Gliederung:
01. Das Leitbild
02. Die zwei Grundmodelle
03. Freiheit und Unsicherheit
04. Wachstum und Sicherheit
05. Unsicherheit aufgrund politischer Entscheidungen
06. Wachstum und Einkommensdifferenzierung
07. Realisierung der sozialistischen Ziele
08. Realisierung der marktwirtschaftlichen Ziele
09. Gewinne aufgrund von Monopolen
10. Patentschutz und Wettbewerb
11. Sicherheit aufgrund des Versicherungsprinzips
12. Vollbeschäftigung aufgrund eines sekundären Arbeitsmarktes
13. Zwei unterschiedliche Armutsbegriffe
01.Das Leitbild
Linke
Politiker träumen von einer Gesellschaft, welche gleichzeitig ihren Bürgern
hohe Sicherheit, eine nur geringe Einkommensdifferenzierung, ein hohes Wachstum
und auch eine hohe Freiheit aller Bürger verspricht. Dieses Leitbild gleicht
jedoch der Quadratur des Kreises, es lässt sich allenfalls in Gedanken, niemals
jedoch in der Realität und auf Dauer verwirklichen.
02.Die zwei Grundmodelle
In
Wirklichkeit bestehen zwischen diesen fünf Zielsetzungen (Hohe Sicherheit,
geringe Einkommensdifferenzierung, individuelle Freiheit und hohes
Wohlstandsniveau) gravierende Zielkonflikte und deshalb lassen sich nur
folgende zwei Leitbilder verwirklichen. Wer eine sozialistische Gesellschaft anstrebt,
kann zwar sehr wohl Vollbeschäftigung auf Dauer, eine weitgehend vollkommene
Absicherung gegenüber den alltäglichen Risiken garantieren und auch erzwingen,
dass sich – nimmt man einmal die politische Elite aus – die individuellen
Einkommen weitgehend entsprechen. Wer aber eine freiheitliche Gesellschaft mit
hohem Wohlstandsniveu anstrebt, muss dann
notgedrungen in Kauf nehmen, dass eine gewisse Unsicherheit bei allen
wirtschaftlichen Entscheidungen sowie eine stärkere Differenzierung in den
individuellen Einkommen bestehen bleibt.
03. Freiheit und Unsicherheit
Die
individuelle Konsumfreiheit, also das Recht jedes Bürgers (Mann wie Frau),
selbst zu bestimmen, wie er sein privat verfügbares Einkommen verwendet und vor
allem das Recht, seine bisherigen Konsumentscheidungen jederzeit zu
korrigieren, bringt hohe Risiken der Produktion mit sich. Ein Angebot, das
bisher zumindest die Kosten abdeckte und zumeist auch einen Gewinn ermöglichte,
wird aufgrund dieser Konsumfreiheit plötzlich unverkäuflich und kann deshalb zu
starken Verlusten führen. Diese Risiken könnten nur vermieden werden, wenn die
individuellen Konsumentscheidungen stark eingeschränkt würden.
04. Wachstum und Sicherheit
Hohe
Unsicherheit entsteht jedoch auch bei dem Bemühen, ein möglichst hohes
Wohlstandsniveau zu garantieren. Eine permanente Steigerung der Produktion,
also die Möglichkeit, mit dem bestehenden Bestand an materiellen Ressourcen
mehr als bisher zu produzieren, setzt einen permanenten technichen
Fortschritt voraus, denn nur die Verbesserung der Technik gestattet es, dass
mit dem bestehenden Bestand an Ressourcen mehr Endprodukte als bisher
produziert werden können.
Aber auch
der technische Fortschritt ist mit hohen Risiken verbunden. Zumeist wird die
Einführung neuer Techniken zu einem Zeitpunkt begonnen, bei dem noch nicht alle
Auswirkungen dieser Techniken und damit auch nicht alle Kosten bekannt sind.
