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Volkswirtschaftslehre für Laien

 

 

 

 Gliederung:

 

  1. Genügt der gesunde Menschenverstand?

  2. Was heißt Wirtschaften?

  3. Wie funktioniert ein Markt?

  4. Ist von ‚Arbeitsmarkt‘ zu sprechen entwürdigend?

  5. Ist das Eigeninteresse moralisch verwerflich?

  6. Die Rolle des Wettbewerbs

  7. Umverteilung zu Lasten der Millionäre?

  8. Moral Hazard und Versicherung

  9. Von ideologischen Betrachtungsweisen

10. Können Werturteile wissenschaftlich bewiesen werden?

11. Die Rolle des Staates in einer sozialen Marktwirtschaft

12. Staatliche Planwirtschaft versus Marktwirtschaft

 

 

12. Staatliche Planwirtschaft versus Marktwirtschaft

 

 

Gliederung:

 

1. Definition von Planwirtschaft und Marktwirtschaft

2. Ist eine staatliche Planwirtschaft überhaupt möglich?

3. Sind Mischsysteme instabil?

4. Interdependenz der Systeme

5. Allokationslösungen

6. Verteilungslösungen

 

 

 

1. Definition von Planwirtschaft und Marktwirtschaft

 

Wir wollen uns in diesem letzten Kapitel der Einführung mit einem Vergleich zwischen den wichtigsten Wirtschaftssystemen befassen. Wir wollen überprüfen, in welchen Punkten sich die einzelnen Systeme unterscheiden. Es gilt zu klären, wie das wirtschaftliche Grundproblem der Knappheitsbewältigung in den einzelnen Systemen angegangen wird, inwieweit sich die Systeme in dieser Frage unterscheiden und wie das Volkseinkommen auf die einzelnen Bürger verteilt wird.

 

 Karl Marx hatte zwischen dem bestehenden System des Kapitalismus und des zu verwirklichenden System des Sozialismus unterschieden. Das Hauptunterscheidungsmerkmal wird hier auf die Frage gelenkt, ob das zur Produktion eingesetzte Erwerbsvermögen wie in der kapitalistischen Wirtschaft in Händen der Kapitaleigner liegt oder ob das gesamte Erwerbsvermögen verstaatlich ist und durch eine staatliche Bürokratie in die einzelnen Verwendungsarten gelenkt wird. Hierbei ging Karl Marx von der Überzeugung aus, dass sich der Kapitalismus systemimmanent zum Sozialismus entwickle.

 

Walter Eucken hingegen unterschied in seinen Grundlagen der Wirtschaft zwischen einer Verkehrswirtschaft und einer Zentralverwaltungswirtschaft. Eine Verkehrswirtschaft zeichnet sich danach dadurch aus, dass jeder Bürger oder jeder Haushalt und jede Unternehmung ihre eigenen Wirtschaftspläne aufstellen und dass die Beziehungen (der Verkehr) der einzelnen wirtschaftenden Personen über die Märkte automatisch zu einem Ausgleich von Bedarf und Angebot führen. Walter Eucken wandte sich gegen den in der politischen Praxis gebrauchten Begriff der Planwirtschaft. Nicht das Vorhandensein von Wirtschaftsplänen sei das eigentliche Unterscheidungskriterium der einzelnen Wirtschaftssysteme, sondern die Frage, ob es nur einen einzigen zentralen Plan oder ob es eine Vielzahl nebeneinander bestehender Pläne gäbe, die es zu koordinieren gilt. Jedes Wirtschaften, auch das Handeln jedes einzelnen Haushaltes oder jeder Unternehmung setze nämlich voraus, dass geplant werden muss, dass nur durch rationalen Einsatz der Ressourcen das Grundproblem der Knappheitsbewältigung gelöst werden kann.

 

Friedrich von Hayek sprach schließlich von gesetzter und spontaner Ordnung. Der Versuch des Staates, die Wirtschaft zu steuern, bestehe vor allem darin, dass hier ganz bewusst Regeln und Verordnungen vom Staat gesetzt werden im Gegensatz zur spontanen Ordnung, bei der die einzelnen Handelnden nur ihr Eigeninteresse verfolgen, während die Aufteilung der Ressourcen und die Verteilung des Volkseinkommens spontan erfolge, niemand verfolge hier gesamtwirtschaftliche Ziele, diese würden jedoch dennoch im Sinne von Adam Smith wie von unsichtbarer Hand gelenkt und realisiert werden.

 

Wir wollen hier von dem üblichen Sprachgebrauch ausgehen und von staatlicher Planwirtschaft und Marktwirtschaft und zwar in der speziellen Form einer sozialen Marktwirtschaft sprechen. Dem Einwand Euckens entsprechend soll nicht von Planwirtschaft schlechthin gesprochen werden. Denn in der Tat besteht jedes Wirtschaften aus Planen. Aber der Hinweis, dass in diesem System die Planung vorwiegend vom Staate ausgeht, charakterisiert dieses System durchaus sinnvoll.

 

Versuchen wir nun die Besonderheiten dieser beiden Wirtschaftssysteme etwas genauer herauszuarbeiten. Nach den Vorstellungen Walter Euckens könne man drei Varianten einer Zentralverwaltungswirtschaft unterscheiden. In ihrer reinen Form plane der Staat alle wirtschaftlich relevanten Entscheidungen. Er entscheidet darüber, welche Güter und in welchen Mengen produziert werden, teilt diese nach bestimmten verteilungspolitischen Vorstellungen der Bevölkerung zu. Er entscheidet damit auch, was für die einzelnen Bürger gut und erlaubt ist. Die Produktionsleiter der einzelnen Betriebe fertigen die einzelnen Produkte genau nach den Plänen der zentralen Wirtschaftsbehörde an.

 

Selbstverständlich können diese Entscheidungen nicht von einem einzigen Diktator getroffen werden, es bedarf vielmehr einer – viele Tausend Beschäftigte umfassenden – Planungsbehörde, welche in mehreren Stufen gegliedert ist. An oberster Stelle steht das Wirtschaftsministerium, welches die Richtlinien festlegt und gewisse Grundsatzentscheidungen fällt und die einzelnen Aufgaben der Durchführung der obersten Ziele an die untergeordneten Behörden delegiert, wobei diesen Dienststellen nur ein geringer Ermessungsspielraum belassen wird. Spezialaufgaben werden dann wiederum an weiter untergeordnete Dienststellen weitergegeben. An unterster Stelle dieser hierarchisch gegliederten Behörde stehen dann die Produktionsleiter, die diese Pläne in den einzelnen Betriebsstätten zu realisieren haben.

 

Eine zweite Variante einer Zentralverwaltungswirtschaft lässt nach Auffassung von Walter Eucken den Konsumenten weitgehend Freiheit darüber, wie sie ihr Einkommen verwenden. Wie wir weiter unten sehen werden, entsteht hier das schwer lösbare Problem, wie denn die Zentrale über die Wünsche der Konsumenten unterrichtet wird. Denn nur dann, wenn die zentrale Wirtschaftsbehörde über genaue Vorstellungen darüber verfügt, was die einzelnen Konsumenten wünschen, kann sie hier auch die Produktionsmengen im Einzelnen planen.

 

Eine dritte Variante einer Zentralverwaltungswirtschaft besteht darin, dass den untergeordneten Dienststellen weitgehende Handlungsspielräume belassen werden, die dann unter Umständen so weit gehen, dass die jeweils übergeordneten Dienststellen nur noch die zentralen Ziele festlegen und gewisse – zumeist politisch motivierte – Grundentscheidungen treffen.

 

In ähnlicher Weise lassen sich auch verschiedene Varianten einer Marktwirtschaft unterscheiden. Die reinste Form einer liberalen Marktwirtschaft liegt in einem Wirtschaftssystem, aus dem sich der Staat völlig heraushält, die einzige wirtschaftliche Aktivität des Staates liegt hier in der Zurverfügungstellung von Kollektivgütern. Es sei daran erinnert, dass nur ganz wenige Altliberale eine solche Wirtschaftsordnung angestrebt haben.

