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01. Einführung                    

02. Das Ziel der Vollbeschäftigung

03. Das Ziel der Geldwertstabilität

04. Das Ziel eines angemessenen wirtschaftlichen Wachstums

05. Die theoretischen Grundlagen der Beschäftigungspolitik

06. Die theoretischen Grundlagen der Stabilisierungspolitik

07. Die theoretischen Grundlagen der Wachstumspolitik

08. Die geld- und außenwirtschaftspolitischen Mittel

09. Die finanzpolitischen Mittel

10. Die einkommenspolitischen Mittel

11. Institutionelle Maßnahmen

12. Die Träger der Konjunktur- und Wachstumspolitik

 

 

 Kapitel 6 Die theoretischen Grundlagen

der Stabilisierungspolitik Teil II

 

 

 

Gliederung:

 

01. Die drei wichtigsten alternativen Konzeptionen    

02. Die Grundaussage der Quantitätstheorie

03. Politische Schlussfolgerungen

04. Die Kritik an der Quantitätstheorie

05. Die Grundaussage der nachfrageorientierten Inflationstheorie

06. Politische Schlussfolgerungen

07. Die Kritik an der nachfrageorientierten Inflationstheorie

08. Grundaussagen der angebotsorientierten Inflationstheorie

09. Politische Schlussfolgerungen

10. Die Kritik an der angebotsorientierten Inflationstheorie

 

 

 

06. Politische Schlussfolgerungen

 

Welche politischen Schlussfolgerungen wurden aus dieser nachfrageorientierten Inflationstheorie gezogen? Da der Marktprozess nicht von selbst in der Lage ist, den Nachfrageüberhang zu verringern, gilt es diesen auf politischem Wege abzubauen. Der Nachfragezuwachs ist auf die potenzielle Angebotssteigerung zu begrenzen. Es gilt folgende Beziehung:

 

Die Preissteigerungsrate (dP/P) entspricht der Differenz zwischen Nachfragesteigerung (dN/N) und Angebotssteigerung (dA/A).  Dies bedeutet, dass genau dann keine Inflationsgefahr besteht, wenn Angebot und Nachfrage übereinstimmen. Es gilt: 

           dP/P = O  wenn  dN/N  = dA/A

 

Der Stabilitätserfolg hängt allerdings nicht von der Art der Nachfragebegrenzung (C, I, G-T, EX – IM) ab. Der Staat kann diesen Effekt dadurch bewirken, dass er bisher gewährte Transfereinkommen oder Investitionshilfen kürzt, dass er seine Ausgaben verringert oder die Steuersätze anhebt oder schließlich durch Aufwertung der eigenen Währung dafür Sorge trägt, dass der Exportüberschuss abgebaut wird.

 

 

07. Die Kritik an der nachfrageorientierten Inflationstheorie

 

Allgemein wird akzeptiert, dass Nachfrageüberhänge Preissteigerungen verursachen. Die Forderung nach Abbau von Nachfrageüberhängen ist somit unbestritten. Es bestehen aber Zweifel, ob Preissteigerungen nur aufgrund von Nachfrageüberhängen entstehen.

 

Stagflationserscheinungen bestätigen diese Zweifel: Es finden Preissteigerungen sowohl im Aufschwung als auch im Abschwung statt. Also finden in Zeiten der Stagflation auch dann Preissteigerungen statt, wenn Angebotsüberhänge bestehen. Erklären lässt sich dieses Phänomen damit, dass der Fixkostenanteil die gesamten Stückkosten bestimmt.

 

Im Gegensatz zu den variablen Stückkosten, welche zumindest ab einer kritischen Grenze bei wachsender Produktion ansteigen, zeichnen sich die Fixkosten dadurch aus, dass bei wachsender Produktion die durchschnittlichen Fixkosten stets sinken. Wenn also ein Übergewicht der fixen Kosten besteht, dann werden bei einem Rückgang der Produktion die gesamten Stückkosten ansteigen und die Unternehmer werden bemüht sein, diese Kostensteigerungen auf den Verkaufspreis weiterzuwälzen.

