelskonferenz (United Nations Conference on Trade and Development, UNCTAD) wurde 1964 als Organ der UN-Vollversammlung gegründet. Später wurde sie in WTU (World Trade Union) umbenannt. Bereits 1947/48 hatte die UNO mit der Havannacharta eine Welthandelsordnung verabschiedet, in der die Grundsätze eines freien Handels und der Gleichberechtigung aller Nationen verankert waren.

 

Da wichtige Länder wie z. B. die USA diese Charta nicht ratifiziert hatten, trat sie nie in Kraft. In der Folgezeit kam es allerdings auf Teilbereichen wie z. B. in den GATT-Verhandlungen (General Agreement on Trade and Tarifs) und im Internationalen Währungsfonds (IWF) zu internationalen Vereinbarungen.

 

Vor allem die Entwicklungsländer waren mit diesen Vereinbarungen unzufrieden, da sie in diesen Organisationen unterrepräsentiert waren und die dort getroffenen Lösungen nicht geeignet waren, die Lage der Entwicklungsländer nachhaltig zu verbessern.

 

Die Ziele der UNCTAD bestehen in der Ausweitung des Welthandels und der allgemeinen internationalen Wirtschaftsbeziehungen, in der Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung und vor allem in der vollen Integration der Entwicklungsländer in die Weltwirtschaft. Die Beschlüsse haben für die Mitgliedsstaaten dieser Organisation allerdings nur Empfehlungscharakter. Stimmberechtigte Mitglieder der UNCTAD können nur souveräne Staaten sein, wobei heute weit mehr als 150 Staaten der UNCTAD angehören. Internationale Organisationen können jedoch als Beobachter teilnehmen.

 

Die Mitgliedsstaaten hatten sich lange Zeit in vier Gruppen zusammengeschlossen, und zwar in die:

 

·        Gruppe A: afrikanische und asiatische Länder,

·        Gruppe B: entwickelte marktwirtschaftliche Länder, 

·        Gruppe C: lateinamerikanische Länder sowie

·        Gruppe D: sozialistische Länder;

 

die Entwicklungsländer der Gruppen A und C traten zumeist als Gruppe der 77 gemeinsam auf.

 

Die Welthandelskonferenz, die in der Regel alle 4 Jahre tagt, hat sich vor allem mit folgenden 6 Problembereichen befasst, die fast ausschließlich die Interessenlage der Entwicklungsländer betreffen:

 

1. Förderung stabiler Rohstoffpreise durch Schaffung eines gemeinsamen von den Abnehmerländern mitfinanzierten Rohstoff-Fonds (Nairobi); das Interesse der Entwicklungsländer an stabilen Rohstoffpreisen liegt hierbei darin, dass sie oftmals auf den Export weniger Rohstoffe angewiesen sind und dass die Rohstoffpreise stark auf konjunkturelle Schwankungen der hoch entwickelten Länder reagieren. Gleichzeitig soll der Fonds auch zur Verbesserung der Produktivität bei der Rohstoffgewinnung eingesetzt werden.

 

2. Stärkung der Exportmöglichkeiten der Entwicklungsländer bei Halbfabrikaten und Endprodukten durch ein nicht reziprokes Zollpräferenzsystem zugunsten dieser Länder (New Delhi). Dieses Prinzip weicht von der Meistbegünstigungsregel des GATT-Systems ab. Verständlich werden die Forderungen der Entwicklungsländer durch den Umstand, dass diese Länder vor allem landwirtschaftliche Güter exportieren, die bisher (vor allem von der EG) aus den allgemeinen GATT-Regelungen ausgenommen wurden. Zusätzlich wurde eine Entschließung verabschiedet (Nairobi), um marktbegrenzende und wettbewerbsbeschränkende Maßnahmen von Unternehmungen wie Staaten einzuschränken.

 

3. Verstärkter Zugang der Entwicklungsländer zum Seetransport, dieser ist für diese Länder von besonderer Bedeutung, da ihre Export- und Importgüter hauptsächlich durch Schiffe transportiert werden müssen.

 

4. Verstärkte Kapitalhilfe für die Entwicklungsländer durch Festlegung, dass die entwickelten Länder 0,7% ihres Inlandsproduktes für allgemeine Entwicklungshilfe und 0,15% für die LDC-Länder (Least Developed Countries) aufwenden sollen; weiterhin dass die teilweise hohe Verschuldung der Entwicklungsländer gestundet wird, sowie dass den ärmsten Ländern ein vollständiger Schuldenerlass gewährt wird.

 

5. Forderung nach Erhöhung der internationalen Liquidität durch Ausweitung der Sonderziehungsrechte sowie verstärkte Mitspracherechte beim IWF (die Beteiligungsrechte sind dort nach Währungsbestand und Umfang des Außenhandels gestaffelt).

 

6. Verabschiedung eines Verhaltenskodex beim Technologietransfer, um diskriminierende Auflagen seitens der hoch entwickelten Staaten zu begrenzen.

 

Da die Beschlüsse der UNCTAD die Staaten nicht binden, ist der Einfluss dieser Organisation nur gering. So ist z. B. die 0,7% Vereinbarung über die Kapitalhilfe nur von wenigen Ländern voll realisiert worden. Trotz allem hat die UNCTAD auf indirektem Wege einen gewissen Erfolg gebracht, so wurde z. B. das GATT-Abkommen durch ein Kapitel der Zollbegünstigungen zugunsten der Entwicklungsländer erweitert oder die Sonderziehungsrechte im IWF  wurden ausgeweitet.

 

 

05. Die Theorien von Myrdal und Prebisch

 

Gegen die traditionelle Außenhandelstheorie wurden vor allem folgende Einwände vorgetragen: Sie sei lediglich anwendbar auf die Beziehungen der hoch entwickelten Volkswirtschaften untereinander, aber nicht auf die Beziehungen zwischen Volkswirtschaften, die auf einem unterschiedlichen Entwicklungsniveau stehen.

 

Allerdings standen die heutigen hoch entwickelten Volkswirtschaften im Zeitpunkt ihres Entstehens ebenfalls auf unterschiedlichen Entwicklungsniveaus; auch die traditionelle Theorie hatte sich mit dem Argument auseinanderzusetzen, dass Freihandel die Länder mit einer geringeren Entwicklung benachteilige. Die traditionelle Theorie könne nicht erklären, weshalb es schwergewichtig zu einem Handel zwischen den hoch entwickelten Volkswirtschaften gekommen ist. Eigentlich müssten die Theorie der komparativen Kosten sowie das Heckscher-Ohlin-Theorem zu dem Ergebnis kommen, dass vor allem ein Außenhandel zwischen Volkswirtschaften mit unterschiedlichem Entwicklungsniveau stattfindet. Entsprechend der Theorie der komparativen Kosten ist nämlich eine internationale Arbeitsteilung umso vorteilhafter, je größer die Unterschiede in den komparativen Kosten im Autarkiezustand sind.

