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Grundzüge der politischen Ökonomie

 

 

Gliederung:

 

  1. Einführung

  2. repräsentative Demokratie

  3. Bürokratie

  4. Verbände

  5. Direkte Demokratie

  6. Diktatur

  7. Recht

  8. Haushalt

  9. Familie

 

 

Kapitel 9: Familie

 

 

Gliederung:

 

1. Problem

2. Gesellschaftliche Rahmenordnung der Familie

3. Gründung und Beendigung der Familie

4. Arbeitsteilung in der Familie

5. Bildung als Human capital

6. Geburten

7. Erziehung

8. Vererbung

 

 

1. Problem

 

Im vorhergehenden Kapitel hatten wir uns mit den privaten Haushalten befasst. Wir hatten uns allerdings auf die Handlungen beschränkt, die auch in der traditionellen wirtschaftswissenschaftlichen Haushaltstheorie als wirtschaftliche Aktionen angesehen werden. Wir hatten diesen Bereich im Rahmen einer politökonomischen Theorie überhaupt nur deshalb angesprochen, weil bestimmte Variablen in der bisherigen Haushaltstheorie als Daten behandelt wurden, also als Größen angesehen wurden, welche von der Wirtschaftswissenschaft nicht weiter zu untersuchen sind. In der modernen Haushaltstheorie werden diese Variablen hingegen als Problemgrößen, die es weiter auf ihre Bestimmungsgrößen zu untersuchen gilt, behandelt. Halten wir fest: Im Mittelpunkt des letzten Kapitels stand somit nach wie vor die Nachfrage nach knappen Gütern seitens der privaten Haushalte.

 

Nun sind die Nachfrage nach und das Angebot an wirtschaftlichen Gütern keinesfalls die einzigen Verhaltensweisen, welche von den Mitgliedern privater Haushalte ausgehen. Es gibt vielmehr zahlreiche innerfamiliäre Handlungen, die traditionell gerade nicht dem wirtschaftlichen Bereich zugeordnet werden. Hierzu zählen z. B. die Eheschließung und die Scheidung, weiterhin Geburten und Abtreibungen und viele andere Handlungen. Diesen Verhaltensweisen wollen wir uns in diesem Kapitel zuwenden und – um uns deutlich von der im letzten Kapitel behandelten Problemen abzugrenzen – wollen wir hierbei von Familie und weniger von Haushalten sprechen. Aber wie wir noch sehen werden, ist diese Trennung stets mehr oder weniger willkürlich, von den Familien geht in Wirklichkeit eine Vielzahl von Handlungen aus, die eng miteinander zusammenhängen, auch dann, wenn wir von einem theoretischen Standpunkt aus zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Entscheidungen unterscheiden können.

 

Auch hier geht die Analyse der Politökonomik wie auch die in den vorhergehenden Kapiteln behandelten Probleme von der zentralen Annahme aus, dass diese hier behandelten Handlungen von den Mitgliedern einer Familie rational getätigt werden, dass nach möglichen Alternativen zur Erreichung vorgegebener Ziele gefragt wird und dass sich die Familienmitglieder in aller Regel für die Alternative entscheiden, welche ihnen die größtmögliche Zielrealisierung garantiert. Trotz dieser auf das Eigeninteresse bezogenen Verhaltensweisen haben wir auch für den Bereich der Familie davon auszugehen, dass mit diesen individuellen Entscheidungen immer auch die Interessen der gesamten Gesellschaft tangiert werden, so dass es zur Wahrung des Allgemeinwohls auch hier einer Rahmenordnung bedarf, welche sicherstellt, dass trotz Eigeninteresse der handelnden Personen im Endergebnis das Gemeinwohl zumindest gewahrt bleibt.

 

Wir wollen unsere Analyse damit beginnen, dass wir uns nach den Funktionen fragen, welche die Familie im Rahmen unserer Gesamtgesellschaft erfüllt. Die Kenntnis dieser Funktionen ist notwendig bei der Frage, welche Handlungsweisen mit der Rahmenordnung verboten werden müssen und welche Anreize durch diese Rahmenordnung gesetzt werden müssen, um auch sicherzustellen, dass die Familien die ihnen in der Verfassung zugedachten Funktionen erfüllen können.

 

In den weiteren Abschnitten wollen wir die einzelnen Tätigkeitsbereiche einer Familie nach folgenden Kriterien untergliedern. Wir beginnen mit der Bildung der Familiengemeinschaft. Wir fragen, welche Ziele einzelne Individuen verfolgen, wenn sie eine gemeinsame Ehe gründen, welche Motive sie aber auch leiten, wenn sie in der Scheidung eine Auflösung dieser Ehegemeinschaft verfolgen.

 

In dem nächsten Abschnitt wollen wir uns dann mit der innerfamiliären Arbeitsteilung befassen. Wir sprechen hierbei weniger die Frage an, die sich beide Ehepartner zu stellen haben, ob es zweckmäßiger ist, bestimmte Bedürfnisse dadurch zu befriedigen, dass man die Produktion dieser Nutzengüter im Haushalt selbst durchführt oder dass man bestimmte Leistungen auf dem Markt nachfragt. Mit dieser Problematik hatten wir uns schon im vorhergehenden Kapitel befasst.

