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Volkswirtschaftslehre für Laien

 

 

 

 Gliederung:

 

  1. Genügt der gesunde Menschenverstand?

  2. Was heißt Wirtschaften?

  3. Wie funktioniert ein Markt?

  4. Ist von ‚Arbeitsmarkt‘ zu sprechen entwürdigend?

  5. Ist das Eigeninteresse moralisch verwerflich?

  6. Die Rolle des Wettbewerbs

  7. Umverteilung zu Lasten der Millionäre?

  8. Moral Hazard und Versicherung

  9. Von ideologischen Betrachtungsweisen

10. Können Werturteile wissenschaftlich bewiesen werden?

11. Die Rolle des Staates in einer sozialen Marktwirtschaft

12. Staatliche Planwirtschaft versus Marktwirtschaft

 

 

  6. Die Rolle des Wettbewerbs

 

Gliederung:

 

1. Zur Problematik

2. Wettbewerb und Allokation

3. Wettbewerb und Verteilung

4. Wettbewerb und Wachstum

5. Wettbewerb und Geldwertstabilität

6. Wettbewerb und Anpassungsfähigkeit

7. Wettbewerb und Konjunkturkrise

8. Dysfunktionen des Wettbewerbs

 

 

1. Zur Problematik

 

Wir wollen uns in diesem Kapitel mit der Bedeutung des Wettbewerbes befassen. Wir hatten wiederholt in den vorhergehenden Kapiteln davon gesprochen, dass dem Wettbewerb innerhalb der Marktwirtschaft eine besondere Bedeutung zukommt. Es ist vor allem dem Wettbewerb zu verdanken, dass die verschiedenen Interessen so kanalisiert werden, dass im Endergebnis die Güter produziert werden, welche von den Konsumenten nachgefragt werden.

 

Gleichgültig, ob wir nach der Bedeutung des Wettbewerbes im Rahmen der älteren Klassik bzw. des Liberalismus oder im Rahmen der Neoklassik bzw. des Neoliberalismus fragen, stets steht der Wettbewerb im Mittelpunkt der Analysen. In einem Punkt unterscheiden sich allerdings die verschiedenen Richtungen. Adam Smith und die Vertreter des früheren Liberalismus gingen noch von der Vorstellung aus, dass es ausreicht, eine freie auf Wettbewerb beruhende Marktwirtschaft eingeführt zu haben und dass der Markt von sich aus stabil sei und den Wettbewerb erhalte.

 

In dieser Frage unterschied sich Walter Eucken, der Vertreter des Neoliberalismus vom Frühliberalismus. Nach seiner Meinung reicht es nicht aus, in einem einzigen Akt eine Wettbewerbsgesellschaft zu schaffen. Der Wettbewerb sei immer gefährdet, da Wettbewerb für die Unternehmungen immer lästig erscheine und da sich deshalb die Unternehmer stets darum bemühten, Wettbewerb wo immer nur möglich auszuschalten, indem sie sich in Kartellen zusammenschließen oder Preisabsprachen treffen, welche den Wettbewerb umgehen.

 

Es bedürfe deshalb einer aktiven Wettbewerbspolitik des Staates. Walter Eucken schlug sogar vor, die Bildung künstlicher Monopole zu verbieten. In dieser Frage folgten ihm nicht alle liberal gesinnten Ökonomen vor allem deshalb, weil es ja auch Absprachen gibt, bei welchen – wie z. B. bei der Einführung von DIN-Normen durchaus positive Funktionen erwartet werden können. Es bestand aber weitgehend Einigkeit darin, dass Monopole staatlicherseits kontrolliert werden müssen und dass eine Kartellbehörde mit weitgehenden Vollmachten ausgestattet werden sollte, um die monopolistischen Unternehmungen daran zu hindern, Preisabsprachen zu treffen, bzw. durch Zusammen­schluss mehrerer Unternehmungen eine marktbeherrschende Stellung zu erlangen.

 

Nun gibt es auch sogenannte natürliche Monopole, welche aus der jeweiligen Situation erwachsen, ohne dass die Unternehmungen von sich aus diese Marktform herbeiführen. Ein solches natürliches Monopol liegt z. B. dann vor, wenn der Bedarf nach einem bestimmten Produkt so gering ist, dass die Produktion ohne Verluste nur von einer einzigen Unternehmung durchgeführt werden kann. Im vorhergehenden Kapitel über den Arbeitsmarkt sahen wir, dass zu Beginn der Industrialisierung in vielen Gemeinden lediglich ein einzelner Unternehmer Arbeitskräfte beschäftigte und dass deshalb die Arbeitnehmer einem natürlichen Nachfrage­monopol ausgesetzt waren, da sie noch nicht die Möglichkeit hatten, eine erwerbswirtschaftliche Arbeit in Nachbar­gemeinden aufzunehmen.

 

Liegt ein natürliches Monopol vor, so kann dieses auch nicht verboten werden. Miksch, ein Schüler Walter Euckens hat deshalb vorgeschlagen in solchen Fällen, in denen kein Wettbewerb realisiert werden könne, staatlicherseits einen ‚Wettbewerb als ob‘ zu organisieren. Die monopolistischen Marktteilnehmer müssten dann z. B. angehalten werden, sich wie ein Wettbewerber zu benehmen und vor allem auf eine aktive Preispolitik zu verzichten.

 

Seit Ende des ersten Weltkrieges finden regelmäßig in fast allen Branchen Tarifverhandlungen zwischen den Gewerkschaften als Vertreter der Arbeitnehmer und den Arbeitgeberverbänden (oder auch einzelner großer Unternehmungen) statt. Damit ist in der Realität in fast allen Branchen auf den Arbeitsmärkten die Marktform des bilateralen Monopols verwirklicht. John Kenneth Galbraith hatte in diesem Zusammenhang in seiner Theorie der Gegenkräfte darauf hingewiesen, dass die Funktionen, welche im Allgemeinen dem Wettbewerb zugedacht sind, im bilateralen Monopol auch dadurch ausgeübt werden können, dass von den Gegenkräften auf beiden Marktseiten die dem Wettbewerb zugedachten Funktionen erfüllt würden. So wird bei vollständiger Konkurrenz der Unternehmer durch die Aktivitäten seiner Mitkonkurrenten kontrolliert, diese Kontrollfunktion werde im bilateralen Monopol von der jeweiligen Gegen­seite ausgeübt. Die Macht der Gewerkschaften verhindere, dass die Unternehmer zu starken Druck auf die Arbeitnehmer ausüben könnten.

 

Friedrich von Hayek hat die Diskussion um die Bedeutung des Wettbewerbes um zwei neue Begriffe erweitert. Im Allgemeinen misst man die Intensität des Wettbewerbes anhand morphologischer Merkmale. So hatte Heinrich von Stackelberg ein Schema entwickelt, wonach die Marktform anhand der Anzahl der Anbieter oder Nachfrager (einer, wenige, viele) oder auch anhand der relativen Größe (klein, mittel groß) gemessen wird. Walter Eucken hatte dieses Schema übernommen und weitergeführt, in dem er z. B. auch berücksichtigte, dass eine Marktseite dadurch bestimmt wird, dass ein großer (oder einige wenige) neben einer Vielzahl kleiner Unternehmungen den  Markt beherrscht (bzw. beherrschen).