 

Es kann kein Zweifel bestehen, dass die Kostenunterschiede zwischen den Agrar- und den Industrienationen wesentlich höher sind als die Kostenunterschiede innerhalb der Agrarstaaten bzw. innerhalb der hoch entwickelten Volkswirtschaften. Auch ist entsprechend dem Heckscher-Ohlin-Theorem davon auszugehen, dass die Unterschiede in der Faktorausstattung vor allem zwischen diesen beiden Ländergruppen bestehen, sodass aus dieser Sicht her eigentlich vorwiegend ein Außenhandel zwischen Entwicklungsländern und den hoch entwickelten Volkswirtschaften entstehen müsste.

 

Diese Thesen von der systematischen Benachteiligung der Entwicklungsländer blieben nicht unwidersprochen. Allerdings Die klassischen Theorien besagen nämlich auch, dass nicht nur unterschiedliche Technologien und Faktorausstattungen Kostenunterschiede begründen, sondern dass für den internationalen Handel auch Unterschiede in der Bedarfsstruktur maßgeblich sind. Zumindest ein Großteil des Außenhandels zwischen den hoch entwickelten Volkswirtschaften lässt sich auf unterschiedlichen Bedarf, der sich vor allem an Qualitätsunterschieden ausrichtet, zurückführen.

 

Darüber hinaus dürften politische Begrenzungen  (Kontingentierungen und Zölle), weiterhin ein politisch bedingtes Risiko (Enteignungsgefahr) und der Umstand, dass die Volkswirtschaften der Entwicklungsländer oftmals nicht marktwirtschaftlich organisiert sind, erklären helfen, weshalb die durch die Theorie vorhergesagte Richtung des Außenhandels nicht bestätigt wurde.

 

Schließlich hat auch die Integrationstheorie von Viner Argumente dafür geliefert, dass Freihandel zwischen komplementären Volkswirtschaften zu handelsablenkenden, also zu wohlfahrtsmindernden Effekten führen können, allerdings nur insofern, wie der Abbau von Behinderungen des Güterverkehrs regional begrenzt ist.

 

Myrdal warf der traditionellen Theorie vor allem vor, dass sie lediglich die Feedbackprozesse betont, während in der Realität auch Kumulationsprozesse wirksam sind und im Verhältnis der beiden Ländergruppen sogar überwiegen. Es bestehe eine Tendenz, dass sich die in der Vergangenheit gebildeten wirtschaftlichen Zentren verstärken, wobei die Wanderung der Faktoren diesen kumulativen Prozess auslöse. Die wirtschaftlichen Zentren ziehen aus den Randzonen nur qualitativ gute Kräfte an, was bewirkt, dass die Randzonen ausgedünnt werden und nur noch aus weniger qualifizierten Arbeitskräften bestehen.

 

Gleichzeitig werde dieser Kumulationsprozess durch die Kapitalwanderungen verstärkt. Auf der einen Seite ermögliche das hohe Pro-Kopf-Einkommen in den Zentren eine höhere Ersparnis; damit sei eine weitere Voraussetzung für einen Anstieg der Pro-Kopf-Einkommen in den hochentwickelten Volkswirtschaften und somit für eine weitere Differenzierung gegeben. Auf der anderen Seite sei aber auch die Investitionsbereitschaft in den wirtschaftlichen Zentren größer, da hier auch eine große Absatzmöglichkeit bestehe.

 

Prebisch ergänzte diese Argumentation durch folgende Beweisführung: In den Zentren überwiege bei Rationalisierungsinvestitionen die Kompensation, da die Nachfrage groß genug sei, um die freigesetzten Arbeitskräfte wiederum einzugliedern. In der Peripherie überwiege hingegen die Freisetzung, da dort der Absatz mangels Nachfrage nicht so stark ausgeweitet werden kann, dass die freigesetzten Arbeitskräfte wiederum eingegliedert werden. Schließlich übernimmt Myrdal das von List entwickelte Argument, dass in der ersten Entwicklungsstufe die Entwicklungsländer aufgrund hoher Entwicklungskosten bei Freihandel benachteiligt seien.

 

Gegen diese Thesen wurde folgende Gegenkritik vorgebracht: Entgegen diesen Vorstellungen steht die These der klassischen Theorie, dass in den weniger entwickelten Volkswirtschaften höhere Grenzerträge entstehen und dass Güter auch in die Randzonen ausgeführt werden könnten. Standorte, die vorwiegend von der Absatzseite her bestimmt werden, sind relativ selten und können nur  erklärt werden, soweit die Transportkosten überwiegen.

 

Befassen wir uns mit den Überlegungen Prebish’s etwas genauer. Nach Meinung von Prebisch habe der Freihandel zu einer systematischen Benachteiligung der Entwicklungsländer geführt. Ausgangspunkt ist die empirische Feststellung, dass sich die Terms of Trade in der Zeit von 1876 bis 1938 zu Lasten der Entwicklungsländer verschlechtert haben.

 

Ursache Nr.1 sei eine unterschiedliche Art der Verteilung von Wachstum. Im Zentrum sorgen Gewerkschaften dafür, dass Produktivitätssteigerungen in Form von Lohnsteigerungen und nicht in Form von Preissenkungen weitergegeben werden. Dies bedeutet, dass die Produktivitätsgewinne im Zentrum bleiben und nicht an die Käufer aus der Peripherie in Form von Preissenkungen weitergegeben werden. Für die in der Peripherie erzeugten Rohstoffe gelte umgekehrt, dass Produktivitätsgewinne vorwiegend in Preissenkungen weitergegeben werden und damit an die Käufer aus den Zentren.

 

Als Ursache Nr. 2 wird darauf hingewiesen, dass die Preise für Urprodukte der Peripherien in Zeiten der Rezession stärker sinken als sie in Zeiten des Aufschwunges steigen. Grund ist wiederum der Umstand, dass Rezessionen im Zentrum sich vorwiegend in einem Mengenrückgang und damit in einer Verminderung der Nachfrage nach Primärprodukten auswirken.

 

Als Ursache Nr. 3 gilt, dass die Einkommenselastizität für Primärprodukte kleiner als eins, für Industrieprodukte hingegen größer als eins sei, also steige die Nachfrage nach Primärprodukten immer geringer, was sich in einer relativen Preissenkung auswirken müsse.

 

Als Ursache Nr. 4 wird schließlich angeführt, dass sich das Zentrum in den 20er des 20. Jahrhunderts von Großbritannien nach USA verschoben habe. Die USA seien jedoch weitgehend autark, sodass die Nachfrage der USA nach Produkten der Entwicklungsländer relativ gering sei.