 

Hier in diesem Kapitel steht allein die Frage zur Diskussion, wie sich die einzelnen Mitglieder einer Familie in die gemeinsamen Aufgaben teilen, wer z. B. die mehr häuslichen Aufgaben des Haushaltes übernimmt und wer durch erwerbswirtschaftliche Tätigkeit außerhalb der Familie für den Erwerb des Einkommens sorgt, das zur Befriedigung der Bedürfnisse notwendig ist. Selbstverständlich hängen beide Arten der Arbeitsteilung eng zusammen, sie werden quasi uno actu wahrgenommen.

 

Ein weiterer Handlungsbereich der Familiengemeinschaft bezieht sich auf die Frage, ob die einzelnen Familienmitglieder ihre Zeit und knappen Mittel stärker für konsumtive Zwecke, also für die unmittelbare Befriedigung ihrer Bedürfnisse einsetzen oder sich in Art einer Investition zuerst ihrer eigenen Ausbildung widmen, um dann später in der Lage zu sein, die konsumtiven Aufgaben effizienter anzugehen.

 

Die Wirtschaftstheorie spricht in diesem Zusammenhang von der Bildung von human Kapital. Hier wird in ähnlicher Weise Kapital gebildet als dann, wenn sich die Familienmitglieder dafür entscheiden, zunächst Teile des erworbenen Familieneinkommens zu sparen und dann die ersparten Einkommensteile für die Anschaffung von Gerätschaften wie etwa Kühlschrank, Herd oder Waschmaschine zu verwenden. In beiden Fällen leisten die Kapital bildenden Ehepartner zunächst Konsumverzicht, um dann über die Bildung von Kapital die eigentliche Produktion der Nutzengüter um  so effizienter erreichen zu können. Der Unterschied zwischen diesen beiden Kapitalarten besteht dann nur darin, dass der Konsumverzicht in dem einen Fall zur Anschaffung von Sachgütern (Geräten und Maschinen) führt, während im Falle des human capital die knappen Ressourcen dafür eingesetzt werden, dass der Ausgebildete aufgrund seiner Ausbildung seine Konsumziele besser erreichen kann.

 

Ein weiterer Bereich der Familie bezieht sich auf die Geburtenplanung und damit auf die Erweiterung der Ehegemeinschaft durch Kinder. In früheren Zeiten war die Geburt der Kinder zumeist eine ungewollte Folge des geschlechtlichen Verkehrs der Ehepartner. Mit dem Aufkommen der ‚Pille‘ ist es heutzutage in viel besserem Maße als früher möglich, geschlechtliche Beziehungen einzugehen, ohne dass hiermit bereits die Geburt von Kindern impliziert ist, sodass man heute davon sprechen kann, dass für einen großen Teil der Ehepartner der Wunsch ein Kind zu erhalten, durchaus Gegenstand einer bewussten Entscheidung darstellt, die auch darin bestehen kann, dass bewusst keine Kinder gewünscht werden.

 

In diesem Abschnitt stehen Fragen zur Diskussion, für welche Zeit nach der Eheschließung die Geburt von Kindern geplant wird, durch welche gesellschaftlichen Vorkehrungen wie etwa das Vorhandensein von Kindertagesstätten dieser Wunsch beeinflusst wird und welchen Einfluss diese Entscheidungen für die übrigen Aktivitäten wie z. B. die außerhäusliche Erwerbstätigkeit beider Ehepartner haben werden.

 

Eines der wichtigsten gesellschaftlichen Aufgaben einer Familie besteht nicht nur in der Zeugung, sondern auch in der Erziehung dieser Kinder. Auch in diesem Zusammenhang entsteht eine Vielzahl von Entscheidungen. Welcher Elternteil soll für die Erziehung verantwortlich sein oder sollen beide Ehepartner die Erziehung gemeinsam vornehmen? Weiter entsteht die Frage, wieweit Erziehungsaufgaben an außerfamiliäre Einrichtungen wie Kindertagesstätten und Schulen übertragen werden sollen, welche Aufgaben der Familie verbleiben sollen. Schließlich gilt es auch zu klären, mit welchen Methoden die Kinder erzogen werden sollen.

 

Ein letzter Bereich der Analyse der Familie bezieht sich auf die Vererbung. Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass die Möglichkeit, dass das Vermögen der Eltern an ihre Kinder weitervererbt werden kann, nicht nur den Zusammenhalt der Familie fördert, sondern gleichzeitig eines der wichtigsten Anreizsysteme darstellt, welche die Erwerbspersonen zu Höchstleistungen anspornt. Es gilt in diesem Zusammenhang auch zu klären, inwieweit die Art und Weise, wie die Gesetzgebung die Vererbungsmöglichkeiten regelt, selbst wiederum auf die Funktionsfähigkeit und den Zusammenhalt der Familie zurückschlägt.

