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Ökonomische Theorie der Demokratie

 

Gliederung:

 

1. Die Grundidee

   2. Das Grundmodell

   3. Die Bedeutung der Verfassung

   4. Die Rolle der Verbände

   5. Der Einfluss der Bürokratie

 

 

 

  1. Die Grundidee

 

Joseph Alois Schumpeter begründete mit seiner 1942 veröffentlichten Arbeit über ‚Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie’ die ökonomische Theorie der Demokratie. Darin äußerte er die Meinung, dass die Politiker in einer Demokratie ein ähnliches Verhalten an den Tag legten wie die Unternehmer. Vom Unternehmer werde in der Wirtschaftstheorie unterstellt, dass er seine Produktionsentscheidungen stets einem Gewinnkalkül unterziehe, er werde sich unter den ihm zur Verfügung stehenden Alternativen stets für diejenige entscheiden, die ihm den höchsten Gewinn erbringe. Genauso müsse man auch den Politikern in einer Demokratie unterstellen, dass sie mit Stimmen schachern, dass sie jeweils die Entscheidungen treffen, die ihnen bei den nächsten Wahlen den höchstmöglichen Stimmengewinn versprächen.

 

Man müsse auch im Rahmen einer Volkswirtschaft zunächst davon ausgehen, dass alle produktiven Aktivitäten letztendlich der Volksgemeinschaft zugutekommen sollten. Trotzdem habe die klassische Wirtschaftstheorie die im Mittelalter oftmals geäußerte Forderung, die Produktionsentscheidungen der Unternehmer müssten stets am Gemeinwohl orientiert sein, mit Recht verlassen und unterstellt, dass die Unternehmer wie alle Wirtschaftssubjekte bei ihren Entscheidungen in erster Linie ihr Eigenwohl verfolgten. Diese Annahme des Strebens nach Eigennutz entspreche der Wirklichkeit vielmehr als die Annahme eines stets altruistischen Verhaltens.

 

Trotzdem könne im Allgemeinen davon ausgegangen werden, dass dem Gemeinwohl letztendlich in einer Marktwirtschaft besser entsprochen werde als in einer Wirtschaftsform, in der alle Führungskräfte vorgeben, ihr Eigenwohl hintanzustellen und stets und allein ihr Entscheidungen am Gemeinwohl auszurichten. Der Grund liege darin, dass der wechselseitige Wettbewerb der Unternehmer untereinander diese zwinge, genau die Güter zu produzieren, die von den Konsumenten nachgefragt werden. Herrscht intensiver Wettbewerb, so werden die Unternehmer genau dann einen maximal möglichen Gewinn erzielen, wenn sie sich für die Güterproduktionen entscheiden, die auch den Konsumenten den höchsten Nutzen stiften. Es ist die Ordnung der Marktwirtschaft, die dafür Sorge trägt, dass die Entscheidungen der Unternehmer genau in die Bahnen kanalisiert werden, die auch aus Gemeinwohlüberlegungen die richtigen sind.

 

Die Marktwirtschaft brächte wie kein anderes System auf der einen Seite Anreize, nach der jeweils effizientesten Lösung Ausschau zu halten, der Wettbewerb halte auf der anderen Seite die Unternehmer in Schach und verhindere monopolistischen Machtmissbrauch.

 

In ähnlicher Weise müsse man auch im politischen Bereich unterscheiden zwischen den Zielen, die letztendlich mit den politischen Aktivitäten erreicht werden sollen und den Motiven, welche die einzelnen Politiker zu ihren Handlungen bewegen. Natürlich gehe es auch in der Politik letztlich um die Realisierung des Gemeinwohles. Aber auch im staatlich-politischen Bereich müsse man davon ausgehen, dass die Politiker primär aus Eigeninteresse handelten. Trotzdem könne auch hier davon ausgegangen werden, dass die politische Ordnung einer Demokratie dafür Sorge trage, dass letztendlich Lösungen erreicht werden, die durchaus dem Gemeinwohl entsprechen. Ähnlich wie im Rahmen einer marktwirtschaftlichen Ordnung gelte auch für den Bereich einer Demokratie, dass diese Kanalisierung der Interessen auf das Gemeinwohl hin insbesondere über den Wettbewerb der Politiker um die Macht erfolgt.

 

Der Annahme einer Gewinnmaximierung im wirtschaftstheoretischen Modell entspreche die Annahme, dass sich die Politiker um eine Maximierung der Wählerstimmen kümmerten. Ihr Ziel sei es, bei den periodisch stattfindenden Wahlen zum Parlament als Sieger hervorzugehen und mit der Regierungsbildung für die nächste Amtsperiode beauftragt zu werden.

 

Von den Wählern als Konsumenten der politischen Aktivitäten wird angenommen, dass sie bestrebt sind, ihr Nutzeneinkommen zu maximieren. Sie werden sich bei der Wahl für denjenigen Politiker entscheiden, die ihnen das höchstmögliche Nutzeneinkommen in Aussicht stellen.

 

 

  2. Das Grundmodell

 

Die Gedankengänge Schumpeters wurden 1957 von Antony Downs und wenig später – unabhängig davon – im Jahre 1959 von Philipp Herder-Dorneich in seiner Dissertation weiterentwickelt und später unter dem Pseudonym F. O. Harding veröffentlicht. Es wird ein Zweiparteiensystem unterstellt, so wie es in den angelsächsischen Staaten verwirklicht ist. Zwei Parteien stellen sich danach zur Wahl, diejenige Partei, die als Sieger aus den Wahlen hervorgeht, also die absolute Mehrheit erlangt, stellt in der folgenden Wahlperiode die Regierung, die geschlagene Partei bildet hingegen die Opposition.  Beide Parteien sind bemüht, möglichst viele Stimmen zu gewinnen, sie handeln nach der Stimmenmaximierungsmaxime, da aufgrund eines starken Wettbewerbs keine Partei des Sieges sicher sein kann, sodass die Politiker auf keine möglichen Stimmen verzichten können. Für die Wähler wird rationales Verhalten und damit Nutzenmaximierung unterstellt. Sie werden diejenige Partei wählen, die eine Kombination aus öffentlichen und privaten Gütern verspricht, die der von den Wählern gewünschten Kombination am nächsten kommt.

 

So versuchte Philipp Herder-Dorneich das von Pareto entwickelte Indifferenzkurvensystem auf das Verhalten der Wähler zu übertragen. Betrachten wir hierzu Diagramm 1, auf dessen Abszisse das privat verfügbare Einkommen der Wähler und auf dessen Ordinate die vom Staat angebotenen Güter und Dienstleistungen abgetragen werden.

 

Beschreibung: pol1

 

 

Die Indifferenzkurven geben hierbei an, welche Kombinationen aus öffentlichen Gütern und Nutzeneinkommen von den Wählern als gleichwertig eingestuft werden. Je weiter eine Indifferenzkurve vom Ursprung entfernt ist, umso größer ist das Gesamtwohl der Wähler. Der Einfachheit halber wurde nur eine Indifferenzkurve in das Diagramm eingezeichnet.