 

Viner und Haberler haben diese Thesen kritisiert. Statistiken entwerfen danach ein falsches Bild, da Importpreise in cif (cost, insurance, freight) berechnet werden; bei der cif-Berechnung sind die Transportkosten enthalten, diese gingen jedoch auf Rechnung der hoch entwickelten Volkswirtschaften und verminderten sich in diesem Zeitraum sehr stark.

 

Die Wohlfahrt einer Volkswirtschaft hängt weiterhin nicht nur von der Entwicklung der Terms of Trade, sondern auch vom Außenhandelsvolumen ab. Der Außenhandelsgewinn einer Volkswirtschaft kann nämlich auf zweifache Weise verwendet werden: zur Erhöhung der Pro-Kopf-Einkommen oder zur Zunahme der Bevölkerung. Die Entwicklungsländer wählten bisher den zweiten Weg.

 

Zweifel werden geäußert an der These der geringen Einkommenselastizität; sie gelte nicht für Rohstoffe, sondern nur für Nahrungsmittel; diese würden jedoch vorwiegend innerhalb der entwickelten Länder gehandelt. Höhere Arbeitskosten in den hoch entwickelten Volkswirtschaften würden in Wechselkursänderungen weitergegeben, beeinflussen also nicht die Terms of Trades. Die geringe Importquote der USA sei schließlich eine Folge des Protektionismus und nicht des Freihandels.

 

 

06. Arten der Entwicklungshilfe

 

Zu der Entwicklungshilfe zählen:

 

·        die Naturalhilfe (Gewährung von Nahrungsmitteln, Medikamenten),

 

·        die Kapitalhilfe (Gewährung von Krediten, Sonderziehungsrechte),

 

·        die technische und organisatorische Hilfe in Form von Entsendung von Fachkräften, Ausbildungshilfen und von freiem Technologietransfer.

 

·        Zollpräferenzen zugunsten der Entwicklungsländer und

 

·        Preisstützungsmaßnahmen durch Bildung von Fonds etc.

 

 

07. Zielsetzungen

 

Es besteht eine Verpflichtung der ehemaligen Kolonialmächte aufgrund der übernommenen Verantwortung und als Wiedergutmachung für frühere Ausbeutung.

 

Die Entwicklungshilfe ist allerdings auch Ausfluss des allgemeinen Zieles der Nivellierung angewandt auf internationale Beziehungen. Es sollen auf diese Weise soziale Revolutionen vermieden werden und eigene Vorteile aus einem hohen Entwicklungsstand der heutigen Entwicklungsländer erzielt werden, vor allem dadurch, dass das Kapital in den Entwicklungsländern einen höheren Grenzertrag als in den entwickelten Volkswirtschaften abwirft. Weiterhin kann nur durch eine umfangreiche und effektive Entwicklungshilfe das heutige Flüchtlingsproblem gelöst werden.

 

Auch erhofft man sich in den Industrienationen einen größeren Absatz der eigenen Produkte und damit die Möglichkeit, Methoden der Massenproduktion verstärkt einsetzen zu können. Der Kritik, dass mit dem Entwicklungsstand auch die Konkurrenz zunehme, wird dadurch begegnet, dass gerade auch Außenhandel zwischen hoch entwickelten Volkswirtschaften möglich sei und dass stärkerer Wettbewerb zu stärkerem Produktivitätswachstum führe.

 

 

08. Problematik der Maßnahmen

Wenden wir uns nun der Problematik der einzelnen Hilfemaßnahmen zu.

 

Naturalhilfe

 

Sie ist als Katastrophenhilfe unbestritten, jedoch ansonsten unerwünscht, da sie dem Selbstverständnis der Entwicklungsländer, die nicht Geschenkempfänger bleiben wollen, widerspricht. Hinzu kam die Erkenntnis, dass eine langfristige Entwicklung nur durch eine Industrialisierung erreichbar ist, hierzu sind jedoch  Kapitalhilfen notwendig; es besteht weiterhin die Gefahr, dass Naturalhilfen nichterwerbswirtschaftliches Verhalten unterstützen und damit einen Industrialisierungsprozess aufhalten.

 

Kapitalhilfe

 

Sie stellt einen geeigneten Ansatzpunkt zur langfristigen Entwicklung dar, da auf diese Weise der bisherige Teufelskreis durchbrochen wird, dass nämlich geringes Pro-Kopf-Einkommen auch geringe Ersparnis zur Folge hat. Auf diese Weise ist auch das Pro-Kopf-Einkommen der Entwicklungsländer in der Zukunft gering. Durch Kapitalhilfen wäre eine Vergrößerung des Pro-Kopf-Einkommens möglich und damit die Voraussetzung für eine zukünftige eigene Sparfähigkeit gegeben.

 

Ein realer Kapitaltransfer ist allerdings nur möglich, wenn keine protektionistischen Maßnahmen ergriffen werden; privater Kapitalverkehr wäre nur zu erwarten, wenn das politische Risiko einer Enteignung vermindert werden würde; diese Voraussetzung können die Entwicklungsländer jedoch nicht selbst erbringen. Da dieses Risiko in einer Revolution besteht, muss es von den hoch entwickelten Ländern in Form von Bürgschaften übernommen werden, da ja die jeweils Herrschenden in den Entwicklungsländern gar nicht in der Lage sind, zu garantieren, dass sie nicht eines Tages in einer Revolution gestürzt werden. Weiterhin besteht die Gefahr, dass die Kapitalhilfe konsumtiv angelegt wird.

 

 

Organisatorische und technische Hilfe

 

Beide Hilfen sollten zusammen behandelt werden, da ein Technologietransfer zumeist zusammen mit der Entsendung von Arbeitskräften und Ausbildung einheimischer Facharbeiter erfolgt. Eine Übernahme moderner Technik scheitert zumeist daran, dass ein Entwicklungsland noch nicht über ausreichend qualifizierte Facharbeitskräfte verfügt. Die Entsendung von Fachkräften ermöglicht die unmittelbare Umsetzung der Technologie.

 

Eine Ausbildung von Arbeitskräften von Seiten der hoch entwickelten Länder ermöglicht den späteren Einsatz dieser Arbeitskräfte unter Regie der Entwicklungsländer.

 

Allerdings entstehen hierbei folgende Probleme: Soll der neueste Stand der Technik transferiert werden oder soll mit den in den hoch entwickelten Ländern veralteten Techniken begonnen werden? Es besteht das Problem, dass die kulturelle Veränderung mit dem technischen Wandel nicht mitkommt und dass deshalb bei Übernahme der aktuellsten Technologie hohe Reibungsverluste im kulturellen Bereich entstehen.