 

Das Verhalten der Gewerkschaften könnte ebenfalls einen Stabilitätserfolg verhindern. Nehmen wir an, dass die Regierung den Abbau der überschüssigen Nachfrage dadurch erreichen möchte, dass sie die Lohnsteuersätze erhöht. In diesem Falle verringert sich das privat verfügbare Lohneinkommen. Die Gewerkschaften könnten nun diese Verringerung des privat verfügbaren Lohneinkommens zum Anlass nehmen, eine Kompensation für diesen Einkommensverlust dadurch zu erkämpfen, dass sie eine dementsprechende Erhöhung der Brutto-Lohnsätze fordern.

 

Haben sie in diesem Bemühen Erfolg, sinken nicht – wie von der Regierung erhofft – die Konsumausgaben der Arbeitnehmerhaushalte. Das privat verfügbare Lohneinkommen, das die Höhe der Konsumnachfrage bestimmt, ist ja nicht zurückgegangen, in dem Maße, in dem die Lohnsteuer erhöht wurde, wurde ja auch das nominelle Lohneinkommen gesteigert.

 

 

08. Grundaussagen der angebotsorientierten Inflationstheorie

 

Wenden wir uns nun der angebotsorientierten Inflationstheorie zu. Kostensteigerungen sind hiernach die wichtigste Ursache für Inflationsprozesse. Ausgangspunkt ist eine mikroökonomische Betrachtung, wobei von einer Preiskalkulation einer einzelnen Unternehmung ausgegangen wird.

 

Es wird unterstellt, dass die einzelne Unternehmung bei ihrer Preiskalkulation von der Höhe der gesamten Stückkosten ausgeht und einen branchenüblichen Gewinnaufschlag dazu addiert. Dieser Gewinnaufschlag gilt als kurzfristig konstant und vorgegeben.

 

p  =  K + g * K  =  K * ( 1 + g)

 

·        p: Preis eines Einzelgutes

·        K : Stückkosten

·        g : prozentualer Gewinnaufschlag.  

 

Damit wird die traditionelle Annahme der neoklassischen Theorie, wonach der Unternehmer seinen Gewinn zu maximieren versucht, zumindest augenscheinlich aufgegeben. Allerdings muss diese Annahme nicht unbedingt in Widerspruch zur Gewinnmaximierungsthese stehen. Wenn wir nämlich von einem Unternehmer ausgehen, der in starkem Wettbewerb mit anderen Unternehmungen steht und deshalb den Preis als Mengenanpasser aus dem Markt nimmt, kommt es weitgehend auf das gleiche hinaus, ob man nun unterstellt, dass der Unternehmer den gesamten Preis oder nur den Gewinnaufschlag aus dem Markt nimmt, sofern sich die Stückkosten der einzelnen Unternehmer nicht wesentlich unterscheiden.

 

Differieren jedoch die Stückkosten in starkem Maße, wird der Unternehmer mit den höheren Kosten sicherlich nicht einfach den branchenüblichen Gewinnaufschlag übernehmen können, da sonst der größte Teil seiner Kunden zu den Konkurrenten abwandern würde.

 

Auch kann man nach einem Vorschlag Erich Schneiders die Übernahme des branchenüblichen Gewinnaufschlags einfach als einen ersten Versuch verstehen, den Gewinn zu maximieren. Wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass der Markt auch einen höheren Gewinn akzeptiert, wird der Unternehmer dann sicherlich seine Preiskalkulation korrigieren und einen höheren Gewinnaufschlag berechnen.

 

Es erfolgt nun in einem zweiten Schritt eine Übertragung dieses mikroökonomischen Modells auf die gesamte Volkswirtschaft. Diese Formel soll nicht den Preis eines einzelnen Produktes, sondern das Preisniveau als Durchschnitt aller produzierten Güter erklären und dieses Preisniveau hängt einmal von den durchschnittlichen Stückkosten des realen Inlandsproduktes sowie von dem durchschnittlichen Gewinnaufschlag der Unternehmer ab. Hierbei stellt der Umfang des realen Inlandsproduktes selbst wiederum eine fiktive Größe dar, welche sich dadurch errechnet, dass man vom nominellen Inlandsprodukt ausgeht und dieses durch das Preisniveau dividiert.

 

p  =  K + g * K  =  K * ( 1 + g)

 

·        p: Preisniveau

·        K : Stückkosten bezogen auf das Inlandsprodukt

·        g : durchschnittlicher, prozentualer Gewinnaufschlag.