 

Eine Variante einer Marktwirtschaft liegt in einer Marktwirtschaft nach ordoliberalen Vorstellungen. Nach wie vor wird zwar ein möglichst unbeeinflusster Preismechanismus angestrebt, dem Staat werden jedoch eindeutige wirtschaftliche Aufgaben zugewiesen, die vor allem darin bestehen, dass der Staat alle Versuche einer Wettbewerbsbegrenzung verhindert. Auch dort, wo soziale Ziele wie z. B. das Garantieren eines Mindesteinkommens verletzt werden, hat der Staat sozialpolitisch motivierte Korrekturen vorzunehmen. Externe Kosten müssen abgewendet werden, bei anomalen Marktverhalten hat der Staat sozial verträgliche Preise zu garantieren.

 

Eng damit zusammen hängt das Idealbild einer sozialen Marktwirtschaft, wie es vor allem von Alfred Müller-Armack und Ludwig Erhard geprägt wurde, die sehr wohl von den Ideen Walter Euckens inspiriert wurden. Die Produktionslenkung wird hier dem Markt überlassen, aber die sozialpolitisch unerwünschten Marktergebnisse müssen nachträglich korrigiert werden. Eine solche Korrektur wird auf der einen Seite im Hinblick auf eine befriedigende Absicherung gegenüber den sozialen Risiken (Krankheit, Unfall, Alter und Arbeitslosigkeit) durch Einführung eines Sozialversicherungssystems verfolgt. Auf der anderen Seite werden Korrekturen am Arbeitsmarkt zugelassen, indem den Tarifpartnern und ihrem Tarifvertragsabschluss weit größerer Rechtsschutz als gegenüber anderen von Privaten abgeschlossenen Verträgen gewährt wird und indem die Gewerkschaften mit dem Streik das Recht erhalten, die Arbeit kollektiv zu unterbrechen, um auf diese Weise Einfluss auf die Arbeitgeber auszuüben.

 

Schließlich könnte man noch eine letzte Variante einer Marktwirtschaft unterscheiden, so wie sie z. B. Karl Schiller vorgeschwebt ist. Karl Schiller war um eine Versöhnung zwischen Keynesianismus und dem Ordoliberalismus bemüht. Mit Walter Eucken war er davon überzeugt, dass die Anpassung der Produktion an den Bedarf der Konsumenten durch die Wettbewerbskräfte des Marktes sehr viel effizienter erreicht werden kann als über eine staatlich gelenkte Produktion. Gleichzeitig ging er jedoch als Anhänger von Keynes von der Überzeugung aus, dass der Markt versage, wenn es darum gehe, die Ziele der Vollbeschäftigung und der Geldwertstabilität zu realisieren. Hier bedürfe der Markt einer Korrektur durch eine Fiskalpolitik des Staates im Sinne eines ‚go and stop‘. Der Staat habe gezielt über seine Haushaltspolitik in Zeiten des Konjunkturabschwungs Nachfrage zu entfalten und damit die zu geringe private Nachfrage zu ergänzen. In Zeiten des überhitzten Konjunkturaufschwungs müsse der Staat bewusst Überschüsse erzielen, um auf diese Weise die Gesamtnachfrage auf die bestehende Kapazitätsbegrenzung anzupassen.

 

 

2. Ist eine staatliche Planwirtschaft überhaupt möglich?

 

Die erste Frage, die es zu untersuchen ist, gilt dem Problem, ob eine Zentralverwaltungswirtschaft tatsächlich in der Lage ist, eine dem Markt vergleichbare Wirtschaftlichkeitsberechnung durchzuführen. Genau dies wurde von Walter Eucken sowie von Friedrich von Hayek und wird auch heute noch von einigen neoliberalen Wirtschaftswissenschaftlern bestritten. Keine zentrale Planbehörde könne nämlich über all die Informationen verfügen, die notwendig seien, eine optimale Produktion im Sinne der Wohlfahrtstheorie herbeizuführen.

 

Im Kapitel 2 hatten wir gesehen, dass von einer optimalen Aufteilung der knappen Ressourcen auf die einzelnen Verwendungsarten nur gesprochen werden kann, wenn der Tangentialpunkt zwischen Transformationskurve und Indifferenzkurve erreicht wird. Damit dieser Punkt realisiert werden kann, bedarf es der Kenntnis aller Knappheitsrelationen und mit ihnen der Preisrelationen.

 

Das Entscheidende hierbei ist, dass der gleichgewichtige Preis eines Endproduktes erst berechnet werden kann, wenn zuvor die Preise der Vorprodukte bis hin zu den jeweils benötigten Ressourcen bekannt sind. Aber auch der Preis der Ressourcen ist nicht von vornherein bekannt, hängt vielmehr selbst wiederum davon ab, wie viel von einer Ressource benötigt wird. Dies wiederum setzt die Kenntnis der Nachfrage nach den Gütern voraus, welche diese spezielle Ressource benötigen. Die Nachfrage nach einem beliebigen Gut kann aber erst bestimmt werden, wenn auch der Preis dieses Gutes und aller anderen Güter, welche in einem Substitutions- oder Komplementaritätsverhältnis stehen, bekannt ist. Mit andern Worten: Eine Lösung dieses Problems ist überhaupt nur im Rahmen eines simultanen Prozesses möglich. Der Markt stellt ein solches Verfahren dar, es ist aber unklar, wie auf dem Verwaltungswege dieses Problem überhaupt gelöst werden kann.

 

Als Walter Eucken seine These, eine Zentralverwaltungswirtschaft sei gar nicht in der Lage, das Wirtschaftlichkeitsproblem zu lösen, entwickelt hatte, stand die Computertechnologie noch ganz in ihren Anfängen, es gab vor allem keine mit den heutigen Großanlagen vergleichbaren Computer. Dies bedeutet, dass eine zentrale Behörde wohl kaum für tausend und abertausend Güter und Ressourcen im Rahmen eines simultanen Gleichungssystems gleichzeitig Preise oder Knappheitsverhältnisse hätte berechnen können.

 

Natürlich lassen sich mathematisch grundsätzlich x unbekannte Größen dann berechnen, wenn man auch über x voneinander unabhängige Gleichungen verfügt. Ohne Hinzuziehung eines Computers lassen sich solche Systeme jedoch immer nur für einige wenige Gleichungen von Hand berechnen, es ist undenkbar, dass eine zentrale Behörde diese Aufgabe für alle Güter und Ressourcen meistern könnte.

 

In der Zwischenzeit startete der Computer einen Siegeszug, wie kaum eine andere Technologie sich in so kurzer Zeit verbreitet hat. Auch eine sehr große Zahl von Gleichungen können deshalb heute durchaus mit Hilfe von Großrechnern simultan bewältigt werden. Allerdings müssen selbst hier gewisse Vereinfachungen vorgenommen werden. Wie wir bereits in den ersten Kapiteln dieser Vorlesung gesehen haben, geht die Wirtschaftswissenschaft schon seit jeher davon aus, dass sowohl der Verlauf der Nutzen- wie auch der Produktions- und davon abgeleitet der Kostenfunktionen Gleichungen höheren Grades darstellen. Solche komplexen Gleichungen bereiten jedoch auch bei heutigem technischem  Stand erhebliche Schwierigkeiten.

 

Gerade aus diesen Gründen haben Wirtschaftswissenschaftler im sogenannten ‚linear programing‘ Verfahren entwickelt, die es gestatten, auch eine überaus große Anzahl von Gleichungen simultan zu lösen. Anstelle von Funktionen höheren Grades wird hier stets der Einfachheit halber von linearen Verläufen der einzelnen Funktionen ausgegangen.