 

Die Technologieentwicklung in den hoch entwickelten Ländern ist weiterhin zumeist eine Reaktion aufgrund von Verknappungserscheinungen. Entwicklungsländer unterscheiden sich aber gerade in der Ausstattung mit Faktoren: Sie verfügen über wenig Kapital und viel Arbeitskräfte. Dies bedingt auch andere Technologien.

 

Ganz generell gilt, dass nur dann von einem echten technischen Fortschritt, der auch einen sozialen Fortschritt darstellt, gesprochen werden kann, wenn nicht aufgrund der eingeleiteten Rationalisierungen Arbeitnehmer auf Dauer arbeitslos werden. Ein arbeitssparender technischer Fortschritt ist nur dort sinnvoll und erwünscht, wo eine technisch mögliche Wohlfahrtssteigerung daran scheitert, dass es an Arbeitskräften mangelt. Ein arbeitssparender Fortschritt dient also dazu, die Knappheit an Arbeitskräften zu überwinden. Dort, wo noch allgemeine Arbeitslosigkeit herrscht, entbehrt ein arbeitssparender technischer Fortschritt jeder Rechtfertigung.

 

Dies bedeutet allerdings nicht, dass überhaupt kein technischer Fortschritt erwünscht ist, solange noch Arbeitslosigkeit besteht. Es gibt auch kapitalsparenden und rohstoffsparenden Fortschritt, der bei Vorliegen von Arbeitslosigkeit größeren Umfangs zum Zuge kommen sollte.

 

Technisch gesehen können stets sehr unterschiedliche Arten von technischem Fortschritt eingeleitet werden. In einer freien Marktwirtschaft entscheidet das vorherrschende Lohn-Zinsverhältnis darüber, welchen technischen Fortschritt die Unternehmungen übernehmen. Ein falsches Lohn-Zins-Verhältnis kann deshalb auch dafür verantwortlich sein, dass das Angebot an Arbeitsplätzen nicht ausreicht, alle Arbeitnehmer zu beschäftigen.

 

Aufgrund einer falsch verstandenen Lohnpolitik, welche bewusst den Lohnsatz über die Arbeitsproduktivität anhebt, kann Arbeitslosigkeit verursacht werden, da die Unternehmer in diesem Falle ihre Kosten dadurch zu senken versuchen, dass sie zu arbeitssparendem Fortschritt übergehen, obwohl es nicht an Arbeitskräften mangelt.

 

Auch eine falsch verstandene Geldpolitik, welche den Zinssatz bewusst unter die Kapitalproduktivität absenkt, vergrößert die Gefahr der Arbeitslosigkeit, da Zinssenkungen für die Unternehmer kapitalintensivere Verfahren lohnend machen. Es gibt stets ein Lohn-Zinsverhältnis, das die Unternehmer veranlasst, solche technische Verfahren zu wählen, bei denen alle Arbeitnehmer beschäftigt werden können. Dies ist genau dann der Fall, wenn das Lohn-Zins-Verhältnis gerade dem Knappheitsverhältnis von Kapital zu Arbeit entspricht.

 

Eine Übernahme des medizinischen Standards kann schließlich unter Umständen das Gleichgewicht zwischen Bevölkerungswachstum und Güterwachstum stören: Nur dann nämlich, wenn die Bevölkerung nicht stärker steigt als die Produktivität, kann ein Anstieg des Pro-Kopf-Einkommens erzielt werden. Wenn hingegen die Bevölkerung stärker steigt als das Inlandsprodukt, besteht die Gefahr, dass ein Großteil der Bevölkerung verhungert.

 

 

Preisstützungsmaßnahmen:

 

Kartelle der Rohstoffanbieter (vor allem bei Rohöl) scheiterten zumeist daran, dass einzelne Anbieter strategische Ziele verfolgten. Die Abnehmerländer wurden verpflichtet, bestimmte Quoten einzuhalten. Dies ist jedoch bei generellen Konjunkturrückgängen kaum realisierbar; auch sind Kartelle generell wohlfahrtspolitisch unerwünscht, da sie stets zu monopolistischer Macht führen. Oft kam es auch zur Bildung von Rohstoff-Fonds, die auf den Rohstoffmärkten zur Preisstützung intervenieren sollten. Diese Entwicklung ähnelt der Interventionspraxis auf dem europäischen Agrarmarkt. Langfristig kann jedoch der Umstand, dass der Entwicklungsstand der hoch entwickelten Länder letztendlich den Bedarf an Rohstoffen bestimmt, nicht negiert werden.

 

Bei einer Preisstützung besteht die Gefahr, dass die Lagerbestände immer größer werden, und dass dann - wegen finanzieller Schwierigkeiten - Angebotskontingentierungen auf administrativem Wege durchgeführt werden, die wiederum starke Benachteiligungen einzelner Länder bringen und gerade die wirtschaftliche Entwicklung der Entwicklungsländer behindern. Entsprechend dem Kaldor-Hicks-Kriterium wären in diesem Falle Transferzahlungen an die Entwicklungsländer wohlfahrtspolitisch effizienter.

 

 

Zusammenfassung:

 

01. Alle Maßnahmen der wirtschaftlich hoch entwickelten Nationen zugunsten der Entwicklungsländer lassen sich als Entwicklungshilfe verstehen. Entwicklungshilfe besteht insoweit aus einer Hilfe der reicheren zugunsten der ärmeren Volkswirtschaften.

 

02. Zweckmäßiger ist es jedoch als Kriterium die Frage zu nehmen, inwieweit ein Land die Fähigkeit erworben hat, auch in Zukunft seinen bisher erreichten Wohlstand zu erhalten. Erfahrungsgemäß hat die Industrialisierung überhaupt erst die Möglichkeit zu einer solchen zukunftsorientierten Ausrichtung einer Volkswirtschaft eröffnet.

 

03. Es ist allerdings unzweckmäßig, die Entwicklungshilfe lediglich auf Maßnahmen der Umverteilung zu beschränken. Es entspricht auch den christlichen wie auch liberalen Wertvorstellungen von der Menschenwürde besser, Hilfe als Hilfe zur Selbsthilfe und nicht primär als Umverteilung zu verstehen.

 

04. Die meisten der heute als Entwicklungsländer eingestuften Volkswirtschaften gingen aus den Kolonien der früheren Kolonialmächte: England, Frankreich Spanien, Portugal und Niederlande hervor und wurden erst in den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts unabhängige Nationen. Insofern kann auch die Geschichte der Entwicklungshilfe erst ab diesem Zeitpunkt beginnen.

 

05. Natürlich gibt es auch hier eine Vorgeschichte. Die Art und Weise der Politik der ehemaligen Kolonialmächte gegenüber den Kolonien gibt auf der einen Seite einen Ansatzpunkt zur Rechtfertigung der Forderung nach Entwicklungshilfe; auf der anderen Seite hängt die sachliche Notwendigkeit zur Entwicklungshilfe entscheidend davon ab, welche Zukunftsinvestitionen von den Kolonialmächten getätigt oder vernachlässigt wurden.

