Grundsätze einer
Bildungsreform
Gliederung:
1. Bereiche der
Bildungspolitik
2. Ziele der Bildungspolitik
3. Der Hochschulbereich
4. Der Schulbereich
5. Der Vorschulbereich
6. Die Fortbildung in der Berufszeit
Wenn man sich
über die Reform der Bildungspolitik unterhalten will, muss man sich klar sein,
dass mit dem Begriff ‚Bildung’ im Grunde alle Lebensphasen angesprochen sind,
dass sich Bildung nicht nur auf einige wenige Lebensphasen beschränkt. Bildung
und Ausbildung beginnen mit der Erziehung des Kleinkindes in der Familie, gehen
weiter mit dem Aufenthalt des Kindes in den vorschulischen Einrichtungen
(Kindergrippen, Kinderhorte und Kindergarten), wird weitergeführt in den
Grundschulen und Gymnasien, schließlich auf den Hochschulen und in den
berufsbildenden Einrichtungen der Betriebe und des Staates.
Die schnelle
Änderung der in den Betrieben angewandten Technik bringt es mit sich, dass die
Bildung mit dem Abschluss auf den Schulen und Hochschulen nicht beendet sein
kann, denn die Bildungskenntnisse veralten; es ist notwendig, dass auch während
der Berufsjahre das Wissen der Arbeitnehmer an die neuen Kenntnisse angepasst
wird, so dass Bildung den einzelnen Berufstätigen bis zum Ende seiner
Berufstätigkeit begleiten sollte.
Hierbei muss man
sich weiterhin darüber klar werden, dass alle aufgezählten Bereiche eine
Einheit bilden, insofern, als sie alle dem gleichen Bildungsziel unterworfen
und verzahnt sein sollten.
Das Grundziel jeder Bildungspolitik liegt in der
Vermittlung von Werten und Wissen. Hierbei unterscheidet man im Allgemeinen
zwischen Bildung und Ausbildung.
Bildung besteht vorwiegend in der Vermittlung von
Grundwerten. Sie dient einem Selbstzweck, stellt also - in der Sprache des
Wirtschaftswissenschaftlers - ein Konsumgut dar. Ausbildung besteht hingegen in
der Vermittlung des Wissens, das zur Ausübung der Berufe dient. Ausbildung hat
also - wiederum in der Sprache des Wirtschaftswissenschaftlers - den Charakter
eines Investitionsgutes, sie ist Mittel zum Zweck.
Allerdings sollte man sich darüber klar werden: Gerade der
Umstand, dass sich die Technik stetig ändert und mit ihr die Notwendigkeit
entsteht, dass die einzelnen Erwerbstätigen immer wieder ihr Wissen durch
Nachlernen erneuern müssen, führt dazu, dass die Unterschiede zwischen Bildung
und Ausbildung verwischen.
Dies wird deutlich, wenn man sich ein zweites Begriffspaar
vergegenwärtigt: die Unterscheidung zwischen der Vermittlung von Faktenwissen
und dem Erlernen von Problemlösungen. Es ist klar, dass wegen der stetigen
Änderung und Erweiterung des Wissens und der Technologien die Vermittlung von
Faktenwissen immer mehr in den Hintergrund treten muss. Die Beschränkung auf
das Erlernen von Faktenwissen ist aus zweierlei Gründen nicht mehr zu
vertreten. Auf der einen Seite wird das erlernte Faktenwissen sehr schnell
obsolet, der einzelne Berufstätige muss lernen, sich an das veränderte Wissen
und an die veränderte Technologie anzupassen; und wenn er in der Jugend nur Faktenwissen
gelernt hat, wird es ihm schwer fallen, sich an die neuen Situationen, die immer
wieder in den Betrieben entstehen, anzupassen.
Viel wichtiger als die Vermittlung von Faktenwissen ist also,
auf den Schulen und Hochschulen das Erlernen des Lernens zu lehren, die
Fähigkeit zu vermitteln, neue Probleme zu lösen.
Auf der anderen Seite ist die Vermittlung von Faktenwissen
auch deshalb nicht mehr so notwendig wie früher, da die Einführung von Computern,
Datenbanken und das Internet dazu geführt haben, dass die für die Problemlösung
im Betrieb notwendigen Fakten schnellst möglich zur Verfügung gestellt werden
können. Um aktuelle Probleme tatsächlich lösen zu können, muss man nicht die
auf der Schule - zumeist bereits veralteten - Fakten kennen, sondern man muss
wissen, auf welche Weise man sich die für die anstehende Problemlösung
notwendigen aktuellen Fakten beschaffen kann.
Leider folgt die Praxis dieser Erkenntnis bisweilen noch zu
wenig. Es ist immer noch so, dass in praxi vorwiegend nur die Hochschulen
Problemlösungsverhalten vermitteln, während in den stärker berufsbezogenen
Einrichtungen immer noch der Schwerpunkt der Aktivitäten auf der Vermittlung
von Faktenwissen liegt.
Es leuchtet weiterhin ein, dass in der Wirklichkeit den
Bildungseinrichtungen nicht nur die eigentlichen Ziele der Bildung und
Ausbildung vorgegeben werden, dass Bildung und Ausbildung immer auch in
Konflikt mit anderen gesellschaftlichen Werten kommen kann und dass es deshalb
notwendig ist, den Bildungseinrichtungen auch andere, nicht berufsbezogene,
gesellschaftliche Ziele vorzugeben.
Man hat davon auszugehen, dass an der Erziehung und
Ausbildung immer drei Gruppen beteiligt sind. Es gibt erstens die zu
Erziehenden und deren Ziele, es gibt zweitens die Erzieher, die auch eigene
Ziele einbringen und es gibt drittens schließlich die Gesellschaft, in der sich
die zu Erziehenden eines Tages bewähren sollen entsprechend den allgemeinen –
und dies heißt in unserer Gesellschaft – demokratischen und freiheitlichen
Regeln.
Jedes Leitbild, das einseitig die Interessen lediglich
einer Gruppe hervorhebt, führt zu einer suboptimalen Lösung. Die zu Erziehenden
(vorwiegend die Kinder und Jugendlichen) müssen in der Zeit der Erziehung zu
ihrem Recht kommen, die Erziehungszeit ist ein beachtlicher Abschnitt des
Lebens der Erzogenen und hat als solcher seine Werte und daraus abgeleitet
haben auch die Kinder ihre Rechte. In gleichem Maße sind die Erziehenden nicht
nur Erziehende, sondern haben als Erwachsene wiederum ihre eigenen Interessen
und daraus abgeleitet ihre Rechte. Schließlich muss bedacht werden, dass die zu
Erziehenden für eine ganz bestimmte Gesellschaft erzogen werden und dass sie
sich in dieser Gesellschaft so konfliktarm wie möglich bewegen können sollten.
Initiative, Kompromissfähigkeit, Standfestigkeit und moralisch einwandfreies
Verhalten sind die Werte, die durch Erziehung letztlich vermittelt werden
müssen.
Früher waren Frauen als Mütter in der Regel im Haushalt
tätig und nicht erwerbstätig. Im Zuge der Emanzipationsbewegung streben die
meisten Frauen heute an, ebenfalls wie die Männer auch erwerbstätig zu sein.
Hieraus wurde die Forderung abgeleitet, dass der Staat dafür Sorge tragen
müsse, dass auch für Kleinkinder Kindergrippen, Kinderhorte und Kindergarten in
ausreichendem Maße zur Verfügung gestellt werden, damit die Mütter auch während
der Zeit erwerbstätig sein können, in denen ihre Kinder noch unter 6 Jahren
sind und eine intensive Betreuung benötigen.
Auch wenn man die Emanzipationsbewegung bejaht und die
Forderungen nach Erwerbstätigkeit der Frau für berechtigt ansieht, fragt es
sich jedoch, ob die augenblicklichen Lösungen allen drei Gruppen (Gesellschaft,
Kindern und Eltern) in ausreichendem Maße gerecht werden. Die Kinderpsychologie
geht z. B. davon aus, dass Kinder in den ersten 3-4 Jahren eine ständig
gleichbleibende Betreuungsperson benötigen. Diese Betreuungspersonen müssen
allerdings nicht unbedingt die leiblichen Eltern sein.
Dies bedeutet, dass in den ersten Jahren der Kleinkinder
entweder die Eltern über ein so hohes erwerbswirtschaftliches Einkommen
verfügen, dass sie sich eine Betreuungsperson leisten können oder dass die
Eltern die häusliche Arbeit und Betreuung des Kindes übernehmen sollten.