 

Mit diesem vereinfachten Verfahren ist man zwar sicherlich auf der einen Seite der Lösung des wirtschaftlichen Grundproblems im Rahmen einer staatlichen Planwirtschaft näher gekommen, hat jedoch auf der anderen Seite das wirtschaftliche Grundproblem der Substitution ausgeklammert. Nehmen wir das berühmte Beispiel der von David Ricardo entwickelten Theorie der komparativen Kosten. Unter komparativen Kosten versteht Ricardo das Verhältnis der Kosten zweier Güter zueinander. Ricardos These lautet: Wenn sich jedes Land im Außenhandel auf die Güter spezialisiert, in denen ein Land einen komparativen Kostenvorsprung aufweist, dann führt diese internationale Spezialisierung zu einem Wohlfahrtsgewinn für alle an diesem Handel beteiligten Volkswirtschaften.

 

Da Ricardo jedoch unterstellt hatte, dass auch bei Ausweitung der Produktion die Stückkosten unverändert bleiben und da er also von linearen Stückkostenfunktionen ausging, kam er zu dem Ergebnis, dass der freie Handel schließlich dazu führe, dass jedes Gut immer nur in einem Land produziert werde, dass also mit anderen Worten eine vollkommene Spezialisierung eintrete.

 

Diese Schlussfolgerungen stimmen sicherlich nicht mit der Wirklichkeit überein. In praxi werden die meisten Güter in mehreren Ländern produziert und das durch Freihandel erzielte Gleichgewicht ist weit vor einer vollständigen Spezialisierung erreicht. Wir kommen somit zu dem Ergebnis, dass die Verwendung von linearen Funktionen zu falschen Ergebnissen führt.

 

Vor allem aber bedeutet die Verwendung linearer Gleichungen, dass eines der wesentlichen wohlfahrtssteigernden Verfahren: der Substitutionsprozess aus der Betrachtung ausgeklammert wird. Die von Adam Smith geschilderten Verfahren der Arbeitsteilung und Spezialisierung wirken vor allem deshalb wohlfahrtssteigernd, weil es möglich ist, in gewissen Grenzen einen Produktionsfaktor durch einen anderen zu ersetzen. So wird es möglich, die Produktion auch dann auszuweiten, wenn nur ein einzelner Produktionsfaktor bei Konstanz der anderen vermehrt zur Verfügung steht. Dass man in der Lage ist, bei Konstanz der Ressourcenstruktur jeweils alle Faktoren vermehrt einsetzen zu können, dürfte eher zu den Ausnahmen zählen.

 

Ich erwähnte bereits, dass K. Paul Hensel, ein Schüler Walter Euckens in der hier zur Diskussion stehenden Frage seinem Lehrer widersprochen hat und den Versuch unternommen hat, nachzuweisen, dass auch eine Zentralverwaltungswirtschaft prinzipiell durchaus in der Lage sei, die Produktionsprozesse so durchzuführen, dass die Produktion ähnlich wie in einer Marktwirtschaft am Bedarf der Endverbraucher optimal ausgerichtet wird. Anstelle des Preismechanismus des Marktes trete eine reine Mengenplanung.

 

Die Zentralbehörde geht danach von einem gegebenen Bestand an Ressourcen aus. Gleichzeitig werden die untersten Planungsbehörden aufgefordert, jeweils den Bedarf der Endverbraucher und davon abgeleitet, den Bedarf auf jeder Produktionsstufe den jeweils nächst höheren Planungsstellen zu melden. Sind diese Daten der höchsten Planungsbehörde gemeldet, so kann sie Bestand und Bedarf an den einzelnen Ressourcen berechnen. Soweit nun der so nach oben gemeldete Bedarf größer ausfällt als der Bestand an Ressourcen, werden Kürzungen der Bedarfspläne solange vorgenommen, bis eine Übereinstimmung zwischen Bedarf und Vorrat besteht, wobei bei diesen Kürzungen jeweils die veränderten Daten zunächst an die jeweils untere Behörde zu melden sind, die gewisse Anpassungen vornimmt und diese veränderten Daten wiederum nach oben weiterleitet.

 

Auf diesem Wege könne ähnlich wie auf einem freien Markt eine Reduzierung der anfänglichen Ungleichgewichte erreicht werden, wobei im Prinzip dieser Anpassungsprozess solange fortgeführt werden kann, bis schließlich ein Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage erzielt werde. Auch dann, wenn man dieser Beweisführung zustimmt, bleibt jedoch bestehen, dass hier auf eines der wichtigsten Elemente des Marktes nämlich der Substitutionsmöglichkeit verzichtet wird.

 

 

3. Sind Mischsysteme instabil?

 

In der Realität müssen wir damit rechnen, dass wir nur in den seltensten Fällen reine idealtypische Systeme vorfinden. In der Realität begegnen wir bei fast allen Realisierungen einer Marktwirtschaft einer Vielzahl von Versuchen, durch politische Eingriffe, die nicht marktkonform sind, die Marktergebnisse zu beeinflussen. Umgekehrt gilt, dass auch die historischen Beispiele einer staatlichen Planwirtschaft fast immer auch gewisse Bereiche enthielten, in denen marktwirtschaftliche Prozesse zugelassen wurden. Wir haben es also in der Realität nahezu immer mit Mischsystemen zu tun. Die konkreten Wirtschaftsformen sind somit fast immer aus Elementen beider Idealtypen gebildet, wobei allerdings in aller Regel der eine Idealtyp: die Marktwirtschaft oder die staatliche Planwirtschaft überwiegt.

 

Nun hat Walter Eucken die These aufgestellt, dass Mischsysteme instabil seien, also keinen Bestand hätten und dass ein Mischsystem immer die Tendenz habe, sich in Richtung Zentralverwaltungswirtschaft zu bewegen.

 

Verständlich wird diese These durch die wiederholte Feststellung, dass es in der Realität in aller Regel nicht bei einzelnen Eingriffen des Staates in den Markt geblieben ist, dass es fast immer dann, wenn der Staat eine Reglementierung in einem Bereich durchgeführt hat, notwendig wurde, diese Reglementierung auf die Bereiche, in denen substitutive oder komplementäre Güter produziert werden, auszuweiten. Ohne diese Ausweitung wäre der Erfolg zumeist in den anfänglich reglementierten Bereichen in Frage gestellt gewesen.

 

Bringen wir ein Beispiel für Güter, welche in einem substitutiven Verhältnis zueinander stehen. Nehmen wir an, dass der Staat durch gezielte Verbote für den Verkauf ganz bestimmter Drogen den Drogenkonsum einschränken möchte. Wenn er sein Verbot auf einige wenige Drogen beschränkt, besteht die Gefahr, dass sich der Drogenkonsum auf die Drogen verlagert, die nicht von dem Verbot betroffen sind. Damit würde der Staat aber seine Zielsetzung, den Drogenkonsum zu reduzieren, verfehlen. Er sieht sich hier gezwungen, das Verbot auf alle Drogen auszuweiten.

 

Bringen wir auch ein Beispiel für komplementäre Güter. Wenn Brot subventioniert wird, steigt die Nachfrage nicht nur für Brot, sondern auch für die komplementären Brotaufstriche. Es besteht hier die Gefahr, dass die Begünstigung der Konsumenten beim Einkauf von Brot dadurch wiederum zunichte gemacht wird, dass der Preis für die komplementären Güter aufgrund vermehrter Nachfrage ebenfalls ansteigt. Auch hier kann sich der Staat gezwungen sehen, die Subventionierung auf andere Güter auszuweiten, um die angestrebte Begünstigung einzelner Konsumentengruppen zu erreichen.

 

Es ist also sicherlich richtig, dass in aller Regel ein Eingriff in den Markt weitere Eingriffe nach sich zieht. Aus dieser Feststellung kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass dieser Prozess immer weitere Kreise zieht, bis dann zum Schluss alle wirtschaftlichen Bereiche reglementiert werden. Die Erfahrung zeigt ein anderes Bild. Bei der Wiedereinführung der Marktwirtschaft nach dem zweiten Weltkrieg wurden zunächst wichtige Märkte wie z. B. der Wohnungsbereich aus dieser Freigabe herausgenommen. Würde die These Walter Euckens stimmen, hätten diese Ausnahmeregelungen notwendiger Weise dazu führen müssen, dass sich das Wirtschaftssystem immer mehr dem System einer staatlichen Planwirtschaft angenähert hätte. Das Gegenteil war der Fall. Nach einem rasanten Wirtschaftsaufschwung bei der allgemeinen Güterproduktion konnte nach gewisser Zeit auch der Wohnungsmarkt weitgehend freigegeben werden.