 

06. Entwicklungshilfe wurde in der Vergangenheit vor allem von den Weltmächten geleistet, stärker von den Großmächten der westlich orientierten Länder als von der UdSSR. Für die USA und die UdSSR galt, dass bei der Entwicklungshilfe zunächst vorwiegend bündnispolitische Zielsetzungen im Vordergrund standen; es ging primär darum, Bündnispartner zu gewinnen.

 

07. Ein Großteil der Hilfe bestand deshalb auch in Mitteln, die stärker der Verteidigungsfähigkeit einer Nation als dem materiellen Wohlstand der Nation galten. Es entsprach allerdings auch der westlichen Ideologie, dass die Gefahr eines Überwechselns ins östliche Lager vor allem dadurch gebannt werden könnte, dass das Pro-Kopf-Einkommen angehoben werde.

 

08. Allgemein wird von Seiten der Entwicklungsländer der Vorwurf erhoben, dass sie im Rahmen der internationalen Organisationen unterrepräsentiert seien. Dies galt zunächst einmal im Hinblick auf die Stimmverteilung im IWF-System.

 

09. Es wurde auch bereits gezeigt, dass im Rahmen des IWF die Weltbank ihre Entwicklungskredite zunächst zum Wiederaufbau des zerstörten Europas, danach jedoch vorwiegend zur Finanzierung von Entwicklungsprojekten in den Entwicklungsländern eingesetzt hat.

 

10. In den 70er und 80er Jahren hat die Europäische Gemeinschaft eine Reihe von Abkommen mit einem Teil der Entwicklungsländer abgeschlossen, mit dem Ziel, diesen Ländern gewisse Zollpräferenzen einzuräumen.

 

11. Die Welthandelskonferenz (United Nations Conference on Trade and Development, UNCTAD) wurde 1964 als Organ der UN-Vollversammlung gegründet. Bereits 1947/48 hatte die UNO mit der Havanna-Charta eine Welthandelsordnung verabschiedet, in der die Grundsätze eines freien Handels und der Gleichberechtigung aller Nationen verankert waren. Da wichtige Länder wie z. B. die USA diese Charta nicht ratifizierten, trat sie nie in Kraft.

 

12. In der Folgezeit kam es allerdings auf Teilbereichen wie z. B. in den GATT-Verhandlungen (General Agreement on Trade and Tarifs) und im Internationalen Währungsfonds zu internationalen Vereinbarungen.

 

13. Vor allem die Entwicklungsländer waren mit diesen  Vereinbarungen unzufrieden, da sie in diesen Organisationen unterrepräsentiert waren und da die dort getroffenen Lösungen nicht geeignet seien, die Lage der Entwicklungsländer nachhaltig zu verbessern.

 

14. Die Ziele der UNCTAD bestehen in der Ausweitung des Welthandels und der allgemeinen internationalen Wirtschaftsbeziehungen, in der Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung und vor allem in der vollen Integration der Entwicklungsländer in die Weltwirtschaft.

 

15. Die Beschlüsse haben für die Mitgliedsstaaten nur Empfehlungscharakter. Stimmberechtigte Mitglieder der UNCTAD können nur souveräne Staaten sein, wobei heute weit mehr als 150 Staaten der UNCTAD angehören. Internationale Organisationen können jedoch als Beobachter teilnehmen.

 

16. Die Mitgliedsstaaten hatten sich lange Zeit in vier Gruppen zusammengeschlossen, und zwar in die Gruppe A: afrikanische und asiatische Länder, Gruppe B: entwickelte marktwirtschaftliche Länder, Gruppe C: lateinamerikanische Länder sowie Gruppe D: sozialistische Länder. Die Entwicklungsländer  (die Gruppen A und C)  traten zumeist als Gruppe der 77 gemeinsam auf.

 

17. Die Welthandelskonferenz, die in der Regel alle 4 Jahre tagt, hat sich vor allem mit folgenden 6 Problembereichen befasst, die fast ausschließlich die Interessenlage der Entwicklungsländer betreffen.

 

18. Erstens: Förderung stabiler Rohstoffpreise durch Schaffung eines gemeinsamen von den Abnehmerländern mitfinanzierten Rohstofffonds (Nairobi). Das Interesse der Entwicklungsländer liegt hierbei darin, dass sie auf den Export weniger Rohstoffe angewiesen sind und dass die Rohstoffpreise besonders stark auf konjunkturelle Schwankungen der hoch entwickelten Länder reagieren. Gleichzeitig soll der Fonds auch zur Verbesserung der Produktivität bei der Rohstoffgewinnung eingesetzt werden.

 

19. Zweitens: Stärkung der Exportmöglichkeiten der Entwicklungsländer bei Halbfabrikaten und Endprodukten durch ein nicht reziprokes Zollpräferenzsystem zugunsten dieser Länder (New Delhi). Dieses Prinzip weicht von der Meistbegünstigungsregel des GATT-Systems ab. Verständlich werden die Forderungen der Entwicklungsländer durch den Umstand, dass diese Länder vor allem landwirtschaftliche Güter exportieren, die bisher (vor allem von der EG) aus den allgemeinen GATT-Regelungen herausgenommen wurden. Zusätzlich wurde eine Entschließung verabschiedet (Nairobi), um marktbegrenzende und wettbewerbsbeschränkende Maßnahmen von Unternehmungen wie Staaten einzuschränken.

 

20. Drittens: Verstärkter Zugang der Entwicklungsländer zum Seetransport ist für diese Länder von besonderer Bedeutung, da ihre Export- und Importgüter hauptsächlich durch Schiffe transportiert werden müssen.

 

21. Viertens: Verstärkte Kapitalhilfe für die Entwicklungsländer durch Festlegung, dass die entwickelten Länder 0,7% ihres Bruttoinlandsproduktes für allgemeine Entwicklungshilfe sowie zusätzlich für die am wenigsten entwickelten Länder (den LDC-Ländern) 0,15% des Sozialproduktes aufwenden sollten (Santiago, Belgrad); zum andern gingen die Forderungen der Entwicklungsländer auf Stundung der hohen Verschuldungen der Entwicklungsländer und auf Umschuldungsmöglichkeiten, sowie auf vollständigen Schuldenerlass für die ärmsten Länder.

 

22. Fünftens: Forderung nach Erhöhung der internationalen Liquidität durch Ausweitung der Sonderziehungsrechte sowie verstärkte Mitspracherechte beim IWF (die Beteiligungsrechte sind dort nach Währungsbestand und Umfang des Außenhandels gestaffelt).