 

Die Transformationskurve unterrichtet darüber, welche Kombinationen von öffentlichen und privaten Gütern bei gegebenem Bestand an materiellen Ressourcen überhaupt möglich sind. Der Tangentialpunkt beider Kurven (Indifferenzkurve und Transformationskurve) gibt an, welche Aufteilung als optimal (im Sinne der Wähler) angesehen werden kann. Solange diese Kombination noch nicht verwirklicht ist, kann eine Partei dadurch bei der nächsten Wahl Stimmen gewinnen, dass sie diese bevorzugte Kombination in Aussicht stellt.

 

Aus diesem von Downs und Harding entwickelten Grundmodell wurde nun eine Reihe von Schlussfolgerungen gezogen:

 

1. Vorwiegend aus historischen Gründen mögen die Parteien ganz bestimmte Wählerschichten ansprechen; so mag eine bürgerliche Partei vorwiegend ihre Klientel in Selbständigenkreisen finden, während eine sozialdemokratische Partei die Interessen der Arbeiter in den Mittelpunkt ihrer politischen Aktivitäten stellen mag. Der Hinwendung zu bestimmten Bevölkerungsgruppen entspricht im Allgemeinen auch eine bestimmte Ideologie, so gehen bürgerliche Parteien entweder von liberalen oder konservativen Ideen aus, während sich die sozialdemokratischen Parteien zumeist zum Sozialismus bekennen.

 

Es wird jedoch unterstellt, dass keine Partei über so viel Stammwähler verfügt, dass sie im Wahlkampf nur die Interessen ihrer jeweiligen Klientel bedienen kann. Zur Erlangung der Mehrheit bei den Wahlen müssen also zusätzliche Wählergruppen angesprochen werden. Dies bedeutet, dass sie ihre zunächst für die Stammwähler gebildete extreme Position aufgeben und sich der Mitte zuwenden müssen.

 

Da beide Parteien unter diesem Zwang zu der Mitte stehen, bewegen sie sich aufeinander zu, in der Mitte gleichen sich die Programme beider Parteien. Der Wettbewerb der Parteien um die Mehrheit führt mit anderen Worten zu einer Annäherung der Pro-gramme. Sachlich gleichen sich dann die Programme beider Parteien, nur in der Darstellung und ideologischen Begründung weichen die Parteien voneinander ab.

 

Der gegenseitige Wettbewerb zwingt zwar die Parteien, gleiche oder ähnliche Ziele anzustreben, trotzdem stehen die Parteien auch unter dem Zwang, nach außen hin sich von der jeweils anderen Partei deutlich zu unterscheiden und zwar aus zweierlei Gründen. Auf der einen Seite würde eine Partei einen großen Teil ihrer Stammwähler verlieren, würde sie sich nicht von den Vorstellungen der gegnerischen Partei unterscheiden. Auf der anderen Seite wird man jedoch nur dann der gegnerischen Partei Stimmen abjagen können, wenn man sich im positiven Sinne von der Gegenpartei unterscheidet.

 

Der Wähler wird bei gleichen oder ähnlichen Programminhalten diejenige Partei wählen, der es gelingt, die Bevölkerung stärker zu überzeugen, sowie diejenige Partei, der die Wähler auch zutrauen, dass sie die versprochenen Maßnahmen realisieren können. Hierbei kommt es einerseits auf die Sachkompetenz an, also auf das Wissen, auf welchem Wege bestimmte Ziele erreicht werden können; andererseits gilt es zu bedenken, dass nahezu jede politische Maßnahme einige Bürger verärgert, dass sich also fast immer Widerstand gegen diese Maßnahmen formieren wird. Es kommt nun darauf an, welcher Partei die Wähler eher zutrauen, diesen Widerstand zu überwinden.

 

2. Gerade weil sich die Parteien gezwungen sehen, die gleichen Wählerschichten in der Mitte anzusprechen, kommt diesen Wählerschichten, den Medianwählern bei den Wahlen eine besondere Bedeutung zu. Es ist der Medianwähler, der mit seinen Entscheidungen bestimmt, bis zu welchem Punkt sich eine Partei gezwungen sieht, sich an die Vorstellungen der gegnerischen Partei anzunähern. Wahlen werden dadurch gewonnen, dass es einer Partei gelingt, entweder Bevölkerungsgruppen, die sich bisher bei der Wahl der Stimme enthielten, zu gewinnen oder Wähler, die bisher die gegnerische Partei gewählt haben, zu veranlassen, das Lager zu wechseln. Hierbei kann unterstellt werden, dass im Allgemeinen nicht diejenigen Wähler zu der anderen Partei wechseln, die bisher eine extreme Position bezogen haben, sondern diejenigen Personen, die im ideologischen Spektrum in der Mitte angesiedelt sind.

 

Um diese Wählerschichten zu gewinnen, müssen die Politiker Versprechungen machen, die gerade diesen mittleren Gruppen zugutekommen. Die in Aussicht gestellten politischen Änderungen entsprechen somit vor allem der Bedarfsstruktur des Medianwählers.

 

3. Der Wettkampf um die Stimmen hat auch Einfluss auf die realisierte Einkommensverteilung. Downs formulierte die sogenannte Robin-Hood-These, wonach die politische Ordnung einer Demokratie zu einer Nivellierung der Einkommen tendiere. Erklären lässt sich diese These damit, dass ein Politiker dadurch Stimmen gewinnen kann, dass er eine Umverteilung von den Reichen zu den Armen verspricht. Zwar wird ihm die Besteuerung der Reichen Stimmen kosten, dafür gewinnt er zusätzliche Stimmen bei den Ärmeren dadurch, dass er diesen Steuergeschenke z. B. in Form von Subventionen in Aussicht stellt. Da die Gruppe der besteuerten Reichen gering ist, die der Ärmeren jedoch groß, werden die Stimmenverluste bei den Reichen durch die Stimmengewinne bei den Ärmeren mehr als kompensiert.

 

Diese behauptete Tendenz einer Nivellierung in Demokratien im Vergleich zu marktwirtschaftlichen Systemen hängt damit zusammen, dass die Verteilung der Ressourcen in beiden Systemen unterschiedlich ist. In einer Marktwirtschaft verfügen die einzelnen Haushalte in sehr differenzierter Weise über Produktionsfaktoren. Dies gilt einmal im Hinblick auf den Produktionsfaktor Arbeit. Es gibt begabte und weniger begabte Personen. Es gibt Personen, die in der Vergangenheit die Möglichkeit hatten, sich auszubilden und es gibt andere Personen, denen der Zugang zu den höheren Bildungseinrichtungen verwehrt war.

 

Diese unterschiedliche Verteilung in den Ressourcen gilt aber in viel stärkerem Maße für den Besitz von Kapital, es gibt Haushalte mit hohem Vermögen und solche ohne Vermögen. Besaß ein Individuum in der Vergangenheit über ein überdurchschnittlich hohes Einkommen, so hat es auch in größerem Maße als der Durchschnitt die Möglichkeit, Teile seines Einkommens zu sparen, was jedoch seine zukünftige Einkommensposition verbessert. Das marktwirtschaftliche System trägt somit eine Tendenz zur wachsenden Differenzierung in den Einkommen in sich. Wer einmal reich war, hat auch die Möglichkeit, noch reicher zu werden, während es dem Ärmeren schwer fällt, die Voraussetzungen zu schaffen, aus der Armut herauszuwachsen.