 

 

Legen wir diese gesamtwirtschaftliche Gleichung zugrunde, dann kann das Preisniveau nicht nur ansteigen, wenn einzelne Kosten oder Gewinnzuschläge zunehmen. Auch Strukturverschiebungen von den Branchen mit geringen Stückkosten zu denjenigen mit hohen Stückkosten oder von den Branchen mit geringen Gewinnaufschlägen zu denjenigen mit hohen Gewinnaufschlägen können für einen Anstieg im Preisniveau verantwortlich sein. Beispielsweise würde dann, wenn die Stückkosten in allen Branchen konstant blieben, der Anteil der Branche mit den höheren Stückkosten jedoch zunehmen würde, das Preisniveau ansteigen.

 

 

09. Politische Schlussfolgerungen

 

Politische Schlussfolgerungen aus der angebotsorientierten Inflationstheorie wurden insbesondere für die Lohnpolitik der Tarifpartner gezogen. Es wird eine produktivitätsorientierte Lohnpolitik gefordert und man versteht darunter die Forderung, dass sich die von den Tarifpartnern ausgehandelten Tariflöhne am Zuwachs der Arbeitsproduktivität orientieren sollten. Wenn also in einem bestimmten Jahr die Arbeitsproduktivität um 2% angestiegen sei, so sollten auch die Tariflöhne im Durchschnitt in dieser Periode nicht stärker ansteigen als 2%.

 

Hierbei kann dieses Ziel auf zweierlei Weise erreicht werden. Entweder steigen die Tariflöhne in allen Branchen eben um diesen Zuwachs in der gesamtwirtschaftlichen Arbeitsproduktivität an oder aber die Tariflöhne richten sich in jeder Branche an dem Zuwachs der branchenbezogenen Arbeitsproduktivität aus. Auch in diesem Falle entspricht die durchschnittliche (tarifliche) Lohnsteigerung der gesamten Volkswirtschaft gerade der gesamtwirtschaftlichen Produktivitätssteigerung.

 

Allerdings kann man auch dann, wenn sich die Tarifpartner an diese Forderung nach einer produktivitätsorientierten strikt halten würden, nicht erwarten, dass die Löhne tatsächlich vom Zuwachs der Arbeitsproduktivität begrenzt werden. wir müssen nämlich davon ausgehen, dass die Unternehmungen neben den Tariflöhnen auch übertarifliche Lohnzuschläge gewähren, also an die Arbeitnehmer bisweilen einen höheren Lohn zahlen als in den Tarifverträgen vereinbart wurde.

 

Für diese Abweichungen sind mehrere Faktoren verantwortlich. Schon bereits aus dem Umstand, dass die offiziellen Statistiken bisweilen nicht alle tariflichen Lohnzuschläge berücksichtigen können, wird das in der Tariflohnstatistik ausgewiesene Lohnniveau zu gering veranschlagt. Da aber diese Lohnbestandteile in der Statistik über die Effektivverdienste berücksichtigt werden, werden gleichzeitig die übertariflichen Lohnzuschläge als zu hoch ausgewiesen.

 

Tatsächliche Unterschiede zwischen dem Tarif- und dem Effektivlohnniveau ergeben sich jedoch vor allem daraus, dass die einzelnen Unternehmungen oftmals mehr Lohnklassen vorsehen, als im Tarifvertrag vereinbart wurden. Nehmen wir an, dass in einem Tarifvertrag zwischen drei Lohnklassen mit unterschiedlichen Lohnsätzen unterschieden wird, dass es aber eine Unternehmung für erwünscht ansieht, wegen unterschiedlicher Leistungsprofile 6 Lohnklassen zu unterscheiden,wobei beispielsweise jede tarifliche Klasse nochmals in zwei Teilgruppen untergliedert wird.

 

Da der Tariflohn einen Mindestlohn darstellt, also deshalb auch jedem gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer einer Klasse zu zahlen ist, kann die Unternehmung nur dadurch zwei Unterklassen vorsehen, wenn sie einer der beiden Teilgruppen über den Tariflohn hinaus einen übertariflichen Lohnzuschlag gewährt.

 

Oftmals sehen sich die Unternehmungen auch einfach deshalb gezwungen, etwas mehr zu zahlen als den Tariflohn, weil sie nur dadurch bestimmte Arbeitskräfte anwerben konnten, dass sie einen übertariflichen Lohn auszahlen.