 

Friedrich von Hayek hat darauf aufmerksam gemacht, dass es für die erwünschte Wirkung eines Wettbe­werbs weniger auf die morphologische Struktur eines Marktes ankomme. Auch von einer potentiellen Konkurrenz könnten die erwünschten Wirkungen ausgehen. Im Allgemeinen reiche es aus, dass der Staat alle Beschränkungen des Außenhandels wie Importzölle oder Importkontingente aufhebe. Auf diese Weise werde sichergestellt, dass den inländischen Unternehmungen auch bei einer monopolistischen Morphologie eine Konkurrenz immer dann entstehe, wenn diese Monopolisten den Versuch unternehmen, ihre Monopolmacht auszuspielen.

 

Friedrich von Hayek prägte weiterhin den Begriff des Wettbewerbs als Entdeckungsverfahren, um anzu­deuten, dass der Wettbewerb vor allem ein Verfahren sei, Erneuerungen (Innovationen) auszulösen  und damit die Wohlfahrt einer Volkswirtschaft zu mehren.

 

Dem Wettbewerb wird nicht nur in den Wirtschaftstheorien des Liberalismus und des Neoliberalismus eine zentrale Bedeutung zuerkannt. So hatte auch Karl Marx in seiner Kapitalismuskritik dem Wettbewerb eine entscheidende Bedeutung in der Frage zugedacht, wie der Kapitalismus von selbst Kräfte entfaltet, um die kapitalistische Gesellschaft durch eine sozialistische Gesellschaft abzulösen. Es ist bei Marx der Wettbewerb, der die Kapitalisten (Unternehmer) zwingt, den Mehrwert (Gewinn) immer wieder im eigenen Betrieb zu akkumulieren (investieren) und dieser Wettbewerb führt dazu, dass die kleineren Unternehmungen von den großen Konzernen übernommen werden.

 

Während Karl Marx dem Wettbewerb eine Funktion bei der Ablösung der kapitalistischen Wirtschaft durch den Sozialismus zudachte, hatte dann Oskar Lange – auch ein sozialistischer Denker – die Vorstellung entwickelt, dass innerhalb einer staatlich gelenkten Planwirtschaft die Betriebsleiter sich so verhalten sollten, als stünden sie in Konkurrenz. Die von Oskar Lange propagierte Form des Sozialismus wird deshalb auch als Konkurrenzsozialismus bezeichnet.

 

Danach geht Lange davon aus, dass über den Wettbewerb tatsächlich die Produktion bestmöglich an den Bedürfnissen der Konsumenten ausgerichtet werde. Er wandte sich jedoch gegen die kapitalistische Produk­tions­weise, weil in einem kapitalistischen Wirtschaftssystem die Eigentümer von Produktivvermögen das Sagen haben und auch die Einkom­mens­verteilung zu ihren Gunsten beeinflussen können. Er sprach sich deshalb für eine Verstaatlichung des Produktivvermögens aus, wobei jedoch die Ausrichtung der Produktion genauso erfolgen solle, wie sie bei vollständiger Konkurrenz erreicht würde. Der Unternehmer in Konkurrenz nimmt den Preis als Datum und passt seine Produktionsmenge an diesen Preis an, wobei er die Produktion solange ausdehnt, bis die Grenzkosten dem von außen vorgegebenen Preis entsprechen. Genauso sollten sich auch die staatlichen Betriebsleiter verhalten, nur dass eben die Preise nun von der staatlichen Planungsbehörde vorzugeben seien.

 

Der Wettbewerb spielt allerdings nicht nur in den wirtschaftlichen Systemen eine entscheidende Rolle, sondern ist eine ganz allgemeine gesellschaftliche Einrichtung. So hat vor allem Joseph Schumpeter in seiner Arbeit über Kapitalismus Sozialismus und Demokratie gezeigt, dass in einer repräsentativen Demokratie dem Wettkampf der politischen Parteien bei den Wahlen zum Parlament genau die gleiche Funktion zukomme wie dem Wettbewerb der Unternehmer im Rahmen der Marktwirtschaft.

 

Es ist dem Wettbewerb der Parteien zu verdanken, dass die Politiker ihre Entscheidungen an den Wünschen der Wähler ausrichten. Genauso, wie man im Rahmen der Marktwirtschaft davon ausgeht, dass die Unternehmer ihren Gewinn zu maximieren suchen, dass aber der Wettbewerb die verschiedenen Interessen so kanalisiert, dass die Unternehmer genau dann ihr Gewinnziel realisieren, wenn sie die Güter produzieren, welche von den Konsumenten nachgefragt werden, genauso seien die Politiker bestrebt bei der Wahl die Stimmen, welche für sie abgegeben werden, zu maximieren und nur dem Wettbewerb der Parteien untereinander sei es zu verdanken, dass im Endergebnis derjenige Politiker die Wahl gewinnt, dessen Programm am nächsten den Vorstellungen und Wünschen der Wähler entspricht.

 

Dem Wettbewerb kommt wohl in allen größeren Gesellschaften eine entscheidende Rolle bei der Begrenzung der Macht und vor allem bei dem Versuch zu, Machtmissbrauch zu unterbinden. Die geschichtliche Erfahrung hat gezeigt, dass überall dort, wo Macht entsteht, auch die Gefahr besteht, dass diese Macht missbraucht wird. Diese Gefahr besteht immer, unabhängig davon, ob es um die monopolistische Macht einzelner Unternehmer oder um die Macht eines Diktators, eines Gewerkschaftsbosses oder sogar eines kirchlichen Würdenträgers handelt. In der Geschichte sind wohl nur ganz wenige Fälle bekannt, in denen Machtfülle nicht auch für Machtmissbrauch ausgenutzt wurde. Karl Popper hat in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam gemacht, dass der wesentliche Vorteil einer repräsentativen Demokratie in der Möglich­keit liegt, einen Politiker, der seine Macht missbraucht, abzuwählen.

 

Nun kann dieser Wettbewerb extern oder intern erfolgen. Ein externer Wettbewerb liegt z. B. in einer Marktwirtschaft vor, in der ein Konsument, der mit den Leistungen des Anbieters nicht zufrieden ist, jederzeit die Möglichkeit hat, zu einem Konkurrenten überzuwechseln. Beim externen Wettbewerb wird also die Organisation (in unserem Beispiel die Unternehmerorganisation) selbst gewechselt.

 

Beim internen Wettbewerb hingegen findet ein Wettbewerb innerhalb einer Organisation statt. Ein interner Wettbewerb würde also in einer demokratisch organisierten Staatengemeinschaft vorliegen. Ist der Bürger z. B. mit den Leistungen der bisherigen Regierung nicht zufrieden, so kann er bei der nächsten Wahl diesen Politiker abwählen. Ein externer Wettbewerb würde auf Staatsebene nur vorliegen, wenn der unzufriedene Bürger damit drohen könnte, in ein anderes Land auszuwandern. Da gerade dieser externe Wettbewerb auf Staatsebene mit hohen Kosten verbunden wäre und deshalb nur selten zum Zuge käme, kommt dem internen Wettbewerb eine besondere Funktion zu.

 

Auch auf Verbandsebene stellt sich die Frage nach einem externen oder internen Wettbewerb. Von einem externen Wettbewerb würde man z. B. auf Gewerkschaftsebene dann sprechen, wenn mehrere Gewerk­schaften um die Gunst der Arbeitnehmer miteinander konkurrieren. Interner Wettbewerb liegt hingegen dann vor, wenn die Gewerkschaftsspitze von den Gewerkschaftsmitgliedern gewählt werden. Auch hier gilt, dass die eigentliche Kontrollfunktion des externen Wettbewerbs darin liegt, dass der einzelne Arbeitnehmer, welcher mit der Arbeit seiner Gewerkschaft unzufrieden ist, die Möglichkeit besitzt, zu einer anderen konkurrierenden Gewerkschaft überzuwechseln. Bei internem Wettbewerb würde sich die Unzufriedenheit eines Gewerkschaftsmitgliedes darin äußern, dass er eben bei den Vorstandswahlen den bisherigen Vorstand abwählen kann.