 

 

2. Gesellschaftliche Rahmenordnung der Familie

 

Der Familie kommt in der Gesellschaft eine zentrale Rolle zu. Zwar hat man schon beklagt, dass im Vergleich zum Altertum und zum Mittelalter die Familie eine Funktion nach der anderen verloren hat und bereits von einem Funktionsverlust der Familie gesprochen. So fand bis zur Industrialisierung zu Beginn der Neuzeit der größte Teil der Produktion in der Landwirtschaft und hier in den bäuerlichen Betrieben statt, welche von einem Verband von Großfamilien geführt wurden und aus Eltern, Kinder und näheren Verwandten bestand.

 

Heutzutage überwiegt die Kernfamilie. Sie umfasst nur noch die Eltern- und Kindergeneration, wobei die Kinder in wohl den meisten Fällen die Eltern verlassen, sobald sie erwachsen und erwerbstätig geworden sind und eine eigene Wohnung beziehen. Typisch für unsere moderne Familienstruktur ist auch, dass dort, wo die Kinder die Wohnung der Eltern übernehmen, die Eltern dann, wenn sie gebrechlich werden und nicht mehr für sich allein sorgen können, ins Alters- und Pflegeheim – keinesfalls immer freiwillig – überwechseln.

 

Dieser Familienverbund umfasste früher vor allem mehrere Generationen und ermöglichte auf diese Weise, dass die jeweils vorhergehende Generation von den nachfolgenden Generationen ernährt wurden. Fast alle Risiken des Alltags wie Krankheit, Unfall und Alter wurden im Rahmen des Familienverbandes getragen, sodass Kinder für die jeweilige Elterngeneration eine Art Versicherung im Alter darstellten.

 

Heutzutage werden die einzelnen Erwerbstätigen immer dann, wenn sie von Risiken überfallen werden, welche sie vorübergehend oder auch auf Dauer erwerbsunfähig machen, im Rahmen einer außerfamiliären, eines die gesamte Volkswirtschaft umfassenden Sozialversicherungssystems abgefangen. Der einzelne Erwerbstätige erfährt Schutz, wenn er aufgrund einer Krankheit vorübergehend seiner erwerbswirtschaftlichen Arbeit nicht nachgehen kann oder wenn die mit der Krankheit verbundenen Zusatzkosten seine Fähigkeiten übersteigen, eine Unfallversicherung zahlt Unfallrenten bei andauernder Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit und sobald schließlich der einzelne aus Altersgründen aus dem Erwerbsleben ausscheidet, sind es nicht mehr die Kinder, welche die Alten ernähren, die Rentner erhalten vielmehr eine Rente zur Bestreitung ihrer wichtigsten Bedürfnisse.

 

In der altertümlichen Familie oblag die Erziehung der Kinder den Eltern für die gesamten Bereiche der Erziehung. Es ging hier nicht nur darum, den Kleinkindern die elementaren Verhaltensformen anzuerziehen, der Familie oblag die Aufgabe, die Kinder in die täglichen Tätigkeiten einzuführen und sie darauf vorzubereiten. Diese Erziehungsaufgabe wurde auch nicht in erster Linie theoretisch vollzogen, sondern dadurch, dass die Kinder schon früh in die Alltagsarbeit einbezogen wurden und dann durch Imitation die  notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten erlernen konnten.

 

Heute wird ein Großteil der Erziehungsarbeit außerfamiliären Einrichtungen übertragen, schon früh werden die Kinder in Kindertagesstätten geschickt, da beide Eltern einer erwerbswirtschaftlichen Arbeit außer Hause nachgehen und deshalb auch gar nicht mehr die Zeit aufbringen, sich quasi vollberuflich der Erziehung ihrer Kinder zu widmen, das theoretische Wissen wird in ihrer Gesamtheit von Schulen und weiter bildenden Erziehungsstätten erlernt.

 

Im alten Rom waren dem pater familias alle Rechte zur Bestrafung der Familienmitglieder und der dem Familienverband zugehörigen Sklaven gegeben bis hin zur Todesstrafe. Die Kinder mussten sich den Anordnungen des Vaters fügen und der Vater war der Auffassung, dass man über Prügelstrafen und Entzug jedes Kind zur Raison bringen dürfe und könne.

 

Heutzutage wird zwar immer noch für die Familie ein Intimbereich geschützt, in den der Staat im Normalfall nicht eindringen darf. Trotzdem sind auch die Eltern an die Vorgaben und Verbote des Staates gebunden, der Staat bestimmt jedoch, welche Grenzen den Eltern gesetzt sind. Und wenn die Eltern diese Grenzen gegenüber ihren Kindern nicht einhalten, kann der Staat die Erziehungsaufgaben den Eltern entziehen und den staatlichen Behörden (den Jugendämtern) übertragen.

 

Früher wurden Ehen für das Leben geschlossen und im Allgemeinen war die Eheschließung auch de facto ein Bund fürs Leben, der nicht mehr aufgelöst werden konnte. Nicht die Eheschließenden, sondern deren Eltern bestimmten, wer mit wem sich verheiratete, wobei bei der Auswahl der Ehegatten gar nicht so sehr die Frage im Vordergrund stand, ob die Ehegatten sich so ergänzen, dass sie ein konfliktfreies Miteinander führen können, vielmehr ging es fast ausschließlich darum sicherzustellen, dass der familiäre Betrieb oder auch einfach die Machtposition der Familie weitergeführt und erweitert werden konnte.