 

Der Umstand, dass also in normalen Zeiten das tatsächliche Lohnniveau das Tariflohnniveau übersteigt, macht es allerdings den Unternehmungen auch möglich, dass in gewissen Zeiten die Effektivverdienste weniger ansteigen als die Tariflöhne. Eine solche Verringerung dieser Kluft ergibt sich daraus, dass die Unternehmungen gerade deshalb, weil die übertariflichen Lohnzuschläge freiwillig sind, diese auch wiederum zurücknehmen können.

 

Dass das durchschnittliche Effektivverdienstniveau bisweilen auch unterhalb dem durchschnittlichen Tariflohnniveau liegen kann, liegt weiterhin darin begründet, dass ja rechtlich gesehen nur die in Gewerkschaften organisierten Arbeitnehmer einen Anspruch auf den Tariflohn haben, aber ein Großteil der Arbeitnehmer gar keiner Gewerkschaft angehört.

 

Obwohl weit mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer nicht einer Gewerkschaft angehören, sind allerdings in praxi die Unterschiede zwischen dem Tariflohn und dem Niveau der Effektivverdienste doch nicht so groß, wie zu vermuten wäre, da ein Großteil der Unternehmer den tariflich vereinbarten Lohn auch den nicht organisierten Arbeitnehmern gewährt.

 

Die Arbeitgeber tun dies einmal deshalb, weil sie nur dann den innerbetrieblichen Frieden erhalten können, wenn innerhalb eines Betriebes für gleiche Leistung auch ein gleicher Lohn gezahlt wird. Auf der anderen Seite wissen die Unternehmer, dass bei einer Differenzierung der Löhne die Arbeitnehmer einen viel höheren Anreiz hätten, der Gewerkschaft beizutreten.

 

Die Forderung, die Lohnsätze sollten nur im Ausmaß der Produktivitätssteigerung angehoben werden, ergibt sich unmittelbar aus der Forderung nach Geldwertstabilität. Das Preisniveau bleibt nämlich – legen wir eine angebotsorientierte Inflationstheorie zugrunde – nur konstant, wenn die Stückkosten bei gleichbleibenden Gewinnzuschlägen ebenfalls konstant bleiben. Die Stückkosten bleiben aber genau nur dann konstant, wenn das Verhältnis zwischen Lohnsatz (l) und Arbeitsproduktivität unverändert bleibt. Es gilt die Formel:

 

 

 

 

Wenn nun die Veränderungen in den Lohnsätzen prozentual (dl/l) auf die prozentualen Preissteigerungen (dp/p) beschränkt werden, dann bleiben auch die Stückkosten (K/X) konstant und mit ihnen das Preisniveau P:

Wenn dl/l = dp/p, dann K/X und P konstant

 

Ähnliche Schlussfolgerungen lassen sich übrigens auch bei einer nachfrageorientierten Inflationstheorie ziehen:

 

Wenn der Zuwachs der Nachfrage (dN) auf den Zuwachs der Güterproduktion (dX) beschränkt wird, dann bleibt auch hier das Preisniveau P konstant:

Wenn dN = dX, dann P konstant

 

Wenn wir nun zusätzlich davon ausgehen, dass die Konsumquote (c) sowie die Anzahl der Arbeitsstunden pro Arbeitnehmer (a) konstant bleiben, gilt:

 

·        X = Güterangebot

·        N = Güternachfrage

·        a = Arbeitsstundenzahl

·        l = Lohnsatz

·        c = Konsumquote

 

Dies bedeutet jedoch, dass immer dann, wenn die prozentuale Lohnsatzsteigerung der prozentualen Steigerung der Arbeitsproduktivität entspricht, von der Lohnseite her keine inflationären Tendenzen ausgehen.

 

Der wichtigste Unterschied zwischen angebots- und nachfrageorientierter Inflationstheorie besteht nun im Folgenden:  Investivlöhne wirken nur bei angebotstheoretischer Betrachtung inflationär.

 

Bei angebotstheoretischer Betrachtung gilt: Der Investivlohnzuwachs erhöht die Stückkosten, wenn aber die Stückkosten steigen, steigt auch das Preisniveau.