 

In der BRD wurde bei der Neubelebung der Gewerkschaften nach dem Zusammenbruch des dritten Reiches weitgehend der Versuch unternommen, eine Einheitsgewerkschaft zu bilden, bei der also eine Konkurrenz der Gewerkschaften untereinander ausgeschlossen ist. Aber auch in den Ländern, in denen mehrere Gewerkschaften nebeneinander bestehen, ist die faktische Konkurrenz extrem gering. Ein überzeugter Kommunist wird nicht deshalb von einer kommunistischen Gewerkschaft zu einer christlichen Gewerkschaft überwechseln, wenn er mit der Arbeit seiner Gewerkschaft unzufrieden ist. In ähnlicher Weise dürfte ein  überzeugter Christ nicht deshalb einer kommunistischen Gewerkschaft beitreten, weil diese in stärkerem Maße von ihrem Streikrecht Gebrauch macht und deshalb unter Umständen höhere Lohnsteigerungen erkämpfen konnte als die christlichen Gewerkschaften, welche einen Streik nur als eine Ultima Ratio ansehen.

 

Da also im Gewerkschaftswesen ein externer Wettbewerb wohl kaum realisiert werden kann, fällt der internen Konkurrenz eine besondere Bedeutung zu. Ein interner Wettbewerb setzt jedoch voraus, dass bei den Vorstandswahlen auch wirklich mehrere Kandidaten zur Auswahl stehen und dass diesen Kandidaten auch gleiche Wahlchancen eingeräumt werden. In beiden Fragen entstehen jedoch innerhalb der Gewerk­schaften erhebliche Schwierigkeiten. Oftmals stellt sich allein der bisherige Vorstand zur Wahl oder den Gewerkschaftsmitgliedern bleibt nur die Wahl, einer vom bisherigen Vorstand vorgeschlagenen Einheitsliste zuzustimmen oder sie in Gänze abzuwählen.

 

Seymour Martin Lipset hat darauf aufmerksam gemacht, dass Gewerkschaftsbosse vor allem der größeren Gewerkschaften gegenüber ihrer bisherigen Position als einfacher Arbeiter einen enormen Aufstieg in Prestige und Macht erlebt haben und dass es deshalb nur natürlich ist, dass diese Führungskräfte auf jeden Fall ein Zurückfallen ins einfache Glied zu vermeiden versuchen.

 

Auch die zweite Bedingung für eine erfolgreiche interne Konkurrenz, die Forderung nach gleichberechtigten Chancen aller Bewerber um das Vorstandsamt ist keinesfalls immer erfüllt. Bewirbt sich nämlich der bisherige Vorstand um eine Wiederwahl, steht ihm die gewerkschaftliche Organisation zur Verfügung. Lipset weist deshalb darauf hin, dass die Forderung nach gleichen Chancen eigentlich nur in den Verbands­organisationen erfüllt ist, in denen die Mitkonkurrenten in Unterorganisationen des Verbandes ebenfalls bereits Führungsaufgaben erfüllen und deshalb ebenfalls über einen Machtapparat verfügen oder in denen den Mitbewerbern eigens Ressourcen für den Wahlkampf zur Verfügung gestellt werden.

 

In der BRD gehen gewisse kontrollierende Funktionen auch von der durch das Grundgesetz geschützten soge­nann­ten negativen Koalitionsfreiheit aus. Unter negativer Koalitionsfreiheit versteht man das Recht eines Arbeitnehmers, selbst zu entscheiden, ob er einer Gewerkschaft beitritt bzw. wenn er bereits Mitglied ist, das Recht, die Gewerkschaftsmitgliedschaft zu kündigen. Gerade deshalb, weil sich der Einrichtung eines externen oder internen Wettbewerbs eine Reihe von Schwierigkeiten auf Verbandsebene in den Weg stellen, kommt der negativen Koalitionsfreiheit eine entscheidende Rolle bei der Machtkontrolle zu.

 

 

 2. Wettbewerb und Allokation

 

Wir wollen nun im Folgenden überprüfen, welche Rolle dem Wettbewerb bei der Bewältigung der wichtig­sten volkswirtschaftlichen Aufgaben zufällt. Zu den wichtigsten volkswirtschaftlichen Aufgaben zählen: Anpassung der Produktion an den Bedarf (Allokation), Verteilung des Inlandsproduktes, Förderung eines angemessenen Wachstums, Geldwertstabilität, Vermeidung von Konjunkturkrisen und größtmögliche Anpas­sungs­fähigkeit der Wirtschaft an  die Datenänderungen.

 

Beginnen wir mit der Frage nach der Ausrichtung der Produktion an dem Bedarf der Konsumenten. In unserem zweiten Kapitel über das Wirtschaften haben wir bereits dargelegt, dass der Tangentialpunkt der Transformationskurve mit einer Indifferenzkurve die Aufteilung der Ressourcen anzeigt, welche unter den gegebenen Bedingungen als optimal bezeichnet werden kann, bei der also genau die Gütermengen produziert werden, bei denen die Haushalte (Konsumenten) ihr Nutzenmaximum erreichen.

 

Diese Kombination zeichnet sich dadurch aus, dass die Grenzrate der Substitution (das subjektive Austauschverhältnis zwischen beiden Gütern)­ der Grenzrate der Transformation, dem objektiven Austausch­verhältnis entspricht.

 

 

Wir haben nun zu zeigen, dass bei vollständigem Wettbewerb auf allen Märkten diese Bedingung automatisch erfüllt wird.

 

Vollständiger Wettbewerb liegt genau dann vor, wenn die Unternehmer darauf verzichten, aktive Preispolitik zu betreiben, also den Preis als Datum nehmen. Sie verhalten sich also als Mengenanpasser, welche jedem alternativen Preis die Menge zuordnen, bei welcher die Unternehmer ihren Gewinn maximieren. Gehen wir hierzu von einem bestimmten vorgegebenen Preis p1 und einer bestimmten Ausbringungsmenge x1 aus. Der Unternehmer überlege nun, ob es sich für ihn lohnt, die Produktion um eine Gütereinheit auszuweiten. Hierbei entsteht ihm ein Kostenzuwachs, dessen Höhe wir der Grenzkostenkurve entnehmen können. Die Grenzkostenkurve ordnet jeder Gütermenge eine bestimmte Höhe des Kostenzuwachses der letzten Gütereinheit – Grenzkosten genannt – zu. Gleichzeitig erzielt er einen Erlöszuwachs gerade in Höhe des gültigen Preises.

 

Der Unternehmer wird die Produktion solange ausweiten, als die Grenzkosten geringer ausfallen als der Preis. Mit anderen Worten: Der Unternehmer erreicht sein Maximum genau bei der Gütermenge, bei der die Grenzkosten dem vorgegebenen Preis entsprechen. Aus diesen Gründen wird die Grenzkostenkurve bei vollständiger Konkurrenz zur Angebotskurve. Der Schnittpunkt dieser Kurve mit der Preisgeraden markiert also die Angebotsmenge:

 

 

 

 

 

Wenn sich nun beide Unternehmer – der Produzent des Gutes X1 sowie des Gutes X2 – als Mengenanpasser verhalten, gilt offensichtlich folgende Gleichung:

 

 

 

Wir haben die Preis-Grenzkostenregel (p = dK/dX) auf beide Preisänderungen angewandt und die einzelnen Glieder auf der rechten Seite so angeordnet, dass das Verhältnis der Gütermengen zu dem Verhältnis der Grenzkosten in Beziehung gesetzt wird.