Gleichzeitig gehen die Ernährungswissenschaftler
davon aus, dass Kinder in den ersten Jahren gestillt werden sollten, dass die
Muttermilch eindeutig sonstiger Milch vorzuziehen ist. Eigentlich sollte bis
zur Vollendung des sechsten Monats voll gestillt werden. Allerdings schwankt
die gesamte Dauer der Stillperiode je nach Kulturkreis. In industrialisierten
Gesellschaften stellt ein ganzes Jahr schon eher die Ausnahme dar, während in
nicht industrialisierten Gesellschaften bis zu vier Jahren gestillt wird. Mediziner
empfehlen eine möglichst lange Zeit, da sich das Stillen auf die körperliche
und seelische Entwicklung des Säuglings positiv auswirkt.
Im weiteren sollte man sich klar werden, dass Kindergrippen
und Kinderhorte nur eine unter vielen Möglichkeiten darstellen, nicht immer die
beste Lösung, die allen drei Zielgruppen gerecht wird, dass es vielmehr
erwünscht ist, dass auch neue Möglichkeiten der Erwerbsarbeit vermehrt
angeboten werden, dass z. B. der eine Elternteil vormittags, der andere
nachmittags arbeitet oder dass der eine Elternteil für ein bis drei Jahre
erwerbstätig ist, während der andere Elternteil die häusliche Arbeit verrichtet;
in den nächsten drei Jahren wechseln dann die Elternteile in die jeweils andere
Tätigkeit. Schließlich ist es heutzutage auch technisch oftmals möglich, dass
die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit z. B. über einen Computer im eigenen
Haushalt verrichtet wird.
Technisch gesehen sind diese Arten der Erwerbstätigkeit
heutzutage möglich, allerdings scheitern diese Lösungen heute noch oftmals an
einem zu geringen Angebot von Seiten der Unternehmungen. Weiterhin bestehen
heutzutage noch vielfach gesellschaftliche Leitbilder, die solche Lösungen
erschweren, so wenn z.B. verächtlich vom “Hausmann“ gesprochen wird oder wenn
eine Frau, die bewusst den Haushalt als Haupttätigkeitsfeld wählt, als
“altmodisches Mütterchen“ verachtet wird. Hier hat sicherlich die Erziehung
noch sehr viel zu leisten und es muss in den gesellschaftlichen Werten noch
sehr viel Umdenken erfolgen.
Auch die Forderung nach Ganztagsschulen entspringt
bisweilen weniger der Überzeugung, dass die Bildungsaufgabe in Ganztagsschulen
effizienter geleistet werden könnte, sondern vielmehr der Vorstellung, dass der
Staat alles tun müsse, um den Müttern eine Erwerbsarbeit zu ermöglichen.
Wir werden auf den Komplex der Ganztagsschule noch später
ausführlicher eingehen. Hier in diesem Zusammenhange kommt es allein darauf an,
dass die Bildungsaufgabe immer mehreren Zielsetzungen dient und dass einseitige
Lösungen, bei denen lediglich eine Zielgruppe Berücksichtigung findet, zu
vermeiden sind.
Zielkonflikte im Zusammenhang mit der Bildungsarbeit
entstehen auch im Zusammenhang mit verteilungspolitischen Zielen. In der
Vergangenheit wurde Bildungspolitik oftmals vorrangig unter dem Ziel gesehen,
das Bildungsmonopol der Reichen zu brechen.
Nach diesen Vorstellungen sollte der Staat finanzielle
Anreize geben und institutionelle Maßnahmen ergreifen, um möglichst vielen
Arbeitnehmerkindern den Zugang zu den höheren Bildungseinrichtungen
(Hochschulen) zu ermöglichen.
Es ist sicherlich unbestritten, dass die höheren
Bildungseinrichtungen all denjenigen offen stehen sollten, welche begabt genug
sind, mit Erfolg an diesen Einrichtungen teilzunehmen. Man muss sich jedoch
darüber im Klaren sein, dass die verteilungspolitischen Ziele mit den
Bildungszielen in Konflikt geraten können und dass die verteilungspolitischen
Ziele auch durchgesetzt werden können, ohne die eigentliche Bildungsaufgabe zu
behindern.
In diesem Zusammenhang ist die Einführung von Gesamtschulen
zu erwähnen, bei denen - wiederum vorwiegend aus verteilungspolitischen Zielen
heraus – Begabte und weniger Begabte möglichst in die gleiche Schule und Klasse
besuchen, um so schon sehr früh die Distanz zwischen den sozialen Klassen zu
verhindern oder zumindest abzubauen. Auch über dieses Thema werden wir später
ausführlich berichten. Hier gilt lediglich festzuhalten, dass dieses Ziel in
der Vergangenheit mit der Einrichtung von Gesamtschulen nicht erreicht wurde
und dass diese Einrichtungen sowohl den am wenigsten Begabten als auch den
Hochbegabten nicht voll gerecht wurden.
Auch die Ablehnung von Studiengebühren an Hochschulen wird
im Allgemeinen mit verteilungspolitischen Zielen gerechtfertigt. Wenn wir auch
über dieses Thema erst später ausführlich berichten werden, so soll doch an
dieser Stelle festgestellt werden, dass auf diese Weise auf der einen Seite
eine effiziente Erstellung der Bildungsleistungen unter Umständen verhindert
wird und dass auf der anderen Seite die verteilungspolitischen Ziele auch bei
der Erhebung von Studiengebühren durchaus - z. B. über verlorene oder
zurückzahlbare Darlehen - realisiert werden können.
3. Der
Hochschulbereich
Die
traditionellen Universitäten haben die Aufgabe der Ausbildung und der
Forschung. Sie stehen hierbei sowohl im Bereich der Lehre wie der Forschung in
Konkurrenz zu anderen Einrichtungen. Im Gegensatz zu den Universitäten
verfolgen auch die Fachhochschulen Ausbildungsziele, aber betreiben keine
Forschung oder im geringeren Maße als die Universitäten. Auf der anderen Seite
gibt es Institute, die sich nur mit Forschung befassen.
Man könnte sich
nun die Frage stellen, ob es nicht zweckmäßiger wäre, wenn eine Spezialisierung
erfolgen würde, etwa so, dass sich die einen Einrichtungen - vorwiegend die
Hochschulen - auf die Lehre spezialisieren und nur Ausbildung betreiben,
während andere Einrichtungen, die Forschungsinstitute, sich auf die Erforschung
neuen Wissens beschränken.
Demgegenüber
gilt es zu betonen, dass die Verbindung zwischen Forschung und Lehre an den Universitäten
eindeutige Vorzüge hat. Auf der einen Seite gibt diese Verbindung den Forschern
die Möglichkeit, ihr neues Wissen den Studenten vorzutragen und sie an der
Forschung zu beteiligen. Die Möglichkeit, neue Ideen zunächst einem Forum vorzutragen
und zur Diskussion zu stellen, verbessert sicherlich den Forschungsprozess.
Auf der anderen
Seite wird auf diese Weise der Prozess der Weitergabe neuen Wissens an die
Praxis wesentlich beschleunigt. Der größte Teil der Studenten wird nach Abschluss
des Studiums in der wirtschaftlichen und politischen Praxis beschäftigt. Es ist
auf diese Weise die Gewähr gegeben, dass die ehemaligen Studenten dieses neue
Wissen in der Praxis sofort umsetzen können. Die Transformationsrate des
Wissens erhöht sich.
Wenden wir uns
nun zunächst der Ausbildung zu. Ziel der universitären Ausbildung ist eine
optimale Vermittlung des Wissens, das die Studenten zur Ausübung ihres
künftigen Berufes benötigen. Hierbei kommt es nicht darauf an, möglichst an
allen Universitäten das gleiche Wissen zu vermitteln. Aber gerade diese Tendenz
lässt sich an den politischen Aktivitäten der Regierungen erkennen. Mit dem
Ziel der Vergleichbarkeit werden alte Lehrgänge, wie z.B. der Lehrgang, der mit
einem Diplomexamen endet, abgeschafft, um weltweit äußerlich die gleichen
Abschlüsse des „Bachelors“ und des „Masters“ zu erreichen. Es ist ein Irrtum zu
meinen, dass auf diese Weise gleiche Studiengänge auf der ganzen Welt erreicht
werden. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass sich die Inhalte der einzelnen
Studiengänge der einzelnen Länder und Universitäten nach wie vor unterscheiden
werden.
