Lehren aus der Coronapandemie

 

Nachdem die im Zusammenhang mit der Coronapandemie eingeführten Beschränkungen schrittweise gelockert werden, ist es Zeit, sich darüber klar zu werden, welche Lehren wir aus dieser Pandemie ziehen können.

 

Es ist leider zu befürchten, dass auch in naher Zukunft mit weiteren schwerwiegenden Epidemien zu rechnen ist, dass wir also vorbereitet sein müssen, dass aber Einschränkungen der privaten Handlungsfreiheit in dem in der jüngsten Vergangenheit erfolgten Umfang ernsthaft die Gefahr heraufbeschwören, dass der wirtschaftliche Wohlstand auf lange Dauer stark reduziert wird und dass auch die Europäische Gemeinschaft zusammenbricht. Auch in der Vergangenheit überwundene Vorurteile, wie z. B. der Glaube, dass eine keynesianische Defizitpolitik Massenarbeitslosigkeit überwinden kann, werden wieder vermehrt vorgetragen und erschweren ein langfristiges Wachstum .

 

Hierbei sollte darauf verzichtet werden, die Politiker wegen begangener Fehler im Zusammenhang mit der Corona-Krise anzugreifen. Die Politiker mussten handeln, obwohl keine Erfahrungen aus der Vergangenheit vorlagen und obwohl auch die Wissenschaftler mangels ausreichender empirischer Untersuchungen zu recht unterschiedlichen Vorschlägen kamen. Vor allem für die Vertreter der öffentlichen Medien wäre es hilfreicher, auch nach eigenen Fehlern zu fragen, als Politiker wegen falscher Maßnahmen zu verurteilen. Eine offene Diskussion ist erforderlich, kann aber auch sachlich geführt werden, ohne den politischen Gegner in bisheriger Manie unter Missachtung wichtiger Anstandsregeln anzugreifen.

 

In der Öffentlichkeit wird oftmals bemängelt, dass keine einheitlichen, für alle Bundesländer geltenden Regelungen getroffen wurden, es wurde abfällig von einem Flickenteppich gesprochen. In Wirklichkeit ist jedoch eine unterschiedliche Regelung in den einzelnen Bundesländern durchaus sinnvoll. Die einzelnen Bundesländer wurden in unterschiedlichem Umfang von der Coronapandemie befallen, es wäre unverantwortlich, wollte man die Bürger auch derjenigen Gegenden, welche kaum vom Corona-Virus befallen waren, den gleichen einschränkenden Maßnahmen aussetzen, welche in anderen Ländern nur deshalb notwendig waren, da in diesen Gegenden sehr hohe Infektionszahlen vorlagen.

 

Darüber hinaus ist jedoch ein dezentral vorgehendes Verfahren einer zentral gesteuerten Regelung eindeutig vorzuziehen in Zeiten, in denen noch keine eindeutigen Kenntnisse über den Erfolg einzelner Maßnahmen vorliegen. Hier ermöglicht gerade eine dezentrale Vorgehensweise das Erproben einzelner Vorschläge in einem begrenzten Bereich, bevor diese Maßnahmen in der ganzen Bundesrepublik verbindlich eingeführt werden. Erweist sich im Nachhinein, dass diese Maßnahmen nicht zum Erfolg führen und sogar Schaden anrichten, so ist es ein Vorteil, dasss dieser Schaden auf einen Teilbereich der BRD beschränkt war.

 

In der Öffentlichkeit wird der Bundesregierung zusätzlich vorgeworfen, sie habe keine Perspektive zum Ausstieg aus den Corona-Virus bezogenen Beschränkungen entwickelt. Es wird gefordert, den Zeitplan des Ausstiegs aus den derzeitigen Beschränkungen offenzulegen. Dieser Vorwurf überzeugt nicht, er wäre nur dann berechtigt, wenn wir über gesichertes Wissen zum Verlauf der Pandemie verfügen würden. Da diese Kentnisse nicht vorliegen, wäre es fatal, wenn ein eindeutig festgelegter Zeitplan zum Ausstieg aus den Beschränkungen vorliegen würde, und wenn dieser Zeitplan korrigiert werden müsste, sollten die Infektionszahlen wiederum stark ansteigen. Die Planungssicherheit der Bürger wäre in diesem Falle stärkerals heute  beeinträchtigt.

 

Gefordert werden muss nur, dass die Ziele der Vorgehensweise im Zusammenhang mit dem Corona-Virus sowie die Kriterien, anhand derer der Erfolg dieser Zielsetzungen gemessen wird, offengelegt werden. Und dies hat die Bundesregierung getan. Sie hat kundgetan, dass sie zwei Ziele in diesem Zusammenhang verfolgt, das Ziel, eine ausreichende Versorgung des Krankenhaussystems zu garantieren sowie die Zahl der schweren tödlich verlaufenden Infektionsfälle zu minimieren. Auch die Kriterien, an denen der Erfolg der Maßnahmen gemessen wird, werden fast täglich bekanntgegeben.

 

Wieweit in Zukunft bei weiteren Epidemien Einschränkungen der Freiheitsrechte notwendig sind, hängt in erster Linie davon ab, wieweit der größte Teil der Bevölkerung (etwa 80 - 90 %) von sich aus bereit ist, die notwendigen Schritte zur Verhinderung einer weiteren Infektion  mit Todesfolge zu verhindern. Liegt diese Bereitschaft vor, so würde es durchaus ausreichen, der Bevölkerung von Seiten des Staates die zwei wichtigsten Verhaltensvorschriften (erstens Abstandsregel, zweitens das Tragen einer Gesichtsmaske, soweit ein Abstand von etwa 2 Meter nicht eingehalten werden kann) bindend vorzuschreiben und die Befolgung dieser Maßnahmen verstärkt zu kontrollieren, es aber den einzelnen Individuen selbst zu überlassen, auf welchem Wege diese Vorschriften eingehalten werden.