 

Nun haben wir zu berücksichtigen, dass auf der einen Seite der Ausdruck dX2/dX1 nichts anderes als die Grenzrate der Transformation darstellt und deshalb auch der Tangente an die Transforma­tions­kurve entspricht und dass sich auf der anderen Seite bei einer Substitution (einer Bewegung entlang der Transformationskurve) ex definitione die Kostenveränderungen dK1 bzw. dK2 entsprechen. Es wird ja gefragt, wie viel von dem jeweils anderen Gut mehr produziert werden kann, wenn von der einen Güterart eine Einheit weniger produziert wird. Die bei der Produktion des Gutes X1 freigewordenen Ressourcen werden hier vollständig bei der Produktion des Gutes X2 eingesetzt. Das Grenzkostenverhältnis (dK1/dK2) entspricht somit dem Wert eins, kann also vernachlässigt werden, da eine Größe durch eins dividiert sich selbst entspricht.

 

Wir kommen also zu dem Ergebnis, dass – vollständiger Wettbewerb vorausgesetzt – die Grenzrate der Transformation gerade dem Preisverhältnis entspricht. Sind nun aber zwei Größen (dX1/dX2 sowie dN1/dN2) einer dritten (p1/p2) gleich, so sind sie auch untereinander gleich. Die Grenzrate der Transformation (dX1/dX2) entspricht hier gerade der Grenzrate der Substitution (dN1/dN2):

 

 

Damit ist gezeigt, dass unter den Bedingungen eines vollständigen Wettbewerbs das Problem der Aufteilung der Ressourcen auf die einzelnen Güterarten bestmöglich gelöst wird. Wir erreichen hier also automatisch eine optimale Güterstruktur.

 

 

3. Wettbewerb und Verteilung

 

Wenden wir uns nun der Frage zu, welche Bedeutung denn dem Wettbewerb im Hinblick auf die Verteilung zukommt. Wir wollen hierbei drei Fälle untersuchen: Es geht erstens um die Frage, wie der Wettbewerb die Verteilung des Volkseinkommens auf Lohn- und Gewinneinkommen beeinflusst. Zweitens steht zur Diskussion, wie der Wettbewerb die Vorteile zwischen Anbietern und Nachfragern regelt. Drittens schließlich gilt es zu klären, wem der Markt ein knappes Gut dann zuteilt, wenn die Nachfrage das Angebot übersteigt. Wer unter den Nachfragenden erhält letzten Endes die Güter?

 

Auf die erste Frage gibt die Grenzproduktivitätstheorie eine Antwort. Die neoklassische Grenzproduktivitäts­theorie überträgt die Ergebnisse auf den Gütermärkten auch auf die Märkte für Produktionsfaktoren (Arbeit und Kapital).

 

Wir betrachten hierzu einen Unternehmer, welcher Arbeitnehmer beschäftigt und vor der Frage steht, ob er die Nachfrage nach Arbeit um eine Einheit (z. B. in Arbeitsstunden gerechnet) mehr ausdehnen soll. Er wird diesen Schritt dann tun, wenn durch diese Ausweitung der Nachfrage sein Gewinn gesteigert werden kann. Sein Gewinn steigt partiell bei einer Mehrnachfrage um eine Arbeitseinheit gerade um das Grenzprodukt der Arbeit. Dieses gibt ja an, um wie viel das Produkt der Unternehmung ansteigt, wenn eine Einheit Arbeit mehr nachgefragt wird. Der Gewinn vermindert sich aber auch partiell dadurch, dass er für die zusätzliche  Arbeitseinheit den gültigen Lohn auszahlt. Wiederum wird hier unterstellt, dass auch auf den Arbeitsmärkten vollständiger Wettbewerb herrscht und dies bedeutet vor allem, dass die Unternehmer keinen Versuch unternehmen, den Lohnsatz zu beeinflussen.

 

Solange also das Wertgrenzprodukt der Arbeit (p * dX) höher ausfällt als der Lohnsatz, lohnt sich eine Ausdehnung der Nachfrage nach Arbeit. Die Grenzproduktivitätskurve im Hinblick auf Arbeit stellt also die Kurve der Nachfrage nach Arbeit dar. Der Schnittpunkt der vorgegebenen Lohngeraden mit der Grenz­produktivitätskurve bestimmt die Nachfragemenge nach Arbeit.

 

 

 

 

Unter Wettbewerbsbedingungen erhalten also die Arbeitnehmer einen Lohnsatz, der gerade dem entspricht, was die Arbeitnehmer in der zuletzt eingestellten Einheit dem Gesamtprodukt zugefügt haben. Wir haben uns zu fragen, ob eine solche Entlohnung als eine faire Lösung angesehen werden kann. Hierbei entsteht die Frage, ob es nicht gerecht wäre, wenn die Arbeitnehmer mehr als das Grenzprodukt erhalten, da ja vom Gesetz des abnehmenden Grenzproduktes ausgegangen wird und deshalb der Ertragszuwachs bei einer niedrigeren Produktion höher ausfällt.

 

Es gilt aber auch zu berücksichtigen, dass eine Entlohnung aller Produktions­faktoren nach dem Grenzpro­duk­tivitätssatz dazu führen würde, dass das gesamte Produkt durch die Summe der Faktorentgelte ausge­schöpft wird, also auch kein Gewinn entsteht. Wir könnten nun eine Verteilung als fair ansehen, wenn alle Produk­tionsfaktoren nach dem gleichen Grundsatz behandelt werden und wenn darüber hinaus Gewinne im Gleichgewicht auf null sinken, also Gewinne immer nur vorübergehend bis zum Abbau von Ungleich­gewichten entstehen. Man spricht hier von Windfall-Profiten. In diesem Falle könnte auch die bei vollständiger Konkurrenz erzielte Lohnhöhe als fair bezeichnet werden.

 

Wir kommen nun zu der zweiten Frage, wie denn der Wettbewerb Wohlfahrtsgewinne zwischen Anbietern und Nachfragenden aufteilt. Wir wollen unterstellen, dass es einem Unternehmer gelungen ist, die Kosten für die Produktion eines Gutes zu senken. Sofern nun der Unternehmer in Konkurrenz zu anderen Unterneh­mungen steht und sofern darüber hinaus auch diesen anderen Unternehmungen gelungen ist, die Kosten zu senken, muss der einzelne Unternehmer befürchten, dass seine Kunden zur Konkurrenz abwandern, sofern er nicht die Kostensenkungen oder zumindest einen Teil dieser Reduzierungen im Güterpreis weitergibt.

 

Der Konkurrenzdruck zwingt also die Unternehmer Kostensenkungen an die Konsumenten weiterzugeben. Sofern der Konkurrenzdruck nur groß genug ist, wird über kurz oder lang die Reduzierung der Kosten mehr oder weniger vollständig an die Konsumenten weitergegeben. Auch hier gilt also, dass bei Kostensenkungen Gewinne immer nur vorübergehend entstehen, vor allem solange, bis es auch den Konkurrenten gelungen ist, diese Kostensenkungen ebenfalls zu erzielen. Auch hier lässt sich durchaus von einer fairen Lösung sprechen.