Kurzfristig
werden die Inhalte vor allem davon geprägt, welche Professoren gerade einen
Lehrstuhl innehaben und welche Forschungsziele diese Professoren verfolgen.
Es wäre aber
auch nicht erwünscht, dass sich alle Studiengänge materiell gleichen, genauso
wenig wie es erwünscht wäre, nur einige Grundnahrungsmittel zu produzieren oder
einige wenige Einheitskleider auf den Markt zu bringen. Die Unternehmungen haben
einen sehr unterschiedlichen Bedarf an ausgebildeten Arbeitskräften, der nur
optimal befriedigt werden kann, wenn ein dementsprechend differenziertes
Angebot an unterschiedlichen Abschlüssen besteht.
Für eine
Unternehmung oder für einen anderen Arbeitgeber (Staat, Verbände, internationale
Organisationen) ist es nicht so sehr von Bedeutung, mit welchem Namen ein Abschluss
gekennzeichnet wird, von wesentlich größerer Bedeutung ist, dass sich eine bestimmte
Qualifikation und Güte an bestimmten Hochschulen herausbildet, sodass sich das
einzelne Unternehmen wie auf ein Gütesiegel darauf verlassen kann, dass es mit
Absolventen einer bestimmten Hochschule auch eine bestimmte Qualität
„einkauft“.
Die
Unterschiedlichkeit der Bildungsgänge der einzelnen Hochschulen ist auch noch
aus einem anderen Grunde erwünscht.
Genauso wie für
die Produktion von Waren gilt auch für die Erstellung der Dienstleistungen
einer Universität im Bereich der Lehre, dass permanente Innovationen möglich
und notwendig sind. Nie wird die beste Technik vermittelt werden, immer werden
mögliche Verbesserungen denkbar sein und der beste Anreiz zur permanenten
Verbesserung des Leistungsangebotes der Universitäten dürfte ein Wettbewerb der
einzelnen Fachbereiche und Hochschulen untereinander sein. Wobei es einmal darum
geht, die begabtesten Studenten zu gewinnen und zum andern die eigenen
Studenten nach ihrem Abschluss an die qualifiziertesten Unternehmungen und
Organisationen und dort in die bedeutendsten Führungspositionen zu vermitteln.
Ein solcher die
Innovation der Lehre fördernder Wettbewerb bringt es jedoch notwendiger Weise
mit sich, dass sich die einzelnen Hochschulen und Fachbereiche voneinander
unterscheiden, Innovation kommt dadurch zustande, dass einzelne Fakultäten mit
ihren Erneuerungen vorpreschen und die anderen folgen oder auch dadurch, dass
sich im Zuge der Spezialisierung unterschiedliche Angebote entsprechend einem
unterschiedlichen Bedarf herauskristallisieren.
Bei dem
Zustandekommen dieses Wettbewerbes spielt die Finanzierung der Lehre eine
entscheidende Rolle. In der Vergangenheit wurde die Finanzierung der Ausbildung
von Seiten der Universitäten nahezu allein vom Staat übernommen. Demgegenüber
wird die Forderung erhoben, dass die Lehre vorwiegend durch Studiengebühren,
welche die Studenten zu entrichten hätten, finanziert werden sollte.
Gegen eine
vorwiegende Finanzierung der Ausbildung durch den Staat sprechen mehrere
Gründe. Erstens gehörte Ausbildung zumindest in der Vergangenheit zu den politischen
Themen, die ausgesprochen unpopulär waren und bei denen man deshalb nicht damit
rechnen konnte, dass Politiker durch eine Verstärkung der Finanzierung der
Hochschulen bei den Wahlen Stimmen gewinnen können. Also wurden in Zeiten, in
den der Staat sparen musste, vorwiegend auch die Zuschüsse an die Universitäten
reduziert.
Vor allem gilt
es zweitens zu berücksichtigen, dass in Zeiten des konjunkturellen Rückganges
mit den Steuereinnahmen auch die Zuschüsse an die Universitäten gekürzt werden,
was sicherlich den Zielen der Bildungspolitik zuwiderläuft.
Drittens ist
schließlich zu befürchten, dass der Staat bei einer ausschließlichen Finanzierung
der Universitäten auch einen politischen Einfluss nehmen wird und damit u. U.
die Freiheit der Lehre gefährden könnte.
Gegen die
Erhebung von Studiengebühren zur Finanzierung der Lehre werden vor allem
verteilungspolitische Argumente vorgetragen.
Es wird darauf
hingewiesen, dass ohnehin der Anteil der Arbeiterkinder an den Studierenden
wesentlich geringer sei als der Anteil der Arbeiter an der Bevölkerung und es
wird befürchtet, dass bei Erhebung von Studiengebühren dieser Anteil weiter
sinken werde und somit wichtige Ziele der Bildungspolitik, nämlich die
Hochschulen allen Schichten zugänglich zu machen, gefährdet seien.
Demgegenüber
muss betont werden, dass die Frage der Studiengebühren primär keine verteilungspolitische,
sondern eine allokationspolitische Frage darstellt. Wie das Beispiel der
meisten Länder, die Studiengebühren eingeführt haben (die angelsächsischen Staaten,
aber auch viele kontinentaleuropäische Staaten) zeigt, lassen sich
Studiengebühren sehr wohl einführen, ohne deshalb Studierende aus ärmeren
Bevölkerungskreisen vom Studium abzuschrecken. Fast alle Länder, die Studiengebühren
kennen, gewähren den Studierenden, deren Eltern nicht aus eigener Kraft die
Studiengebühren aufbringen können, Stipendien, die so berechnet werden, dass
nicht nur die Lebenshaltungskosten, sondern auch die Studiengebühren bezahlt
werden können.
Andere Länder
(so auch Westdeutschland unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg) gewähren oder gewährten
dieser Gruppe von Studierenden Gebührennachlass. Voraussetzung ist allerdings, dass
diese Studierenden durch Nachweis von Leistungsscheinen unter Beweis stellen,
dass sie überhaupt die intellektuellen Voraussetzungen für ein erfolgreiches
Studium besitzen. Aus verteilungspolitischen Gründen können deshalb
Studiengebühren nicht ernsthaft abgelehnt werden.
Eine effiziente
Verteilungspolitik ist ohnehin nicht möglich, wenn man Umverteilungsmaßnahmen
an den unterschiedlichsten Stellen der Gesellschaft durchführt. Ein solches
Eingreifen in den Marktprozess stört die Allokation, verringert dadurch die
allgemeine Wohlfahrt und mit ihr gleichzeitig die Möglichkeit, die Gelder für
sozialpolitische Maßnahmen aufzubringen.
Weiterhin kann
eine an Gerechtigkeitskriterien orientierte Umverteilung nur bei einer von
einer einheitlichen Stelle ausgehenden zentralen Umverteilung durchgeführt
werden.
Werden die
unterschiedlichsten Kaufakte mit Umverteilungsmaßnahmen verbunden, werden zwei
Personen, die aus verteilungspolitischer Sicht eigentlich das gleiche Einkommen
oder die gleiche Subventionssumme erhalten sollten, sehr unterschiedlich begünstigt,
je nachdem wie sie ihre Einkünfte verwenden. Die Umverteilungsergebnisse werden
durch Willkür bestimmt.
Was spricht aber
allokationspolitisch für die Einführung von Studiengebühren?
Die
Studiengebühren stellen den Preis des Bildungsangebotes dar und sollen wie alle
Preise in einer funktionierenden Marktwirtschaft Menge und Qualität des
Bildungsangebotes unmittelbar auf die Bedürfnisse der Studierenden, aber
mittelbar auch auf den Bedarf der Praxis, der Nachfrager nach Studierenden
(vorwiegend der Unternehmungen, Verbände und staatlichen Organisationen) bestmöglich
ausrichten.
Die einzelnen
Fachbereiche erstellen das Lehrangebot und versuchen auf der einen Seite
Studenten anzuwerben, andererseits diese dann nach dem Studienabschluss an die
Praxis weiter zu vermitteln. Die Fachbereiche haben hierbei ein Interesse
daran, ihr Angebot so auszurichten, dass sich möglichst qualifizierte Studenten
bewerben, aus denen die Fachbereiche die höchstqualifizierten Studierenden
auswählen. Gleichzeitig haben die Fachbereiche ein Interesse daran, dass die
Abgänger in möglichst aussichtsreichen Stellungen in der Praxis eine Anstellung
finden.