 

23. Sechstens: Verabschiedung eines Verhaltenskodexes beim Technologietransfer, um diskriminierende Auflagen seitens der hochentwickelten Staaten zu begrenzen.

 

24. Da die Beschlüsse der UNCTAD die Staaten nicht binden, ist der Einfluss dieser Organisation nur gering. So ist z. B. die 0,7% Vereinbarung über die Kapitalhilfe nur von wenigen Ländern voll realisiert worden. Trotz allem hat die UNCTAD auf indirektem Wege einen gewissen Erfolg gebracht, so wurde z. B. das GATT-Abkommen durch ein Kapitel der Zollbegünstigungen zugunsten der Entwicklungsländer erweitert oder die Sonderziehungsrechte wurden im IWF ausgeweitet.

 

25. Gegen die traditionelle Außenhandelstheorie wurden vor allem folgende Einwände vorgetragen: Sie sei lediglich anwendbar auf die Beziehungen der hoch entwickelten Volkswirtschaften untereinander, aber nicht auf die Beziehungen zwischen Volkswirtschaften, die auf einem unterschiedlichen Niveau stehen.

 

26. Gegenkritik: Auch die heutigen hoch entwickelten Volkswirtschaften standen im Zeitpunkt des Entstehens auf unterschiedlichen Entwicklungsniveaus. Auch die traditionelle Theorie hatte sich mit dem Argument auseinanderzusetzen, dass ein Freihandel die Länder mit einer geringeren Entwicklung benachteilige; siehe z. B. die Erziehungszolldiskussion im Zusammenhang mit den Thesen von Fr. List.

 

27. Die traditionelle Theorie kann nur schwer erklären, weshalb es schwergewichtig zu einem internationalen Verkehr zwischen den hoch entwickelten Volkswirtschaften gekommen ist. Eigentlich müssten die Theorie der komparativen Kosten sowie das Heckscher-Ohlin-Theorem zu dem Ergebnis kommen, dass vor allem ein Außenhandel zwischen Volkswirtschaften mit unterschiedlichem Entwicklungsniveau stattfindet.

 

28. Entsprechend der Theorie der komparativen Kosten ist eine internationale Arbeitsteilung umso vorteilhafter, je größer die Unterschiede in den komparativen Kosten im Autarkiezustand sind.  Es kann kein Zweifel bestehen, dass die Kostenunterschiede z. B. zwischen Agrarprodukten und Industrieprodukten in beiden Ländergruppen wesentlich höher sind als zwischen den hochent-wickelten Volkswirtschaften.

 

29. Auch entsprechend dem Heckscher-Ohlin-Theorem ist davon auszugehen, dass die Unterschiede in der Faktorausstattung vor allem zwischen den beiden Ländergruppen (Agrar- versus Industrienationen) bestehen, sodass aus dieser Sicht her eigentlich vorwiegend ein Außenhandel zwischen Entwicklungsländern und hoch entwickelten Volkswirtschaften entstehen müsste.

 

30. Gegenkritik: Allerdings besagen die klassischen Theorien auch, dass nicht nur unterschiedliche Technologien und Faktorausstattungen Kostenunterschiede begründen, sondern dass Außenhandel auch aufgrund von Unterschieden in der Bedarfsstruktur wohlfahrtssteigernd sein kann. Zumindest ein Großteil des Außenhandels zwischen den hochentwickelten Volkswirtschaften lässt sich auf einen unterschiedlichen Bedarf, der sich vor allem an Qualitätsunterschieden ausrichtet, erklären.

 

31. Darüber hinaus dürften politische Begrenzungen (Kontingentierungen und Zölle), weiterhin ein politisch bedingtes Risiko (Enteignungsgefahr) und der Umstand, dass die Volkswirtschaften der Entwicklungsländer oftmals nicht marktwirtschaftlich organisiert sind, erklären helfen, weshalb die durch die Theorie vorhergesagte Richtung des Außenhandels nicht bestätigt wurde.

 

32. Schließlich hat auch die Integrationstheorie von Viner Argumente dafür geliefert, dass Freihandel zwischen komplementären Volkswirtschaften zu handelsablenkenden, also zu wohlfahrtsmindernden Effekten führen kann, allerdings nur insofern der Abbau von Behinderungen des Güterverkehrs regional begrenzt ist.

 

33. Myrdal warf der traditionellen Theorie vor allem vor, dass sie lediglich die Feedbackprozesse betont, während in der Realität auch Kumulationsprozesse wirksam sind und im Verhältnis der beiden Ländergruppen sogar überwiegen. Es bestehe eine Tendenz, dass sich die in der Vergangenheit gebildeten wirtschaftlichen Zentren verstärken, wobei die Wanderung der Faktoren diesen kumulativen Prozess auslöse.

 

34. Die wirtschaftlichen Zentren ziehen aus den Randzonen nur qualitativ gute Kräfte an, was bewirkt, dass die Randzonen ausgedünnt werden und nur noch über weniger qualifizierte Arbeitskräfte verfügen. Gleichzeitig werde dieser Kumulationsprozess durch die Kapitalwanderungen verstärkt.

 

35. Auf der einen Seite ermögliche das hohe Pro-Kopf-Einkommen in den Zentren eine höhere Ersparnis und bringe damit die weitere Voraussetzung für einen Anstieg der Pro-Kopf-Einkommen und somit für eine weitere Differenzierung mit sich. Auf der anderen Seite sei aber auch die Investitionsbereitschaft in den wirtschaftlichen Zentren größer, da hier auch eine große Absatzmöglichkeit bestehe.

 

36. Prebisch ergänzte diese Argumentation durch folgende Beweisführung: In den Zentren überwiege bei Rationalisierungsinvestitionen die Kompensation, da die Nachfrage groß genug sei, um die freigesetzten Arbeitskräfte wiederum einzugliedern; während in der Peripherie die Freisetzung überwiege, da der Absatz mangels Nachfrage nicht so stark ausgeweitet werden kann, dass die freigesetzten Arbeitskräfte wiederum eingegliedert werden.

 

37. Gegenkritik: Dem entgegen steht jedoch die These der klassischen Theorie, dass in den weniger entwickelten Volkswirtschaften höhere Grenzerträge bestehen und dass Güter auch in die Randzonen ausgeführt werden können.

 

38. Standorte, die vorwiegend von der Absatzseite her bestimmt werden, sind relativ selten und können nur soweit erklärt werden, soweit die Transportkosten überwiegen.

 

39. Schließlich übernimmt Myrdal das von List entwickelte Argument, dass in der ersten Entwicklungsstufe die Entwicklungsländer aufgrund hoher Entwicklungskosten bei Freihandel benachteiligt sind. Kritik: Wir haben bereits gesehen, dass das List‘sche Argument nur überzeugt, wenn externe Effekte vorliegen.

