In der Öffentlichkeit wird bezweifelt, ob die augenblickliche Senkung der Mehrwertsteuer dem Verbraucher zugutekommt und die Preise der Konsumgüter gesenkt werden.
Ganz allgemein gilt, dass die Frage, ob und inwieweit Kostensenkungen zu Preissenkungen führen, von der jeweiligen Marktform und vom Verhalten der Anbieter und Nachfrager abhängt.
Bei intensivem Wettbewerb müssen die Anbieter befürchten, dass aufgrund des Verhaltens einiger Konkurrenten Kunden abwandern und dass sie deshalb Verluste erzielen, wenn sie die Kostensenkungen nicht an die Verbraucher weitergeben. Sie stehen also unter starkem Druck, die Preise ihrer Waren zu senken.
Monopolisten hingegen brauchen diesen Druck nicht befürchten, da sie keine Konkurrenten haben, trotzdem liegt es – wie wir weiter unten sehen werden – zumeist in ihrem Interesse, dass auch sie zum Teil ihre Preise senken.
Wenn zwar Wettbewerb unter den Anbietern besteht, aber Einigkeit zwischen den wichtigsten Anbietern herrscht, dass die Kostensenkungen nicht an die Endverbrucher weitergegeben werden sollen, liegt eine Art Quasimonopol vor und es kommt trotz Konkurenz zwischen den Anbietern zu keiner Preissenkung der Konsumgüter.
Wenden wir uns dem zweiten Bestimmungsgrund von Kostenüberwälzungen zu: dem Verhalten der Anbieter und Nachfrager. Dieses Verhalten wird mit der Angebots- bz. der Nachfrageelastizität in Bezug auf den Preis gemessen. Die Angebotselastizität gibt hierbei an, um wieviel Prozent sich das Angebot verändert, wenn der Preis sich um einen Prozentpunkt verändert. Hierbei spricht man von einer normalen Reaktion, wenn eine Preissteigerung auch eine Angebotssteigerung auslöst.
In gleicher Weise gibt die Nachfrageelastizität an, um wieviel Prozent sich die Nachfrage verändert, wenn der Preis sich um einen Prozentpunkt verändert. Hierbei spricht man von einer normalen Reaktion, wenn eine Preissteigerung eine Nachfrageminderung auslöst.
Anhand einer einfachen Graphik lässt sich zeigen, dass Kostensenkungen im Regelfall eine Preissenkung bei den Konsumgütern auslösen, dass die Kostensenkungen aber auch nur zu einem Teil weitergegeben werden. Hierbei gilt, dass ein um so größerer Teil der Kostensenkungen weitergegeben wird, je geringer die Nachfrageelastizität und je höher die Angebotselastizität ist.
Wir tragen in einem Diagramm auf der Abszisse die Menge, auf der Ordinate den jeweiligen Preis ab. Da im Normalfall Preiserhöhungen zu Nachfrageminderungen führen, hat die Nachfragekurve, welche die Abhängigkeit der Nachfrage vom jeweiligen Preis angibt, einen negativen Verlauf, bei hohen Preisen ist die Nachfrage gering, bei geringen Preisen hoch.
Fü die Angebotskurve hingegen gilt, dass sie einen positiven Verlauf nimmt, ist der Preis gering, wird wenig angeboten, je höher der Preis ausfällt, um so höher ist auch das Angebot. Die Angebotskurve fällt hierbei unter Wettbewerbsbedingungen mit der Grenzkostenkurve (der Abhängigkeit der Kosten von der angebotenen Gütermenge) zusammen. Der Schnittpunkt der Nachfragekurve mit der Angebotskurve gibt an, welchen Preis ein freier Markt ansteuert.
Sinken nun die Durchschnittskosten, so sinkt um den gleichen Betrag die Angebotskurve und dies bedeutet, dass die Angebotskurve nach unten verschoben wird. Die Graphik zeigt, dass der neue Schnittpunkt beider Kurven bei einem geringeren Preis liegt. Im Normalfall ist jedoch die Preissenkung geringer als die Kostensenkung und dies bedeutet, dass im Normalfall auch immer nur ein Teil der Kostensenkung an den Verbraucher weitergegeben wird.
Die Graphik zeigt auch, dass die Weitergabe der Kostensenkung um so größer ist, je steiler die Nachfragekurve verläuft und dies heißt, je geringer die Nachfrageelastizät ist. Würden die Verbraucher überhaupt nicht auf Preisänderungen reagieren, würde also die Nachfrage unabhängig vom Preis ausgeübt werden, würde die Nachfragekurve paralell zur Ordinatenachse verlaufen. In diesem Falle würde der Preis gerade um den Betrag der Kostensenkung fallen.