Diese
Marktregelung funktioniert natürlich nur dann, wenn auch ein intensiver Wettbewerb
zwischen den einzelnen Universitäten und Fachbereichen besteht. Nur in diesem
Falle ist damit zu rechnen, dass die Fachbereiche alle Anstrengungen
unternehmen, ein bedarfsgerechtes Lehrangebot zu erstellen und dass sie bei der
Weiterentwicklung der Lehrmethoden innovativ tätig sind.
Diese
Marktregelung funktioniert allerdings nur dann, wenn einige weitere Voraussetzungen
erfüllt sind. So ist es notwendig, dass die einzelnen Fachbereiche frei darüber
entscheiden können, wie sie sich organisieren, wie groß also ein Fachbereich z.
B. sein sollte, welche Lehrgebiete für ein befriedigendes Lehrangebot angeboten
werden u. s. w. Der Wettbewerb sorgt letztlich dafür, dass die Universitäten,
die Innovationen anbieten und auf Nachfrageänderungen seitens der Studenten und
Unternehmungen reagieren, finanzielle Vorteile, die anderen Universitäten
hingegen Nachteile erhalten.
Weiterhin ist es
notwendig, dass auch die Studenten frei sind, sich an der Universität und an
dem Fachbereich zu bewerben, die der einzelne Student bevorzugt, genauso wie
die Fachbereiche frei sein müssen, aus dem Angebot an Studierenden diejenigen
auszuwählen und diejenigen Auswahlkriterien anzulegen, die sich für das
spezielle Lehrangebot am besten eignen. Damit ist selbstverständlich nicht
ausgeschlossen, dass die Regierungen bestimmte Rahmenordnungen erlassen, die
eine Vergleichbarkeit der einzelnen Leistungen möglich machen.
Diese
Vergleichbarkeit ist vor allem erwünscht, um den Studenten zu ermöglichen,
Teile des Studiums im Ausland oder an einer anderen Universität zu absolvieren.
Allerdings ist eine Gleichheit der Ordnungen weder erwünscht noch in praxi
möglich.
Wenden wir uns
nun der Forschung zu. Forschung wird in der Bundesrepublik sowohl an eigenständigen
Forschungsinstituten, an Universitäten und in Großunternehmungen betrieben.
Hierbei muss
zwischen Grundlagen- und Zweckforschung unterschieden werden, wobei Grundlagenforschung
sowohl an Universitäten als auch an eigenständigen Forschungsinstituten, aber
kaum in Unternehmungen durchgeführt wird, während Zweckforschung sich vor allem
auf die Unternehmungen beschränkt; allerdings werben vor allem natur- und
ingenieurwissenschaftliche Fakultäten auch Forschungsprojekte an, die von
Unternehmungen finanziert werden und die deshalb eher der Zweckforschung zugeordnet
werden müssen.
Hier
interessiert vor allem die Forschung der Universität, die vorwiegend aus Grundlagenforschung
besteht. Die Finanzierung dieser Forschung erfolgte in der Vergangenheit vor
allem unmittelbar durch den Staat, während die Forschungsprojekte der Forschungsinstitute
vorwiegend durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft finanziert wurden, die
sich selbst wiederum teilweise durch staatliche Gelder, teilweise durch Zuschüsse
aus der Industrie refinanziert hat.
Auch hier gelten
im Wesentlichen die Argumente, die bereits oben gegen eine Finanzierung der
Lehre durch den Staat angeführt wurden: Eine unmittelbare Finanzierung der
Grundlagenforschung durch den Staat kann erstens unerwünscht sein, weil die
Regierungen u. U. die Finanzierung an politische Zwecke koppeln, die der
grundsätzlich in der Verfassung garantierten Freiheit der Forschung widersprechen,
nach der jeder Forscher das Recht hat, seine Forschungsziele im Rahmen der
bestehenden Rechtsordnung selbst zu formulieren.
Zweitens spricht
gegen eine unmittelbare Finanzierung der Grundlagenforschung durch den Staat
die Tatsache, dass Ausgaben für Universitäten zumindest in der Vergangenheit
als unpopulär galten, mit denen man keine Wahlen gewinnen kann, sodass die Bereitschaft
demokratischer Parteien, für eine Ausweitung der Ausgaben für die Forschung
einzutreten, gering war. Drittens spricht gegen eine staatliche Finanzierung
der Grundlagenforschung auch der Umstand, dass die Einnahmen des Staates in
Zeiten des Konjunkturrückganges ebenfalls zurückgehen und dass deshalb damit zu
rechnen ist, dass auch die Zuschüsse für die Forschung an die Universitäten in
diesen Zeiten gekürzt werden.
Umgekehrt wurde aber lange Zeit gerade dieser Umstand als Rechtfertigung angesehen, dass Universitäten und die unabhängigen Forschungsinstitute für ihre Grundlagenforschung nicht mit Mitteln erwerbswirtschaftlicher Organisationen, sondern mit öffentlichen Geldern unterstützt werden.
Wenn also
Grundlagenforschung zweckmäßigerweise weder von privatwirtschaftlichen,
erwerbswirtschaftlich ausgerichteten Organisationen noch unmittelbar durch den
Staat finanziert werden sollen, entsteht die Frage, auf welchem Wege und mit
welchen Geldmitteln denn die Grundlagenforschung finanziert werden kann.
Eine mögliche
Antwort auf diese Frage gibt das Verfahren, das die Deutsche Forschungsgemeinschaft
schon seit langer Zeit bei der Vergabe von Zuschüssen zu einzelnen Forschungsprojekten
eingeschlagen hat. Anträge auf Finanzierung von Forschungsprojekten erfolgen
danach von einzelnen Forschern bzw. von Fachbereichen, Universitäten und
unabhängigen Forschungsinstituten. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft entscheidet
über diese Anträge vorwiegend nach wissenschaftlichen Kriterien. Dies ist notwendig,
da natürlich immer durch unabhängige Wissenschaftler geprüft werden muss, wie
notwendig und sachgerecht einzelne Forschungsanträge sind, in welcher Rangfolge
die einzelnen Forschungsanträge stehen und ob sie der geltenden Rechtsordnung
entsprechen. Die Überprüfung der Einordnung in die Rechtsordnung ist z. B. im
Zusammenhang mit der Embryonenforschung von Bedeutung. Die Zuweisung von
öffentlichen Geldmitteln an einzelne Forschungsprojekte mag noch so sehr aus
rein wissenschaftlichen Gründen sinnvoll sein, sie darf nicht genehmigt werden,
wenn die Realisierung dieser Forschungsprojekte allgemeine Werte unserer
Rechtsordnung verletzt.
Die Finanzierung
der Deutschen Forschungsgemeinschaft erfolgt ihrerseits durch staatliche sowie
private Geldzuweisungen. Der Unterschied zur unmittelbaren Finanzierung von
Forschungsprojekten durch den Staat oder durch einzelne Unternehmungen besteht
darin, dass über die Vergabe dieser Geldmittel vorwiegend nach
wissenschaftlichen Kriterien und durch unabhängige Sachverständige und nicht
nach rein politischen oder erwerbswirtschaftlichen Erwägungen entschieden wird.
In jüngster Zeit
wurde der Versuch unternommen, durch Bildung und Förderung von Eliteuniversitäten
Lehre und Forschung finanziell stärker zu unterstützen. Es scheint mir
allerdings fraglich, ob dieser Weg im Vergleich zu der bisherigen Methode,
einzelne Projekte nach vorheriger Prüfung zu fördern, vorzuziehen ist.
Natürlich war es notwendig und höchst erwünscht, die materielle Förderung von
Lehre und Forschung auszuweiten. Natürlich war es auch richtig, diese Förderung
selektiv nur einzelnen ausgewählten Bereichen zugutekommen zu lassen und nicht
im Sinne des Gießkannenprinzips allen zur Verfügung zu stellen. Schließlich ist
es sicherlich auch richtig, dass die Effizienz solcher Mittel bei denjenigen
Wissenschaftlern besonders hoch sein dürfte, welche sich bereits bisher durch
wissenschaftliche Innovationen hervorgetan haben.