 

Auch die Praxis des vergangenen Ostblocks sprach gegen diese Schlussfolgerung. So war die DDR als eine staatliche Planwirtschaft konzipiert, trotzdem gab es von Anbeginn der DDR gewisse Bereiche, welche von der staatlichen Planwirtschaft ausgenommen waren. Gerade das Beispiel der UDSSR hat gezeigt, dass im Verlaufe der Entwicklung eher eine Tendenz bestand, marktwirtschaftliche Elemente verstärkt aufzunehmen, als dass immer mehr der Idealtyp der Zentralverwaltungswirtschaft angesteuert wurde.

 

Wieweit die einzelnen idealtypischen Elemente tatsächlich übernommen wurden, hing entscheidend von dem Wettbewerb der Systeme ab. Das Nebeneinanderbestehen der beiden Blöcke: Ostblock und Staaten des Natopaktes, brachte es mit sich, dass beide Systeme sich gezwungen sahen, Elemente aus dem Bereich des jeweils anderen Blocks zu übernehmen.

 

Auf der einen Seite kam es zu einem Wettrüsten, da beide Systeme sicherstellen wollten, dass sie bei einer kriegerischen Auseinandersetzung nicht den Kürzeren ziehen. Die Fähigkeit in diesem Wettkampf Schritt zu halten, hängt jedoch ganz entscheidend davon ab, welches Wachstumsniveau beide Staaten erreichen konnten. Dass das marktwirtschaftliche System insgesamt sehr viel besser in der Lage ist, Innovationen und damit reale Wohlfahrtssteigerungen zu erzielen, musste schließlich auch von den Führern der Sowjetunion zähneknirschend akzeptiert werden. Sie gingen deshalb dazu über, sich durch eine weitgehende Dezentralisierung dem marktwirtschaftlichen System anzunähern.

 

Darüber hinaus konnten sich die Führer der Sowjetunion langfristig nur dadurch an der Macht halten, dass sie mit dem Lebensstandard des Westens Schritt hielten. Auch zur Erreichung dieses Zieles sahen sich die Machthaber des Ostblocks gezwungen, sich dem Westen zu öffnen. Mit dem internationalen Handel kamen jedoch nicht nur Güter ins Land, sondern auch westliche Ideen, die es den sowjetischen Machthabern immer schwerer machten, auf dem System der staatlichen Bevormundung zu beharren.

 

Aber auch die westlichen Regierungen sahen sich aufgrund dieses kalten Krieges gezwungen, Elemente der staatlichen Intervention zu übernehmen. Auf der einen Seite mussten immer mehr Ressourcen für den Ausbau von Verteidigungsanlagen abgezogen werden, wodurch automatisch das privatverfügbare Einkommen wesentlich geringer ausfiel als es ohne dieses Wettrüsten der Fall gewesen wäre und der Rückgang im privat verfügbaren Pro-Kopf-Einkommen traf insbesondere die Empfänger geringen Einkommens am stärksten.

 

Auf der anderen Seite zeichneten sich die staatlichen Planwirtschaften gegenüber den Marktwirtschaften dadurch aus, dass sie den einzelnen Staatsangehörigen einen grundsätzlich höheren Schutz gegenüber den sozialen Risiken gewähren konnten. Während sich die westlichen Staaten vor allem durch ein relativ hohes Pro-Kopf-Einkommen auch der Arbeitnehmer auszeichnen, aber aufgrund der gewährten Freiheit auch größeren Risiken ausgesetzt sind, erreichen staatliche Planwirtschaften geringere Pro-Kopf-Einkommen, aber höhere Sicherheit gegenüber den sozialen Risiken. Der Wettkampf der Systeme machte es deshalb notwendig, die sozialen Sicherungseinrichtungen in den westlichen Staaten auszubauen und sich damit dem System des Ostblocks anzunähern. Aus diesem Grunde sprach man vor dem Zusammenbruch des Ostblocks auch davon, dass beide Systeme sich einander annähern (These von der Konvergenz der Systeme).

 

 

4. Interdependenz der Systeme

 

Vor allem Walter Eucken machte darauf aufmerksam, dass Ordnungen interdependent sein müssten, dass sich die einzelnen Ordnungen der gesellschaftlichen Subsysteme entsprechen müssten. So geht Walter Eucken davon aus, dass eine Marktwirtschaft nur dann reibungslos funktionieren könne, wenn auf der politischen Ebene eine freiheitlich demokratische Ordnung gegeben sei. Umgekehrt könne eine Zentralverwaltungswirtschaft nur funktionieren, wenn auf der politischen Ebene eine Diktatur verwirklicht sei.

 

Walter Eucken hat seine Überlegungen zur Interdependenz auf die Beziehungen zwischen wirtschaftlichem und politischem Subsystem beschränkt. Nun unterscheiden wir im Allgemeinen zwischen drei Subsystemen unserer modernen Sekundärgesellschaft, neben Wirtschaft und Politik wird drittens noch der kulturelle Bereich unterschieden. In diesem Sinne könnte man das Problem der Interdependenz auch noch auf die Beziehungen zwischen kulturellen und wirtschaftlichen Ordnungen ausdehnen.

 

So kannte das Christentum im Mittelalter ein Zinsverbot, da man von der Auffassung ausging, dass das Verleihen von Geld ohne Arbeit möglich sei, dass aber hierfür kein Entgelt verlangt werden dürfte. Ähnlichen Vorstellungen begegnen wir in den islamischen Volkswirtschaften, in denen ein Gottesstaat errichtet wurde. Auch hier ist es Gläubigen aus religiösen Gründen verboten, für ein Kapitalangebot einen Zins zu verlangen. Schließlich kannte der Kommunismus ein Zinsverbot, hier von der Überzeugung geleitet, dass nur der Einsatz von Arbeit Wert erzeuge und deshalb nur die Arbeit einen Anspruch auf Entlohnung habe.

 

Es ist klar, dass ein eindeutiges Zinsverbot die Effizienz jeglichen Wirtschaftens beeinträchtigt. Die Preisrelationen zwischen Lohn und Zins spiegeln die Knappheitsverhältnisse zwischen Arbeit und Kapital wider. Wird für Kapital kein Preis gezahlt, so ist die Nachfrage nach Kapital größer als das Angebot, die Kapitalintensität der Produktionen ist zu hoch, Arbeit wird in zu geringem Maße nachgefragt, es entsteht auf diese Weise Arbeitslosigkeit größten Umfanges.

 

Walter Eucken hat weiterhin lediglich die beiden wirtschaftlichen Ordnungsformen der Verkehrswirtschaft und der Zentralverwaltungswirtschaft unterschieden. Oftmals begegnet man in der Literatur einer weitergehenden Unterteilung und zwar einer Vierteilung der Ordnungssysteme von Markt, Verhandlung, Wahl und Bürokratie. Folgt man diesem Einteilungsschema, so könnte man zwischen der politischen Ordnung des Feudalismus im Mittelalter oder des bisweilen in der modernen Zeit propagierten Ständestaates und der Verhandlungslösung gewisse Übereinstimmungen sehen.

 

Die These von der Interdependenz der Ordnungen kann nun erstens in dem Sinne verstanden werden, dass den einzelnen Ordnungen vor allem in ihrer idealtypischen Form ganz bestimmte Leitbildern zugrunde liegen und dass deshalb das gleiche gesellschaftliche Leitbild auch ganz bestimmte Ordnungsformen auf den einzelnen Stufen der Subsysteme erforderlich macht. Das Leitbild einer marktwirtschaftlichen Ordnung ist die größtmögliche Verwirklichung der individuellen Freiheit; auf politischer Ebene wird dieses Freiheitsideal aber nur in einer rechtsstaatlichen Demokratie realisiert.