 

40. Vor allem nach Meinung von Prebisch habe gerade der Freihandel zu einer systematischen Benachteiligung geführt. Ausgangspunkt ist die empirische Feststellung, dass sich die Terms of Trade in der Zeit von 1876 bis 1938 zu Lasten der Entwicklungsländer verschlechtert haben.

 

41. Ursache Nr.1: unterschiedliche Art der Verteilung von Wachstum. Im Zentrum sorgen Gewerkschaften dafür, dass Produktivitätssteigerungen in Form von Lohnsteigerungen und nicht in Form von Preissenkungen weitergegeben werden. Dies bedeutet, dass die Produktivitätsgewinne im Zentrum bleiben und nicht an die Käufer aus der Peripherie in Form von Preissenkungen weitergegeben werden. Für die in der Peripherie erzeugten Rohstoffe gelte umgekehrt, dass Produktivitätsgewinne vorwiegend in Preissenkungen weitergegeben werden und damit an die Käufer aus den Zentren.

 

42. Ursache Nr. 2: Die Preise für Urprodukte der Peripherien sinken in Zeiten der Rezession stärker als sie in Zeiten des Aufschwunges steigen. Grund ist wiederum der Umstand, dass Rezessionen im Zentrum sich vorwiegend in einem Mengenrückgang und damit in einer Verminderung der Nachfrage nach Primärprodukten auswirkten.

 

43. Ursache Nr. 3 : Die Einkommenselastizität für Primärprodukte ist kleiner als eins, für Industrieprodukte hingegen größer als eins, also steige die Nachfrage nach Primärprodukten immer geringer, was sich in einer relativen Preissenkung der Primärprodukte auswirken müsse.

 

44. Ursache Nr. 4: Das Zentrum verschob sich in den 20er Jahren von Großbritannien nach USA. Die USA seien jedoch weitgehend autark, sodass die Nachfrage nach Produkten der Entwicklungsländer relativ gering sei.

 

45. Kritik von Viner, Haberler etc.: Diese Statistiken werfen ein falsches Bild, da Importpreise in cif berechnet werden; bei der cif-Berechnung sind die Transportkosten enthalten, diese gingen jedoch auf Rechnung der hoch entwickelten Volkswirtschaften und verminderten sich in diesem Zeitraum sehr stark. Die Wohlfahrt einer Volkswirtschaft hängt weiterhin nicht nur von der Entwicklung der Terms of Trade, sondern auch vom Außenhandelsvolumen ab.

 

46. Der Außenhandelsgewinn einer Volkswirtschaft kann auf zweifache Weise verwendet werden: durch Erhöhung der Pro-Kopf-Einkommen oder durch Zunahme der Bevölkerung. In den Entwicklungsländern führte der Außenhandel zumeist zu einer Zunahme der Bevölkerung.

 

47. Zweifel werden auch geäußert an der These der geringen Einkommenselastizität; sie gelte nicht für Rohstoffe, sondern nur für Nahrungsmittel; diese würden jedoch vorwiegend innerhalb der entwickelten Länder gehandelt.

 

48. Höhere Arbeitskosten in den hoch entwickelten Volkswirtschaften würden in Wechselkursänderungen weitergegeben, beeinflussen also nicht die Terms of Trade. Die geringe Importquote der USA schließlich sei eine Folge des Protektionismus und nicht des Freihandels.

 

49. Zu den wichtigsten Arten der Entwicklungshilfe zählen: Naturalhilfe (Gewährung von Nahrungsmitteln, Medikamenten), Kapitalhilfe (Gewährung von Krediten, Sonderziehungsrechte), technische und organisatorische Hilfe (Entsendung von Fachkräften, Ausbildungshilfen, freier Technologietransfer), Zollpräferenzen zugunsten der Entwicklungsländer sowie Preisstützungsmaßnahmen durch Bildung von Fonds etc.

 

50. Als Wiedergutmachung für frühere Ausbeutung sahen sich die ehemaligen Kolonialmächte zur Entwicklungshilfe verpflichtet. Entwicklungshilfe wird auch verstanden als ein Ausfluss des allgemeinen Zieles der Nivellierung angewandt auf internationale Beziehungen. Weiterhin versucht man auf diese Weise soziale Revolutionen zu verhindern. Auch erhalten die entwickelten Länder Vorteile aus ihrem Engagement für die Entwicklungsländer, und zwar  durch Möglichkeiten des Kapitaleinsatzes (in den entwickelten Volkswirtschaften gehen die Grenzerträge des Kapitals zurück, in den LDC-Ländern sind die Grenzerträge noch relativ hoch). Die entwickelten Länder erhalten auf diese Weise größere Absatzmöglichkeiten für ihre eigenen Produkte und können damit Methoden der Massenproduktion einsetzen.

 

51. Der Kritik, dass mit dem Entwicklungsstand auch die Konkurrenz zunehme, wird dadurch begegnet, dass gerade auch Außenhandel zwischen hoch entwickelten Volkswirtschaften möglich sei und dass stärkerer Wettbewerb zu stärkerem Produktivitätswachstum führe.

 

52. Naturalhilfe ist unbestritten als Katastrophenhilfe, ansonsten unerwünscht, da sie dem Selbstverständnis der Entwicklungsländer widerspricht, die nicht Geschenkempfänger bleiben wollen. Es gilt zu erkennen, dass eine langfristige Entwicklung nur durch eine Industrialisierung erreichbar ist, hierzu aber Kapitalhilfen notwendig sind. Es besteht die Gefahr, dass alleinige Naturalhilfen nichterwerbswirtschaftliches Verhalten unterstützen und damit den Industrialisierungsprozess aufhalten.

 

53. Kapitalhilfe ist ein geeigneter Ansatzpunkt zur langfristigen Entwicklung, da nur so eine Durchbrechung des Teufelskreises möglich wird: Geringes Pro-Kopf-Einkommen führt zu geringer Ersparnis und dies führt zu einem geringen Pro-Kopf-Einkommen auch in der Zukunft.

 

54. Durch Kapitalhilfen ist eine Vergrößerung des Pro-Kopf-Einkommens möglich und damit ist die Voraussetzung für eine zukünftige eigene Sparfähigkeit geschaffen. Realer Kapitaltransfer ist jedoch nur möglich, wenn keine protektionistischen Maßnahmen ergriffen werden.

 

55. Privater Kapitalverkehr ist nur zu erwarten, wenn das politische Risiko vermindert wird; diesen Risikoabbau können jedoch nicht die Entwicklungsländer selbst gewähren; da das Risiko gerade in einer Revolution besteht, muss es also von den hoch entwickelten Ländern in Form von Bürgschaften übernommen werden.