Durch diese Art
der Förderung entstehen jedoch monopolartige Strukturen, welche sich auf den wissenschaftlichen
Fortschritt auch negativ auswirken können. Es ist unwahrscheinlich, dass sich
in allen Fakultäten und Bereichen einiger weniger Universitäten jeweils die
besten Wissenschaftler konzentrieren, der Umstand, dass einige Wissenschaftler
eines bestimmten Fachgebietes (z. B. in Chemie) hervorragendes geleistet haben,
lässt nicht unbedingt erwarten, dass gerade an derselben Universität auch in an
allen anderen Fachbereichen jeweils die Spitze der Gelehrten versammelt ist. Es
besteht bei einer solchen Monopolisierung immer die Gefahr, dass unter der
Sonne einer Eliteuniversität einerseits auch zweitrangige Wissenschaftler
begünstigt werden und dass anderseits hochrangige Wissenschaftler an anderen
Universitäten gerade deshalb in ihrer Forschung behindert sind, weil sie in
kurz- und mittelfristiger Sicht keinen Zugang zu diesen Fördermittel haben.
Dieses Verfahren
ist weiterhin vergangenheitsorientiert, die bisherigen Leistungen entscheiden
darüber, wer zum Zuge kommt und nicht – wie bei der bisherigen Förderung der
Deutschen Forschungsgemeinschaft – die jeweils in Aussicht genommenen Forschungsvorhaben.
Die Effizienz des Einsatzes materieller Mittel lässt sich jedoch sicherlich anhand
einzelner Projekte (natürlich auch Großprojekte) besser feststellen.
Bei einer
solchen Konzentration auf ganz wenige Schwerpunkte besteht immer auch eine
gewisse Gefahr, dass mehr politische Überlegungen als allein wissenschaftliche
Kriterien den Ausschlag geben. Dies bedeutet nicht, dass die bisher gefällten
Entscheidungen tatsächlich dieser Gefahr unterlegen sind.
Des Weiteren ist
die langfristige Bindung von Fördermitteln, die notwendigerweise einheitlich
erfolgen muss, sicherlich dem bisher angewandten Verfahren unterlegen, die
Bindung der Mittel jeweils an konkreten Projekten auszurichten. Auch hier gilt,
dass es effizienter wäre, wenn der Bindungszeitraum für die Gewährung dieser
Mittel für jedes einzelne Projekt festgelegt würde.
4. Der Schulbereich
Die
Veröffentlichung der Pisa Studien seit 2000 schreckte die deutsche
Öffentlichkeit auf. Die Pisa Studien untersuchten im Auftrag der OECD die
Lernfähigkeit von Schülern in einer Vielzahl von Ländern, wobei vor allem die
Interpretationsfähigkeit von Texten sowie mathematische und naturwissenschaftliche
Grundkenntnisse überprüft wurden. Die Leistungen der deutschen Schüler lagen im
letzten Viertel (mit einer leichten Tendenz zum Besseren bei den letzten
Studien), während weniger wirtschaftsstarke Länder, wie z.B. Finnland und
Südkorea an der Spitze lagen.
Die Pisa Studie
war nicht die erste Studie, die über die Lernfähigkeit von Schülern
durchgeführt wurde; auch schon früher wurden ähnliche Tests durchgeführt. Gemeinsam
war diesen Untersuchungen die Tatsache, dass die deutschen Schüler fast immer
im letzten Viertel angesiedelt waren. Gleichzeitig finden jedes Jahr
Meinungsbefragungen unter den Unternehmungen über die Frage statt, inwieweit
die Neubewerber über ausreichende Kenntnisse zur Ausübung der beruflichen
Tätigkeiten verfügen.
All diese
Befragungen führten zu einem geradezu katastrophal schlechtem Ergebnis über
deutsche Schüler.
Nun sollte man
die Pisa Studie und die anderen Untersuchungen nicht überschätzen. Als erstes
fällt auf, dass sich die einzelnen Untersuchungen in dem internationalen
Ranking - mit Ausnahme Deutschlands, das mit gewissen Ausnahmen immer im
unteren Viertel angesiedelt war – sehr voneinander unterschieden. Die USA z. B.
rangierten einmal fast an der Spitze, ein anderes Mal genauso wie Deutschland
im untersten Viertel. Dies spricht dafür, dass mehr zufällige Faktoren für das
Ergebnis den Ausschlag geben, genauso, wie ja auch die Durchschnittsnoten von
Examen Jahr für Jahr schwanken, da die einzelne Jahrgänge nie gleich gut sind.
Aus diesen Ergebnissen kann man weniger mit Sicherheit herauslesen, dass das
Lernsystem mit seinen institutionellen Regelungen als solches diese schlechten
Ergebnisse bestimmt hat.
Aber nur solche
Defizite sind eigentlich von Bedeutung, da nur sie zumindest kurz- oder
mittelfristig über politische Maßnahmen beeinflusst werden können.
Es bleibt
allerdings der Tatbestand bestehen, dass seit vielen Jahren Meinungsbefragungen
unter Unternehmungen und das Meinungsbild der Hochschullehrer beide dem Bildungsstand
der deutschen Schüler ein sehr schlechtes Zeugnis ausgestellt haben.
Bei der
Bewertung der Ergebnisse der Pisa Studie gilt es zweitens zu bedenken, dass gleiche
Aufgabenstellungen nicht immer auch die gleichen Auskünfte über das Bildungsniveau
geben.
Ich erinnere
daran, dass in der Zeit unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg damit begonnen
wurde, Intelligenzquotienten auch für die Entwicklungsländer vor allem auch für
afrikanische Bürger durchzuführen, wobei diese Untersuchungen zunächst zu dem
(scheinbaren) Ergebnis kamen, dass die Intelligenz der Afrikaner wesentlich
unter derjenigen der Europäer und Nordamerikaner liege. Man erkannte jedoch
bald, dass bei den Tests systematische Fehler und zwar dadurch gemacht wurden,
dass dieselbe Art von Fragen wie bei den europäischen und nordamerikanischen
Ländern gestellt wurden. Gleiche Antworten auf gleiche Fragestellungen
gestatten jedoch noch lange nicht auf einen gleichen intellektuellen Stand zu
schließen, da sich Intelligenz auch in anderen Denkweisen ausdrücken kann.
In ähnlicher
Weise müsste zweitens überprüft werden, ob bei der Pisa Studie und ähnlichen
Befragungen nicht der Fehler gemacht wurde, dass einer Gruppe von Schülern
eines Landes Fragen so gestellt wurden, wie die Schüler sie aus dem Unterricht
her kennen, sodass sie bereits in der Beantwortung dieser Fragen eine Routine
entwickelt haben, während für eine andere Gruppe von Schülern aus anderen
Ländern in der Schule eine etwas davon abweichende Art der Fragestellungen
eingeübt wurde, sodass für diese Gruppe die Fragestellungen eine innovative Art
von Antworten erforderten und deshalb die Beantwortungen dieser Fragen für
diese Gruppe einen höheren Anforderungsgrad verlangten.
Drittens ist
darauf aufmerksam zu machen, dass die Untersuchungen im Rahmen der Pisa-Studien
so angelegt sind, dass sie in erster Linie einen Vergleich darüber erlauben,
wie die einzelnen Länder im Hinblick auf die Ausbildung an Schulen im Sinne
eines Rankings abschneiden. Die Frage, worauf die aufgezeigten Mängel der
Länder zurückzuführen sind, welche nicht zu den Ländern zählen, die am besten
abgeschnitten haben, und die damit zusammenhängende Frage, auf welche Weise
diese Mängel beseitigt werden können, lässt sich mit diesen Befragungen allein
nicht klären.
Das
Bildungsniveau eines Landes hängt immer von einer Vielzahl von Determinanten ab
und lässt sich also nicht einfach auf einzelne Versäumnisse zurückführen. Da
diese Determinanten zu einem großen Teil auch Multikorrelationen aufweisen,
lassen sich durch einen solchen einfachen Ländervergleich allein auch keine
eindeutigen Ursachenbeziehungen nachweisen. Was notwendig wäre, um die
Situation im Bildungswesen zu reformieren, wären empirische Untersuchungen,
welche stärker die Bedeutung einzelner Strategien wie Gesamtschule,
Ganztagsschule etc. überprüfen würden.
Viertens sollte
man auch bei der Beurteilung dieser Ergebnisse stärker als bisher zwischen
Tatsachen und der Bewertung dieser Tatsachen unterscheiden. Ein Ranking in der
Frage, wie viel Prozent eines Jahrganges z. B. Hochschulreife erlangen,
verleidet sehr leicht zu der Auffassung, dass das Land mit dem höchsten Anteil
der Studierenden auch das Land sei, dass das Bildungsideal am besten erreicht
hat. Genau dieser Schluss darf jedoch nicht gezogen werden. Auch im Bereich der
Bildung gilt, dass es mehr auf ein Optimum als auf ein Maximum ankommt, auch
hier gilt es, das Angebot an Fachkräften jeweils der Nachfrage von Seiten der
Arbeitgeber (Unternehmungen und Staat) anzupassen.