 

Als wesentliche Aufgabe der Familiengründung galt hierbei das Ziel, einen Nachkommen zu gebären, der den Erhalt und die Weiterführung der Familie sicherstellte.  Eindeutige Erbfolgeregeln sorgten dann auch dafür, dass der väterliche Betrieb (die väterliche Herrschaft bei den Mächtigen) nicht aufgesplittert wurde und damit seine Fähigkeit zu überleben verlor. Gleichzeitig trugen diese Erbfolgeregeln auch dazu bei, dass die Geburtenzahl auf die knappen zur Verfügung stehenden Ressourcen begrenzt wurden. Als Ausgleich für diese Zurückstellung der Wünsche der Neuvermählten duldeten Staat und selbst die Kirchen, dass vor allem die Männer ihren geschlechtlichen Bedürfnissen durch Halten von Geliebten und Besuch von Bordellen nachkommen konnten.

 

Heutzutage werden zwar offiziell Ehen nach wie vor für das gesamte Leben geschlossen, die Ehe schließenden werden verpflichtet, in guten und schlechten Zeiten zusammenzuhalten, bis dass der Tod sie scheidet. Trotzdem kennt die staatliche Ordnung eine geregelte Scheidung, die immer dann eingeleitet werden kann, wenn die Ehe zerrüttet ist und ein gemeinsames Eheleben nicht mehr zumutbar erscheint. De facto hält ein Großteil der Ehen nur für wenige Jahre und es wurde fast zur Regel, dass Ehen nicht nur bei Tod eines Ehepartners wiederholt geschlossen werden können.

 

Die Eheschließenden entscheiden nun in aller Regel selbst darüber, wer mit wem den Ehebund eingeht und es wird als Ideal einer Ehe hingestellt, dass die Grundlage einer Ehe die gegenseitige Liebe sein sollte und dass die Familieninteressen hintanzustellen seien. Nun sollte man meinen, dass eine gegenseitige Liebe die beste Voraussetzung für den Erhalt einer Ehe darstellt und dass Ehen, welche gegen den Willen der Ehepartner geschlossen wurden sehr viel häufiger zerbrechen als Ehen zwischen Liebenden.

 

De facto konnte eine solche Tendenz nicht festgestellt werden. Gerade die Ehen, welche durch Eltern und unter Umständen gegen den Willen der Ehepartner geschlossen wurden, blieben bis ihrem Ende bestehen, während umgekehrt gerade auch Liebesehen sehr schnell zerbrechen und geschieden werden. Nun muss man sich natürlich darüber klar sein, dass zwischen einer offiziellen Scheidung und einer Zerrüttung einer Ehe große Unterschiede bestehen. Zwar wurden früher kaum Ehen geschieden, aber nur deshalb, weil Staat und Kirche nur in wenigen Ausnahmefällen eine Scheidung zuließen. De facto war sehr wohl ein Großteil der Ehen zerrüttet und bestand deshalb nur noch auf dem Papier.

 

Dass heutzutage trotz Liebesheirat ein Großteil der Ehen scheitert und zur Scheidung führt, hängt damit zusammen, dass sich die Liebe der Ehepartner oftmals auf erotische Liebe beschränkt und dass erotische Liebe erfahrungsgemäß genauso schnell wiederum vergeht wie sie gekommen ist. Nur diejenigen Ehepartner, welche es verstanden haben, an die Stelle der fast immer vergehenden erotischen Liebe eine geistige Liebe zu setzen, welche die Achtung gegenüber dem andern nicht mehr an körperlichen Reizen festmacht, können ein Leben lang eine Liebesbeziehung fortsetzen. Für die Zunahme der Scheidungsfälle trug darüber hinaus auch bei, dass die sozialen und vor allem religiösen Bindungen oftmals bewusst aufgegeben wurden und die Eheschließenden keine Begrenzungen aus übergeordneten religiösen Zielen anerkannten und deshalb nur bereit waren, eine Ehe solange zu führen, als sie ihrem eigenen Lustempfinden entsprach.

 

Es kann somit kaum bestritten werden, dass die Familie gegenüber dem Altertum und dem Mittealter an Funktionen eingebüßt hat. Trotzdem hat die Familie auch heute eine gesellschaftstragende Funktion zu erfüllen und gerade deshalb, weil gesellschaftliche Anreize bestehen, die Familie zu vernachlässigen, kommt dem Staat die Aufgabe zu, durch eine Rahmenordnung sicherzustellen, dass diese Aufgaben der Familie auch erfüllt werden können. Worin bestehen nun die verbleibenden Funktionen der Familie gegenüber der Gesamtgesellschaft?

 

Als erstes wäre hier die Aufgabe zu erwähnen, den Bestand der Bevölkerung zu erhalten, gegebenenfalls auch für ein Wachstum der Bevölkerung zu sorgen. Bereits im Alten Testament fordert Gott die Menschen auf: ‚Wachset und mehret Euch‘. Dieses Gebot ist jedoch sicherlich nicht so zu verstehen, dass sich die Menschen soweit wie immer möglich vermehren sollen oder dass diesem Gebot um so mehr entsprochen werde, je höher die Wachstumsrate der Bevölkerung sei.