 

Während also in einem rein marktwirtschaftlichen System die Verteilung der Einkommen in erster Linie von der Verteilung der Produktionsfaktoren bestimmt wird und diese Verteilung der Produktionsfaktoren ungleich ist, wird der Machteinfluss in einem demokratischen System dadurch bestimmt, dass jeder Bürger über eine und nur eine Stimme verfügt; in diesem Sinne ist jeder Bürger gleich und es wird nun aus diesem Tatbestand geschlossen, dass sich diese Gleichheit im politischen Machteinfluss auch nivellierend auf die Einkommensverteilung auswirken müsse, da die jeweils Ärmeren in der Lage seien, Umverteilungsmaßnahmen zu ihren Gunsten zu erzwingen und zwar deshalb, weil die Gruppe der Ärmeren zahlreicher ist als die Gruppe der Reichen.

 

Empirische Untersuchungen konnten diese Robin-Hood-These nicht bestätigen. Die Einführung der Demokratie in fast allen westlichen Staatsgemeinschaften hat nicht zu der prognostizierten Nivellierungstendenz geführt. Wir werden in einem späteren Abschnitt dieser Abhandlung sehen, dass diese Stimmengleichheit nur in einem formalen Sinne gilt, dass in Wirklichkeit die Möglichkeit besteht, mit seiner Stimme zu wuchern, durch Bildung von Verbänden, die auf die Politiker Einfluss ausüben können, diese mehrfach einzusetzen.

 

Wenn man will, kann man davon sprechen, dass die Stimmengleichheit bei den Wahlen nur einer Art Mindesteinfluss auf die Politik darstellt, in dem Sinne, dass zwar jeder Bürger über diesen Mindesteinfluss durch Beteiligung an den Wahlen verfügt, dass aber die Ausübung des allgemeinen und gleichen Wahlrechts eben nicht die einzige Möglichkeit darstellt, auf die Politik Einfluss auszuüben. Wie wir noch sehen werden, kann man in den realen demokratischen Systemen durch Bildung von Organisationen sehr wohl seinen politischen Einfluss vermehren. Da aber die Organisationsfähigkeit der einzelnen Interessen sehr unterschiedlich ausfällt, ist auch der Einfluss der einzelnen Interessengruppen auf die Politik in einer Demokratie sehr unterschiedlich.

 

4. Downs hat sich auch mit der Frage befasst, wovon es denn abhängt, ob ein Bürger von seinem Wahlrecht Gebrauch macht. Die Entscheidung, zur Wahl zu gehen oder auch nicht, ergibt sich bei Unterstellung rationalen Verhaltens aus einer Gegenüberstellung der mit dem Wahlgang verbundenen Erträge und Kosten. Nur dann, wenn der Nutzen der Erträge für höher eingeschätzt wird als die Nutzenentgänge aufgrund der Wahlkosten, wird sich ein rationaler Bürger für eine Beteiligung an der Wahl entscheiden.

 

Worin bestehen nun die Erträge und Kosten einer Wahlbeteiligung? Immer dann, wenn die Wahlbeteiligung die Wahrscheinlichkeit steigert, dass diejenigen Politiker gewählt werden, die den Wunschvorstellungen am nächsten kommen, müsste man von einem Ertragszuwachs sprechen. Nun ist der Wähler einer unter vielen. Dies bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit, dass der Sieg eines Wunschkandidaten durch die eigene Wahlbeteiligung steigt, extrem gering ist, ja gegen null tendiert. Unter realistischen Bedingungen kann der Bürger nicht davon ausgehen, dass seine eigene Wahlbeteiligung die Erfolgsaussichten seines Wunschkandidaten auch nur geringfügig verbessert. Halten wir also fest: Der Ertrag aus der Wahlbeteiligung eines einzelnen Bürgers ist extrem gering.

 

Wie steht es nun mit den Kosten, die aufgrund einer Wahlbeteiligung für den einzelnen Wähler entstehen? Auch die Wahlkosten dürften absolut gemessen gering sein. Schließlich erfordert es keinen großen Aufwand, am Wahlsonntag zur Wahl zu gehen oder vielleicht im Rahmen einer Briefwahl den Wahlschein mit der Post abzuschicken. Schlimmstenfalls muss aufgrund der Wahlbeteiligung auf einen Ausflug verzichtet werden.

 

Gemessen an den minimalen Erträgen einer Wahlbeteiligung dürften jedoch die Wahlkosten insgesamt höher ausfallen. Man müsste also aufgrund dieser Analyse zu dem Schluss kommen, dass sich nur wenige Wähler an der Wahl beteiligen. Dies stimmt jedoch nicht mit der empirischen Erfahrung überein. Traditionell liegt die Wahlbeteiligung bei 70 – 80%. Natürlich ist es richtig, dass in den letzten Jahren eine Wahlmüdigkeit eingetreten ist und  dass die Wahlbeteiligung heute oftmals gerade bei etwa 50% liegt.

 

Aber auch dann, wenn wir von diesen heutigen Statistiken einer Wahlbeteiligung ausgehen, ist die Wahlbeteiligung gemessen an dem minimalen Nettoertrag viel zu hoch. Es scheint – gemessen an dieser Nutzen-Analyse, dass es keine vernünftigen Gründe für eine Wahlbeteiligung gibt. Wie sind dann die tatsächlichen Wahlbeteiligungen zu erklären?

 

Als erstes gilt es festzustellen, dass sich eine Nutzenanalyse natürlich nicht nur auf die materiellen Erträge und Kosten beziehen darf, de facto dürften immaterielle Erträge wie Kosten bei der Wahlbeteiligung sicherlich eine größere Rolle spielen. Im Gegensatz zum individuellen Kalkül muss bei einer Analyse, die sich auf die gesamte Volksgemeinschaft bezieht, davon ausgegangen werden, dass nur bei einer beachtlichen hohen Wahlbeteiligung die Stabilität der Demokratie gesichert ist. Geringe Wahlbeteiligungen haben in der Regel zur Folge, dass sich die politischen Aktivitäten immer weniger am Wohl der Bürger ausrichten. Für das Funktionieren einer Demokratie ist also eine hohe Wahlbeteiligung eine conditio sine qua non.

 

Also wird im Rahmen der Erziehung der Versuch unternommen, die Bürger davon zu überzeugen, dass eine Wahlbeteiligung eine Bürgerpflicht höchsten Ranges ist. Ein so erzogener Bürger dürfte Gewissensbisse bekommen, wenn er sich ohne sichtlichen Grund nicht an der Wahl beteiligen würde. Dies sind aber immaterielle Kosten einer Wahlenthaltung, die sehr wohl  das Wahlverhalten beeinflussen können.

 

Darüber hinaus sind zwar die Wahlen in Demokratien geheim, in dem Sinne, dass die Entscheidung, für welche Partei sich ein Wähler entscheidet, nicht für die anderen Bürger offen gelegt wird. Wohl aber ist es im Allgemeinen nicht geheim, ob sich ein Bürger an der Wahl beteiligt, zumindest wenn er nicht den Weg einer Briefwahl beschreitet. Für das Ansehen, das ein Bürger in einer Gemeinde und vielleicht auch am Arbeitsplatz genießt, kann es sehr wohl von entscheidender Bedeutung sein, dass seine Mitbürger wissen, dass er sich an der Wahl beteiligt hat. Insofern kann eine Wahlbeteiligung dem einzelnen durchaus einen beachtlichen immateriellen Gewinn erbringen.