 

Schwieriger zu beantworten ist die dritte Frage, wer denn eigentlich bei vollständigem Wettbewerb unter den Konsumenten (Nachfragern) zum Zuge kommt, nach welchem Kriterium denn der Wettbewerbsmarkt auswählt, wer bestimmte Güter noch bekommt und wer nicht. Betrachten wir hierzu folgendes Diagramm:

 

 

Der Markpreis liege bei p1. Wir erinnern uns daran, dass die Nachfragekurve aus der Grenznutzenkurve abgeleitet wurde. Dies bedeutet, dass all diejenigen, deren Grenznutzen unterhalb des geltenden Marktpreises liegt, nicht mehre zum Zuge kommen. Man könnte auch darin eine faire Lösung sehen, da offensichtlich diejenigen als erste bedient werden, welche aus dem nachgefragten Gut auch einen höheren Nutzen erzielen.

 

Hier beginnen jedoch die Probleme. Auf der einen Seite bezweifeln die meisten Ökonomen mit Vilfredo Pareto, dass die Nutzenvorstellungen einzelner Personen überhaupt miteinander verglichen werden können. Pareto geht davon aus, dass Nutzen subjektive Größen darstellen, die immer nur von ein und derselben Person im Hinblick auf einzelne Alternativen, aber niemals  zwischen Personen verglichen werden können.

 

Aber selbst dann, wenn wir von dieser Schwierigkeit absehen – und einige namhafte Ökonomen sind dem Beispiel Paretos nicht gefolgt – ist nicht viel gewonnen. Denn die Höhe des Grenznutzens eines Gutes hängt natürlich nie nur vom Preis dieses Gutes ab, stets beeinflusst auch die Höhe des Einkommens den Wert des Grenznutzens. Steigt das Einkommen, so kann der einzelne Konsument auch höhere Preise zahlen. Wenn ein Millionär für die Einheit eines Gutes sehr viel mehr bezahlen kann als jemand der nur ein geringes Einkommen bezieht, sagt dies nichts darüber aus, wer von beiden ein bestimmtes Gut – nach objektiven Maßstäben beurteilt – dringender benötigt.

 

 

 

4. Wettbewerb und Wachstum

 

Wenden wir uns nun der Frage zu, wieweit das wirtschaftliche Wachstum davon abhängt, ob Wettbewerb vorherrscht. Diese Frage wird in der Literatur kontrovers diskutiert. Die liberalen Wirtschaftstheoretiker gingen im Allgemeinen davon aus, dass die Unternehmer nur unter Wettbewerbsbedingungen genügend Anreiz erhalten, stets nach Erneuerungen Ausschau zu halten.

 

Ein Monopolist kann sich auch ohne permanente Verbesserungen im Markt halten, er hat keine Konkurrenz zu befürchten. Steht jedoch eine Unternehmung im Wettbewerb mit Konkurrenten, ist er gezwungen, stets nach Kostensenkungen und Qualitätsverbesserungen Ausschau zu halten, um zu verhindern, dass dies die Mitkonkurrenten tun und damit in der Lage sind, die Preise zu senken und auf diese Weise Kunden an sich zu ziehen.

 

Joseph Schumpeter hingegen ging davon aus, dass Großbetriebe und Monopolisten die größere Chance für Innovationen hätten. Großbetriebe würden allein aufgrund einer sehr großen Produktpalette während der Produktion immer wieder Erneuerungen durchführen. Man sprach in diesem Zusammenhang vom verkörperten technischen Fortschritt, der allein aufgrund der Produktion ohne besondere Forschungs­bemühungen sozusagen als willkommenes Nebenprodukt anfällt.

 

Bei Monopol sei das Risiko, das jede Erneuerung mit sich bringt, geringer als bei Wettbewerb, weil der Monopolist nicht befürchten muss, dass andere Betriebe ebenfalls diese oder eine ähnliche Erneuerung planen und dann unter Umständen früher mit dem fertigen Produkt auf den Markt auftreten können. Während also die Liberalen ihre Schlussfolgerungen auf die Anreize zum technischen Fortschritt aufbauen, fragt Schumpeter nach den Möglichkeiten zum technischen Fortschritt.

 

In der Tat besteht ohne Patentschutz stets die Gefahr, dass ein Unternehmer hohe Entwicklungskosten aufbringt, dass aber dann, wenn die Erfindung produktionsreif geworden ist, andere Unternehmer auftauchen, dieses Verfahren kopieren und nun aber da sie keine Entwicklungskosten aufbringen mussten, in der Lage sind, diese Produkte zu wesentlich niedrigeren Preisen auf den Markt zu bringen. Diese Gefahr kann ohne Patentschutz so groß werden, dass immer weniger Unternehmer bereit sein werden, die Risiken einer Erneuerung auf sich zu nehmen. Im Endergebnis sind dann alle Wachstumsimpulse verloren.

 

Diese Gefahr kann aber durchaus über eine Patentschutzgesetzgebung entscheidend verringert werden. Dadurch, dass ein zum Patent angemeldetes neues Verfahren eine bestimmte Zeit lang nur von dem Unternehmer angewandt werden darf, der dieses Patent besitzt, ist sichergestellt, dass dieser Unternehmer die so produzierten Waren auch zu Preisen absetzen kann, welche auch die Entwicklungskosten abdecken. Allerdings muss dieser Patenschutz dann wiederum erlöschen, wenn die Unternehmung ihre Entwicklungs­kosten im Güterpreis hereingeholt hat. Erst dann, wenn dieses durch den Patentschutz geschaffene Monopol wiederum aufgehoben ist, sorgt der Wettbewerb dafür, dass auch die Konsumenten dieser Produkte an der Wohlfahrtssteigerung beteiligt werden.

 

Eine Patentschutzgesetzgebung, welche diesen Schutz für mehrere Jahrzehnte gewährt, verhindert einen effektiven Wettbewerb und stellt somit die Funktionsfähigkeit der Marktwirtschaft in Frage. Ein wirksamer Patentschutz könnte auch dadurch erreicht werden, dass für Erfindungen Lizenzen erteilt werden und dass für jede Erfindung mehrere Lizenzen erteilt werden müssen. In diesem Falle hätte der Unternehmer, welcher eine Erfindung einführt, nicht zu befürchten, dass andere Unternehmer diese Erneuerungen übernehmen, ohne sich an den Kosten zur Entwicklung dieser Erneuerungen beteiligen zu müssen. Gleichzeitig bliebe jedoch der Wettbewerb erhalten.

 

 

5. Wettbewerb und Geldwertstabilität

 

Wenn auch die Mehrzahl der Wirtschaftstheoretiker von der Überzeugung ausgeht, dass Wettbewerb ganz allgemein notwendig ist, um die Produktion an den Bedürfnissen der Konsumenten anzupassen, in einem Punkt halten diese Ökonomen mit wenigen Ausnahmen ein Monopol für unerlässlich. Nach genereller Überzeugung darf die Ausgabe von Banknoten nicht dem Wettbewerb zwischen privaten Banken überlassen werden. Vor allem da der Warenwert von Banknoten sehr viel geringer ist als der tatsächliche Wert einer Banknote, bestünde bei wettbewerblicher Produktion von Banknoten die Gefahr einer Überproduktion von Geld und damit einer Gefährdung der Geldwertstabilität durch generelle Preissteigerungen (P). Entspre­chend der Quantitätsgleichung sinkt der Geldwert bei Konstanz der Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes (U)  und des Handelsvolumens (H) in dem Maße wie die Geldmenge (G) vermehrt wird. Es gilt die Gleichung:

 

G * U = P * H

 

Friedrich von Hayek zählt zu den ganz wenigen Ökonomen, welche einen Wettbewerb bei der Banknoten­ausgabe für erwünscht halten. Wenn nämlich die Banken, welche das Recht auf Ausgabe von Banknoten besitzen, die von ihnen emittierten Banknoten über Gebühr vermehren würden, würde der Wert dieser Banknoten sinken und damit auch die Bereitschaft, mit diesen entwerteten Banknoten Geldgeschäfte abzuschließen. Wollten also die privaten Notenbanken ihren Gewinn kurzfristig durch eine inflationäre Geldvermehrung anheben, so würde die Nachfrage nach diesem Geld aufgrund der Geldentwertung sofort zurückgehen. Damit hätten aber die Banken ein massives Eigeninteresse daran, für die Erhaltung des Geldwertes der eigenen Banknoten Sorge zu tragen. Dieser Anreiz sei sehr viel größer als der Anreiz der staatlichen Notenbank den Geldwert zu erhalten.