Dies ist auch gar nicht anders möglich, da Spätfolgen einer Erneuerung oftmals
erst nach Jahren, sogar Jahrzehnten bekannt werden.
Darüber
hinaus kann sich ein Unternehmer, welcher ein neues Produkt auf den Markt
bringt, nie sicher sein, ob die Konsumenten dieses Produkt auch nachfragen
werden, er kann sich in den Absatzchancen trotz vorheriger Umfragen immer
wieder täuschen.
Bei der
Einführung neuer Technologien können bisher unbekannte Unfälle auftreten,
welche weitere hohe Kosten verursachen. Weiterhin kann eine neue Produktion
unrentabel werden, weil Konkurrenten bei der Entwicklung neuer Verfahren
schneller zum Zug kamen oder neue Produkte kostengünstiger produzieren und
damit auch billiger anbieten können.
05. Unsicherheit aufgrund politischer Entscheidungen
Auch
politische Entscheidungen können eine Produktion unrentabel machen, so etwa
dann, wenn die Notenbank den Zins erhöht und damit die Kredite teurer werden
oder der Staat seine Umsatzsteuern erhöht. Auf diese Weise können Produktionen,
die unter den bisherigen Bedingungen durchaus Gewinne abwarfen, aufgrund der
staatlichen Maßnahmen zu hohen Verlusten führen.
06. Wachstum und Einkommensdifferenzierung
Aber auch
eine hohe Einkommensdifferenzierung ist notwendig, um ein hohes Wachstumsniveau
zu erzielen. Hohes Wachstum setzt zweierlei voraus: die Bereitschaft zu sparen
und die Bereitschaft, Risiken einzugehen. Bekanntlich steigt die Sparneigug mit wachsendem Einkommen. Wer nur über ein
geringes Einkommen verfügt, hat nicht die Möglichkeit zu sparen, er benötigt
sein Einkommen für den Kauf lebenwichtiger
Konsumgüter.
Aber auch die
Bereitschaft, Risiken einzugehen, steigt mit dem Einkommen. Wer nur über ein
mittleres Einkommen verfügt, kann zwar unter Umständen einen gewissen Teil
seines Einkommens sparen. Für ihn ist es jedoch kaum möglich, diese Ersparnisse
zu streuen, seine Sparsumme ist so gering, dass er nur eine Anlage ider wenige wählen kann. Führte dann diese Anlage zum
Verlust, ist sein Vermögen verspielt und seine wirtschaftliche Lage ist
bedroht.
Ganz anderes
gilt für den Reichen. Sein Vermögen ist so groß, dass er sein Vermögen streuen
kann. Es ist dann nicht weiter tragisch, wenn eine geringe Anzahl von Anlagen
verlustreich war. Im Allgemeinen ist damit zu rechnen, dass andere Anlagen
einen überdurchschnittlich hohen Ertrag abwerfen mit der Folge, dass trotz einzelner
verlustreicher Anlagen insgesamt ein durchschnittlicher Ertrag erzielt wurde.
Und selbst dann, wenn per saldo ein Verlust erzielt
wurde, kann dieser aufgrund eines hohen Einkommens und Vermögens sehr viel
besser verkraftet werden als dies für einen Empfänger geringen Einkommens
möglich ist.
07. Realisierung der sozialistischen Ziele
Wie werden
im Rahmen eines sozialistischen Modells die Ziele der hohen Sicherheit und
einer geringen Einkommensdifferenzierung realisiert? Als erstes wird der Anteil
der Kollektivgüter hoch festgesetzt. Kollektivgüter kommen allen Bürgern in
gleicher Weise zugute, damit ist eine weitgehende Gleichheit in der Ausstattung
mit Gütern garantiert. Auch fallen die hohen Risiken, welche üblicher Weise in
einer freien Marktwirtschaft auftreten, weg, da hier im Gegensatz zur
Produktion von Individualgütern der Staat sowohl die Konsumwahl wie die
Produktion bestimmt.