 

Bei nachfragetheoretischer Betrachtung gilt hingegen: Ein Zuwachs im Investivlohn beeinflusst die Nachfrage nicht. Da aber innerhalb dieser Theorie nur dann das Preisniveau ansteigt, wenn auch der Nachfrageüberhang größer wird, findet in diesem Falle keine inflationäre Wirkung statt.

 

 

10. Die Kritik an der angebotsorientierten Inflationstheorie

 

Die Hauptkritik an einer angebotsorientierten Inflationstheorie liegt darin, dass hier keine befriedigende Theorie über das Gewicht der Angebots- und Nachfragefaktoren formuliert wird. Das Gewicht dieser beiden Faktoren ist vor allem von der Konjunkturlage abhängig. So erhöhen Nachfragesteigerungen die Preise in der Hochkonjunktur. Auch die Fixkosten spielen hierbei eine gewisse Rolle. Bei Stagflation führt ein Rückgang der Nachfrage wegen hoher Fixkosten ebenfalls zu Preissteigerungen.

 

Man kann den Unterschied zwischen beiden Inflationstheorien auch darin sehen, dass die Angebotstheorie statisch, die Nachfragetheorie hingegen dynamisch argumentiert:

 

Bei einer statischen Betrachtung wird nur danach gefragt, welche Datenänderungen letztendlich zu Preisvariationen führen. Wie dieser Prozess einer Preisvariation abläuft, bleibt unbeantwortet.

 

Eine Datenänderung verschiebt z. B. die Angebots-(Kosten)-Kurve nach links-oben und bewirkt eine Preiserhöhung im Gleichgewicht.

 

Im dynamischen Modell löst die Erhöhung der Kostenkurve bei zunächst gleichen Preisen einen Nachfrageüberhang aus. Dieser Nachfrageüberhang führt selbst wiederum zu Preissteigerungen. Diese Preissteigerungen verursachen schließlich den Abbau des Nachfrageüberhangs.

 

 

 

 

 

Zusammenfassung:

 

01. Inflation wird von der Quantitätstheorie vorwiegend mit Geldmengenveränderungen, von der keynesianischen Theorie mit Nachfrageüberhängen, von der angebotsorientierten Inflationstheorie mit Kostensteigerungen erklärt.

 

02. Die Quantitätstheorie führt Inflation stets auf Geldvermehrung zurück, die nicht von einem Zuwachs an Gütern begleitet wird.

 

03. In einer ersten Teilhypothese kommt die Quantitätstheorie zu dem Ergebnis, dass sich ein Zuwachs in der Geldmenge vorwiegend in Steigerungen des Güterpreisniveaus niederschlägt, weil die Umlaufsgeschwindigkeit kurzfristig konstant ist und insbesondere nicht durch Geldmengenzuwachs verändert wird und weil darüber hinaus eine Vermehrung der Geldmenge den Umfang der Güterproduktion realiter unberührt lässt.

 

04. In einer zweiten Teilhypothese kommt die Quantitätstheorie zu dem Ergebnis, dass Veränderungen in der Nachfrage allein ohne entsprechende Geldmengenausweitung nicht zu Güterpreissteigerungen führen. Es wird allerdings die Gefahr gesehen, dass Veränderungen in den realen Größen eine Ausweitung in der Geldmenge erzwingen und auf diese indirekte Weise das Güterpreisniveau beeinflussen können.

 

05. Aus diesen theoretischen Ergebnissen werden folgende politische Schlussfolgerungen abgeleitet: Die Unabhängigkeit der Notenbank muss institutionell abgesichert werden durch Freigabe der Wechselkurse sowie durch eine 100% Reserveverpflichtung der Geschäftsbanken, die auf diese Weise auf passive Bankgeschäfte beschränkt bleiben und kein Giralgeld schöpfen können.

 

06. Geldwertstabilität kann nur dadurch realisiert werden, dass die Notenbank die Geldmengenausweitung an den langfristig erwarteten Inlandsproduktzuwachs koppelt, korrigiert durch den Umstand, dass mit wachsendem Inlandsprodukt auch die Nachfrage nach Kasse überproportional ansteigt (Luxusgeldhypothese). 