 

Umgekehrt gilt, dass sowohl im Rahmen einer Zentralverwaltungswirtschaft wie auch in seiner politischen Entsprechung einer Diktatur das oberste Ziel in der Unterordnung der einzelnen Bürger unter die Ziele der Gesamtgesellschaft liegt, wobei diese Ziele von staatlichen Repräsentanten formuliert werden. Im feudalen System schließlich bildete sich der Gemeinschaftswille aus dem Zusammenwirken der einzelnen Bevölkerungsgruppen (der Stände), sodass hier die wirtschaftliche Ordnung der Verhandlungslösung dieser Zielsetzung am besten entsprechen würde.

 

Die These von der Interdependenz kann zweitens aber auch in dem Sinne verstanden werden, dass das reibungslose Funktionieren einer wirtschaftlichen Ordnung nur dann gewährleistet ist, wenn auf der politischen Ebene eine ganz bestimmte Ordnung verwirklicht ist. Während im ersten Falle eher von einem normativen Zusammenhang gesprochen wird, wird im Rahmen des zweiten Zusammenhanges eher an einen Sachzusammenhang gedacht; damit die Wohlfahrt in einer marktwirtschaftlichen Ordnung maximiert werden kann, bedarf es einer ganz bestimmten Ordnung auch im politischen Bereich.

 

Eine politische Diktatur führt im Allgemeinen zu einer Behinderung einer Marktwirtschaft. Der Diktator kann nämlich seine Ziele nur dann durchsetzen, wenn diese nicht durch das Zulassen einer marktwirtschaftlichen Freiheit der einzelnen Individuen durchkreuzt werden können. So bringt vor allem der freie Handel mit anderen Volkswirtschaften die Gefahr mit sich, dass die einzelnen Bürger die Leistungen der eigenen Regierung mit den Leistungen der ausländischen Regierung vergleichen können, die Bürger erfahren durch den freien Verkehr mit dem Ausland auch, in welchen Punkten die eigene Regierung versagt hat; es besteht hier die Gefahr, dass die Kritik an der eigenen Regierung überhandnimmt und dass auf diese Weise die Stellung der eigenen Regierung langfristig gefährdet wird.

 

Nun gab es in den letzten Jahrzehnten auch Versuche kommunistischer Staaten, welche die politische Form der Diktatur gewählt haben, auf wirtschaftlichem Gebiet marktwirtschaftliche Beziehungen zuzulassen. Der Grund hierfür lag vor allem darin, dass sich im Wettbewerb der Systeme (Kapitalismus versus Sozialismus)– wie wir im vorherigen Abschnitt gesehen haben – die Zentralverwaltungswirtschaft der Marktwirtschaft als unterlegen erwiesen hat und dass sich deshalb die kommunistischen Machthaber gezwungen sahen, Methoden der Marktwirtschaft auf wirtschaftlichem Gebiet zu übernehmen. Auf der einen Seite konnte nur dadurch die Gefahr einer Revolution verhindert werden, dass der Konsumstandard dem freiheitlich demokratischer Staaten angepasst wurde, auf der anderen Seite konnte die Verteidigungsbereitschaft gegenüber den ausländischen Staaten nur dadurch aufrechterhalten werden, in dem die Effizienz marktwirtschaftlicher Systeme übernommen wurde.

 

In ähnlicher Weise würden jedoch auch die Ziele einer Marktwirtschaft (die Wohlfahrtssteigerung der Individuen) gefährdet, wenn auf politischer Ebene eine Diktatur realisiert wäre. Eine Diktatur wird zur bestmöglichen Erreichung ihrer politischen Ziele immer dann in den Markt eingreifen und die Marktergebnisse korrigieren, wenn die politischen Ziele gefährdet erscheinen. Da der Diktator bestimmte Vorstellungen darüber hat, wie sich der einzelne zu verhalten habe, was für ihn gut und was für ihn schlecht ist, bedarf es von Seiten des Staates zahlreicher Korrekturen des freien Marktes.

 

Die These von der Interdependenz kann drittens auch so verstanden werden, dass von den Ordnungsformen der einzelnen gesellschaftlichen Subsysteme Wirkungen auf andere Subsysteme ausgehen, welche entweder die Ordnungen der jeweils anderen Subsysteme gefährden oder umgekehrt deren Stabilität verstärken.

 

So können vor allem die Versuche der Politik, den Markt zu korrigieren, schließlich zu einem Zusammenbruch des marktwirtschaftlichen Systems überhaupt führen. Walter Eucken hat in diesem Zusammenhang wie gesehen, die These vertreten, dass Mischsysteme instabil seien und schließlich notwendigerweise dazu führen müssten, dass das Wirtschaftssystem schließlich in einer totalen Zentralverwaltungswirtschaft ende.

 

Wir haben also davon auszugehen, dass von politischen Systemen negative Wirkungen auf die wirtschaftliche Ordnung ausgehen und dass diese negativen Wirkungen in stärkerem Maße von einer politischen Diktatur als von einer demokratischen Ordnung zu erwarten sind. Wie steht es jedoch mit dem umgekehrten Zusammenhang, haben wir auch damit zu rechnen, dass z. B. ein freier Markt von sich aus den Zusammenbruch diktatorischer Systeme nachsichzieht? Sicherlich haben in der Vergangenheit kommunistische Diktatoren marktwirtschaftliche Ordnungen vor allem deshalb unterdrückt, weil sie befürchteten, dass freie Märkte das politische System bedrohen. Umgekehrt war es die Hoffnung der westlichen Regierungen, dass durch Einführung marktbezogener Elemente der Zusammenbruch der kommunistischen Systeme eingeleitet werde.

 

 

5. Allokationslösungen

 

Wir wollen in den folgenden Abschnitten überprüfen, wie die zwei wichtigsten Probleme eines Wirtschaftssystems: die Aufteilung der knappen Ressourcen auf die einzelnen Verwendungsarten (das Allokationsproblem), weiterhin die Verteilung des Volkseinkommens auf die einzelnen Bevölkerungsgruppen (das Verteilungsproblem) in den beiden Ordnungssystemen gelöst werden. Beginnen wir mit dem Allokationsproblem.

 

Die Wirkungsweise eines freien Marktes haben wir bereits in Kapitel 3 dieser Vorlesung ausführlich besprochen, so dass es ausreicht, wenn wir an dieser Stelle nur an die wichtigsten Ergebnisse dieses Kapitels erinnern. Wir hatten dort gesehen, dass der Preismechanismus unter gewissen Bedingungen automatisch dazuführt, dass die knappen Ressourcen so auf die einzelnen Verwendungsarten  (Güter) aufgeteilt werden, dass die privaten Haushalte gerade bei dieser Aufteilung ihr Nutzenmaximum erzielen. Wir hatten allerdings gesehen, dass mehrere Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit der freie Markt auch eine solche optimale Lösung ansteuert. Zu den zwei wichtigsten Annahmen zählt hierbei einmal ein intensiver Wettbewerb unter den Unternehmungen, zum andern das Fehlen externer Kosten, die zwar der Gesamtgesellschaft entstehen, aber nicht von den Produzenten und damit auch nicht von den Endverbrauchern getragen werden.

 

Im Rahmen einer reinen staatlichen Planwirtschaft bestimmt der Diktator (die zentrale Planungsbehörde) über die erwünschte Aufteilung der knappen Ressourcen auf die einzelnen Verwendungsarten. Er legt also z. B. fest, wie die gesamten Ressourcen auf Konsumgüter und Investitionsgüter aufgeteilt werden, auf welche Güter die Produktion verlagert werden soll, welche anderen Güter nicht produziert werden dürfen.

 

Die oberste Planungsbehörde legt jedoch nicht nur die Zielgrößen für die Endprodukte fest, auch über das verfügbare Angebot an Produktionsfaktoren werden Ziele formuliert. So hängt das Gesamtangebot an verfügbaren Arbeitsstunden davon ab, wie viel Stunden ein Arbeitnehmer erwerbswirtschaftliche Arbeit zu verrichten hat, ab welchem Alter er in den Beruf eintritt, ab welchem Alter er das Erwerbsleben beendet, inwieweit er zu weiterbildenden Schulen zu gelassen wird usw..