Soweit in
begrenztem Umfang privater Konsum und Produktion einzelner Konsumgüter erlaubt
sind, sorgt der Staat über Gebote, hohe Steuerprogression und über Auflagen
dafür, dass die Produktion und damit auch der Konsum der Güter reguliert
wird und der Staat verhindert auf diese
Weise einerseits eine hohe Einkommensdifferenzierung sowie das Auftreten hoher
Risiken.
Ein beliebtes
Mittel der Steuerung der Wirtschaftsprozesse ist die Verschuldung des Staates.
Indem der Staat seine Ausgaben zu einem großen Teil über Kredite finanziert,
ist der Bevölkerung nicht mehr bewusst, inwieweit die Staatsausgaben das
Einkommen der Privaten schmälert, da sich nun die realen Kosten der
Staatsausgaben in diesem Falle in
Preissteigerungen niederschlagen.
08. Realisierung der marktwirtschaftlichen Ziele
Wir hatten
oben bereits gesehen, dass bei einer marktwirtschaftlichen Lösung aufgrund der Konsumfreiheit
der Privaten hohe Risiken entstehen und dass eine starke
Einkommensdifferenzierung nicht nur notwendig ist, um große Teile des
Einkommens zu sparen und damit für Investitionen zur Verfügung zu stellen,
sondern dass mit wachsendem Einkommen auch die Fähigkeit und Bereitschaft,
Risiken einzugehen, steigt.
Nun bedeutet
dies nicht, dass bei einer Entscheidung zugunsten eines markwirtschaftlichen
Systems soziale Ziele vollkommen negiert werden müssen. In einer
funktionsfähigen Marktwirtschaft wachsen die Gewinne nicht in den Himmel. Eine
Marktwirtschaft funktioniert nur bei Wettbewerb. Es war eines der Hauptanliegen
Walter Euckens, des Begründers des Neoliberalismus in Deutschland, darauf
hinzuweisen, dass sich Wettbewerb nicht von selbst einstellt und erhält, dass
der Staat vielmehr die Aufgabe hat, Monopole nach Möglichkeit zu verhindern
oder zumindest zu kontrollieren.
Stehen
jedoch die Unternehmer in intensivem Wettbewerb untereinander, so werden
vorübergehende Gewinne wiederum schnell abgebaut, da die Unternehmer in diesem
Falle Gewinne durch Preissenkungen an die Konsumenten weitergeben müssen, da
sie sonst Gefahr laufen, Kunden an die Konkurrenten zu verlieren.
09. Gewinne aufgrund von Monopolen
Dass die
Einkommensdifferenzierung trotzdem in Marktwirtschaften sehr hoch ist, liegt
daran, dass der Staat durch eine fehlende aktive Wettbewerbspolitik Monopole
und gerade dadurch hohe Gewinne zulässt. Der Versuch, diese Gewinne durch
besonders hohe Gewinnsteuern wiederum abzuschöpfen, geht fehl, vor allem dann,
wenn der Staat eine defizitäre Budgetpolitik betreibt. Wie bereits Keynes in
seinem Treatise gezeigt hat, hängt die
gesamtwirtschaftliche Gewinnsumme davon ab, in welchem Ausmaß die Investitionen
die freiwillige Sparsumme übersteigen. Und wenn wir die wirtschaftliche
Aktivität des Staates mitberücksichtigen, dann wird das Gewinnniveau zusätzlich
davon bestimmt, in welchem Umfang die Staatsausgaben die Steursumme
übersteigen. Damit also die Gewinnsumme reduziert werden kann, ist es notwendig,
dass entweder die Sparquote der Arbeitnehmer erhöht oder der Überschuss der
Staatsausgaben über der Steeuersumme vermindert wird.