 

07. Auf diese Weise erklärt sich die von Friedman entwickelte 5% Regel. Friedman ging davon aus, dass das reale Inlandsprodukt langfristig um etwa 3% steigt. Gleichzeitig ging er von der Luxusgeldhypothese aus, wonach die Liquiditätspräferenz mit wachsendem Wohlstand um circa 2% ansteigt. Je reicher man ist, desto mehr kann man sich den „Luxus“ leisten, Geld in Kasse zu halten und damit auf einen möglichen Zinsertrag zu verzichten.

 

08. Die Notenbank soll sich jedem Versuch, die Konjunkturlage kurzfristig durch antizyklische Politik zu beeinflussen, enthalten, da aufgrund langer Verzögerungsperioden keine effiziente Konjunkturbeeinflussung möglich ist.

 

09. Das Ziel der Geldwertstabilität benötigt keine politische Regulierung der Arbeitsmärkte. Ein Lohnstopp ist nicht notwendig, da sich bei Wahrung der geldpolitischen Vorgaben eine expansive Lohnpolitik nicht inflationär auswirken würde, sondern zu einer Erhöhung der Arbeitslosigkeit führen müsste.

 

10. Eine Regulierung des Arbeitsmarktes wäre auch nicht ausreichend, da bei einer expansiven Geldpolitik die Güterpreise auch dann steigen würden, wenn die Lohnsteigerungen dem Produktivitätszuwachs entsprechen würden.

 

11. Keynes kritisierte die Quantitätstheorie, da seiner Meinung nach die Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes kurzfristig beeinflusst werden kann. Erklärt wird dieser Einfluss durch das Spekulationsmotiv.

 

12. Keynes geht weiterhin davon aus, dass Geldmengenvermehrungen bei Unterbeschäftigung zu einem Anstieg der Güterproduktion führen können und insoweit keine Güterpreissteigerungen nach sich ziehen.

 

13. Die nachfrageorientierte Inflationstheorie entstand durch Ausweitung der keynesianischen Beschäftigungstheorie auf den Tatbestand der Inflation. Hierbei kommt die keynesianische Inflationstheorie zu der Aussage, dass der Umfang der Inflation in erster Linie vom Ausmaß des Nachfrageüberhanges auf den Gütermärkten bestimmt werde.

 

14. Diese Ergebnisse werden durch eine spiegelbildliche Übertragung der keynesianischen Instrumente (Konsum- und Investitionsfunktion in Abhängigkeit vom realen Inlandsprodukt) auf den Tatbestand der Überbeschäftigung erzielt.

 

15. Ähnlich wie im Rahmen der Beschäftigungstheorie kommt die nachfrageorientierte Inflationstheorie zu der politischen Schlussfolgerung, dass der Markt von sich aus nicht in der Lage ist, Nachfrageüberhänge abzubauen.

 

16. Keynesianische Stabilitätspolitik besteht in einer Begrenzung der Nachfrage auf das potenzielle Angebot.

 

17. Welcher Nachfragestrom begrenzt wird, ist zunächst für den stabilitätspolitischen Erfolg von geringerer Bedeutung. Allerdings muss in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen werden, dass die politische Realisierbarkeit der Maßnahmen, die multiplikative Wirkung und etwaige negative Sekundärwirkungen auf andere Ziele unterschiedlich ausfallen können je nach Art der Nachfrage, die begrenzt wird.

 

18. Unbestritten ist, dass Nachfrageüberhänge zu Preissteigerungen führen. Spätestens seit Auftreten von Stagflationserscheinungen muss jedoch zumindest eingeräumt werden, dass es auch noch andere Bestimmungsgründe für Inflation gibt. In Zeiten der Stagflation stieg das Preisniveau gerade dann, als Nachfrageüberhänge abgebaut wurden.

 

19. Die keynesianische Strategie der Inflationsbekämpfung wurde auch deshalb fragwürdig, da sie nur dann erfolgreich wäre, wenn die Gewerkschaften eine Reduzierung der Nettoeinkommen aufgrund von Konjunkturzuschlägen zur Einkommenssteuer nicht damit beantworten würden, dass sie einen Kaufkraftausgleich fordern und durchsetzen.

 

20. Der Staat versuchte mit der Einführung eines Konjunkturzuschlages zur Einkommenssteuer die Nachfrage und damit die Inflationsrate zu reduzieren.