Fällt das
Angebot an Ausgebildeten größer aus als die Nachfrage, ist das Ergebnis aus
mehreren Gründen unerwünscht. Auf der einen Seite findet eine Vergeudung
materieller Ressourcen statt; da diese knapp sind, hätten sie an anderer Stelle
eine höhere Wohlfahrt ermöglicht. Auf der anderen Seite ist dieses Ergebnis
auch ungerecht. Diejenigen Absolventen, welche bei der Arbeitsplatzsuche keinen
Arbeitsplatz finden, welcher ihrer Qualifikation entspricht, sind frustriert
und mit ihrer beruflichen Laufbahn unzufrieden. Weder ihre
Einkommenserwartungen noch ihre Erwartungen im Hinblick auf ihre berufliche
Laufbahn werden erfüllt.
Gleichzeitig
verdrängen sie auch die weniger qualifizierten Arbeitskräfte, in dem sie die
Arbeitsplätze einnehmen, welche eigentlich für die etwas weniger qualifizierten
Arbeitskräfte vorgesehen sind. Es findet ein Verdrängungswettbewerb nach unten
statt und verursacht so Unzufriedenheit auch bei den weniger Qualifizierten.
Natürlich ist
diese Forderung, auf ein Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage zu
achten, nicht gleichbedeutend damit, dass die bestehende Hierarchiestruktur
(Nachfrage) als Datum anzusehen ist, die nicht selbst wiederum hinterfragt
werden darf. Wie viel Führungskräfte auf den einzelnen Ebenen benötigt werden,
hängt unter anderem vom Konzentrationsgrad der Unternehmungen ab; überwiegen in
einer Volkswirtschaft die Großkonzerne, so werden sicherlich weniger hoch
qualifizierte Führungskräfte benötigt als in einer Volkswirtschaft, welche
vorwiegend aus Klein- und Mittelbetrieben besteht. Gerade die Beispiele aus der
jüngsten Vergangenheit zeigen, dass nicht jeder internationale Zusammenschluss
von Großunternehmungen effizient ist und dass deshalb durchaus auch die
jeweilig bestehende Hierarchiestruktur der Führungskräfte in den Unternehmungen
verbessert werden kann. Es bleibt aber die Forderung, dass die Güte des
Ausbildungsgrades immer daran gemessen werden muss, wie groß der Bedarf nach
Führungskräften im Einzelnen ist.
Fünftens würden
diese vorliegenden empirischen Untersuchungen nur dann Glaubwürdigkeit erlangen,
wenn sie mit anderen Ergebnissen über den Bildungsstand und über die
Leistungsfähigkeit der einzelnen Volkswirtschaften übereinstimmten.
Genau dies
scheint jedoch nicht der Fall zu sein. An der Spitze dieser ermittelnden Rankings
liegen Länder mit einer sehr geringen Wirtschaftskraft oder einem geringen Patentanteil,
während Länder, die seit langem in Wirtschaftskraft und Anzahl von Patenten als
führend gelten, wie z.B. die USA und Deutschland nur im Mittelfeld oder sogar
im untersten Viertel aufgeführt sind.
Natürlich ist es
richtig, dass zwischen Ausbildungstand und Wirtschaftskraft eines Landes ein
großer time lag besteht; der heutige Ausbildungsstand kann immer nur etwas über
die Wirtschaftskraft aussagen, die nach einer Anzahl von vielen Jahren erreicht
werden wird. Da Deutschland aber fast in allen Untersuchungen der Vergangenheit
bis in die 70er Jahre hinein im Ranking der Länder schlecht abgeschnitten hat
und da in der Vergangenheit auch keine Gründe sichtbar sind, weshalb sich in
den letzten Jahrzehnten dieser Bildungsstand dramatisch verändert hat, bleibt
ein gewisser Widerspruch zwischen den Pisa-Studien und den empirischen Daten
über die Wirtschaftskraft eines Landes bestehen.
Schließlich
widersprechen die Ergebnisse dieser vorliegenden Untersuchungen sechstens
anderen Theorien und Hypothesen über die Bestimmungsfaktoren von Lernerfolgen,
die bisher allgemein akzeptiert wurden und die nur dann aufgegeben werden
sollten, wenn überzeugende Theorien entwickelt wurden, welche im Einklang mit
den Ergebnissen der Pisa Studie stehen. Dies gilt z. B. für die Zusammenhänge
zwischen Bildungsstand und Anreizsystemen für Lehrende, der Zeitdauer der Ausbildung,
der Möglichkeit der einzelnen Lehranstalten, innovative Vorschläge umzusetzen
und der Konkurrenz der Anstalten untereinander.
In der
Vergangenheit wurde vor allem von sozialdemokratisch geführten Regierungen das
Konzept der Gesamtschulen vertreten. Gesamtschulen zeichneten sich dadurch aus,
dass alle Schultypen, Gymnasien wie Haupt- und Realschulen und alle Schüler mit
unterschiedlichen Lernzielen in einer Klasse zusammengefasst wurden.
Gesamtschulen
wurden auf der einen Seite aus verteilungspolitischen Gründen gegründet. Man wollte
auf diese Weise sicherstellen, dass auch Kinder aus Arbeiterfamilien Zugang zu
weiterbildenden Schulen erhalten. Gleichzeitig wollte man die soziale Distanz
zwischen den sozialen Schichten vermindern; man war der Meinung, dass dann,
wenn die zukünftigen Führungseliten zusammen mit den Arbeiterkindern in
derselben Klasse verbringen, das gegenseitige Verständnis der einzelnen
sozialen Schichten zueinander verbessert werde. Man befürchtete, dass Schulen
für Eliten (z. B. Gymnasien) hingegen Arroganz gegenüber den
Leistungsschwächeren erzeugten.
Die vergangenen
Erfahrungen mit der Gesamtschule zeigen jedoch, dass diese Ziele auf diese
Weise nicht erreicht werden können. Im Allgemeinen geht dieses Konzept sowohl
zu Lasten der besonders begabten wie auch der leistungsschwächsten Schüler. Da
ein Lehrer verpflichtet ist, einen bestimmten Lehrstoff durchzunehmen, kann er
weder auf die besonders Begabten noch auf die leistungsschwächsten Schüler in
einem Maße eingehen, wie es eigentlich erforderlich wäre. Seine Sorge gilt
vielmehr zu erreichen, dass eine mittlere Gruppe zwischen den Besten und den
Schlechtesten den Stoff versteht und beherrscht. Weder wird genügend für die
besonders Begabten noch für die Leistungsschwächsten getan.
Werden die
besonders Begabten nicht ausreichend gefördert, so wirkt sich dies letztlich
negativ auf das wirtschaftliche Wachstum aus. Entweder mangelt es an
hochqualifizierten Fachkräften oder aber an Erfindungen, welche die
Produktivität steigern.
Werden jedoch
die leistungsschwächsten nicht ausreichend gefördert, so mangelt es an
ausreichenden Kenntnissen auf der untersten Leistungsstufe mit dem Ergebnis,
dass diese Gruppe von Arbeitnehmern keine Anstellung findet. Sie bleiben
arbeitslos und verringern auf diese Weise das wirtschaftliche Wachstum.
Indirekt wird das Wachstum auch dadurch zusätzlich gemindert, weil der Staat
einen größeren Anteil der Steuereinnahmen für die Bezuschussung der
Arbeitslosenversicherung verwenden muss. Entweder reduziert er andere Ausgaben
oder er erhöht die Steuersätze.
Die Reduzierung
der übrigen Ausgaben wirkt sich vor allem negativ auf das wirtschaftliche Wachstum
aus, wenn Infrastrukturmaßnahmen reduziert werden. Eine Erhöhung der
Steuersätze wirkt sich mindernd auf die Investitions- und Konsumfreudigkeit
aus. Dies bedeutet nicht nur eine Verminderung des Wachstums, es besteht
vielmehr auch die Gefahr, dass wegen der Reduzierung der Nachfrage und damit
auch des Sozialproduktes die Steuereinnahmen nicht mehr das erhoffte Niveau
trotz Anstieges der Steuersätze erreichen.