10. Patentschutz und Wettbewerb
Darüber
hinaus trägt jedoch auch die tatsächliche Praxis des Patentschutzes dazu bei, Wettbewerb
zu verhindern. Das Patentrecht gestattet es den Unternehmungen, für eine lange
Zeit konkurrenzlos zu bleiben. Begründet wird dieses Patentrecht damit, dass
ein Unternehmer, welcher neue Technologien oder Produkte einführt ohne
Patentschutz Gefahr laufen würde, dass Konkurrenten ihn unterbieten könnten, da
sie die Erneuerungen übernehmen könnten, ohne sich an den Kosten der Innovation
zu beteiligen und dass damit diese Unternehmung aus dem Markt gedrängt würde.
Damit wäre für Unternehmungen jeder Anreiz, Innovationen durchzuführen,
verloren.
Da aber der
Patentschutz sehr viele Jahre dauert, wird durch diese Praxis jeglicher
Wettbewerb ausgeschaltet, da der technische Fortschritt so rasant ist, dass die
neuen Verfahren bereits veraltet sind, wenn der Patentschutz endet.
Man könnte
jedoch den Patentschutz auch dadurch erreichen, dass für neue Verfahren stets mehrere
Lizenzen erteilt werden. In diesem Falle müssten sich die Lizenznehmer an den
Kosten der Innovation beteiligen, es besteht somit nicht mehr die Gefahr eines
ruinösen Wettbewerbs und trotzdem würde der Wettbewerb erhalten bleiben.
11. Sicherheit aufgrund des Versicherungsprinzips
Freiheit und
wirtschaftliches Wachstum sind stets mit Risiken verbunden. Trotzdem ist es in
einer funktionierenden Marktwirtschaft möglich das Ausmaß dieser Unsicherheit
zu reduzieren. So kann man sich gegen Risiken versichern. Der Einzelne zahlt
dann in jeder Periode einen bekannten Geldbetrag, um dann, wenn für ihn dieses
Risiko eintritt, die Kosten von der Versicherung ersetzt zu bekommen.
12. Vollbeschäftigung aufgrund eines sekundären Arbeitsmarktes
Das Risiko
der Arbeitslosigkeit kann weiterhin dadurch vermindert werden, dass man einen
sekundären Arbeitsmarkt schafft. So könnten Arbeitnehmer, welche entlassen werden,
solange im sekundären Arbeitsmarkt (z. B. bei Gemeinden oder gemeinnützigen
Produktionsstätten) beschäftigt werden, bis für diese Arbeitnehmer ein neuer
Arbeitsplatz im primären Bereich gefunden ist.
Dieses
Modell funktioniert allerdings nur dann, wenn keine Anreize gegeben werden, den
Arbeitsplatz im sekundären Bereich auf Dauer zu behalten. Dies bedeutet, dass
die Bezahlung im sekundären Bereich stets unterhalb der Bezahlung im primären
Bereich liegen muss. Die Finanzierung des sekundären Arbeitsmarktes kann nur
durch die Erträge im primären Bereich bezahlt werden, sodass dieses Modell zuaammenbrechen würde, wenn immer mehr Arbeitnehmer auf
Dauer im sekundären Bereich beschäftigt würden.
13. Zwei unterschiedliche Armutsbegriffe
Schliesslich kann darauf
hingewiesen werden, dass gerade das höhere Wachstumsniveau einer
funktionierenden Marktwirtschaft dem Staat auch über eine progressive Einkommenbesteuerung die Geldmittel liefern kann, welche
den Staat in die Lage versetzt, Maßnahmen zugunsten der ärmeren
Einkommensempfänger zu ergreifen. Und wenn das reale Einkommen der ärmeren
Bevölkerung wegen der höheren Wachstumsrate höher als in den sozialistischen
Staaten ist, fragt sich, ob es nicht wünschenswerter ist, den ärmeren Schichten
ein höheres Realerinkommn zu garantieren als eine
möglichst hohe Einkommensgleichheit bei niedrigerem Realeinkommen
sicherzustellen.