 

Allerdings kann nicht geleugnet werden, dass der Umlauf recht verschiedener Banknoten erhebliche Schwierigkeiten mit sich bringen würde. So bleibt z. B. unklar, wie denn dafür Sorge getragen werden soll, dass der Geldwert der ausgezahlten Lohneinkommen erhalten bleibt, es wäre völlig unmöglich, dieses Risiko dem einzelnen Arbeitnehmer aufzulasten.

 

 

6. Wettbewerb und Anpassungsfähigkeit

 

Der Wettbewerb spielt auch im Zusammenhang mit den Anpassungen an Datenänderungen eine entschei­dende Rolle. Wir leben in einer dynamischen Wirtschaft. Täglich ereignen sich Änderungen in den Daten des Wirtschaftsprozesses. Diese Datenänderungen verändern auch die Knappheitsverhältnisse und das hinwie­derum macht es notwendig, dass sich die Wirtschaftssubjekte an die veränderte Situation anpassen. Die Datenänderungen lösen Marktungleichgewichte hervor und diese führen zu Reaktionen im Angebot und in der Nachfrage.

 

Solange dieser Anpassungsprozess zu Gange ist, erleiden die Wirtschaftssubjekte Anpassungsverluste, die gewählte Güterkombination entspricht nicht mehr dem Optimum und diese Wohlfahrtsverluste äußern sich zumeist in Vermögensverlusten.

 

Wie schnell dieser Anpassungsprozess abläuft und wie schnell deshalb wiederum zu einer optimalen Ressour­cen­verteilung zurückgekehrt wird, hängt unter anderem auch vom Wettbewerb ab. Es vergeht im Allge­meinen eine gewisse Zeit, bis die durch Datenänderungen hervorgerufenen Ungleichgewichte zu Preis­änderungen führen und es vergeht noch einmal eine gewisse Zeit, bis Angebot und Nachfrage reagieren und damit endlich ein neues Gleichgewicht gefunden wurde. Wie schnell diese Prozesse ablaufen, wie hoch also die Preisflexibilität sowie die Angebots- und Nachfrageelastizität ist, wird nun entscheidend von der Intensität des Wettbewerbs bestimmt. Steht der Unternehmer in Wettbewerb mit anderen Konkurrenten, so hängt der unternehmerische Erfolg davon ab, wie schnell die Unternehmer auf die Ungleichgewichte reagieren und ihr Angebot an die veränderte Situation anpassen.

 

Nun hängt die Frage, wie lange denn ein solcher Anpassungsprozess dauert, nicht nur von der Reaktions­fähigkeit der Marktpartner ab. Auch die Art und Weise, wie die Datenänderungen eintreten, hat Einfluss darauf, wie stark die Ungleichgewichte ausfallen. Sicherlich wäre dann, wenn weniger Datenänderungen eintreten würden, auch die Zeit, in der Ungleichgewichte hingenommen werden müssen, geringer. Trotzdem wäre es kein geeigneter Weg, auf diese Weise den Umfang von Anpassungsverlusten reduzieren zu wollen. Datenänderungen führen nämlich zu einem beachtlichen Teil zu Wohlfahrtssteigerungen. So äußern sich Datenänderungen in einer Verbesserung der Produktionstechnik, in neuen Vorkommen von Rohstoffen und in der Möglichkeit der Konsumenten, in einem error and trial Prozess durch einen Bedarfswandel diejenige Güterkombination zu finden, welche ein Maximum an Nutzen gewährt. Es wäre also fatal, wollten wir durch Verhinderung von Datenänderungen diese Wohlfahrtssteigerungen kappen.

 

Dies ist aber auch gar nicht notwendig. Es gibt nämlich andere Möglichkeiten, auch bei Beibehaltung aller Datenänderungen trotzdem den Umfang an Ungleichgewichten zu reduzieren. Wie groß bei einer gegebenen Datenänderung das hierdurch ausgelöste Ungleichgewicht tatsächlich ausfällt, hängt einmal davon ab, in welche Richtung die Anpassungsreaktionen verlaufen, zum andern auch davon, ob die Datenänderung in einem kurzen Zeitpunkt die gesamten Reaktionen hervorrufen oder ob sich die Anpassung über die Zeit verteilt. Bringen wir ein Beispiel.

 

Wir gehen davon aus, dass an der Börse starke Kursverluste beobachtet werden. Wie werden nun die wirtschaftenden Personen auf dieses Ereignis reagieren? Ein Teil der agierenden Personen wird befürchten, dass sich dieser Kursverlust in den nächsten Tagen fortsetzen wird und sie versuchen deshalb durch überstürzte Wertpapierverkäufe noch zu retten, was es zu retten gibt. Gerade dieses Verhalten führt natürlich notwendiger Weise zu weiteren Kursstürzen, da der Kurs eines Wertpapieres wie jeder Preis von Angebot und Nachfrage abhängt und bei einer Zunahme des Angebotes sinken wird.

 

Andere Börsianer mögen von der Annahme ausgehen, dass dieser Kursverlust durch keine realen Datenän­derungen gedeckt wird, sie rechnen also damit, dass sich der Kurs in den nächsten Tagen erholen wird. Es lohnt sich für sie, Wertpapiere zu kaufen, die sie dann in den nächsten Tagen zu einem gestiegenen Kurs mit Gewinn verkaufen können. Wir wollen also festhalten, dass auf gleiche Änderungen keinesfalls immer die gleichen Reaktionen erfolgen werden.

 

Nun vergleichen wir zwei Volkswirtschaften: Die eine Volkswirtschaft A würde von einer staatlichen Plan­behörde gelenkt, in der anderen Volkswirtschaft B teilten sich eine Vielzahl relativ kleiner Unternehmungen in das Angebot. Wenn nun auf irgendeine Datenänderung reagiert werden muss, so ist es in der Volkswirtschaft A eine einzelne Behörde, die ihre Entscheidung in eine ganz bestimmte Richtung (Käufe oder Verkäufe) lenkt: Die Änderungen am Markt erfolgen kumuliert. In der Volkswirtschaft B hingegen ist damit zu rechnen, dass ein Teil der betroffenen Unternehmer ihr Angebot erhöhen, andere hingegen ihr Angebot reduzieren mit der Folge, dass hier der Umfang des Ungleichgewichtes sehr viel geringer ist als in der Volkswirtschaft A, da sich in B ein Teil der Reaktionen gegenseitig kompensiert.

 

Weiterhin ist davon auszugehen, dass in der Volkswirtschaft A die Entscheidungen an einem Tag gefällt werden, während sich in Volkswirtschaft B die Anpassungsprozesse zeitlich verteilen. Nun gleicht der Gleichgewichtsmechanismus einem Kanalisationssystem. Ein noch so perfektes Kanalisationssystem wird bei einem Wolkenbruch versagen, das Regenwasser wird nicht sofort in die Kanalisation fließen, sondern längere Zeit auf den Straßen stehen bleiben. Wäre dieselbe Regenmenge zeitlich verteilt heruntergekommen, hätte das bestehende Kanalisationssystem einwandfrei funktioniert.