 

Dieses Gebot erging zu Beginn der menschlichen Entwicklung an die Menschen, als die Erde noch kaum bevölkert war. Heutzutage, wo mehrere Milliarden Menschen auf dieser Erde wohnen, ist dieses Gebot eher so auszulegen, dass die Anzahl der Menschen dem Vorrat an materiellen Ressourcen entsprechen sollte, das Gebot ‚wachset‘ gilt eben nur solange, als die Bevölkerung der Erde gegenüber dem Reichtum der Natur gering ist, heute besteht weltweit eher die Gefahr einer Überbevölkerung und dies bedeutet, dass dieses Gebot nun so auszulegen ist, dass die Staaten aufgerufen sind, dafür zu sorgen, dass Hungersnot und Kriege aufgrund zu großer Knappheit der Ressourcen vermieden werden.

 

Aber dieses Gebot, ein Wachstum der Bevölkerung dem natürlichen Nahrungsspielraum anzupassen, gilt auch unabhängig von einer religiösen Grundlage und gilt auch in dem Sinne, dass zu wenig Geburten erfolgen können. Eine Volkswirtschaft gerät nämlich in große Schwierigkeiten, wenn eine Bevölkerung drastisch und rasant schrumpft. Der Grund hierfür liegt darin, dass an der Produktion der benötigten Güter nur Personen teilnehmen können, welche sowohl ein Mindest- als auch ein Höchstalter erreicht haben. Kinder sollten sich noch auf das Erwachsenenalter vorbereiten können, während von einem bestimmten Alter an die Fähigkeiten produktiver Arbeit immer mehr zurückgehen. Es ist also immer nur die mittlere Generation, welche sich an der Produktion beteiligen kann und diese Produktion muss ausreichen, um sowohl die Kinder, welche noch nicht am Produktionsprozess beteiligt sind und auch die Rentner, welche bereits aus dem Erwerbsprozess ausgeschieden sind, mit zu ernähren.

 

Vermindert sich nun die Bevölkerungsgröße, so wachsen immer weniger junge Erwachsene nach mit der Folge, dass in Zukunft immer weniger Erwerbstätige auf diejenigen Personen kommen, welche nicht am Erwerbsprozess beteiligt sind, sodass die Lasten der Vorsorge zugunsten der nicht produzierenden Generationen immer größer werden. Ein immer größer werdende Teil des Einkommens muss für die Beiträge zur Rentenversicherung aufgebracht werden oder die durchschnittliche Rentenhöhe wird immer geringer. Eine gleiche verheerende Wirkung ist übrigens auch dann zu erwarten, wenn die Zahl der Gesamtbevölkerung zwar konstant bleibt, aber die Menschen immer älter werden, ohne dass aber die Bereitschaft wächst, erst in einem späteren Lebensalter als bisher aus dem Erwerbsprozess auszuscheiden.

 

Dies bedeutet allerdings nicht, dass jedes Schrumpfen einer Bevölkerung zu unzumutbaren Folgen einer Volksgemeinschaft führt. Es ist mehr das plötzliche und drastische Schrumpfen einer Bevölkerung, welches zu enormen Schwierigkeiten führt. Eine kontrollierte Reduzierung der Bevölkerung, bei der der Schrumpfungsprozess auf mehrere Perioden verteilt wird und sich die Verringerung pro Periode auf eine geringe Größe beschränkt, kann sehr wohl verkraftet werden.

 

Im Grunde genommen muss hierbei lediglich darauf geachtet werden, dass der reale und effektive Beitrag der produzierenden Generation zur Alterssicherung nicht wesentlich ansteigt. Dieses Ziel kann auch bei einer Reduzierung der Bevölkerungsgröße erreicht werden, wenn die Erwerbstätigen bereit sind, eine längere Zeit als bisher erwerbstätig zu sein. Wenn der Durchschnitt der Erwerbstätigen ein Jahr länger arbeitet, so kommt dies der Rentenversicherung in doppelter Weise zugute. Denn einerseits nehmen die Beitragseinnahmen zu, da nun auch ein Teil der bisherigen Rentner noch arbeitet, andererseits ist die Zahl der Rentner, welche von den Erwerbstätigen mitfinanziert werden, gesunken.

 

Die Belastung der Erwerbstätigen aufgrund eines Schrumpfens der Bevölkerung kann aber zweitens auch dadurch abgefangen werden, dass die Produktivität der Erwerbstätigen ansteigt. Hier kann dieser Anstieg im Durchschnittseinkommen dazu eingesetzt werden, dass eine größere Beitragssumme an die Rentenversicherung gezahlt wird, ohne dass jedoch hierdurch das verbleibende reale Pro-Kopf-Einkommen der Erwerbstätigen zurückgeht. Die Höhe des Produktivitätszuwachses sowie die Bereitschaft, länger als bisher erwerbstätig zu bleiben, bestimmen somit, um welchen Betrag pro Periode eine Bevölkerung schrumpfen kann, ohne dass hierdurch unzumutbare Belastungen entstehen.