 

21. Wenn die Gewerkschaften nun einen Kaufkraftausgleich verlangen und höhere Löhne durchsetzen, steigt die Konsumnachfrage und der Rückgang im Konsum aufgrund höherer Einkommensteuern wird gerade kompensiert durch die Konsumnachfragezuwächse aufgrund höherer Löhne. Sind die Gewerkschaften darin erfolgreich, ist es dem Staat nicht gelungen, mit fiskalpolitischen Maßnahmen die private Nachfrage zu drosseln.

 

22. Die angebotstheoretische Inflationstheorie führt Güterpreissteigerungen vorwiegend auf den Anstieg der Stückkosten zurück.

 

23. Sie geht von der Annahme aus, dass die einzelnen Unternehmer die Preise dadurch festlegen, dass sie auf die Stückkosten einen kurzfristig konstanten, branchenüblichen Gewinnzuschlag aufschlagen.

 

24. Die angebotsorientierte Inflationstheorie überträgt diesen mikroökonomischen Zusammenhang auf das Güterpreisniveau, wobei sich allerdings die gesamtwirtschaftliche Formel dadurch von der mikroökonomischen Theorie unterscheidet, dass auch Strukturverschiebungen zu Branchen mit überdurchschnittlich hohen Stückkosten oder Gewinnzuschlägen allgemeine Preissteigerungen auslösen können.

 

25. Wenn die Steigerungen in den Stückkosten die wichtigsten Bestimmungsgründe für Inflation darstellen, kommt es im Rahmen der Stabilitätspolitik darauf an, Regeln zu entwickeln, aufgrund derer Stückkostensteigerungen möglichst vermieden werden.

 

26. Dies bedeutet z.  B. für die Lohnkosten, dass in den Tarifverhandlungen Lohnsatzsteigerungen nur in dem Maße beschlossen werden sollten, in dem die Arbeitsproduktivität angestiegen ist.

 

27. Gerade in dieser letzten Frage scheinen auf den ersten Blick nachfrage- und angebotsorientierte Inflationstheorien zu den gleichen politischen Schlussfolgerungen zu gelangen.

 

28. Auch im Rahmen der keynesianischen Inflationstheorie wird die Meinung vertreten, dass eine produktivitätsorientierte Lohnpolitik den Nachfrageüberhang unbeeinflusst lässt und deshalb stabilitätspolitisch unbedenklich ist.

 

29. Unterschiede ergeben sich allerdings zwischen beiden Inflationstheorien in der Frage, wie sich Investivlöhne auf die Geldwertstabilität auswirken. Da annahmegemäß Investivlöhne die Konsumnachfrage nicht beeinflussen, geht von ihnen nach Meinung der Keynesianer auch kein negativer Einfluss auf das Güterpreisniveau aus, während für die Angebotstheoretiker auch die Investivlöhne Kosten darstellen und deshalb auf das Güterpreisniveau Einfluss nehmen.

 

30. Unbestritten ist wiederum, dass Kostenfaktoren den Inflationsgrad beeinflussen können, strittig bleibt jedoch die Frage, unter welchen Bedingungen Preissteigerungen auf Nachfrageüberhänge bzw. auf Kostensteigerungen zurückgeführt werden können.

 

31. Anhand eines einfachen Marktmodelles wurde gezeigt, dass beide Inflationstheorien weniger alternative, sich ausschließende Hypothesen formulieren, als vielmehr unterschiedliche Fragen beantworten. So kann die angebotstheoretische Inflationstheorie als ein statisches Modell angesehen werden, das die langfristige Entwicklung erklärt, während die nachfragetheoretische Inflationstheorie den dynamischen Prozess der Preissteigerung analysiert.

 

 

Fragen zu Kapitel 6:

 

01. Welche drei alternativen Theorien versuchen die Entstehung von Inflation zu erklären?

 

02. Was besagt die Fisher‘sche Verkehrsgleichung?

 

03. Welche beiden Teilhypothesen lassen sich innerhalb der Quantitätstheorie unterscheiden?

 

04. Warum kann nach Auffassung der Quantitätstheoretiker eine rationale Konjunkturpolitik nur bei Freigabe der Wechselkurse betrieben werden?

 

05. Warum gefährdet eine freie Giralgeldschöpfung der Banken die Geldwertstabilität?

 

06. Mit welchen Argumenten kritisiert Keynes die Quantitätstheorie?

 

07. Warum ist Keynes der Meinung, dass eine Zunahme der Geldmenge zu einer Veränderung der Umlaufsgeschwindigkeit führen kann?