 

Auch in diesem Zusammenhang gelten nämlich die Überlegungen, welche wir im Zusammenhang mit der Forderung nach dezentralen Regelungen entwickelt haben. Vom Staat vorgeschriebene Handlungsanweisungen können nur in begrenztem Maße auf unterschiedliche Ausgangslagen Rücksicht nehmen, einzelne Individuen können jedoch  in viel stärkerem Maße auf die spezielle Sondersituation Einfluss nehmen. Lässt man den einzelnen Individuen Freiraum in der Frage, auf welchem Wege die bindenden Ziele der Regierung realisiert werden, sind der Entwicklung neuer Wege weitaus größere Chancen eingeräumt.

 

Bringen wir das Beispiel der Gaststätten, welche sich auf die Ausgabe von Essen beschränken. Man vermutet, das ein Großteil dieser Gaststätten aufgrund der vorübergerhenden Schließungen pleite gehen wird. Mit etwas Phantasie und Bereitschaft zu neuen Wegen und gleichzeitig einem fairen Verhalten seitens der Bevölkerung könnte diese massenhafte Katastrophe verhindert werden. Jeder Bürger, welcher bisher regelmäßig Gaststätten besucht hatte, sollte in Zeiten der Pandemie sein Verhalten nicht grundlos aufgeben und das bisherige Ausmaß an Nachfrage beibehalten.

 

Auf Seiten der Anbieter sollte die Bereitschaft bestehen, Essen an die bisherige Kundschaft auszugeben, in dem entweder das Essen im Restaurant abgeholt oder auch geliefert werden kann. Geringe Ausfälle bei einigen der bisherigen Gäste könnten dadurch ausgeglichen werden, dass andere Gäste gerade in diesen Zeiten nicht selbst kochen können und deshalb Essen aus Gaststätten nachfragen werden. Auf diese Weise würde der Umsatz in etwa gehalten werden können, gewisse Mehrkosten könnten dadurch ausgeglichen werden, dass andere Kosten entfallen.

 

Ähnliches gilt für Geschäfte wie z. B. Buchhändler. Auch hier könnten Pleiten größeren Umfangs aufgrund der Corona-Krise vermieden werden, wenn auf der einen Seite die Nachfrage bestehen bleiben würde und wenn die Anbieter bereit wären, ihre Waren abholen zu lassen oder zu liefern. Die Anbieter müssten ihre Dienste in Zeitungsannocen oder im Internet ankündigen, sie müssten bereit sein, notfalls telefonisch ihre Beratungsdienste anzubieten.

 

Bestenfalls könnten sie unter Zuhilfenahme des Internets sogar ihre Leistungen deutlich verbessern. Wer in einem Internet-Katalog blättert, kann sehr viel schneller das gewünschte Buch auffinden als dann, wenn er in den Regalen der Buchhandliung nach einem gewünschten Buch sucht. Wenn ältere Buchhändler nicht in der Lage sind, solche Webseiten selbst herzustellen, könnten sie solche Webseiten von Anderen anfertigen lassen, es gibt genügend Studenten und sogar Schüler, welche diese Dienste anbieten können und froh über ein zusätzliches Verdienst wären.

 

Wieweit die Bevölkerung die zwei wichtigsten Verhaltensregeln einhält, hängt unter anderem aber auch davon ab, welchen Einfluss die öffentlichen Medien nehmen. Hierbei gilt es daran zu erinnern, dass es im Hinblick auf die dargebotenen Informationen rund um das Coronavirus auch ein Zuviel geben kann. Wenn die Medien den ganzen Tag über fast nichts anderes berichten als über Corona, besteht die Gefahr, dass ein Teil der Bürger in Panik verfällt, Hamsterkäufe tätigt und Wertpapiere voreilig verkauft und dadurch schwere Wohlfahrtsverluste in der gesamten Wirtschaft auslöst.

 

Darüber hinaus gibt es wiederum andere Individuen, welche von diesen Berichten so genervt sind, dass sie aus einer Art Trotzhaltung heraus nun erst recht die notwendigen Verhaltensregeln missachten. Wenn aber trotzdem in zahlreichen Sendungen Szenen gezeigt werden, in denen zahlreiche Personen, vor allem V.I.P’ (very important persons) diese Verhaltensregeln missachten, dann besteht die Gefahr, dass auch viele Zuschauer die Einhaltung dieser Verhaltensregeln vernachlässigen. Die öffentlichen Sender haben in dieser Frage eine Vorbildfunktion, es sollte auch von vornherein deutlich unterschieden werden zwischen Sendungen, welche über die augenblickliche Situation berichten und solchen, welche eine Wiederholung vergangener Berichte und ältere Filme vorsehen.

 

Wenn ein Zuschauer z. B. einen Film ansieht, der vom Altertum handelt und in dem altertümliche Kleidungen gezeigt werden, sieht sich der Normalverbraucher auch nicht veranlasst, in diesen Fragen dem Verhalten der gezeigten Personen zu folgen. Wer jedoch heutige Personen, vor allem V.I.P’S im Fernsehen sieht, betrachtet deren Verhalten als durchaus nachahmenswert. Wenn z. B.  in einer Sendung, welche über Aktuelles berichtet, der Bundespräsident gezeigt wird, wie er händeschüttelnd durch Bevölkerungsgruppen schreitet, so führt dies unbewusst dazu, ein solches Verhalten als durchaus normal zu halten und sich daran selbst auszurichten.