 

Neben dieser Funktion zur Erhaltung des Bevölkerungsbestandes kommt der Familie zweitens eine wesentliche Funktion im Zusammenhang mit der Erziehung der heranwachsenden Generation zu. Nun haben wir zwar gesehen, dass ein Großteil der Erziehungsaufgaben gegenüber dem Altertum und dem Mittelalter an außerfamiliäre Einrichtungen wie die Kindertagesstätten und vor allem an die Schulen und Hochschulen abgetreten wurden. Da die Lebensführung in der modernen Gesellschaft sehr viel komplexer geworden ist, bedarf es bei allen weiterführenden Erziehungsaufgaben einer beruflichen Qualifikation, welche den größten Teil der Eltern überfordern würde, sodass auch eine Zurückverlagerung dieser Aufgaben an die Familie weder möglich noch erwünscht ist.

 

Trotzdem kommt der Familie auch heute noch im Zusammenhang mit Erziehungsaufgaben eine entscheidende Funktion zu. Wesentliche Voraussetzung dafür, dass die heranwachsenden Jugendlichen zum Erlernen des in Schulen zu vermittelnden Lehrstoffes befähigt sind, ist die Bereitschaft zum Lernen. Wie die Erziehungswissenschaft erkannt hat, besteht eine solche Lernbereitschaft nur dann, wenn bei den Heranwachsenden in ihren ersten Lebensjahren die Freude am Entdecken geweckt wurde. Von der biologischen Entwicklung her fangen Kleinkinder schon mit zwei oder drei Jahren an, die Eltern nach allem möglichen auszufragen. Es kommt nun ganz entscheidend darauf an, ob die Eltern bereit sind, auf dieses Lernbedürfnis einzugehen oder es abzublocken. Nur dann, wenn die Eltern bereit sind, auf die Fragen der Kleinkinder zu antworten, setzen sie damit die Anreize, die jedes Kind benötigt, um überhaupt später bereit zu sein, auch unter gewissen Entbehrungen abstrakten Lernstoff aufzunehmen.

 

Rein theoretisch könnten diese Aufgaben auch von nichtfamiliären Fachkräften übernommen werden. Aufgrund der besseren Ausbildung der Fachkräfte wäre sogar eine gewisse Gewähr gegeben, dass diese Lehrer für diese Aufgaben bessere Voraussetzungen mitbringen als die Eltern. Trotzdem muss davon ausgegangen werden, dass das Urvertrauen und das Grundinteresse jedes einzelnen Kindes am Lernen insgesamt sehr viel besser von den eigenen Eltern als von Fachkräften vermittelt wird.

 

Auf der einen Seite sind gerade diese Erziehungsaufgaben weniger eine Frage der Massenproduktion als der Handarbeit. Die Familie – vor allem die heutige Kleinfamilie – kann diese Aufgabe sehr viel besser erfüllen als eine Kindertagesstätte, welche schon aus Rentabilitätsgründen eine bestimmte Mindestgröße erreichen muss. Auf der anderen Seite erfordert gerade in den ersten Lebensjahren der Kleinkinder die Erziehungsaufgabe sehr großen persönlichen Einsatz mit Mühen und Unannehmlichkeiten, welche für die eigenen Kinder eher aufgebracht werden als für fremde Kinder.

 

Man mag sich vielleicht verwundern, dass wir unter den gesamtgesellschaftlichen Funktionen einer Familie nicht auch das Ziel aufgeführt haben, in der Vereinigung der Ehegemeinschaft das größtmögliche Glück zu erreichen. Diese Zielsetzung mag sicherlich aus der Sicht der individuellen Ehepartner eine große Rolle spielen, ja – vor allem bei einer  Liebesheirat – sogar der wichtigste Zweck der Verheiratung darstellen. Aus der Sicht der Gesamtgesellschaft kommt jedoch dieser Funktion keine entscheidende Rolle zu, auf der einen Seite einfach deshalb, weil auch bei Eheschließungen ohne dass sich die Ehepartner innig lieben, die Gesellschaft in ihrem Erhalt nicht gefährdet erscheint, auf der anderen Seite aber auch deshalb, weil die gegenseitige Liebe zwei Ehepartner in aller Regel von selbst zusammenhält, sodass es gerade im Hinblick auf diese Zielsetzung keiner besonderen Anstrengungen seitens des Staates bedarf.

 

 Zwei Liebende halten im Allgemeinen auch ohne Unterstützung seitens des Staats zusammen, weil gerade unter den Liebenden das gemeinsame Zusammenleben wie von selbst funktioniert, während z. B. die Sicherstellung, dass auch genügend Individuen bereit sind, Kinder in die Welt zu setzen, schon deshalb einer gesellschaftlichen Unterstützung bedarf, da das Kinderkriegen vor allem für die Frau unter Schmerzen und für die Ehepartner insgesamt mit erheblichen Entbehrungen erfolgt.

