Das Lieferkettengesetz, ein Erfolg?

 

 

Die Koalition hat sich auf ein Lieferkettengesetz geeinigt. Auf Kinderarbeit, Hungerlöhne und Umweltverschmutzung haben deutsche Unternehmungen künftig auch bei im Ausland produzierten Waren zu achten.

 

Aus Presseberichten ist zu entnehmen, dass sich die Bundesregierung offenbar auf ein Lieferkettengesetz für Unternehmungen verständigt hat. Firmen sollen durch ein Gesetz verpflichtet werden, Menschenrechte bei ihren Lieferanten im Ausland durchzusetzen.

 

Der Erfolg dieses Gesetzes ist fraglich. Wiederum wird hier im Sinne einer Gesinnungsethik gehandelt. Es interessiert nur das Ziel und es werden unerwünschte Handlungen per Gesetz verboten, ohne vorher zu überprüfen, ob diese Maßnahmen überhaupt zum Erfolg führen.

 

Vielleicht könnte man einen geringen Erfolg erwarten, wenn es gelänge, dass in allen Ländern dieser Erde die aus sozialen Gründen unerwünschten Produktionsbedingungen verboten würden. Damit ist jedoch für die unittelbare Zukunft nicht zu rechnen. Die meisten Länderr, welche solche unerwünschten Produktionsbedingungen heutzutage noch zulassen, sind auf den Export angewiesen und können nur auf diese Weise mit den produktiveren Ländern Schritt halten.

 

Auch dann, wenn es gelänge, auf UNO-Ebene eine solche Beschränkung durchzusetzen, wäre nicht viel gewonnen, da UNO-Beschlüsse immer nur Empfehlungen darstellen und deshalb nicht bindend sind.

 

Wenn jedoch ein großer Teil ausländischer Staaten nachwievor Waren aus den Entwicklungsländern bezieht, gleichgültig zu welchen Bedingungen diese Waren produziert werden, dürfte sich an der Lage der Arbeitnehmer in den betroffenen Entwicklungsländern wenig ändern, die Waren werden dann eben nur in andere Länder umgelenkt.

 

Es ist sogar damit zu rechnen, dass diese Waren letztendlich über Internetkäufe trotzdem wiederum nach Deutschland geliefert werden und der Staat könnte – wenn er nicht die marktwirtschaftliche Ordnung vollkommen aufgeben würde -  allenfalls über einige wenige Stichproben Einfluss ausüben, der Import dieser Waren würde dann nur in sehr geringem Umfang reduziert und an der Lage der Arbeitnehmer in den betroffenen Ländern hätte sich nahezu nichts geändert.

 

Aber nehmen wir den sehr unwahrscheinlichen Fall an, dass die Nachfrage nach Produkten, welche unter sozial schlechten Arbeitsbedingungen hergestellt werden, tatsächlich aufgrund des neuen Gesetzes spürbar reduziert werden würde. Wäre dann wirklich die soziale Lage dieser Arbeitnehmer entscheidend verbessert?

 

Wir haben davon auszugehen, dass in den Entwicklungs- und Schwellenländern die Produktivität im Vergleich zur Produktivität in den wirtschaftlich hochentwickelten Staaten des Westens gering ist und dass nur unter diesen unsozialen Bedingungen überhaupt ein Export in die westlichen Industriestaaten möglich ist.

 

Eine Verringerung der Exportmöglichkeiten führt jedoch dann auch zu einer Reduzierung der Produktion und zu einer Entlassung von Arbeitnehmern. Als Arbeitslose geht es jedoch diesen Arbeitnehmern noch schlechter. Ihre Lage hätte sich also gegenüber den heutigen Verhältnissen sogar noch verschlechtert. Diese Staaten benötigen jedoch dringend den Export, da sie nur auf diese Weise die Devisen erhalten, welche sie zum Ankauf der nicht zur Verfügung stehenden Rohstoffe zur Aufrechterhaltung der Produktion benötigen.

 

Erinnern wir uns daran, dass zu Beginn der Industrialisierung im ausgehenden 19. Jahrhundert die Arbeitsbedingungen in den europäischen Staaten genauso schlecht waren. Diese Situation konnte jedoch dadurch mit der Zeit verbessert werden, dass die allgemeine Produktivität stark anstieg, dass deshalb der Staat über zunehmende Einkommenssteuern Mittel erhielt, Sozialhilfe zu gewären. Gleichzeitig erstarkten die Gewerkschaften, welche die Möglichkeit erhielten, dafür zu sorgen, dass ein Teil der Produktivitätssteigerungen auch zu Lohnsteigerungen und zur Verbesserung der Arbeiotsbedingungen führte.

 

Wie kann jedoch die Lage der Arbeitnehmer in den Entwicklungsstaaten langfristig verbessert werden? Als erstes ist es notwendig, dass die Konsumenten in den modernen Industriestaaten bereit sind, den Kauf der Waren auch von den sozialen Produktionsbedingungen abhängig zu machen. Unternehmungen sind immer gezwungen, auf die Wünsche der Verbraucher einzugehen.

 

Hierzu bedarf es sozialpädagogischer Maßnahmen zur Schärfung des Gewissens der Verbraucher. Auch muss sichergestellt werden, dass die Verbraucher über die jeweiligen Produktionsbedingungen erfahren.

 

Als zweite Maßnahme haben die wirtschaftlich hochentwickelten Staaten den Entwicklungsländern die Möglichkeit zu verschaffen, ihre Ware unter fairen Bedingungen in die wirtschaftlich hochentwickelten Staaten zu exportieren.

 

Drittens schlieslich sollte auch die Entwicklungshilfe der hochentwickelten Staaten verbessert werden. Auf der einen Seite sollte sie wesentlich aufgestockt werden in der Erkenntnis, dass diese Maßnahme langfristig gerade auch den hochentwickelten Staaten zugutekommt, entstehen hier doch Absatzmärkte.

 

Auf der anderen Seite gilt es jedoch auch die Art der Entwicklungshilfe zu verändern. Es bringt nichts, wenn der Versuch unternomen wird, die in den heutigen hochentwickelten Staaten angewandten Techniken zu übernehmen. Dies würde nur in den Entwicklungsländern zu Massenarbeitslosigkeit führen. Die Kapitalintensität der Investitionen muss dem Verhältnis von Kapital zu Arbeit entsprechen. In den Entwicklungsländern ist das Kapitalangebot im Verhälntis zur Zahl der Arbeitskräfte noch gering und dementsprechend bedarf es in diesen Ländern auch Investitonen mit entsprechend geringer Kapitalintensität.