 

Wenn wir nun eine Volkswirtschaft nehmen, welche zwar marktwirtschaftlich organisiert ist, in der jedoch wenige große Konzerne das Angebot bestreiten, werden sich die Auswirkungen auf den Anpassungsprozess der Volkswirtschaft A umso mehr annähern, je größer die einzelnen Konzerne sind und um so weniger Monopole deshalb bestehen. Insofern kann man davon sprechen, dass der Wettbewerb den Anpassungsprozess fördert, in dem das Angebot atomisiert erfolgt. Je mehr Unternehmungen sich in das Angebot teilen, um so mehr ist zu erwarten, dass sich ein großer Teil der Ungleichgewichte gegenseitig aufhebt und umso mehr kann auch davon ausgegangen werden, dass die Anpassungsprozesse zeitlich verteilt ablaufen und dass somit der Gleichgewichtsprozess schneller zum Zuge kommt.



7. Wettbewerb und Konjunkturkrise

 

Die Konjunkturschwankungen schlagen sich in einer antizyklischen Bewegung der Wettbewerbsintensität nieder. Der Aufschwung beginnt damit, dass Unternehmer mit noch niedrigen Zinsen Investitionen durchführen. Damit entziehen sie Arbeitskräfte und Rohstoffe dem Konsumsektor und führen diese dem Investitionssektor zu. Sowohl die Angebotsverminderung im Konsumgütersektor wie auch die aufgrund der Kreditfinanzierung vermehrte Geldmenge bauen zunächst Angebotsüberhänge ab. Da aber der Aufschwung fortgesetzt wird, werden Nachfrageüberhänge gebildet, die sich in Preissteigerungen niederschlagen und den Wettbewerbsgrad vermindern. In dieser Sonne der Hochkonjunktur können auch an und für sich unrentable Unternehmungen die Produktion aufnehmen und sich eine gewisse Zeit im Markt halten, welche in normalen Zeiten keine Absatzmöglichkeiten hätten, aber nun aufgrund der Preissteigerungen jede Kostenhöhe auf den Preis aufschlagen können.

 

Die daraufhin ansetzende Konjunkturphase der Rezession dient dazu, diese unproduktiven Unternehmungen auszuscheiden und damit die Produktivität zu erhöhen. Die anfänglichen Nachfrageüberhänge sind dann bald abgebaut. Der Abschwung wird nun dadurch verstärkt, dass auf der einen Seite die in Zeiten des -Aufschwungs eingeleiteten Investitionen in der Zwischenzeit ausgereift sind und das Konsumgüterangebot verstärken. Gleichzeitig sind die Unternehmer in der Lage, ihre Kredite zurückzuzahlen und damit die umlaufende Geldmenge zu verringern. Dies führt schließlich zu Angebotsüberhängen mit der Folge, dass der Wettbewerbsgrad wiederum ansteigt.

 

Der Wettbewerb stellt jedoch nicht nur eine spiegelbildliche Entwicklung der Konjunktur dar, sondern beeinflusst zusätzlich auch die Intensität der Konjunkturausschläge. Je stärker der Wettbewerb ist, umso weniger haben unproduktive Unternehmungen die Möglichkeit, die Produktion in Zeiten der Hochkonjunk­tur aufzunehmen, umso geringer fällt jedoch dann auch der Abschwung aus, da in diesem Falle auch weniger unrentable Unternehmungen durch Konkurs ausscheiden.

 

Die Bedeutung des Wettbewerbs macht sich besonders deutlich im Bankensektor bemerkbar. Wird der Bankensektor dadurch bestimmt, dass eine sehr geringe Zahl relativ großer Banken den Markt bestimmt, besteht die Gefahr, dass dann, wenn für eine dieser Großbanken die Gefahr besteht, pleite zu gehen, dieses Ereignis den gesamten Finanzsektor zum Erliegen bringen könnte. Dies muss natürlich der Staat verhindern, indem er mit Steuergeldern diesen Unternehmungen Subventionen gewährt und damit auch marode Banken weiter stützt. Eine solche Entwicklung ist besonders bedauerlich, da sie das Vorurteil gegen eine Marktwirtschaft nährt, dass die Unternehmer dann, wenn es konjunkturell aufwärts geht, hohe Gewinne einstreichen, dass aber dann, wenn die Konjunktur nachgibt und Verluste gemacht werden, diese vom Staat mit Steuergeldern getragen werden.

 

Man muss erkennen, dass diese Fehlentwicklung etwas damit zu tun hat, dass es der Staat entgegen den allgemeinen neoliberalen Forderungen unterlassen hat, im Bankensektor das Entstehen von Monopol­en zu verhindern. Würde nämlich der Bankensektor nicht von einigen wenigen großen Banken beherrscht, hätte der Staat auch gar nicht mit Subventionen eingreifen müssen, es wäre auch nicht tragisch gewesen, wenn die eine oder andere Bank genauso wie auch einzelne Unternehmungen in der Krise pleite­gehen, da sie unrentabel gewirtschaftet haben. Die Gefahr eines Zusammenbruchs des gesamten Finanzsektors besteht nur dann, wenn Großbanken Konkurs gehen und damit eine Vielzahl weiterer Banken mit in den Ruin treiben.

 

Der Umstand, dass Großbanken in Zeiten der Krise subventioniert werden, ist nicht nur ärgerlich, weil hier das Haftungsprinzip verletzt wird, wonach Unternehmungen zwar Gewinne erzielen dürfen, wenn sie besonders produktiv gearbeitet haben, dieselben Unternehmungen aber auch die volle Haftung übernehmen müssen, wenn sie diese Risiken falsch eingeschätzt haben. Ein solches Vorgehen ist nicht nur ungerecht, da die Großen Profite machen und die Kleinen in Form von Steuerzahlern die Zeche zahlen müssen, wenn es schief geht. Dieses System trägt zusätzlich dazu bei, dass sie die Anreize zu rentabler Unternehmer­entscheidungen vermindern, da die Führungskräfte in den Großbanken ja wissen, dass sie notfalls vom Staat gestützt werden. 

 

 

8. Dysfunktionen des Wettbewerbs

 

Die Liberalen sind keine Wettbewerbsfetichisten. Auch dann, wenn sie der Auffassung sind, dass Wettbewerb unerlässlich ist für das Funktionieren einer Marktwirtschaft, verkennen sie trotzdem nicht, dass der Wettbewerb auch Schattenseiten hat. Wir haben für den Wettbewerb einen hohen Preis zu zahlen, aber die mit dem Wettbewerb verbundenen Unannehmlichkeiten sind der Preis dafür, dass die allgemeine Wohlfahrt steigen kann. Die Unternehmer haben in einer Marktwirtschaft eine privilegierte Stellung, sie beziehen im Durchschnitt ein wesentlich höheres Einkommen als der Durchschnitt der Arbeitnehmer. Auch sind sie in der Regel Vorgesetzte und keine Untergebenen, bestimmen also den Kurs in den Unternehmungen. Der Preis für diese Privilegien besteht nun darin, dass sie es erdulden müssen, unter Wettbewerbsbedingungen zu produzieren.

 

Worin bestehen nun die mit dem Wettbewerb verbundenen Unannehmlichkeiten? Wettbewerb ist für jeden, der diesen Bedingungen ausgesetzt ist, äußerst unangenehm. Man läuft permanent Gefahr, vom Konkurrenten überflügelt und unter Umständen auch aus dem Markt geworfen zu werden. Wer keine gesunde Konstitution aufweist, erleidet unter Umständen aufgrund des mit dem Wettbewerb verbundenen Stresses auch gesundheitliche Gefahren bis hin zum Herzinfarkt, obwohl Statistiken zeigen, dass von der sogenannten Managerkrankheit nicht nur – noch nicht einmal in erster Linie – die Führungskräfte der Wirtschaft befallen werden.