 

56. Es besteht die weitere Gefahr, dass die Kapitalhilfe konsumtiv angelegt wird. Eine Übernahme moderner Technik scheitert oft daran, dass das Entwicklungsland noch nicht über qualifizierte Facharbeitskräfte verfügt. Eine Entsendung von Fachkräften aus den entwickelten Ländern ermöglicht die unmittelbare Umsetzung der Technologie.

 

57. Eine Ausbildung von Arbeitskräften durch die entwickelten Länder ermöglicht den späteren Einsatz unter der Regie der Entwicklungsländer. Die Technologieentwicklung in den hoch entwickelten Ländern war zumeist eine Reaktion auf Verknappungserscheinungen. Die Entwicklungsländer unterscheiden sich aber gerade in der Ausstattung mit Faktoren: Sie verfügen über wenig Kapital und viel Arbeitskräfte. Dies macht auch andere Technologien notwendig.

 

58. Eine Übernahme des medizinischen Standards kann das Gleichgewicht zwischen Bevölkerungswachstum und Güterwachstum stören; nur dann, wenn die Bevölkerung nicht stärker steigt als die Produktivität, kann ein Anstieg des Pro-Kopf-Einkommens erzielt werden.

 

59. Drei Möglichkeiten der Preisstützung wurden in der Vergangenheit praktiziert:

 

1. Kartelle der Rohstoffanbieter - vor allem bei Rohöl – sie scheiterten zumeist daran, dass einzelne Anbieter strategische Ziele verfolgten.

 

2. Verpflichtung der Abnehmerländer, bestimmte Quoten einzuhalten; sie ist jedoch bei generellen Konjunkturrückgängen kaum realisierbar; auch ist sie wohlfahrtspolitisch unerwünscht.

 

3. Bildung von Rohstoff-Fonds, die auf den Rohstoffmärkten zur Preisstützung intervenieren. Die Problematik ähnelt der Interventionspraxis auf dem europäischen Agrarmarkt.

 

60. Langfristig bestimmt der Entwicklungsstand der hoch entwickelten Länder den Bedarf an Rohstoffen. Bei Preisstützung besteht die Gefahr, dass die Lagerbestände immer größer werden, dann wegen finanziellen Schwierigkeiten Angebotskontingentierungen auf administrativem Wege durchgeführt werden, diese wiederum starke Benachteiligungen einzelner Länder herbeiführen und schließlich die Entwicklung der Entwicklungsländer behindern. Entsprechend Kaldor-Hicks wären Transferzahlungen an die Entwicklungsländer wohlfahrtspolitisch effizienter.

 

 

Fragen zu Kapitel 12:

 

01. Ist es zweckmäßig, den Entwicklungsstand einer Volkswirtschaft allein am Pro-Kopf-Einkommen zu messen?

 

02. Auf welchem Wege wird in einer modernen Industriegesellschaft für eine Reproduktion der Ressourcen gesorgt?

 

03. Besteht Entwicklungshilfe nur aus einer Umverteilung?

 

04. Welche Zielsetzungen verfolgten die Großmächte in der Vergangenheit  mit der Entwicklungshilfe vorrangig?

 

05. Worauf beruhte vor allem der Vorwurf, die Entwicklungsländer seien im Rahmen der internationalen Organisationen unterrepräsentiert?

 

06. Worin bestehen die wichtigsten Ziele der UNCTAD?

 

07. Worin liegt das Interesse der Entwicklungsländer an einer Stabilisierung der Rohstoffpreise?

 

08. Gegen welchen Grundsatz verstößt das System der nichtreziproken Zollpräferenzen? 

 

09. Inwieweit versuchte man im Rahmen der UNCTAD die Kapitalhilfe zugunsten der Entwicklungsländer zu fördern?

 

10. Inwieweit führen Kumulationsprozesse zu einer Schwächung der Randgebiete?

 

11. Worin liegt die Ursache Nr. 1 für eine ungleiche Verteilung des Reichtums auf hoch entwickelte und weniger entwickelte Volkswirtschaften?

 

12. Auf welchem Wege kann der Teufelskreis durchbrochen werden, dass wer heute arm ist, deshalb auch in Zukunft arm sein wird? 

 

 

Antworten zu Kapitel 12:

 

01. Es ist zweckmäßiger, den Entwicklungsstand einer Volkswirtschaft daran zu messen, ob ein Land die Voraussetzungen dafür besitzt, ein einmal erreichtes Wohlfahrtsniveau auch in Zukunft beizubehalten. 

 

02. In einer modernen Industriegesellschaft wird der Verschleiß von Anlagen durch Ersatzinvestitionen ersetzt. Gleichzeitig bringt es das Geld als Recheneinheit mit sich, dass Ersatzinvestitionen auch in anderen Anlageformen getätigt werden können.

 

03. Entwicklungshilfe kann auch darin bestehen, dass sich die Wohlfahrt sowohl der Entwicklungsländer als auch der hoch entwickelten Volkswirtschaften verbessert.

 

04. Die Großmächte versuchten in der Vergangenheit mit Hilfe der Entwicklungshilfe insbesondere Bündnispartner zu erlangen.

 

05. Der Vorwurf der Unterrepräsentation der Entwicklungsländer in den internationalen Organisationen beruhte vor allem auf der Stimmverteilung innerhalb des IWF.

 

06. Die UNCTAD verfolgt das Ziel, den Welthandel zu fördern und vor allem die Entwicklungsländer in die Weltwirtschaft zu integrieren.

 

07. Die Entwicklungsländer sind an einer Stabilisierung der Rohstoffpreise vor allem deshalb interessiert, da sie fast ausschließlich Rohstoffe exportieren.

 

08. Zollpräferenzsysteme verstoßen gegen das Prinzip der Meistbegünstigung.

 

09. Man versuchte die Kapitalhilfe zugunsten der Entwicklungsländer dadurch zu fördern, dass man die hoch entwickelten Volkswirtschaften aufforderte, 0,7% ihres Inlandsproduktes für Entwicklungshilfe auszugeben.

 

10. Die Randgebiete werden vor allem dadurch geschwächt, dass jeweils die produktivsten Kräfte in die Zentren abwandern.

 

11. Prebisch sieht die Ursache Nr. 1 für eine ungleiche Verteilung der Wohlfahrt in der Tatsache, dass in den hoch entwickelten Staaten aufgrund starker Gewerkschaften Produktivitätsgewinne den inländischen Arbeitnehmern zugutekommen, während in den Entwicklungsländern Produktivitätszuwächse in Form von Preissenkungen an die Ausländer weitergegeben werden.

 

12. Dieser Teufelskreis kann nur durch eine Kapitalhilfe durchbrochen werden, da die Kapitalhilfe zu einer Einkommenssteigerung führt, diese Einkommenssteigerung aber die Möglichkeit zur Ersparnis und damit zu weiteren Einkommenssteigerungen eröffnet.