Die Grünen wollen einen eigenen staatlichen Fonds für den Umweltschutz einrichten. "Wir stehen mit der Klimakrise vor einer Generationenaufgabe. Im Vergleich zur deutschen Einheit sogar noch größer, weil wir weniger Zeit haben und schneller massive Investitionen brauchen. Wir können das nicht einfach nebenbei aus dem Bundeshaushalt finanzieren", verlautete Katrin Göring-Eckardt der "Bild am Sonntag".
Der Finanzbedarf im Kampf gegen die Erderwärmung liege bei mindestens 100 Milliarden Euro und diene für "Investitionen in klimafreundliche Infrastruktur und Maßnahmen gegen die unabwendbaren Folgen des schon erfolgten Klimawandels".
Die Grünen schlugen zudem ein "Bürgerenergiegeld" vor, um zu große Belastungen aufgrund einer CO2-Steuer zu vermeiden. Ein CO2-Preis sei für eine transparente Lenkungswirkung notwendig. Es bedürfe aber auch eines sozialen Ausgleiches. Es sei "anmaßend, die soziale Frage gegen den Klimaschutz auszuspielen". Gerade Empfänger geringer Einkommen litten unter den Umweltschäden am meisten. "Sie wohnen doch in den Einflugschneisen von Flughäfen oder an Straßen mit besonders viel Lärm und besonders vielen Schadstoffen."
Es hat den Anschein, als sei den Grünen mit diesem Vorschlag der große Wurf im Kampf gegen die Umweltverschmutzung gelungen. Und was den wahlpolitischen Erfolg anlangt, mögen die Grünen sogar vorübergehend recht haben. Ist es nicht schön, wenn man dazu beiträgt, für den Klimaschutz einzutreten, ohne dass man deshalb seinen Konsum umweltschädlicher Produkte nachhaltig reduzieren muss? ‚Wasch mir den Pelz, mach mich aber nicht nass‘. Und dieser Wahlerfolg wird auch in dem Maße eintreten, wenn die öffentlichen Medien diesen Vorschlag als zukunftsweisend beklatschen.
Aber wie steht es mit den tatsächlichen
Wirkungen eines solchen Planes? Kann auf diese Weise tatsächlich der Konsum
umweltschädigender Produkte nachhaltig vermindert werden und ist nicht zu
befürchten, dass die Schaffung von weiteren Sonderetats die letztlichen Ziele
der Eurozone ernsthaft gefährden?
Um die umweltpolitischen Schäden zu reduzieren,
muss der Konsum umweltschädigender
Produkte verringert werden. Es gibt im Grunde genommen nur zwei Möglichkeiten,
diesen Konsum nachhaltig zu vermindern. Entweder werden die Bürger etwa über Benzinscheine
gezwungen, diese Produkte vermindert nachzufragen oder aber die Bürger werden durch Anstieg
der effektiven Preise veranlasst, von sich aus diese Güter weniger nachzufragen.
Es versteht sich von selbst, dass in einer
freiheitlichen Gesellschaft der erstgenannte Weg nicht beschritten werden kann, also ist es notwendig, die Effektivpreise
umweltbelastender Güter spürbar anzuheben.
Aber genau diese Wirkung wird
verhindert, wenn die Bürger im Durchschnitt die Mehrbelastung dieser Besteuerung wiederum
zurückerhalten. Jeder, der nicht bereit ist, seinen Konsum dieser Güter drastisch zu verringern,
erleidet bei diesem Plan trotzdem keine effektiven Kostensteigerungen.
Er muss zwar aufgrund der
CO2-Steuer einen höheren Benzinpreis bezahlen, erhält jedoch im Durchschnitt diese
Mehrbelastung ersetzt. Er stellt sich mit anderen Worten nicht schlechter, wenn er seinen Konsum dieser
Güter nicht einschränkt. Derjenige, der wirklich umweltpolitisch bewusst
handelt, wird auch ohne diesen Plan diese Güter weniger nachfragen, derjenige jedoch,
der heute umweltpolitisch sündigt, hat keine Veranlassung, dieses Verhalten
nachhaltig zu korrigieren.