 

08. Inwiefern handelt es sich bei der nachfrageorientierten Inflationstheorie um eine keynesianische Theorie?

 

09. Inwiefern kann die keynesianische Inflationstheorie Preissteigerungen bei Stagflation nicht erklären?

 

10. Inwiefern kann auch das Verhalten der Gewerkschaften den Erfolg einer keynesianischen Stabilitätspolitik verhindern?

 

11.  Können im Rahmen der angebotsorientierten Inflationstheorie die Güterpreise auch bei konstanten Kosten in jeder einzelnen Branche ansteigen?

 

12. Welche unterschiedlichen Schlussfolgerungen ziehen die nachfrage- und die angebotsorientierte Inflationstheorie im Hinblick auf die Auswirkungen von Investivlöhnen auf die Inflation? 

 

 

Antworten zu Kapitel 6:

 

01. Eine Inflation kann durch die Quantitätstheorie, durch die nach frageorientierte sowie durch die angebotsorientierte Theorie erklärt werden.  

 

02. Die Fisher‘sche Verkehrsgleichung stellt eine tautologische Beziehung zwischen dem Produkt aus Geldmenge und Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes und dem Produkt aus Preisniveau und Handelsvolumen her.

 

03. Die erste Teilhypothese der Quantitätstheorie besagt, dass Geldmengensteigerungen zu Preissteigerungen führen. Entsprechend der zweiten Teilhypothese reichen Nachfragesteigerungen nicht aus, Inflationsprozesse zu erklären.

 

04.  In einem System fester Wechselkurse ist die Notenbank gezwungen, bei Devisenbilanzungleichgewichten auf dem Devisenmarkt zu intervenieren. Diese Intervention beeinflusst die Geldmenge und damit auch das inländische Preisniveau.

 

05. Nach Auffassung der Quantitätstheoretiker gefährdet eine unkontrollierte Giralgeldschöpfung die Geldwertstabilität, da eine Inflation nur verhindert werden kann, wenn die Notenbank die gesamte Geldmenge, also auch die Giralgeldmenge kontrollieren kann.

 

06. Keynes kritisiert die Quantitätstheorie, weil weder die Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes noch das Handelsvolumen bei Veränderungen der Geldmenge unberührt bleiben.

 

07.  Nach der Liquiditätstheorie von Keynes hängt die Nachfrage nach Kasse vom Zinssatz ab. Dieser wird jedoch bei einer Geldvermehrung ceteris paribus gesenkt. Diese Zinssenkung führt zu einer Zunahme der Nachfrage nach Geld, was selbst wiederum die Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes verringert.

 

08. Keynes führte die gesamtwirtschaftlichen Variablen stets auf Veränderungen in der Nachfrage zurück, dies gilt nicht nur für die Beschäftigung, sondern auch für das Preisniveau.

 

09. Entsprechend der keynesianischen Inflationstheorie sind nur dann Preissteigerungen zu erwarten, wenn Nachfrageüberhänge bestehen. In Zeiten der Stagflation steigen jedoch die Preise gerade auch dann, wenn die Nachfrage zurückgeht!

 

10. Wir wollen unterstellen, dass der Staat durch Steuererhöhungen überschüssige Nachfrage abschöpft. Diese kontraktive Politik ist erfolglos, wenn es den Gewerkschaften gelingt, die steuerbedingte Reduzierung der Nettoeinkommen dadurch wiederum zu kompensieren, dass die Bruttolöhne im Ausmaß der Steuerzuwächse erhöht werden.

 

11.  Wenn eine Verschiebung der Produktion hin zu den Branchen mit überdurchschnittlichen Stückkosten stattfindet, steigen die gesamtwirtschaftlichen Stückkosten und mit ihnen das Güterpreisniveau auch dann an, wenn in jeder Branche die Stückkosten konstant bleiben.

 

12.  Da bei der Einführung von Investivlöhnen die Konsumnachfrage unverändert bleibt, wirken Investivlöhne im Rahmen einer nachfrageorientierten Inflationstheorie auch nicht preissteigernd. Im Rahmen der angebotsorientierten Theorie hingegen stellen auch die Investivlöhne Kosten dar und wirken deshalb preissteigernd.