Wäre hingegen die Nachfrageelastizität unendlich groß, würden also die Verbraucher auch ohne Preissenkungen jede Angebotssteigerung aufkaufen, würde die Nachfragekurve parallel zur Abszissenachse verlaufen, in diesem Falle würde trotz Kostensenkung (und damit Verschiebung der Angebotskurve nach unten) der Schnittpunkt beider Kurven bei einem unveränderten Preis liegen, es fände also überhaupt keine Weitergabe der Kostensenkungen statt.
Ähnliche Überlegungen gelten für den Einfluss der Elastizität der Angebotskurve. Wäre diese Elastizität gleich null, würde also das Angebot auf Preisänderungen gar nicht reagieren, würde die Angebotskurve parallel zur Ordinate verlaufen und dies bedeutet, dass sich auch der Schnittpunkt der Angebots- und Nachfragekurve nicht verschieben würde. Es fände also keine Preissenkung der Konsumgüter statt. Ein typischer Fall für eine extrem geringe Angebotselastizität liegt bei verderblichen Waren vor, die Ware muss verkauft werden, da sie sonst verderben würde.
Wäre hingegen die Angebotselastizität unendlich groß, würde also die Angebotskurve parallel zur Abszisse verlaufen, wäre eine hohe Weitergabe der Kostensenkungen an den Verbraucher zu erwarten. Da der Verlauf der Angebotskurve vom Verlauf der Grenzkostenkurve bestimmt wird, muss mit einer sehr hohen Elastizität der Angebotskurve gerechnet werden, wenn auch bei einer Ausweitung der Produktion keine Engpässe auftreten und deshalb die Durchschnittskosten weitgehend konstant bleiben.
Liegt hingegen ein Angebotsmonopol vor, liegen die Probleme etwas schwieriger. Bei intensivem Wettbewerb kann der einzelne Unternehmer davon ausgehen, dass sein Anteil am gesamten Absatz vernachlässigbar gering ist, sodass bei einer Vergrößerung seines Angebotes der Preis des Gutes zugleich sein Erlöszuwachs darstellt. Ein Monopolist muss jedoch davon ausgehen, dass bei einer Ausweitung seines Angebotes der Preis entsprechend der Nachfragekurve zurückgeht und dies bedeutet, dass sein Erlöszuwachs stets geringer ausfällt als der Preis. Er hat zwar einen höheren Erlös, da er seine Absatzmenge vergrößern kann, er kann seine gesamten Waren jedoch nur zu einem niedrigeren Preis verkaufen, sodass er pro Stück weniger verdient.
Da hier also die Grenzerlöskurve unterhalb der Nachfragekurve verläuft, liegt der Schnittpunkt von Grenzerlöskurve und Angebotskurve auch bei einer geringeren Absatzmenge als unter Konkurrenzbedingungen. Trotzdem kann auch hier davon ausgegangen werden, dass eine Reduzierung der Durchschnittskosten zu Preissenkungen führt und dies bedeutet, dass auch der Monopolist in eigenem Interesse einen Teil der Kostensenkungen an den Verbraucher weitergibt.
Die in der Öffentlichkeit geäußerte Befürchtung, dass eine Senkung der Mehrwertsteuer nicht zu einer Preissenkung führt, ist also falsch, allerdings muss in der Tat damit gerechnet werden, dass in der Regel nur ein Teil der Mehrwertsteuersenkung an den Verbraucher weitergegeben wird.
Eine ganz andere Frage besteht darin, ob es zur Wiederbelebung der Volkswirtschaft in erster Linie einer Zunahme des Verbrauchs bedarf. Der eigentliche Grund für den Rückgang der Produktion bestand ja nicht darin, dass die Konsumenten einen geringeren Anteil ihres Einkommens für Konsumausgaben vorsahen, sondern darin, dass der Staat wegen der Infektionsgefahr die Produktion drosselte.
Zur Wiederbelebung der Produktion bedarf es nun eines Anreizes der Unternehmer, die Produktion wiederum aufzunehmen, obwohl aufgrund der weiterbestehenden Beschränkungen für viele Unternehmer die bisherige Produktion unrentabel wurde. Viel wichtiger, als für alle Güter geltende Konsumanreize einzuführen, wäre es, gezielt einzelne zukunftsweisende Investitionsanreize zu setzen.