 

5. Kenneth Joseph Arrow hat schließlich aufgezeigt, dass bei kollektiven Entscheidungen, wie sie z. B. in jedem Parlament anfallen, auch dann mit widersprüchlichen Ergebnissen gerechnet werden muss, wenn sich alle an einer Abstimmung Beteiligten rational verhalten. Diese These ging als Arrow-Paradox in die Literatur ein.

 

Machen wir uns dieses Theorem anhand eines einfachen Beispiels klar. An einer Abstimmung sollen 3 Personen (Parteien): P1, P2, P3 teilnehmen. Zur Abstimmung stünden drei Alternativen: A1, A2, A3. Für die einzelnen Parteien gelte folgende Rangskala:

 

P1: A1 > A3 > A2     P2: A3 > A2 > A1    P3: A2 > A1 > A3

 

Zur Abstimmung käme zunächst die Frage, ob A1 oder A2 gewählt werden solle. Entsprechend den Präferenzskalen entscheidet sich P1 für A1, P2 für A2 und P3 für A2. Es ergibt sich also eine Mehrheit für A2.

 

An zweiter Stelle stünde zur Diskussion, ob A2 oder A3 gewählt werden soll. P1 entscheidet sich entsprechend seiner Präferenzskala für A3, P2 für A3 und P3 für A2. Die Mehrheit spricht sich also für A3 aus. Es gilt die kollektive Rangfolge: A3 > A2 > A1.

 

Nun unterstellen wir, dass in einer etwas anderen Reihenfolge abgestimmt worden wäre. An erster Stelle wäre über die Frage abgestimmt worden, ob A1 oder A3 gewählt werden soll. P1 hätte sich für A1, P2 für A3, P3 für A1 entschieden. Gesiegt hätte also die Alternative A1.

 

Nun wäre in einem zweiten Schritt darüber entschieden worden, ob die Gruppe die Alternative A1 oder A2 bevorzuge. P1 würde sich wiederum für A1, P2 für A2, P3 schließlich für A2 entscheiden. Nun  würde die Alternative A2 gewählt werden. Es gelte also in diesem Falle die kollektive Rangskala: A2 > A1 > A3.

 

Je nach zufälliger Reihenfolge der Abstimmungen käme es also – auch bei rationalem Verhalten der Individuen – zu unterschiedlichen Ergebnissen, was einen Widerspruch bedeutet. Es kann nicht zur gleichen Zeit die kollektive Rangfolge: A3 > A2 > A1 und A2 > A1 > A3 gelten. Bei der ersten Abstimmungsreihenfolge würde die Alternative A3 Platz 1, bei der zweiten Abstimmungsreihenfolge jedoch Platz 3 erreichen. Das kann nicht sein. Es ist also unmöglich, aus widerspruchsfreien individuellen Indifferenzkurven stets eine ebenfalls widerspruchsfreie kollektive Indifferenzkurve abzuleiten.

 

Nun ließe sich diese paradoxe Situation vermeiden, wenn man nur zwei Gruppierungen zulässt. In diesem Falle gibt es z. B. nur eine Regierung und eine Opposition und da die Regierung über die Mehrheit verfügt, setzt sich ihre Präferenzskala durch. Besteht die Regierung aus zwei Parteien, kann dasselbe Verfahren zur Ermittlung der Präferenzskala der Regierung angewandt werden. Probleme entstehen allerdings dann immer noch, wenn sich die Regierung aus mehr als zwei Parteien zusammensetzt.    

 

 

3. Die Bedeutung der Verfassung

 

Während sich das von Downs und Harding entwickelte Grundmodell der Demokratie vorrangig mit der Wahl und dem Handlungsablauf von Parteien, Regierung und Parlament befasst, haben andere Beiträge zur ökonomischen Theorie der Demokratie das Augenmerk stärker auf das Zustandekommen und die Rolle der Verfassung gelegt. Viktor J. Vanberg hat in diesem Zusammenhange zwischen der "order of rules" und der  "order of action" unterschieden. Mit den ‚order of rules’ befassen sich vor allem die Beiträge von Ferdinand A. Hermens, sowie von James McGill Buchanen und Gordon Tullock, sowie schließlich von Dennis C. Mueller.

 

1. Während sich die ersten Beiträge zur ökonomischen Theorie der Demokratie mit dem in den angelsächsischen Staaten verwirklichten Mehrheitswahlrecht und dem hier zumeist geltenden Zweiparteiensystem befasst haben, wird in den kontinentaleuropäischen Staaten oftmals auch das Verhältniswahlrecht angetroffen. Hier entspricht die Verteilung der Parlamentssitze genau der Verteilung der Wahlstimmen. Hat eine Partei 40% der Stimmen erreicht, so erhält sie auch 40% der Parlamentssitze.  Es fragt sich, wieweit die Ergebnisse der ökonomischen Theorie der Demokratie unabhängig vom Wahlrecht gelten. Mit der Rolle des Wahlrechts hat sich vor allem Ferdinand A. Hermens befasst.

 

Das vor allem in den angelsächsischen Staaten (USA, Großbritannien) verwirklichte Mehrheitswahlrecht sieht vor, dass in den einzelnen Wahlbezirken jeweils derjenige Kandidat siegt, der die absolute Mehrheit erlangt. Die für die übrigen Kandidaten abgegebenen und nicht zum Zuge gekommenen Stimmen fallen dann unter den Tisch. Dieses Wahlsystem bringt es mit sich, dass das Verhältnis der Sitze der beiden Parteien im Parlament unter Umständen stark von dem Verhältnis der abgegebenen Stimmen abweicht. Es ist sogar denkbar, dass im Parlament unter Umständen eine Partei die Mehrheit erlangt, obwohl ihr Gesamtstimmenanteil unter 50% liegt.

 

Nehmen wir als Beispiel ein Land, das in 100 Wahlbezirke aufgeteilt ist und in dem sich zwei Parteien A und B zur Wahl stellen. Im ersten Fall habe die Partei A in allen Wahlbezirken 51 % der Stimmen erreicht, mit dem Ergebnis, dass alle Parlamentssitze an Partei A fallen und somit die Partei B überhaupt nicht im Parlament vertreten ist, obwohl sie annahmegemäß 49% der Stimmen auf sich vereinigen konnte.

 

In einem zweiten Beispiel werde unterstellt, dass die Partei A in 51 Wahlbezirken 51% der Stimmen erreicht habe, sodass sie im Parlament über die Mehrheit verfüge, obwohl annahmegemäß diese Partei nur 26% der Stimmen (0,51 * 0,51 = 0.26) erhalten hat, während Partei B, die nur 49 Wahlbezirke und damit auch 49% der Parlamentssitze errungen hat, auf immerhin 74% der Stimmen gekommen ist.

 

Dies sind natürlich Extrembeispiele, die in der Realität kaum vorkommen; zwar weicht das Verhältnis der Parlamentssitze zumeist von dem der Stimmen ab und in der Regel hat die siegende Partei eine beachtliche Mehrheit im Parlament, obwohl die Stimmenmehrheit oft nur sehr schwach ist.

