Eine neue Generation muss her!

 

Die Wahlniederlage der CDU/CSU hat innerhalb der CDU/CSU sowie in den öffentlichen Medien zu dem Ruf nach einer grundlegenden Erneuerung geführt (‚kein Stein dürfe auf dem anderen bleiben‘), wobei insbesondere gefordert wird, den Einfluss der Jüngeren zu erhöhen. Forderungen werden laut, diese Zielsetzungen dadurch umzusetzen, dass institutionell festgelegt werde, dass in den einzelnen Gremien der Anteil jüngerer Personen erhöht wird.

 

Hier besteht die Gefahr, dass ähnlich wie bei der Frage der geschlechtlichen Diskriminierung Wege beschritten werden, welche nicht zum Ziel führen können. Wieder einmal verzichtet man darauf, in einem ersten Schritt nach den Ursachen zu fragen, warum in der Vergangenheit bei den Parteien, so vor allem auch in der CDU/CSU, der Anteil der Jüngeren so gering war.

 

In Wirklichkeit ist zu befürchten, dass solange keine befriedigende Lösung gefunden wird, als bei der Besetzung bestimmter Positionen das Alter der Betroffenen und nicht ausschließlich die Befähigung der Einzelnen den Ausschlag geben. Die einzelnen Altersgruppen werden dann bei jeder Neubesetzung von Ämtern darum kämpfen, dass ihr Anteil nicht vermindert wird, so wird jede Gruppe auch dann, wenn ihr Kandidat nicht unter allen Bewerbern die besten Befähigungen aufweist, an ihm festhalten und auf Einhaltung der Quote pochen.

 

Bei der Besetzung von Positionen geht es jedoch nicht um Pfründen, die es möglichst gleichmäßig auf alle Teilgruppen aufzuteilen gilt, sondern ausschließlich um eine für die Gesellschaft zu erfüllende Aufgabe.

 

Wird stets, das heißt in jedem Einzelfall, derjenige Bewerber ausgewählt, der die besten Befähigungen für die spezielle Aufgabe aufweist, wird dem Gemeinwohl am besten entsprochen, auch Jüngere kommen dann zum Zuge, wenn sie tatsächlich zu den Befähigsten zählen.

 

Es ist allerdings zu überprüfen, inwieweit eine Befähigung selbst wiederum vom Alter der einzelnen Bewerber abhängt. Ist unter Umständen davon auszugehen, dass die Befähigung zu politischen Aufgaben davon abhängt, inwieweit die einzelnen Bewerber auch schon in der Vergangenheit ähnliche politische Aufgaben erfüllt haben? So sind z. B. die Aufgaben eines Bundeskanzlers sicherlich kompetenter wahrzunehmen, wenn der Bewerber bereits bisher als Ministerpräsident tätig war oder als Minister einem Kabinet angehört hat.

 

Aber auch hier folgt hieraus keinesfalls, dass jeweils der Ältere in jedem Falle bessere Befähigungen mitbringt. Ein älterer Abgeordnete kann z. B. relativ spät damit begonnen haben, politisch aktiv zu werden und deshalb für bestimmte Spitzenpositionen trotz seines Alters keine Befähigung aufweisen, während umgekehrt ein relativ junger Kandidat deshalb, weil er schon mit sehr jungen Jahren mit einer politischen Laufbahn begonnen hatte, trotz seines Alters gegenüber älteren Mitbewerbern die beste Befähigung für das anstehende Amt aufweist.

 

Nun mag es richtig sein, dass jüngere Kandidaten im Gegensatz zu ihren älteren Mitbewebern sehr viel häufiger zu radikalen Lösungen neigen. Nun können wir davon ausgehen, dass radikale Lösungen, welche immer nur ein Ziel im Auge haben, minderwertig sind und zwar deshalb, weil wir auf der einen Seite in einer pluralistischen Gesellschaft leben, in der sehr unterschiedliche Wertvorstellungen verfolgt werden.

 

 Auf der anderen Seite haben nahezu bei allen zu lösenden politischen Fragen Maßnahmen nicht nur einen positiven Effekt auf die anzustrebende Zielgröße, sondern beeinträchtigen andere, ebenfalls wichtige Zielsetzungen. Eine befriedigende Lösung setzt deshalb fast immer einen Kompromiss voraus, der einer radikalen Lösung vorzuziehen ist.

 

Für die Tatsache, dass jüngere Bewerber häufiger als Ältere zu radikalen Lösungen neigen, dürften vor allem zwei Faktoren verantwortlich sein. Auf der einen Seite trägt der Umstand, dass die Älteren bereits in ihrem Beruf an Entscheidungsprozessen beteiligt waren und eine Lösung nur dadurch möglich wurde, dass man von den eigenen Positionen Abstriche machte, dazu bei, radikale Lösungen aufzugeben, da diese ohnehin nicht realisiert werden können.

 

Auf der anderen Seite wurden mit zunehmendem Alter Vermögen erworben und Positionen erreicht, welche bei Realisierung radikaler Ideen aufgegeben werden müssen. Da die Jüngeren am Anfang ihrer Entwicklung stehen und deshalb noch kein Vermögen erworben und in der Karriereleiter noch weit unten stehen, ist es verständlich, dass radikale Lösungen als erstrebenswert angesehen werden, da es nichts zu verlieren gibt.

 

Obwohl es also richtig ist, dass die Jüngeren eher zu radikalen Bewegungen neigen und radikale Lösungen fast immer unerwünscht sind, weil negative Nebenwirkungen auf andere, ebenfalls wichtige Ziele zu befürchten sind, dürfte es auf lange Sicht trotzdem wünschenswert sein, Jüngere schon sehr früh in den Entscheidungsprozess einzubinden.

 

Auf der einen Seite besteht die Hoffnung, dass die Jüngeren gerade dann, wenn sie frühzeitig Verantwortung übernehmen, von den radikalen Lösungen abrücken. Auf der anderen Seite machen es die gesellschaftlichen Veränderungen notwendig, dass auch in der politischen Ordnung gravierende Änderungen notwendig werden, die unter Umständen gerade von den Ältern blockiert werden, da sie bei gravierenden Änderungen befürchten, den bisher erreichten persönlichen Wohlstand einzubüßen.

 

Dadurch, dass die Jüngeren von ihren radiklen Positionen abrücken, vergrößern sie die Chance, auch von den Älteren gewählt zu werden. Auch hier bedarf es also keiner Quotenregelung, um schließlich zu erreichen, dass auch Jüngere angemessen an den politischen Entscheidungen beteiligt werden.