 

Aber auch in rein wirtschaftlichem Sinne kennt der Wettbewerb auch Schattenseiten. Wir haben in dieser Vorlesung bereits von der Grenzmoral des Marktes gesprochen, dass sich im Markt ein Verhalten durchsetzt, bei dem in moralischem Sinne nicht die Besten, auch nicht der Durchschnitt der Unternehmer, sondern diejenigen den Ton angeben, welche an der Grenze des noch Geduldeten stehen. Bei dem Entstehen dieses Verhaltens spielt der Wettbewerb eine entscheidende Rolle, der Wettbewerb ist das Vehikel, das dieses Verhalten der Grenzmoral auslöst.

 

Dies bedeutet vor allem, dass ein Markt nicht sich selbst überlassen werden darf, dass vielmehr der Gesetzgeber eine Rahmenordnung erlassen und durchsetzen muss, indem den Unternehmungen all das verboten wird, was als amoralisch zu gelten hat.

 

Des Weiteren kann auch der Wettbewerb entarten und zur ruinösen Konkurrenz ausarten. Ruinös wird ein Wettbewerb dann bezeichnet, wenn Unternehmungen bestrebt sind, lästige Konkurrenten aus dem Markt zu werfen, um dann als Monopolist agieren zu können. Ein Wettbewerb, der allein dazu dient, auf lange Sicht Wettbewerb auszuschalten, ist natürlich kein geeignetes Mittel, die Marktwirtschaft zu stützen.

 

Worin lässt sich nun ruinöser Wettbewerb feststellen? Bei ruinöser Konkurrenz nimmt ein Unternehmer in der Gegenwart bewusst Verluste in Kauf, um seine Konkurrenten nieder zu ringen. Der Unternehmer obsiegt hier ja nicht deshalb, weil er die produktivere Produktion aufweist und deshalb auch in gesamtwirtschaft­licher Hinsicht die Produktion übernehmen sollte. Er kann nur deshalb längere Zeit geringere Preise als sein Konkurrent festsetzen, weil er offensichtlich über ein größeres Vermögenspolster oder eine größere Kreditfähigkeit verfügt als seine Mit­streiter. Die Mitkonkurrenten gehen hier pleite, nicht etwa deshalb, weil sie weniger produktive Verfahren anwenden, sondern deshalb, weil sie über geringere Vermögensreserven verfügen.

 

Nun könnte man vermuten, dass gerade der Umstand, dass ein Unternehmer über größere Vermögens­reserven verfügt als andere, ein Indiz dafür ist, dass er  in der Vergangenheit in der Lage war, produktiver zu produzieren und deshalb höhere Vermögensreserven bilden konnte als seine Konkurrenten. Das muss aber nicht so sein. Oftmals verfügt ein Unternehmer einfach aufgrund einer Erbschaft über die größere Vermö­gens­masse. Auch ist der Schluss, dass der Unternehmer, welcher in der Vergangenheit der produktivere Unternehmer war, auch in der Gegenwart in jedem Falle das bessere Produktionsverfahren aufweist, keinesfalls zwingend. Über die Frage, welcher Unternehmer am ehesten dazu beiträgt, die gesamtwirt­schaftliche Wohlfahrt zu steigern, kann aber nur auf der Grundlage der heute gültigen Produktionsvorteile entschieden werden.

 

Vielleicht liegt die sehr unterschiedliche Bewertung des Wettbewerbes zwischen der üblichen Volksmeinung und der Wissenschaft darin, dass unter Wettbewerb etwas ganz anderes verstanden wird. Wenn ein Neoliberaler dem Wettbewerb positive Funktionen zuerkennt, denkt er an eine Wettbewerbsform, welche im Rahmen der Marktformenlehre als vollständige Konkurrenz bezeichnet wurde. Legen wir die morphologisch ausgerichtete Marktformenlehre Stackelberg‘s und Eucken’s zugrunde, so zeichnet sich die Marktform der vollständigen Konkurrenz dadurch aus, dass das Angebot (oder auch die Nachfrage) von einer Vielzahl an Unternehmern bestreitet wird und dass kein einziger dieser Anbieter in der Lage ist, das Marktgeschehen entscheidend in seinem Sinne zu beeinflussen. Bei vollständiger Konkurrenz verfügt der einzelne Anbieter über keine Marktmacht und wenn niemand über Marktmacht verfügt, kann auch niemand Marktmacht missbrauchen.

 

Im Sinne der verhaltenstheoretisch orientierten Marktformenlehre verhält sich ein Unternehmer bei vollständiger Konkurrenz als Mengenanpasser. Diese Verhaltensweise liegt dann vor, wenn der Unternehmer die Preise als vorgegebene Größen (man spricht von Daten) nimmt, also keinen Einfluss auf die Preishöhe ausübt und lediglich die Produktionsmenge zu produzieren versucht, bei der er seinen Gewinn maximiert. Und dies ist unter den Bedingungen der vollständigen Konkurrenz genau dann gegeben, wenn die Kostenzuwächse (die Grenzkosten) den Erlöszuwächsen (den Grenzerlösen) bei einer Ausweitung der Produktion entsprechen.

 

Für Anfeindungen gegenüber den Mitkonkurrenten ist hier kein Platz, kein Unternehmer ist hier bemüht, seinen Mitbewerbern das Leben schwer zu machen, objektiv betrachtet vermindert ein Unternehmer unter den Bedingungen der vollständigen Konkurrenz den Gewinn seines Mitbewerbers allein dadurch, dass er in Anpassung an die Marktgegebenheiten Kosteneinsparungen und Qualitätsverbesserungen herbeiführt, aufgrund dessen der Marktpreis sinkt und damit jeder Unternehmer, der nicht in der Lage war, seine Kosten in gleichem Maße zu reduzieren bzw. die Qualität zu verbessern, Verluste erleidet.

 

Es ist hier kein Platz für ein Unternehmerverhalten, in dem über unfaire Wettbewerbsmethoden der Mitbewerber geschädigt wird. In diesen Fällen liegt auch kein vollständiger Wettbewerb im Sinne der klassischen Marktformenlehre vor, bei vollständiger Konkurrenz hat der einzelne Anbieter auch gar nicht die Möglichkeit, Marktvorteile dadurch zu erlangen, dass man den Konkurrenten in der Werbung schlecht redet oder durch bewusste Senkung der Preise unter die Durchschnittskosten den Mitkonkurrenten, der aus zufälligen Gründen über ein geringeres Vermögenspolster verfügt, aus dem Markt zu drängen, obwohl dieser keinesfalls höhere Herstellungskosten aufweist.

 

All diese Verhaltensweisen sind Ergebnisse oligopolistischer Marktformen und ruinöser Verhaltensweisen. Auch hier liegt Wettbewerb vor, der jedoch nach Auffassung der liberalen Theorie gerade nicht zu den erwünschten Marktergebnissen führt. Nach liberaler Auffassung kommt es nicht darauf an, überhaupt Wettbewerb – gleich welcher Art – zu garantieren, sondern allein – soweit immer möglich – einen Wettbewerb im Sinne der vollständigen Konkurrenz herbeizuführen.

 

Wenn allerdings im Volksmund Wettbewerb als etwas schlechtes angesehen wird, wird gerade an diese – vom Liberalismus ebenfalls abgelehnte – Marktformen des oligopolistischen Wettbewerbs gedacht.