 

In ähnlicher Weise sind Entscheidungen über das Gesamtangebot an Kapital zu treffen. Hier ist z. B. zu entscheiden, wie viel Teile des Volkseinkommens gespart werden sollen, in welchem Umfang das Kapital für die Forschung und für die einzelnen Produktionsbereiche eingesetzt werden soll.

 

Steht einmal fest, welche Verwendungsarten der Ressourcen angestrebt werden und über welche Mengen an Ressourcen die Volkswirtschaft verfügt, gilt es auszurechnen, wie die knappen Ressourcen auf die einzelnen Produktarten und Produktionsstufen aufgeteilt werden müssen, damit die Ziele der Planungsbehörde so gut wie technisch möglich realisiert werden.

 

Hierbei müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass diese Aufgaben in einem größeren Staatswesen keinesfalls vom Diktator selbst erfüllt werden können. Zur Ausführung dieser Aufgaben bedarf es einer sehr großen – viele Tausend und Abertausend Beschäftigte umfassenden – Behörde. Diese Behörde wird hierarchisch mit mehreren Stufen gegliedert sein, an der obersten Stelle werden nur die grundlegenden Ziele festgelegt werden, in der darunter liegenden Ebene werden dann diese Ziele konkretisiert und auf Untergliederungen verteilt werden.

 

An unterster Stelle stehen die einzelnen Produktionsstätten, welche die in den jeweils höheren Ebenen festgelegten Ziele im Hinblick auf Anzahl und Qualität der einzelnen Güter und deren Produktionsverfahren zu verwirklichen haben. An der Spitze dieser Produktionsstätten stehen die beamteten Produktionsleiter, welche jedoch lediglich die Vorgaben der Planungsbehörde auszuführen haben.

 

Weiterhin gilt es für die zentrale Wirtschaftsbehörde nicht nur die Ziele festzulegen und auf die einzelnen Produktionsstätten zu verteilen, die Ausführung dieser Pläne muss auch permanent überwacht werden, da auf der einen Seite immer damit zu rechnen ist, dass einzelne Produktionsstätten nicht so arbeiten wie erwartet und da auf der anderen Seite aufgrund von Datenänderungen die Pläne mangels Ressourcen gar nicht entsprechend dem ursprünglichen Plan ausgeführt werden können, sodass kurzfristig immer wieder Korrekturen an den Plänen vorgenommen werden müssen.

 

Wie bereits weiter oben vermerkt, beziehen sich die Pläne in einer staatlichen Planwirtschaft grundsätzlich auf die Festlegung von Mengen. Allerdings arbeiteten die realen staatlichen Planwirtschaften nahezu immer durchaus auch mit Geld und in Geld ausgedrückten Größen. Vor allem erhalten die Arbeitnehmer ihren Lohn in Form von Geld und auch beim Kauf der einzelnen Waren ist normalerweise mit Geld zu bezahlen, selbst dann, wenn über den Umfang der Nachfrage der Haushalte über Bezugsscheine entschieden wird.

 

Trotzdem erfüllen die Preise in einer staatlichen Planwirtschaft eine ganz andere Funktion als in einer Marktwirtschaft. In einer Marktwirtschaft erfolgt die Aufteilung der Ressourcen auf die einzelnen Verwendungsarten vorwiegend dadurch, dass über die Preise die Knappheitsrelationen ermittelt werden und sich auf diese Weise die Haushalte und Unternehmungen jeweils für die Aktionen entscheiden können, die nicht nur ihren eigenen Nutzen (Gewinn), sondern auch die Wohlfahrt der gesamten Volkswirtschaft optimieren. Die Preise erfüllen somit eine Signalfunktion, wobei es von diesen Signalen abhängt, in welche Verwendungsarten die knappen Ressourcen gelenkt werden. Diese Aufgabe wird in einer staatlichen Planwirtschaft allein durch die Mengenplanung erfüllt, sodass also die Benutzung von Geld und Preisen hier eine ganz andere Funktion erfüllt, die nichts mit der eigentlichen Produktionslenkung zu tun hat.

 

Gehen wir nochmals etwas ausführlicher auf die Mengenplanung ein. Bisweilen begegnet man in der öffentlichen Diskussion der Vorstellung, dass die Mengenplanung ein rein technisches Problem darstellt, dass also auf der Grundlage technischer Beziehungen ausgerechnet werden muss, wie viel Arbeits- und Maschinenstunden sowie Rohstoffmengen benötigt werden, um eine bestimmte Menge eines Produktes herzustellen (ai/Xj). Kenne man also mit anderen Worten die jeweiligen technischen Koeffizienten, so müssten nur die errechneten Einheiten jeweils an die Produktionsbetriebe weiter gegeben werden.

 

Es wird also dann davon ausgegangen, dass es in einer staatlichen Planwirtschaft nur einen Wirtschaftsplan gebe, während in einer Marktwirtschaft von einer Vielzahl einzelner Pläne ausgegangen werden müsse. Und während es in einer Marktwirtschaft notwendig sei, diese Vielzahl von Einzelplänen  zu koordinieren, entfalle diese Aufgabe vollkommen in einer staatlichen Planwirtschaft, da es ja hier ex definitione nur einen Plan gebe.

 

Dies ist jedoch eine vollkommen falsche Sicht der realen Zusammenhänge. In Wirklichkeit gibt es auch in einer staatlichen Planwirtschaft eine Vielzahl von Plänen, die es zu koordinieren gilt. Jede Führungskraft innerhalb der staatlichen Planbehörde verfolgt sehr wohl eigene Ziele und Pläne, es handelt sich hierbei nur um informelle Pläne. Nach außen hin werden zwar die einzelnen Führungskräfte die übergeordneten Ziele der Zentrale befolgen, dies bedeutet jedoch nicht, dass sie diese Ziele und Pläne willenlos akzeptieren und vollstrecken, es ist nicht möglich, die Führungskräfte einer Behörde zu willenlosen Maschinen zu degradieren, der größte Teil der Führungskräfte wird vielmehr unter dem Deckmantel der offiziell vorgegebenen Ziele sehr wohl eigene Ziele verfolgen und die unterschiedlichsten Verhaltensweisen entwickeln, um auch die eigenen Pläne zu verwirklichen. Keine noch so ausgebaute Kontrolle ist in der Lage, den Produktionsprozess bis ins letzte Glied zu überwachen.

 

Also haben wir davon auszugehen, dass es in einer staatlichen Planwirtschaft sehr wohl eine Vielzahl von Einzelplänen gibt, die es genauso wie die Einzelpläne in der Marktwirtschaft zu koordinieren gilt. Der Unterschied zur Marktwirtschaft besteht aber erstens darin, dass es sich hierbei um informelle Pläne handelt, die gerade deshalb, weil sie informell sind und auf der formellen Ebene nicht ausgewiesen werden, sehr viel schwerer zu kontrollieren sind als die offiziellen Pläne in einer Marktwirtschaft.

 

Darüber hinaus sind die in einer Marktwirtschaft realisierten Koordinationsmechanismen bestens untersucht, seit Bestehen der modernen Volkswirtschaftslehre bemühen sich zahlreiche Wirtschaftswissenschaftler darum, die Gesetzmäßigkeiten der auf einem freien Markt wirkenden Anreizsysteme und Mechanismen zu beschreiben und auch zu reformieren. Demgegenüber werden die tatsächlich ablaufenden informellen Anreizsysteme innerhalb einer staatlichen Planungsbehörde allenfalls am Rande erwähnt, kaum auf ihre Mechanismen hin untersucht, da sie ja vor der offiziellen Behörde gar nicht existieren dürfen.