 

Man kann in diesen Ergebnissen eine Ungerechtigkeit sehen und deshalb für ein Verhältniswahlrecht plädieren, in dem das Verhältnis der Parlamentssitze dem der Stimmen entspricht. Es war nun das Anliegen von F. A. Hermens, darzulegen, dass trotz des Umstandes, dass die Parlamentssitze nicht die Stimmenverhältnisse bei den Wählern exakt widerspiegeln, einiges für ein Mehrheitswahlrecht spricht. Ein Mehrheitssystem garantiert im Gegensatz zum Verhältniswahlrecht politische Stabilität.

 

In der Regel ist im Rahmen eines Mehrheitssystems damit zu rechnen, dass die siegende Partei – gemessen an den Parlamentssitzen – über eine satte Mehrheit verfügt und dass deshalb die Regierung nicht aufgrund von Zufälligkeiten – wie Krankheit einzelner Abgeordneter – oft abgewählt wird, ohne dass sich an der Fähigkeit der regierenden Partei oder an der Meinung der Wähler grundlegendes verändert hat.  

 

Da beim Mehrheitswahlsystem eine Partei über mehr als 50% der Stimmen erlangen muss, um als Sieger aus den Wahlen bei den einzelnen Wahlbezirken hervorzugehen, stehen die Parteien unter Druck, möglichst viele Bevölkerungsschichten anzusprechen. Keine Bevölkerungsgruppe ist in der Regel so groß, dass eine Partei, die sich nur auf eine Bevölkerungsschicht (z. B. auf die Arbeiter) stützen wollte, die Wahlen gewinnen könnte. Also müssen die Parteien in einem solchen Wahlsystem bereits vor der Wahl einen mehrheitsfähigen Kompromiss ansteuern. Entscheidet sich der Wähler für eine bestimmte Partei, so weiß er auch mit welchen Maßnahmen er beim Sieg dieser Partei zu rechnen hat.

 

Kleinere Parteien, die sich auf nur eine Interessengruppe stützen, haben dann in der Regel auch keine Chance, bei der Wahl zu gewinnen, langfristig ist nur mit wenigen, oft sogar nur mit zwei großen Parteien zu rechnen, die eine Partei obsiegt, sie stellt die Regierung, die andere Partei geht in die Opposition. Ist die Bevölkerungsmehrheit mit der Politik der Regierung unzufrieden, so hat sie in der Oppositionspartei eine klare Alternative und kann die Regierung bei der nächsten Wahl abwählen.

 

Anderes gilt im Falle eines Verhältniswahlrechtes. Hier können auch die größeren Parteien in der Regel nicht damit rechnen, mit einer absoluten Mehrheit der Stimmen als einziger Sieger aus den Wahlen hervorzugehen. Man muss sich darauf einstellen, dass man mit mehreren Parteien eine Koalitionsregierung bilden muss. In diesem Falle ist es zweckmäßig, die Interessen einer kleineren Bevölkerungsgruppe pointiert zu vertreten, die Parteien richten sich somit nur an weitgehend homogene Bevölkerungsschichten, man hat mehr Erfolg, wenn man sich auf Einzelinteressen beschränkt. Da man ohnehin vor der Wahl in der Regel nicht weiß, mit welchen anderen Parteien zusammen man regieren wird, macht es auch keinen Sinn, sich schon vor der Wahl um Kompromisse zu kümmern. Der Wähler weiß somit auch nicht, welche endgültigen Konzepte er mit seiner Wahlentscheidung wählt, sein Einfluss auf die Politik geht hiermit zurück.

 

Ist die Bevölkerung mit der Politik der bisherigen Regierung nicht mehr einverstanden, so hat der Wähler kaum Möglichkeiten, die bisherige Regierung abzuwählen. Die eigenen Interessen werden ohnehin im allgemeinen nur von der Partei vertreten, die man schon gewählt hat, zumeist sind darüber hinaus die meisten auf dem Boden der Verfassung stehenden Parteien bereits in der Regierung vertreten, die neue Regierung dürfte deshalb aus den gleichen Parteien wie bisher zusammengesetzt werden, ein entscheidender Wandel in der Regierung könnte nur dadurch erreicht werden, dass die radikalen Parteien zum Zuge kommen, welche die geltende Verfassung bekämpfen und die bei einem Wahlerfolg die demokratische Ordnung gefährden würden.

 

Genau dies ist während der großen Weltwirtschaftskrise in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts geschehen. Vergleichen wir die Vorgänge in den USA und in Deutschland. Beide Länder standen vor einer Massenarbeitslosigkeit von vielen Millionen Arbeitnehmern, in beiden Ländern waren die Wähler mit der bisherigen Regierung (Hoover in den USA, Brüning in Deutschland) höchst unzufrieden und beabsichtigten diese Regierungen abzuwählen. In den USA hatten jedoch die Wähler in der – in Opposition stehenden - demokratischen Partei eine klare Alternative zu der Politik der bisherigen republikanischen Partei. So konnte mit Truman eine neue Regierung gebildet werden, die genauso wie die bisherige Regierung auf dem Boden der Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika stand.

 

In Deutschland hingegen setzte sich die Opposition auf der einen Seite aus Kommunisten, auf der anderen Seite aus Nationalsozialisten zusammen. Beide Parteien waren gewillt, die geltende Weimarer Verfassung aufzugeben, falls sie an die Macht kämen. Die Unzufriedenheit der Wähler mit der Politik der bisherigen Regierung äußerte sich darin, dass die Arbeiter vermehrt die kommunistische Partei, die Selbständigen und Facharbeiter vermehrt die Nationalsozialisten wählten. So führte der gleiche Ausgangspunkt: die Massenarbeitslosigkeit zu Beginn der dreißiger Jahre in den USA zu einem normalen Wechsel der Regierungen, in Deutschland hingegen zu einem Sturz der Weimarer Republik.

 

Natürlich muss dieser gravierende Unterschied in den beiden Ländern auf eine Vielzahl von Ursachen zurückgeführt werden. Sicherlich trug auch die noch nicht gefestigte demokratische Tradition in Deutschland zu diesem Wechsel bei. Trotzdem haben sicherlich auch die unterschiedlichen Wahlrechtsysteme diese unterschiedlichen Entwicklungen begünstigt. Die Stabilität eines Verfassungssystems ist im Rahmen eines Mehrheitswahlrechtes eher zu wahren als im Rahmen eines Verhältniswahlrechtes. 

 

Unter einem Regime des Mehrheitswahlrechtes reagiert die Politik auch sensibler auf einen Wandel in der Wählerschaft. Gerade weil im Mehrheitssystem oft mit wenigen Stimmen ein Wandel der Regierungen herbeigeführt werden kann, werden Fehler und Mängel der herrschenden Regierung sehr viel schneller als im Verhältniswahlrecht zu einem Regierungswechsel führen.

 

2. James McGill Buchanen und Gordon Tullock haben nun gezeigt, dass demokratische Regeln allein nicht ausreichen, um die Freiheit der Bürger zu sichern. Sie müssen durch weitreichende verfassungsmäßige Begrenzungen der Staatsgewalt ergänzt werden. Würde in der Verfassung allein festgelegt werden, dass jeweils die Mehrheit darüber entscheidet, welche Gesetze und Verordnungen verabschiedet werden, könne es zu Willkürmaßnahmen kommen. Die Mehrheit könnte die Minderheit ausbeuten und terrorisieren. 