Es gilt auch zu
berücksichtigen, dass ein Lehrer überfordert wird, wenn er zur gleichen Zeit
für die Masse der Schüler einen bestimmten Stoff durchnehmen muss und zur gleichen
Zeit sowohl auf die besondere Situation sowohl der am wenigsten begabten wie
auch der hochbegabten Schüler Rücksicht nehmen muss. Sowohl das Eingehen auf
die am wenigsten Begabten als auch das Herausfordern der Begabtesten verlangt
Spezialwissen und es ist deshalb sehr viel besser, wenn diese verschiedenen
Aufgaben gesondert von - in dieser Aufgabe ausgebildeten - Lehrer durchgeführt
werden.
Besser als mit
dem Konzept der Gesamtschule lassen sich die Bildungsziele mit der traditionellen
Einteilung in Hauptschulen und Gymnasien realisieren.
Natürlich
besteht immer die Gefahr, dass auf diese Weise auf Gymnasien ein falsches
Elitebewusstsein - Dünkel und Hochmut - erzeugt wird. Durch bewusste
Bildungspolitik lässt sich jedoch dieser Gefahr begegnen. Das preußische Ideal,
dass Staatsbeamte Diener und nicht Herrscher der Gesellschaft seien und der
König (Friedrich der Große hat dieses Ideal geprägt) der erste Diener des
Staates sei, lässt sich sinngemäß auf alle Führungskräfte übertragen.
Besser lassen
sich die oben angeführten Bildungsziele durch Veränderung des Anreizsystems auf
Schulen realisieren. So können auf der einen Seite den Lehrern materielle oder
berufliche (auf die Laufbahn bezogene) Anreize gegeben werden, innovative Lehr-
und Lernmethoden zu ergreifen und die einzelnen Lehrer und Schulen können in
einer Art Wettbewerb um die besten Lehrmethoden zueinander treten und auf der
anderen Seite können Erfolgskriterien eingeführt werden, anhand derer die Güte
der Ausbildung gemessen werden kann. Diese Evaluierung der Lehrer und Schulen
sollte allerdings weniger von Seiten der Schüler erfolgen, die in einem
Interessenkonflikt zwischen den von ihnen kurzfristig geforderten Anstrengungen
und den langfristigen Lernerfolgen stehen.
Sie sollte
vielmehr von den ausgebildeten, bereits im Beruf stehenden ehemaligen Schülern
durchgeführt werden, da diese sehr viel besser als die Schüler beurteilen
können, was sie tatsächlich für ihren späteren Beruf und für das
gesellschaftliche Leben gelernt haben und inwieweit sie ihr auf der Schule
gelerntes Wissen in der Praxis anwenden können. Die Evaluierung der Anbieter
von Lehrleistungen muss natürlich auch zu Konsequenzen führen, sowohl dann,
wenn die Ergebnisse besonders gut oder besonders schlecht ausfallen.
Das heute
vielerorts geforderte Konzept der Ganztagsschulen verfolgt mehrere unterschiedliche
Ziele. Auf der einen Seite ist diese Forderung die Antwort auf das schlechte
Abschneiden der deutschen Schüler im Pisa-Test. Man will das Bildungsniveau deutscher
Schüler mit Ganztagsschulen dadurch anheben, dass man die Dauer, in der ein
deutscher Schüler in der Schule verbringt, vom heute üblichen Halbtags auf den
ganzen Tag ausweitet.
Hinter diesem
Konzept steht aber auch das Ziel insbesondere sozialdemokratisch geführter
Regierungen, auf diesem Wege die Voraussetzungen zu schaffen, dass Mütter ganztags
erwerbswirtschaftlich tätig sein können. Im Gegensatz hierzu verfolgen die
christdemokratischen Politiker vor allem das Ziel, Müttern die Möglichkeit zu
geben, vor allem in den ersten Jahren nach der Geburt ihrer Kinder ganztags
oder zumindest halbtags zu Hause zu verbringen und hauswirtschaftlich tätig zu
sein.
Nun muss man sicherlich einräumen, dass die Möglichkeit, dass Kinder den ganzen Tag in der Schule verbringen, eindeutig vorzuziehen ist einem Zustand, bei dem die Kinder entweder auf der Straße im Extremfall in Banden verbringen oder fast den ganzen Nachmittag und Abend vor dem Fernsehapparat sitzen.
Man muss sich
allerdings darüber im Klaren sein, dass es nicht ausreicht, die durchschnittliche
Schulzeit vom Halbtags auf einen ganzen Tag auszuweiten, um auf diese Weise das
Bildungsniveau der deutschen Schüler zu vergrößern. Gewonnen wird sicherlich
nicht viel, wenn Schüler statt zu Hause in Schulräumen unter Aufsicht eines
Lehrers ihre Hausaufgaben verrichten. Es bedarf vielmehr einer wesentlichen
Aufstockung der Finanzmittel, die für die Schulen aufgewandt werden und eines
sehr differenzierten und wohl durchdachten Angebots an nachmittäglichen
Workshops, um das Bildungsniveau anzuheben.
Sofort erhebt
sich die Frage, ob ein solches Angebot nicht sehr viel effizienter von privaten
Einrichtungen gemacht werden kann, vor allem dann, wenn diese Einrichtungen in
einer Art Wettbewerb um die effizientesten Lehrangebote stehen. Weiterhin gilt
es zu bedenken, dass eine effiziente Lösung voraussetzt, dass den Eltern als
Vertreter der Schüler die Freiheit verbleiben sollte, dass ihr Kind oder ihre
Kinder den Nachmittag auch zu Hause
verbringen können, wenn sichergestellt ist, dass die Eltern diese Aufgabe auch
erfüllen können.
Ob beide Eltern
ganztägig erwerbstätig sind oder ein Elternteil zu Hause verbleibt und deshalb
auch die Kinder beaufsichtigen kann, ist eine Entscheidung, die den Eltern obliegt.
Sie sollte nicht von vornherein dadurch ausgeschlossen werden, dass man die
eine Möglichkeit unter mehreren, dass nämlich beide Eltern ganztägig
erwerbstätig sind und deshalb nicht in der Lage sind, ihre Kinder halbtags zu
beaufsichtigen, als einzige durch verpflichtende Ganztagsschulen erzwingt.
Zweckmäßiger wäre es, wenn die Eltern zwischen verschiedenen Möglichkeiten
diejenige Alternative auswählen können, die ihrer speziellen Lage am besten
entspricht.
5. Der Vorschulbereich
In diesem
Zusammenhang sind vor allem Kindertagesstätten angesprochen. Diese umfassen
Einrichtungen für verschiedene Altersstufen. Dazu gehören der ganztägige Kindergarten
für drei- bis sechsjährige Kinder, die Krabbelstube für ein- bis dreijährige
Kinder, die Krippe für Säuglinge, aber auch der Hort für die
Nachmittagsbetreuung von Schulanfängern.
Zu den
Dienstleistungen der Kindertagesstätte gehören Mahlzeiten ebenso wie körperliche
Pflege sowie ein erster Einstieg in die Bildung.
Ein hohes Maß an
pädagogischer Verantwortung tragen die Erzieher bzw. Erzieherinnen, die nicht
nur dafür Sorge tragen müssen, dass jedes Kind die altersentsprechende
Förderung und Beschäftigung erhält. Sie müssen ebenso den Wegfall der
familiären Umgebung und Geborgenheit kompensieren, so dass die Kinder keinen
psychischen Mangel leiden.
In der
Öffentlichkeit wird vor allem eine Finanzierung und damit im Zusammenhang ein
Angebot der Kindertagesstätten durch den Staat (Gemeinden) diskutiert. Als Rechtfertigung
werden ähnlich wie im Schulbereich vor allem zwei oder neuerdings auch drei
Argumente angeführt.
Auf der einen
Seite soll auf diese Weise erreicht werden, dass auch Kinder von Arbeitern und
von ärmeren Bevölkerungsschichten, die nicht das Geld für Kindertagesstätten
aufbringen können, nicht benachteiligt werden. Auf der anderen Seite sollen
Mütter die Möglichkeit erhalten, möglichst früh nach der Geburt wieder
erwerbstätig zu sein. Neuerdings wird auch die Vorstellung vorgetragen, es sei
notwendig, dass Ausbildung schon im Vorschulbereich möglichst mit vier Jahren
beginne oder dass sogar bereits mit 4 Jahren die Einschulung beginnt.