 

Sehr viel einfacher liegen die Zusammenhänge in den staatlichen Planwirtschaften, welche in der Variante einer dezentralisierten Zentralverwaltungswirtschaft auftreten. Hier werden die Zielsetzungen und Pläne der untergeordneten Behörden und Produktionsleitern zu offiziellen, als durchaus erlaubten Teilen der Gesamtplanung. Die Zentrale beschränkt sich nun nur noch darauf, Grundrichtungen vorzugeben und gestattet es den untergeordneten Leitern sehr wohl, die Grundziele nach eigener Vorstellung umzusetzen. Diese Dezentralisierung hat zwei Vorteile. Auf der einen Seite sind die Vorstellungen der untergeordneten Leitern sehr viel effizienter, da sie an Ort und Stelle sofort überprüfen können, welche Alternativen den größten Erfolg bringen. Auf der anderen Seite lassen sich die Aktivitäten dieser Unterstellen aber auch sehr viel besser kontrollieren, da sie ja nun als offizielle Pläne offen ausgewiesen werden können.

 

Nun hatten wir eingangs erwähnt, dass sich – sogar in der Mehrzahl der Fälle – staatliche Planwirtschaften unter dem Druck der weltweiten Öffentlichkeit gezwungen sehen, eine weitgehende Konsumfreiheit der privaten Haushalte zuzulassen. Hier entstehen allerdings neue, kaum lösbare, schon gar nicht bereits gelöste Probleme. Auf welchem Wege soll denn die zentrale Behörde über die Wünsche der Konsumenten unterrichtet werden, wenn nicht der freie Markt darüber entscheiden soll, welche Produkte produziert werden sollen?

 

Unterstellen wir einmal, dass der Staat wirklich den einzelnen privaten Haushalten gestattet, vollkommen frei darüber zu entscheiden, welche Güter sie nachfragen möchten. Solange es bei der oben geschilderten Planung der Produktion bleibt, in welcher ja die Zielvorstellungen der Konsumenten nicht einfließen, werden mehr oder weniger in den einzelnen Verkaufsläden Ungleichgewichte entstehen. Einzelne Waren bleiben liegen, da sie von den Haushalten nicht nachgefragt werden, bei anderen Gütern entstehen Engpässe, da diese Güter in stärkerem Maße als angeboten nachgefragt werden.

 

Nun könnte man einräumen, dass hier eine gleiche Situation wie auf freien Märkten entstünde, auch hier würden zunächst einmal Angebot und Nachfrage auseinanderfallen. Dies ist zwar richtig. Entscheidend ist jedoch, dass im Rahmen der staatlichen Planwirtschaft die Mechanismen fehlen, welche normaler Weise für eine Gleichgewichtstendenz sorgen. Ungleichgewichte lösen auf den freien Märkten Preisvariationen und diese hinwiederum Angebots- und Nachfragereaktionen aus, welche schließlich zu einem Abbau der Ungleichgewichte führen.

 

In einer staatlichen Planwirtschaft können zwar Nachfrageüberhänge ebenfalls zum Anlass genommen werden, die Preise zu erhöhen, mit der Folge, dass die Haushalte über ein geringeres reales Einkommen verfügen und notgedrungen ihre Nachfrage einschränken müssen. Auch können die Behörden ein Ungleichgewicht zum Anlass nehmen, die Produktion der Nachfrage anzupassen.

 

Diese Reaktionen erweisen sich jedoch aus mehreren Gründen für sehr viel ineffizienter als das Spiel von Angebot und Nachfrage auf freien Märkten. Es fehlt erstens der finanzielle Anreiz, die Produktion an die Nachfrage anzupassen. Auch dann, wenn die Preise bei einem Nachfrageüberhang angehoben werden, kommen die ausgewiesenen Erlöszuwächse ja nicht den einzelnen Produktionsleitern zugute, welche als Beamte ein festes Honorar beziehen.

 

Zweitens führen die Reaktionen der Haushalte (also z. B. die erzwungenen Nachfrageminderungen aufgrund von Preissteigerungen) ja keinesfalls dazu, dass die Haushalte jeweils solange Substitutionen vornehmen können, bis sie wiederum eine optimale Aufteilung ihres Einkommens erreicht haben.

 

Drittens schließlich müssen ja die Preissignale weiter gegeben werden, eine Preiskorrektur bei Endprodukten muss zu einer Preiskorrektur bei den Halbfabrikaten und diese wiederum bei den Rohstoffen und den anderen Produktionsfaktoren führen. Bestenfalls – das heißt falls sich die einzelnen Führungskräfte innerhalb der Behörden genauso verhalten würden wie die Unternehmer in einer freien Marktwirtschaft – würden Ergebnisse erzielt, welche in der Marktwirtschaft unter monopolistischen Bedingungen erreicht würden. Bei der Darstellung der Wirkungsweise eines Marktes haben wir gesehen, dass der Markt aber nur dann zu befriedigenden Ergebnissen führt, wenn Wettbewerb unter den Unternehmungen zugelassen wird.

 

 

6. Verteilungslösungen

 

Fragen wir uns zum Abschluss, worin sich denn die Einkommensverteilung einer Marktwirtschaft von der einer staatlichen Planwirtschaft unterscheidet. In den ersten Kapiteln dieser Vorlesung hatten wir gesehen, dass in einer Marktwirtschaft die Einkommensverteilung eng verknüpft ist mit der Allokation. In Wirklichkeit werden Allokation und Verteilung uno actu (also in einem Akt) entschieden. Es sind die Preise der Güter und Produktionsfaktoren, welche auf der einen Seite darüber entscheiden, in welche Verwendungsarten die Produktionsfaktoren gelenkt werden und welchen Anteil die einzelnen Produktionsfaktoren am Volkseinkom­men erhalten, auf der anderen Seite jedoch auch festlegen, welchen Anteil an der Gesamtproduktion die einzelnen Individuen erhalten.

 

Betrachten wir diese Probleme etwas ausführlicher anhand der Entlohnung der Arbeit. Es hängt maßgeblich von der Höhe des Lohnsatzes (im Verhältnis zum Zinssatz) ab, mit welcher Technik die Unternehmer ihre Güter produzieren. Steigt der Lohnsatz (wiederum im Verhältnis zum Zinssatz), so gewährt ein kapitalintensiveres Produktionsverfahren den Unternehmern einen höheren Gewinn. Sie werden also Arbeitskräfte teilweise durch erhöhten Kapitaleinsatz substituieren. Somit hat also der Lohnsatz maßgeblich die Produktionslenkung beeinflusst.

 

Die gleiche Erhöhung des Lohnsatzes bewirkt jedoch auch eine Veränderung im Lohneinkommen. Das Lohneinkommen eines Arbeitnehmers entspricht dem Produkt aus Lohnsatz und Arbeitsstunden. Wie gezeigt führt eine Erhöhung des Lohnsatzes im Allgemeinen zu einer Reduzierung in der beschäftigten Menge. Somit hängt es von der Elastizität der Arbeitsnachfrage ab, ob das Lohneinkommen steigt oder fällt. Die Elastizität der Arbeitsnachfrage gibt an, um wie viel Prozent die Nachfrage nach Arbeit zurückgeht, wenn der Lohnsatz um einen Prozent ansteigt. Bei einer Elastizität von eins wären also die Zunahme des Lohnsatzes und die Abnahme der Beschäftigungsmenge prozentual gleich groß, das Lohneinkommen würde sich also nicht verändern, da sich Lohn- und Mengeneffekt gerade kompensieren. Damit die Lohnsatzsteigerung auch zu einer Zunahme im Lohneinkommen führt, müsste also die Elastizität der Arbeitsnachfrage kleiner eins sein. Wenn wir allerdings eine Cobb-Douglas Produktionsfunktion unterstellen, ist die Nachfrageelastizität größer eins.

 

Ganz allgemein haben die Entlohnungssätze der Produktionsfaktoren in einer freien Marktwirtschaft die Tendenz, dem Wertgrenzprodukt (dem Lohnsatz multipliziert mit dem physischen Ertragszuwachs der letzten Beschäftigungsmenge) zu entsprechen. Dies bedeutet, dass im Gleichgewicht die Produktionsfaktoren jeweils eine Entlohnung erfahren, welche dem Beitrag dieses Faktors gerade entspricht. Es gilt somit das Leistungsprinzip. Damit sich dieses Prinzip allerdings durchsetzen kann, müssen gewisse Voraussetzungen erfüllt sein. Die wichtigste Voraussetzung besteht darin, dass auf allen Märkten intensiver Wettbewerb zwischen den Unternehmungen herrscht. In dem Maße, in dem in der Realität die Unternehmer monopolistische Macht besitzen, weicht die tatsächliche Entlohnung der Arbeitnehmer von diesem Wertgrenzprodukt mehr oder weniger ab.