 

Welche Vorkehrungen können nun mit Hilfe einer gesellschaftlichen Rahmenordnung zur Sicherstellung der beiden oben genannten Funktionen (Erhalt der Bevölkerung und Gewähr einer grundlegenden Erziehung der Heranwachsenden) ergriffen werden? Die Verfassungen der freiheitlichen Rechtsstaaten sehen im Prinzip die Unauflöslichkeit der Ehe vor. Bei der Eheschließung gehen die beiden Ehepartner einen Bund für das Leben ein, sie versprechen sich zueinanderzuhalten in guten wie in schlechten Zeiten. Bei einer christlich-kirchlichen Trauung wird die Unauflöslichkeit der Ehe damit begründet, dass die Ehe ein von Christus eingesetztes Sakrament darstellt und dass das, was Gott geschlossen habe, der Mensch nicht wieder lösen solle. Eine Ehe gilt – von wenigen Ausnahmen abgesehen, so wenn sie z. B. gar nicht durch einen Geschlechtsverkehr vollzogen gewesen war – als unauflösbar, es wird zwar bei einer Zerrüttung einer Ehe akzeptiert, dass sich beide Ehepartner von Tisch und Bett trennen, nicht aber, dass die Getrennten wiederum eine neue Ehe mit anderen Ehepartnern eingehen.

 

Auch dann, wenn bei der weltlichen Eheschließung grundsätzlich davon ausgegangen wird, dass die beiden gesellschaftlichen Funktionen gefährdet wären, wenn eine Eheschließung jederzeit beliebig gelöst werden könnte, wird eine Scheidung unter gewissen Voraussetzungen, dann nämlich, wenn die Ehe zerrüttet ist,  zugelassen, sie muss nur geregelt erfolgen, es muss also als erstes festgestellt werden, dass sich die Ehepartner so auseinandergelebt haben, dass eine weiteres Zusammenleben zu großen Belastungen der beiden Ehepartner führt und es muss geklärt werden, wie die Erziehung der Kinder geregelt wird und wie die gemeinsamen Eigentumsrechte auf die beiden Ehepartner aufgeteilt werden.

 

Die Bereitschaft, bei einer Zerrüttung der Ehe eine Scheidung zuzulassen, wird vor allem damit begründet, dass die Aufgabe der Kindererziehung auch gerade dann gefährdet erscheint, wenn die Eltern ein friedliches Zusammenleben nicht mehr erreichen können. Würde man also überhaupt keine Scheidung zulassen, wäre das eigentliche gesellschaftliche Ziel der Familie stärker gefährdet als dann, wenn man bei der Zerrüttung einer Ehe eine Scheidung zulässt.

 

Die gesellschaftlichen Ziele einer Familie können darüber hinaus auch dadurch gefördert werden, dass man die Zielerfüllung materiell belohnt. Genauso wie ein Unternehmer, welcher den Konsumenten Güter anbietet, für dieses Angebot einen Preis verlangen kann, genauso kann man denjenigen materiell entlohnen, der zur Erhaltung der Bevölkerung und der Erziehung der Kinder beiträgt. Da der Markt diese gesellschaftlichen Leistungen aber nicht entlohnen kann, muss hier diese Entlohnung durch den Staat erfolgen.

 

Diese Entlohnung kann nun einmal in Form einer Geldleistung, z. B. als Gewährung eines Kindergeldes oder auch durch Verringerung der Steuerlast erfolgen oder auch dadurch, dass der Staat Familien mit Kindern bestimmte Sachleistungen wie etwa einen kostengünstigen Platz in einer Kindertagesstätte anbietet.

 

Eine steuerliche Begünstigung ist danach allerdings auch nur dann gerechtfertigt, wenn Ehepartner diese beiden Grundfunktionen (Erhalt des Bevölkerungsbestandes und Erziehung der Kinder) erfüllen. Eine steuerliche Begünstigung für kinderlose Ehepartner z. B. in Form eines Ehegattensplittings ist aus diesen Prinzipien heraus nicht berechtigt. Es ist eine persönliche Entscheidung einzelner Individuen, eine Lebensgemeinschaft zu bilden und wenn jemand von diesem Recht Gebrauch macht, bedarf es keiner zusätzlichen Belohnung, genauso wie der Staat auch kein Recht hat, denjenigen materiell zu bestrafen, der eine solche Ehegemeinschaft nicht wählen will.

 

In gleicher Weise gibt es keine überzeugende Rechtfertigung dafür, die Familien mit Kindern gewährten Steuervergünstigungen auch gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften zu gewähren, zumindest dann nicht, wenn sie nicht durch Adaption eines Kindes zur Erziehungsaufgabe beitragen. Die Steuervergünstigungen sind eine Entlohnung für die Erfüllung familiäre Aufgaben, ein Anspruch auf diese Entlohnung besteht nur dann, wenn diese Aufgaben erfüllt werden. Wenn derjenige, der diese Aufgaben nicht übernimmt, keine steuerliche Begünstigung erfährt, liegt auch keine Diskriminierung vor. Es ist etwas anderes, jemand vor Diskriminierung zu schützen, wenn jemand aufgrund erblich bedingter Umstände keine heterogene Verbindung eingehen kann als ihm eine Entlohnung für eine Handlung zu gewähren, die er gar nicht erfüllt hat.