Natürlich findet bei der Rückzahlung der Einnahmen aus der CO2-Steuer eine gewisse Umverteilung statt, wer weniger die Umwelt belastet, erhält mehr zurück als derjenige, der auf die Umweltziele keine Rücksicht nimmt. Es findet also eine gewisse Erhöhung der Effektivpreise umweltschädigender Güter statt.
Diese reicht jedoch nicht aus, um das prestigeträchtige Gut Auto nachhaltig vermindert nachzufragen. Ein entscheidender Rückgang dieses Konsums setzt voraus, dass die Effektivpreise spürbar ansteigen oder dass über Erziehungsmaßnahmen die Bereitschaft der Bürger, umweltbewusster zu handeln, gesteigert wird. Gerade diese Umerziehung wird erschwert, wenn sich nun jeder Umweltsünder in der Vorstellung sonnen kann, durch die Wahl der Grünen alles Notwendige für den Umweltschutz getan zu haben.
Kommen wir zu den negativen Sekundärwirkungen eines solchen Planes. Bei der Einführung des Euro wurde richtig erkannt, dass eine Inflation nur dann vermieden werden kann, wenn die Mitglieder dieser Eurogemeinschaft bereit sind, nur in sehr geringem Umfang Staatsausgaben defizitär zu finanzieren.
Ohne Währungsgemeinschaft findet ein Staat, welcher seine Ausgaben in starkem Maße über ein Budgetdefizit zu finanzieren versucht, seine natürliche Begrenzung darin, dass die durch das Defizit ausgelöste Mehrnachfrage im Inland im Gegensatz zum Ausland zu Preissteigerungen führt, dass auf diese Weise die Exportmöglichkeiten verringert werden, ein Leistungsbilanzdefizit entsteht, das nur durch Abwertung der eigenen Währung wiederum abgebaut werden kann.
Diese natürliche Begrenzung entfällt im Rahmen einer Währungsgemeinschaft. Zu einem großen Teil führt die durch ein Defizit ausgelöste Mehrnachfrage eines Staates dazu, dass die Preise allgemein, also auch in den Ländern steigen, welche einen ausgeglichenen Staatshalt einhalten und dies hinwiederum bedeutet, dass die negativen Auswirkungen einer Defizitpolitik in der Leistungsbilanz entfallen und dass gleichzeitig die stabilitätsbewussten Staaten aufgrund der allgemeinen Preissteigerungen gegenüber Drittländern ebenfalls ihre Exportmöglichkeiten verschlechtern.
Ein Staat kann also in einer Währungsgemeinschaft dadurch punkten, dass er die Lasten seiner Verschuldungspolitik auf die anderen Länder verteilt. Langfristig werden sich dann auch immer mehr Länder veranlasst sehen, ebenfalls über Budgetdefizite die Lasten der Politik auf die anderen Länder zu verschieben. Aus einer Stabilitätsgemeinschaft entsteht auf diese Weise eine Inflationsgemeinschaft.
Für die Stabilität der Währung kommt es aber nun nicht darauf an, ob eine defizitäre Finanzierung im allgemeinen Haushalt oder in einem Sonderhaushalt ausgewiesen wird. Jede defizitäre Finanzierung hat auf das Preisniveau die gleiche Wirkung, unabhängig davon, ob das Defizit im allgemeinen Haushalt oder in einem Sonderhaushalt ausgewiesen wird.
Wohl aber besteht die Möglichkeit, ein Defizit zu verschleiern, da die Frage, ob ein Staat die Stabilitätskriterien erfüllt, am Defizit des allgemeinen Haushaltes gemessen wird. Auf diese Weise hatte sich in der Vergangenheit Griechenland in die Eurozone hineingeschmuggelt. Das die Stabilitätsgrenzen überschreitende Defizit war in Sonderhaushalte verlagert worden.
Es ist zu befürchten, dass dann, wenn einmal die Möglichkeit, die verschiedensten Sonderhaushalte zu bilden, hoffähig geworden ist, von dieser Möglichkeit auch reichlich Gebrauch gemacht wird und über Bildung neuer Sonderfonds die Stabilitätskriterien immer mehr verletzt werden. Warum sollte z. B. Italien nicht auch diesen Weg wählen, um seine Überschreitung der Stabilitätskriterien elegant zu vertuschen?