 

Nun müssen wir in der Realität tatsächlich damit rechnen, dass vor allem auf den Arbeitsmärkten oftmals ein Nachfragemonopol besteht und dies bedeutet, dass Gefahr besteht, dass der sich aus dem freien Markt ergebende Lohnsatz oftmals unter dem Beitrag der Arbeit zum Volkseinkommen liegt. In den Anfängen der Industrialisierung lag der Grund für diese monopolistische Macht der Unternehmer vorwiegend darin, dass die Arbeitnehmer in vielen Gemeinden nur einer Unternehmung gegenüberstanden und deshalb sich gezwungen sahen, zu jedem angebotenen Lohnsatz zu arbeiten. In der Zwischenzeit gestatten der Ausbau des Verkehrsnetzes und die Entwicklung in der Fahrzeugindustrie, dass Arbeitnehmer Arbeit auch in Nachbargemeinden aufnehmen können, sodass diese Art von Nachfragemonopol der Arbeitgeber überwunden werden konnte.

 

Trotzdem haben die Unternehmer auch in der heutigen Zeit sehr oft eine monopolistische Position gegenüber ihren Arbeitnehmern, die darin begründet liegt, dass die Arbeitgeber über eine Art Informationsmonopol verfügen. Gerade deshalb, weil ein Arbeitgeber eine Vielzahl von Arbeitsverträgen abschließt, gewinnt er einen Vorsprung vor dem Arbeitnehmer, der in aller Regel nur in wenigen Fällen in eine Situation gerät, einen neuen Arbeitsvertrag abzuschließen. Der Arbeitgeber erwirbt Wissen und kann eine Organisation einsetzen, die es ihm erlauben, die Kosten der Anstellung eines Arbeitnehmers wesentlich zu reduzieren.

 

Gerade weil die Arbeitgeber in der Vergangenheit und Gegenwart auf den Arbeitsmärkten ein Nachfragemonopol ausüben, war der Gesetzgeber zu einer Arbeitsmarktordnung bereit, welche die Rechte der Arbeitnehmer stärkt. Die Arbeitnehmer erhielten das Recht, sich in Gewerkschaften zu organisieren und den Tarifverträgen, welche die Gewerkschaften mit den Arbeitgebern (Arbeitgeberverbänden) abschließen, einen größeren Rechtsschutz zu gewähren als bei zwischen privaten Personen abgeschlossenen Verträgen. Vor allem gilt hier das Unabdingbarkeitsprinzip, wonach der in den Tarifverträgen vereinbarte Lohnsatz auch mit Zustimmung des betroffenen Arbeitnehmers nicht unterschritten werden darf.

 

Weiterhin garantiert das Grundgesetz den Arbeitnehmern das Recht zum Streik, also die Möglichkeit, durch zeitweise kollektive Arbeitsniederlegung den Arbeitgebern wirtschaftlichen Schaden zuzufügen, um diese auf diese Weise dazu zu bewegen, den Lohnforderungen der Gewerkschaften entgegen zu kommen.

 

Auf diese Weise wird das Nachfragemonopol der Unternehmer auf dem Arbeitsmarkt durch die Marktform des bilateralen Monopols abgelöst. Entsprechend der Theorie des bilateralen Monopols ist die Höhe des Lohnsatzes anders als auf monopolistischen oder wettbewerblichen Märkten nicht eindeutig festgelegt. Dies bedeutet als erstes, dass grundsätzlich die Möglichkeit geschaffen wird, auch Löhne zu vereinbaren, die bei Wettbewerb hätten erreicht werden können.

 

Weiterhin hat diese Theorie zweitens gezeigt, dass bei einer schrittweisen Verhandlungsführung (man einigt sich zunächst über die Punkte, die unstrittig sind und sucht dann nach weiteren Lösungen, denen beide Tarifpartner zustimmen können) der Lohnsatz angehoben werden kann, ohne dass dies zu einem Rückgang in der Arbeitsnachfrage führt.

 

Um zu verhindern, dass trotz dieser generellen Möglichkeit Löhne vereinbart werden, welche unter dem Leistungslohn liegen, wurde die Macht der Gewerkschaften durch das Recht auf Streik erhöht. Nun besteht natürlich die Gefahr, dass das Pendel umschlägt und dass die Gewerkschaften einen Lohnsatz durchsetzen, welcher die Gewinne der Unternehmungen so stark beschneidet, dass Wachstum und Beschäftigung gefährdet erscheinen. Um dieser Gefahr zu begegnen, wurde den Arbeitgebern ein Aussperrungsrecht gewährt, also das Recht, Arbeitnehmer zeitweise kollektiv auszusperren.   

 

Andererseits gilt dieses Recht nur für den Fall, dass die Gewerkschaften streiken (Abwehraussperrung). Weiterhin entwickelten die höchsten Gerichte Grundprinzipien, welche die Macht der Tarifpartner austarieren sollen. So dürfen sich z. B. Streikmaßnahmen nicht gegen politische Entscheidungen der Regierung und des Parlamentes richten, auch muss der Schaden, der durch die Ausübung des Streikrechtes entstehen kann, in einem adäquaten Verhältnis zu den angestrebten Zielen der Gewerkschaften stehen.

 

Welche Verteilungslösungen ergeben sich nun im Gegensatz hierzu im Rahmen staatlicher Planwirtschaften? Im Gegensatz zur Marktwirtschaft besteht hier keine Kopplung zwischen Allokation und Verteilung. Dies bedeutet, dass die zentrale Wirtschaftsbehörde die Entlohungssätze unabhängig von der Leistung festsetzen kann, wobei prinzipiell jedes gewünschtes Verteilungskriterium angewandt werden kann.

 

Positiv gesehen können bei der Festsetzung der Lohnsätze in viel stärkerem Maße als in einer Marktwirtschaft auch soziale Kriterien berücksichtigt werden. Negativ gesehen besteht die Gefahr, dass die Leistung des einzelnen, also der Beitrag, den der einzelne zum Inlandsprodukt leistet, weniger berücksichtigt wird, als dies im Allgemeinen von einem großen Teil der Bevölkerung gewünscht wird.

 

Je weniger die individuelle Leistung Berücksichtigung findet, umso eher muss auch mit Wachstumsverlusten gerechnet werden. Dies gilt vor allem dann, wenn entsprechend kommunistischen Leitbildern ein gleiches Einkommen für alle Volksgenossen angestrebt wird mit der Begründung, dass alle Menschen gleich seien.

 

Eine solche Verteilungspolitik führt zu massiven Wachstumsverlusten. Auf der einen Seite sind die bisher ärmeren Bevölkerungsgruppen in geringerem Maße zu einer erwerbswirtschaftlichen Arbeit bereit, da ihnen ein Grundeinkommen auch ohne Leistung gewährt wird, Arbeit aber in aller Regel vor allem bei den einfacheren Arbeiten mit hohem Arbeitsleid verbunden ist. Ohne Arbeit erreicht der einzelne durch vermehrte Freizeit einen höheren Nutzen.

 

Auf der anderen Seite sind nun die früheren Reichen in geringerem Maße bereit, sich für ein wirtschaftliches Wachstum einzusetzen, da ihnen die Früchte dieser Anstrengungen gar nicht zugutekommen.

 

Gerade aus diesen Gründen haben die real existierenden kommunistischen Staaten in der Vergangenheit auch die Leistung des einzelnen entlohnt, da sie unter dem Druck standen, ein mit den freiheitlichen Staaten vergleichbares Wohlfahrtsniveau zu erreichen. Allerdings beschränkten sie den Leistungsbegriff auf die Arbeitskraft. Dass jemand zur Wohlfahrtssteigerung auch dadurch beitragen kann, dass er Kapital für riskante Innovationen einsetzt, wird nicht gesehen.