 

Deshalb kommt dem Minderheitenschutz in den Verfassungen eine genauso große Bedeutung zu wie der Mehrheitsregel. Demokratische Verfassungen enthalten deshalb einen Katalog von Menschenrechten, die jedem Bürger ausnahmslos zustehen, auf die jeder Bürger einen Rechtsanspruch besitzt, den er notfalls gerichtlich einklagen kann und die durch keine noch so große Mehrheit außer Kraft gesetzt werden können.

 

Diese Begrenzung der Mehrheitsregel lässt sich auch wie folgt rechtfertigen: Entsprechend dem Pareto-Kriterium gilt eine Maßnahme nur dann als wohlfahrtssteigernd, wenn mindestens ein Individuum durch diese Maßnahme begünstigt wird, kein Individuum jedoch benachteiligt wird. Wir wollen nun rationales Verhalten in dem Sinne unterstellen, dass ein Individuum nur dann einer Maßnahme zustimmt, wenn es zumindest durch diese Maßnahme keinen Schaden erleidet. Eine Wohlfahrtssteigerung kann in diesem Falle nur dann erwartet werden, wenn alle Individuen dieser Maßnahme zustimmen. Dies bedeutet, dass kollektive Entscheidungen eigentlich nur aufgrund einer Einstimmigkeit gefällt werden dürften. Das Gemeinwohl würde eigentlich verlangen, dass Maßnahmen solange ausdiskutiert und verändert werden, bis alle Individuen dieser Maßnahme zustimmen können.

 

Da allerdings Kollektive im allgemeinen unter Zeitdruck stehen und deshalb Entscheidungen in einem bestimmten Zeitrahmen gefällt werden müssen – auch der Verzicht auf eine Entscheidung hat oftmals negative Folgen und wirkt sich wie eine unerwünschte Entscheidung aus – hat sich die Mehrheitsregel durchgesetzt, wonach Maßnahmen auch mit einer Mehrheit beschlossen werden können. Um aber den Schaden der überstimmten Individuen zu begrenzen, bedurfte es der Gewährung von Minderheitsrechten.   

 

3. Dennis C. Mueller hat darauf aufmerksam gemacht, dass sich bestimmte Probleme besser bereits in der Verfassung als im Rahmen der aktuellen Politik regeln lassen. Das wichtigste Beispiel hierfür sei die Festlegung von Verteilungsregeln. Wollte man im Rahmen der aktuellen Politik eine bestimmte Umverteilung z. B. zugunsten der Ärmsten oder zugunsten kinderreicher Familien durchsetzen, ergäbe sich folgende Schwierigkeit.

 

Es müsse damit gerechnet werden, dass sich jeder, der sich an der Abstimmung beteiligt, eigennützig verhält; da annahmegemäß die zu begünstigende Bevölkerungsgruppe eine Minderheit darstellt, wird sich auf diese Weise nur schwerlich eine Mehrheit für diese Umverteilung zugunsten einer Minderheit finden lassen. Im Allgemeinen könne man damit rechnen, dass sich die Auswirkungen dieser kurzfristig angelegten Maßnahmen eindeutig feststellen lassen und dass damit jeder einzelne, der an der Abstimmung beteiligt ist, sich ausrechnen kann, ob er zu den Gewinnern oder Verlierern dieser Maßnahme zählt.

 

Anderes gilt nach Mueller auf der Verfassungsebene, auf der nicht die augenblickliche Situation zur Diskussion steht, sondern langfristige Ziele mit Auswirkungen für die weitere Zukunft geregelt werden. Wenn jedoch die abstimmenden Individuen davon ausgehen müssten, dass sich die Wirkungen der Beschlüsse erst auf lange Sicht auswirken würden, ändere sich das Verhaltenskalkül. Es könne nun nicht mehr eindeutig festgestellt werden, wer Gewinner und wer Verlierer der zu beschließenden Regel sei. Zu groß sei die Unsicherheit über die langfristigen Wirkungen. In einer solchen Situation, in der die Wahrscheinlichkeiten der einzelnen Möglichkeiten berücksichtigt werden müssen, führe eine rationale Entscheidung automatisch zu einem Verhalten, das als ‚quasialtruistisch’ bezeichnet werden könne. Der einzelne verhält sich hier genauso, wie wenn er seine Entscheidung davon abhängig machen würde, welche Lösung aus gemeinwohlpolitischen Überlegungen heraus zu ergreifen wäre.

 

Nehmen wir das Beispiel, dass auf Verfassungsebene das Recht auf ein materielles Existenzminimum für jeden Bürger festgeschrieben werden sollte und dass hierfür eine staatliche Versorgungseinrichtung vorgesehen sei, für die jeder Bürger einen Beitrag zu entrichten habe. Besonders die Reichen werden davon ausgehen, dass sie kurzfristig dieser Hilfe nicht bedürfen und deshalb auch kurze Sicht keinen Nutzen von dieser Regelung erwarten. Würde also diese Maßnahme im Rahmen der alltäglichen Politik vom Parlament beschlossen, bestünde die Gefahr, dass sich diese Gruppe gegen diese Maßnahme ausspreche. Auf Verfassungsebene, wenn also die Langfristwirkungen zur Diskussion stehen, ändern sich die Vor- und Nachteile. Nun gilt es für die Reichen zu bedenken, dass unter Umständen die Kinder und Kindeskinder sehr wohl in eine Situation geraten können, in der sie eine staatliche Hilfe benötigen. Es liegt also dann eine solche Einrichtung durchaus im langfristigen Interesse auch der Reichen, zumindest dann, wenn wir einen Familienzusammenhalt unterstellen.

  

4. Bruno S. Frey hat den Vorschlag gemacht, neben der heute gültigen regionalen Abgrenzung der staatlichen Institutionen auch funktional abgegrenzte Gebilde einzurichten. Traditionell besteht das Staatsgebilde aus Gebietskörperschaften. Die Gemeinden, Kreise, Länder und die Bundesrepublik Deutschland sind nach regionalen Kriterien abgegrenzt. Funktionelle Einheiten würden nach Kriterien abgegrenzt, die sich auf die Funktionen beziehen, welche bestimmte Personen zu erfüllen haben. Vor allem berufliche Merkmale bieten sich zur Bildung solcher Funktionseinheiten an. Eine Person kann dann auch mehreren Funktionseinheiten angehören. Diese neuen Gebilde würden jedoch genauso wie die traditionellen Gebietskörperschaften über hoheitliche Rechte verfügen.

 

Im Gegensatz zu den Gebietskörperschaften könnten funktionelle Einheiten grenzüberschreitend eingerichtet werden. Die regionalen Grenzen einer Gebietskörperschaft sind traditionell gewachsen und entsprechen gerade deshalb nicht mehr den heutigen Gegebenheiten. Es ist aber schwer, historisch gewachsene Gebietskörperschaften den heutigen Bedürfnissen anzupassen.

 

So entsprechen vor allem die Staatsgebilde keinesfalls den einzelnen Wirtschaftsräumen. Aus Gründen der materiellen Wohlfahrt sollten Güter wie Produktionsfaktoren ohne jegliche staatliche Behinderung über die regionalen Grenzen wandern können. Dem Gemeinwohl aller Staaten würde es am besten entsprechen, wenn Güter in den Regionen produziert werden, in denen die Produktionsbedingungen am günstigsten sind und diese Güter sollten in alle Regionen exportiert werden können, in denen ein Bedarf nach diesen Gütern besteht.