Über die
Berechtigung des ersten Argumentes haben wir weiter oben bereits gesprochen. Es
ist nicht zweckmäßig, aus verteilungspolitischen Gründen über die Preise in die
Allokation einzugreifen. Auf der einen Seite wird der verteilungspolitische
Spielraum durch allgemeine Wohlfahrtsminderung reduziert. Auf der anderen Seite
kann gerade auf diese Weise eine gerechte Umverteilung nicht erreicht werden.
Auch bei gleichen sozialen Bedingungen können dann, wenn das Ausmaß der
Umverteilung an die Inanspruchnahme bestimmter Güter und Dienstleistungen
geknüpft wird, sehr unterschiedliche Begünstigungen durch den Staat erfolgen.
Der einzelne erhält dann je nachdem, welche Nachfrage er ausübt, mehr oder
weniger finanzielle Zuwendungen vom Staat.
Bei dieser
Argumentation (Forderung nach Eingriffen aufgrund verteilungspolitischer Ziele)
wird übersehen, dass auch ohne Eingriff in die Allokation des Marktes die verteilungspolitischen
Ziele erreicht werden können, wenn man die Umverteilung von einer Stelle aus
zentral - z.B. durch eine negative Einkommenssteuer - durchführt. Eingriffe in
den Markt sind immer unerwünscht und zur Erreichung verteilungspolitischer
Ziele auch nicht notwendig.
Das zweite
Argument legt sich einseitig auf die Alternative fest, dass Mütter möglichst
früh nach der Geburt ihres Kindes wieder voll erwerbstätig werden. Dies ist nur
eine unter mehreren Alternativen, Frauen die Möglichkeit der Erwerbstätigkeit
zu eröffnen.
Technisch
gesehen wäre es aber – wie bereits angedeutet – auch möglich, dass die Erwerbstätigkeit
zwischen den Eltern aufgeteilt wird, z. B. dadurch, dass der eine Elternteil
vormittags, der andere nachmittags arbeitet; oder aber, dass der eine Teil ein
bis vier Jahre erwerbstätig ist, der andere während dieser Zeit im Haushalt
tätig ist; die nächsten ein bis vier Jahre geht der andere Elternteil ins
Erwerbsleben usw.
Wenn es möglich
ist, die höchsten politischen Ämter nur für eine begrenzte Zeit im Hinblick auf
die politischen Ziele befriedigend auszuführen - die Regel in Demokratien -,
müsste dies eigentlich auch im wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereich
möglich sein; dies gilt auch dann, wenn im Augenblick sicherlich noch nicht
genügend Arbeitsplätze dieser Art angeboten werden.
Für das dritte
Argument (Erhöhung des Bildungsniveaus durch Einschulung der Kinder mit dem
vierten Lebensjahr) scheint vor allem zu sprechen, dass sich schon in frühen
Kindesjahren durch die Art der Erziehung entscheidet, ob und in welchem Ausmaß
die Jugendlichen bildungsfähig werden. Allerdings sprechen die
Kinderpsychologen davon, dass bereits in den ersten drei Lebensjahren eines
Kindes durch die Art, wie die Eltern und andere Erzieher auf die Neugier eines Kindes
reagieren, die spätere Bildungsfähigkeit weitgehend festgelegt wird.
Auf der anderen
Seite ist jedoch zu überprüfen, ob dieser Vorschlag auch dem Interesse des
Kindes gerecht wird. Wir haben oben davon gesprochen, dass Ausbildung immer den
Interessen dreier Gruppen gerecht werden muss: dem Interesse des Kindes, das erzogen
wird; dem Interesse der Eltern oder Erzieher, die das Kind erziehen; und schließlich
den Interessen der Gesellschaft, die nur dann reibungslos funktionieren kann,
wenn die Mitglieder einer Gesellschaft bestimmte Mindeststandards erlernen.
Der Vorschlag,
Kinder bereits mit vier Jahren einzuschulen, scheint mir die Interessen der
Gesellschaft auf Kosten des Kindes über zu betonen. Das Kind hat einen Anspruch
darauf, in der Geborgenheit der Familie zu leben und nicht bereits in den
frühen Kindesjahren dem Alltagsstress unserer Gesellschaft ausgesetzt zu sein.
Angesichts der
Tatsache, dass die Lebenserwartung der Menschen heute im Durchschnitt etwa 10
Jahre höher ist als noch vor 50 Jahren, scheint es mir auch etwas fragwürdig,
den Alltagsstress des beruflichen Lebens immer weiter nach vorne zu ziehen und
gleichzeitig zu versuchen, immer früher aus dem Erwerbsleben auszuscheiden.
Auch für den
Vorschulbereich gilt, dass ein marktwirtschaftlich ausgerichtetes Angebot, bei
dem die einzelnen Anbieter in Wettbewerb zueinander stehen, sehr viel besser in
der Lage ist, auf der einen Seite die Leistungen an den Bedürfnissen der
Nachfrager (Eltern) auszurichten und auf der anderen Seite auf die Anbieter
genügend Anreiz auszuüben, immer wieder nach neueren effektiveren Methoden
Ausschau zu halten und damit die Kosten des Angebotes zu senken und seine
Qualität zu verbessern.
6. Die Fortbildung in der
Berufszeit
In der
Vergangenheit war die Ausbildung in der Regel mit dem Schul- oder Hochschulabschluss
bei Eintritt ins Erwerbsleben beendet. Wir haben oben bereits darauf hingewiesen,
dass der technische Fortschritt bei der Produktion von Waren und Dienstleistungen
dazu geführt hat, dass das auf der Schule und Hochschule erlernte Wissen so
schnell veraltet, dass fast jeder, der im Produktionsprozess tätig ist, in
periodischen Abständen sein Wissen auffrischen muss, um die am
Produktionsprozess auftretenden Anforderungen zu bewältigen. Man spricht
hierbei von der permanenten Notwendigkeit zur Fortbildung.
Dieser Umstand,
dass die Rate des technische Fortschrittes sehr hoch ist, bringt es nicht nur
mit sich, dass die meisten Erwerbstätigen einer Fortbildung bedürfen,
gleichzeitig bringt es dieser Umstand auch mit sich, dass sich die Art des
Wissens verändert hat.
Während in der
Vergangenheit oft Faktenwissen ausreichte, um den Anforderungen der beruflichen
Praxis zu entsprechen, reicht dieses Faktenwissen heute nicht mehr aus, der
Berufstätige muss vielmehr in der Lage sein, sich den permanent verändernden
Bedingungen des Alltages anzupassen, er muss nicht mehr in erster Linie Fakten
wissen, sondern wissen, wie man jederzeit unter veränderten Bedingungen an neue
Fakten schnell möglichst und so billig wie möglich herankommt.
Faktenwissen
allein reicht heute nicht nur nicht aus, um den heutigen Anforderungen zu
entsprechen, vielmehr ist dieses Wissen auch überflüssig, da fast alle Daten
über die neuen Medien des Computers und der Datenbanken billig und schnell
erhalten werden können. Dies bedeutet, dass in immer stärkerem Maße in der
Ausbildung sowohl an den Schulen wie auch an den Hochschulen weniger Faktenwissen
und mehr Wissen, wie man Probleme lösen kann, gelehrt werden muss.
Natürlich ist es richtig, dass das Mischungsverhältnis zwischen Faktenwissen und Problemlösungswissen auf den einzelnen Schulebenen unterschiedlich ausfallen sollte. Auf den Grundschulen wird aufgrund des dort noch geringen Voraussetzungen sicherlich mehr Faktenwissen als Problemlösungswissen vermittelt werden können. Auf den Hochschulen andererseits wird das Problemlösungswissen deutlich überwiegen müssen. Schließlich bringt es der Charakter der Gymnasien mit sich, dass auch dort das Problemlösungswissen in stärkerem Maße vermittelt werden wird als auf den übrigen Hauptschulen.
Auch für die
Fortbildungseinrichtungen gilt, dass sie sich an den Erfordernissen der Praxis
ausrichten und dieses Ziel wird am ehesten dann erreicht, wenn diese Organisationen
einem marktähnlichen Wettbewerb ausgesetzt sind und die Bezahlung von den
Nachfragern (von den Unternehmungen und Arbeitnehmern) erfolgt. Auch kann natürlich,
wenn man gewisse verteilungspolitische Absichten verfolgt, daran gedacht
werden, diese Ziele bei der allgemeinen Umverteilungspolitik, also z.B. bei der
Festlegung der Transfereinkommenshöhe der Begünstigten, zu berücksichtigen.