 

Nun  besteht zwar seit einiger Zeit das Bestreben, internationale Behinderungen des Außenhandels und der Freizügigkeit abzubauen. Gegen diese Bemühungen richten sich immer wieder Widerstände, die aus einem Schutzbedürfnis heraus wachsen. Bei Existenz von funktionellen Körperschaften wäre es nun möglich, die Vorteile eines internationalen Handels zu realisieren und gleichzeitig im Rahmen traditioneller Gebietskörperschaften berechtigten Schutzbedürfnissen zu entsprechen. So könnte z. B. auf der einen Seite den Forderungen nach Freizügigkeit entsprochen werden, gleichzeitig aber durch Transferzahlungen der Gebietskörperschaften diejenigen Personen geschützt werden, die durch Freizügigkeit in ihrer materiellen Existenz bedroht sind.

 

Funktionelle Körperschaften haben den weiteren Vorteil, dass die öffentlich-rechtlichen Leistungen den Charakter von Clubgütern erlangen, während die Leistungen von Gebietskörperschaften Kollektivgüter darstellen. Kollektivgüter haben bekanntlich den Nachteil, dass diejenigen Individuen, die nicht bereit sind, sich an den Kosten der Erstellung dieser Güter zu beteiligen, nicht von dem Konsum dieser Güter ausgeschlossen werden können. Wie Mancur L. Olson nachgewiesen hat, werden jedoch Kollektivgüter eben wegen dieser Eigenschaften in zu geringem Maße nachgefragt. Wir werden weiter unten noch auf dieses Theorem näher eingehen.

 

Bei Clubgütern, die von funktionellen Körperschaften angeboten werden, können wir davon ausgehen, dass sie von fast allen Mitgliedern nachgefragt werden und dass deshalb der Widerstand gegen die Produktion solcher Güter geringer ausfällt als bei der Produktion echter Kollektivgüter, bei denen fast immer größere Teile der Bevölkerung keinen Nutzen von diesen Gütern haben.

 

 

4. Die Rolle der Verbände

 

Bei unseren bisherigen Ausführungen haben wir von der Existenz von Verbänden weitgehend abgesehen, allerdings bereits darauf hingewiesen, dass die von A. Downs formulierte Robin-Hood-These gerade wegen der Existenz von Verbänden in einer Demokratie nicht zum Zuge kommt.

 

Interessengruppen haben die Tendenz, sich gegen Beeinträchtigung ihrer materiellen Interessen seitens staatlicher Maßnahmen zu wehren, in dem sie sich in Verbänden zusammenschließen und lobbyistischen Einfluss auf die Politik nehmen. Hierbei hängt die Aktionsweise dieser Gruppen entscheidend vom verwirklichten Wahlrechtsystem ab. In Staaten mit einem Mehrheitswahlrecht versuchen die Interessengruppen einen Handel mit den Parlamentariern oder mit der Verwaltung einzugehen. Sie bieten den Politikern Mitwirkung bei der Umsetzung von Gesetzen und Verordnungen an und verlangen hierfür, dass die Interessen dieser Gruppen nicht oder zumindest nicht in ursprünglich vorgesehenem Umfang verletzt werden.

 

In Staatengebilden, in denen ein Verhältniswahlrecht gilt, lohnt es sich für die Interessengruppen, sich als Parteien zu organisieren, um so unmittelbaren Einfluss auf die Entscheidungen im Parlament zu gewinnen. Bei einem Verhältniswahlrecht stehen – wie bereits gezeigt – die Parteien nicht unter dem Zwang, die Mehrheit der Bevölkerung für sich zu gewinnen, sie kommen auch als kleine Partei ins Parlament und können auch als kleine Partei innerhalb einer Koalitionsregierung politischen Einfluss ausüben. Hier kann eine Partei ihre Klientel besser bedienen, wenn sie radikale Forderungen stellt, die nur der eigenen Gruppe zugutekommen.

 

Wenden wir uns nochmals den Staaten zu, die ein Mehrheitswahlrecht verwirklicht haben. Wir haben uns die Frage zu stellen, wieso sind die Politiker überhaupt bereit, auf die Forderungen der Lobbyisten einzugehen? Es sind ja nicht die Interessenverbände, die darüber zu entscheiden haben, welche Parteien und Politiker ins Parlament gewählt werden. Allein die Wähler haben in der Wahl zu entscheiden, welche Parteien oder Politiker als gewählt gelten.

 

Der Einfluss der Interessenverbände ist vielmehr indirekter Art. Vor allem Gesetze und Verordnungen, die in den Wirtschaftsablauf eingreifen, bedürfen der Mitarbeit der Organisationen, die durch diese Gesetze beeinflusst werden sollen. Als erstes verfügen diese Organisationen oftmals als einzige über die Daten, deren Kenntnis notwendig ist, um die Gesetze im Sinne des Gesetzgebers effizient zu gestalten. Wer eine Unternehmungssteuer einführen will, muss z. B. wissen, wie hoch denn der unternehmerische Gewinn ist, denn nur dann kann man entscheiden, ob der zu erwartende Steuerertrag höher ausfällt, als die Kosten zur Erhebung dieser Steuer.

 

Auch muss man wissen, welche Auswirkungen eine Maßnahme haben wird; es könnte ja sein, dass die ausgelösten Nebenwirkungen (z. B. auf die Beschäftigung) so fatal sind, dass es nicht ratsam ist, diese Maßnahme überhaupt durchzuführen. Vor allem bedarf jedoch die Umsetzung der Maßnahmen der Mitwirkung der betroffenen Unternehmungen; sind diese gewillt, diese Maßnahmen zu sabotieren, ist auch der Erfolg dieser Maßnahme in Frage gestellt.

 

Größere Interessengruppen haben darüber hinaus auch Einfluss auf das Wahlverhalten ihrer Mitglieder. So könnten z. B. die Gewerkschaften ihren Mitgliedern den Rat geben, nur solche Parteien zu wählen, die auch bestimmte Gewerkschaftsforderungen erfüllen. Oder um ein zweites Beispiel zu erwähnen, die Bischöfe der Kirchen könnten unmittelbar vor der Wahl von der Kanzel verkünden lassen, dass nur solche Politiker gewählt werden sollten, die auch die christlichen Werte verteidigen, also z. B. gegen eine Abtreibung sind. Je größer die Gruppe und je größer der innere Zusammenhalt ist, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Verbände auf diesem Wege einen indirekten Einfluss auf das Wahlverhalten der Wähler gewinnen. 

 

Üben Interessenverbände auf diese Weise Einfluss auf die Politik aus, dann kann man davon sprechen, dass die eine Wahlstimme, über die Mitglieder einer Interessengruppe verfügen, quasi mehrfach eingesetzt werden kann. In dem die Interessenverbände bei Nichterfüllung ihrer Wünsche bei der nächsten Wahl mit einem Wechsel zur Oppositionspartei drohen, üben sie Einfluss aus. Haben sie Erfolg, können sie in der gleichen Wahlperiode diese Drohung erneut einsetzen, sie wuchern mit ihrer Wahlstimme, im Endergebnis wirkt sich dieser Einfluss so aus, als verfügten die Verbandsmitglieder über mehrere Wahlstimmen.

 

Nun sind Parlamentarier nur ihrem Gewissen verantwortlich und sie müssen ihr Verhalten vor allem vor ihren eigenen Wählern verantworten. Lassen sie sich zu offensichtlich von den Verbandsfunktionären beeinflussen, besteht die Gefahr, dass mit ihrem Image auch die Wiederwahlmöglichkeiten schwinden. Die Erfolgsaussichten von Verbandsfunktionären hängen somit davon ab, wie sichtbar ihr Einfluss auf die Politik erfolgt.

 

Nun können Verbandsfunktionäre grundsätzlich auf zweierlei Weise Einfluss auf die Politik nehmen. Entweder dadurch, dass sie die Parlamentarier unmittelbar ansprechen – daher rührt auch der Name ‚Lobbyismus’, der besagt, dass die Verbandsfunktionäre in der Lobby, in der Wandelhalle des Parlaments aktiv werden. Oder aber sie bemühen sich, ihren Einfluss über die Ministerien auszuüben. Dieser Einfluss ist sehr viel weniger sichtbar; aus den Gesetzesvorlagen der Ministerien ist nicht unmittelbar erkennbar, in welchem Umfange die Interessenverbände Einfluss erlangt haben. Der indirekte Einfluss auf die Parlamentarier ist nicht mehr so offensichtlich, es wird den Parlamentariern unter Umständen noch nicht einmal bewusst, dass sie über Gesetzesvorlagen abgestimmt haben, deren Inhalt von Interessenverbänden beeinflusst wurde.

 

Wie ist dieser Einfluss der Interessenverbände auf die Politik grundsätzlich zu beurteilen, stellt er eine Verfälschung des Wählerwillens dar? Zunächst könnte man darauf hinweisen, dass jedem Bürger die Möglichkeit offen stehe, sich in Interessengruppen zu organisieren und auf diese Weise einen zusätzlichen Einfluss auf die Politik auszuüben. Es stehe also in der Macht jedes einzelnen Bürgers, durch Aktivitäten seinen Einfluss auszudehnen. Die eine Wahlstimme sei nur eine Art politischen Existenzminimum, das jedem zustehe, die Gleichheit vor dem Gesetz werde nicht verletzt, wenn einige Bürger ihren Einfluss durch Verbandsaktivitäten vermehren würden.

 

Diese Argumentation überzeugt jedoch nur dann, wenn allen Bürgern in gleichem Umfang diese Möglichkeit zur Verbandsaktivität offen stünde. Dies ist jedoch in der Wirklichkeit nicht der Fall. Die Fähigkeit zur Organisation hängt vor allem von zwei Faktoren ab. Erstens sind kleine Gruppen organisationsfähiger als große Gruppen. Je größer eine Gruppe ist, umso wahrscheinlicher ist es, dass die einzelnen Interessen ihrer Mitglieder differieren und umso größer ist der Aufwand, um nach außen zu einer einheitlichen Meinung zu gelangen.

 

Aber auch unabhängig vom Differenzierungsgrad der Einzelinteressen ist es umso kostspieliger zu einer Einigung zu gelangen, je größer die Gruppe ist. Wenn sich z. B. eine Branche aus nur drei Unternehmungen zusammensetzt, so können sich diese Unternehmen bei einem gemeinsamen Frühstück relativ schnell ohne größere Kosten auf eine gemeinsame Interessenvertretung einigen. Besteht jedoch eine Gruppe – wie die Arbeitnehmer oder die Konsumenten – aus Millionen Mitgliedern, dann muss sehr viel Aufwand betrieben werden, um schließlich zu einer einheitlichen Willensäußerung zu gelangen.

 

Natürlich unterscheiden sich die Interessengruppen auch darin, wie einheitlich ihre Interessen sind. Generell gilt, dass Einkommensentstehungsinteressen sehr viel einheitlicher sind als Einkommensverwendungsinteressen. In dieser Frage unterscheiden sich z. B. die Arbeitnehmerinteressen von den Interessen der Konsumenten. Arbeitnehmer haben ein gemeinsames Interesse an einer Lohnerhöhung oder an einer Ausweitung der Freizeit. In der Frage, ob man für eine Lohnerhöhung kämpfen soll, ist nahezu jeder organisierte Arbeitnehmer gleicher Meinung.

 

In der Frage hingegen, ob bestimmte Einkommensverwendungsarten steuerlich begünstigt werden sollen, unterscheiden sich jedoch die Konsumenten, da nicht jeder sein Einkommen in gleicher Weise auf die einzelnen Verwendungsarten aufteilt wie die anderen. So kann auch erklärt werden, dass bei etwa gleicher Größe Arbeitnehmerinteressen in den Gewerkschaften organisiert werden, es jedoch bisher kaum gelungen ist, machtvolle Verbraucherorganisationen zu bilden.

 

Einzelne Bürger können ihren Einfluss auf die Politik schließlich nicht nur dadurch vergrößern, dass sie sich zu Interessengruppen zusammenschließen, sondern auch dadurch, dass sie einer Partei beitreten. Der in den Parteien ablaufende Willensbildungsprozess eröffnet den Parteimitgliedern die Möglichkeit, an der Nominierung der Kandidaten, die sich zur Wahl stellen, sowie an der Abstimmung über die Parteiprogramme aktiv mitzuwirken.

 

 

5. Der Einfluss der Bürokratie

 

William A. Niskanen hat sich mit der Frage befasst, welchen Einfluss die staatliche Bürokratie auf die Politik hat. Er versuchte nachzuweisen, dass Fehlanreize innerhalb der staatlichen Bürokratie zu einem Wachstum und zu einer Zentralisierung  dieser Bürokratie führen können. Aufgrund eines Informationsvorsprunges der Bürokraten vor den sie kontrollierenden Parlamentariern verfügen die Bürokraten über eine der Optionsfixierungsmacht vergleichbare Monopolmacht, die es ihnen gestattet, die Staatsausgaben stärker auszuweiten, als es den Wählerwünschen entspricht.

 

Niskanen unterstellt, dass der Bürokrat den Versuch unternimmt, sein Budget zu maximieren. Der Bürokrat verfolge zwar recht unterschiedliche Ziele, die meisten dieser Ziele ließen sich jedoch mit einer Maximierung des Budgets realisieren. Zu diesen Zielen zählt Niskanen vor allem die Aufstiegschancen, die sich im Allgemeinen mit wachsendem Budget verbessern. Weiterhin zählen zu diesen Zielen die Verdienste und Nebenverdienste, die ebenfalls mit wachsendem Budget steigen können. 

 

Auch das Prestige, das der Bürokrat im Amt genießt, zählt zu seinen Zielen. Im Allgemeinen wird man davon ausgehen können, dass das Prestige eines Bürokraten mit dem Budget zunimmt. Auch die Macht über die ein Bürokrat verfügt, zählt zu den Zielen der Bürokratie; sie steigt mit zunehmendem Budget, da bei hohem Budget mehr Untergebene eingestellt werden und auch mehr Unterziele realisiert werden können. Schließlich ist ein Bürokrat am Überleben der Bürokratie interessiert; auch hier gilt, dass das Überleben der Organisation umso sicherer ist, je höher das Budget ausfällt.