 

Das im Grundgesetz verankerte Diskriminierungsverbot verbietet jede Benachteiligung aufgrund erblicher Belastungen. Wollte man aber ohne Gegenleistung auch gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften gleiche Steuervorteile gewähren wie Familien mit Kindern, würde man eine neue Diskriminierung gegenüber denjenigen zulassen, welche zwar homosexuell veranlagt sind, aber aus religiösen Gründen eine gleichgeschlechtliche Beziehung ablehnen. Diese Gruppe würde in diesem Falle dafür bestraft, dass sie nach eigenen religiösen Überzeugungen handeln. Die ebenfalls in der Verfassung geschützte Religionsfreiheit garantiert jedoch, dass niemand aufgrund seiner religiösen Überzeugungen gegenüber anderen diskriminiert werden darf. Wenn man allerdings davon ausgeht, dass Ehen nicht nur in Ausnahmefällen kinderlos bleiben und wenn trotzdem ein Ehegattensplitting beibehalten wird, liegt – wie das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat – eine Diskriminierung vor, welche dem Grundgesetz widerspricht.

 

 

3. Gründung und Beendigung der Familie

 

Wir wollen uns nun dem Verhalten der Ehepartner in der Familie zuwenden. Wie bereits in den vorhergehenden Kapiteln steht auch hier im Mittelpunkt einer politökonomischen Analyse die These, dass die einzelnen Individuen vorwiegend ihr Eigeninteresse verfolgen, wobei hierunter durchaus recht unterschiedliche Ziele fallen können, wie z. B. in einer Liebesheirat das höchstmögliche Glück zu verfolgen oder in moralischer Verantwortung nach religiösen Grundsätzen zu handeln.

 

Entscheidend ist aber wiederum die Annahme, dass die Ehepartner bei all ihren Handlungen rational vorgehen, also in einem ersten Schritt sich über ihr eigentliches Ziel klar werden, dann in einem nächsten Schritt sich darüber bewusst werden, welche Alternativen zur Erreichung ihrer Ziele ihnen überhaupt offen stehen, weiterhin überprüfen, wie weit diese einzelnen Möglichkeiten ihr Ziel herbeiführen und welche unerwünschten Nebenwirkungen zu befürchten sind, um dann in einem letzten Schritt sich für die Alternative zu entscheiden, welche im Hinblick auf die angestrebten Ziele den höchsten Zielerreichungsgrad garantiert.

 

Beginnen wir mit der Gründung und Beendigung einer Familie. Das einzelne Individuum kann sich erstens dafür entscheiden, ledig zu bleiben und somit einen Einpersonenhaushalt zu führen. Oder aber er geht mit einem Ehepartner eine Gemeinschaft ein, in dem sich Mann und Frau kirchlich und/oder auch nur vor dem Standesbeamten trauen lassen. Dies sind die zwei wichtigsten Alternativen im Hinblick auf die Ehegründung, welche auch bereits im Altertum und im Mittelalter des Abendlandes zur Diskussion standen, wobei in aller Regel die Ehepartner sogar diese Entscheidung von ihren Eltern treffen ließen, also den Wünschen ihrer Eltern über die Partnerauswahl folgten.

 

Dies bedeutet, dass der gesellschaftliche Rahmen den Eheschließenden wenige Möglichkeiten beließ. Gerade aufgrund der Aufweichung der religiösen und moralischen Auffassungen in der Neuzeit werden heutzutage auch Alternativen in Erwägung gezogen, welche lange Zeit aus moralischen Gründen als nicht erlaubt angesehen wurden. Heutzutage werden zumindest zwei weitere Alternativen in Erwägung gezogen, einmal die wilde Ehe, also das Zusammenleben ohne jede eheliche Bindung und zweitens eine gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft.

 

Genauso wie allein stehende Individuen vor der Entscheidung stehen, ob sie eine Ehe eingehen sollen, genauso stehen Verheiratete immer wieder, vor allem aber bei einer Zerrüttung einer Ehe, vor der Frage, ob sie das Ehebündnis fortsetzen sollen oder sich scheiden lassen sollen.

 

Die Entscheidung darüber, welche dieser Alternativen ein Individuum ergreift, wird nun zunächst einmal von der jeweils individuellen Lage der Betroffenen bestimmt. Die Bildung einer Lebensgemeinschaft ermöglicht im Allgemeinen, die täglichen Probleme und Aufgaben leichter und kostengünstiger zu bewältigen, so können die Ehepartner sich dadurch besser stellen, dass sie arbeitsteilig vorgehen, weiterhin gilt es zu berücksichtigen, dass die langfristigen Anschaffungen für Räumlichkeiten und Geräte die gleichen sind, gleichgültig ob sie für eine oder für mehrere Personen angeschafft werden müssen, in einer Gruppe kann auch in bestimmten Umfang eine Art Risikenausgleich betrieben werden. Findet eine Liebesheirat statt, so dürfte vor allem der Wunsch, mit dem geliebten Partner möglichst alles gemeinsam zu unternehmen, für die Eheschließung maßgebend sein.

 

Aber nicht nur der individuelle Vorteil bestimmt die Entscheidungen der Eheschließung. Ehen wurden früher fast immer, aber zum Teil auch noch heute unter starkem Druck der Eltern geschlossen, es werden dann einfach die Entscheidungen der Eltern übernommen. Weiterhin geht wie bereits gezeigt vom Staat eine Reihe von Anreizen aus, welche die Eheschließung begünstigen oder erschweren. Die gesetzlichen Bestimmungen, welche festlegen, unter welchen Bedingungen eine Ehe eingegangen werden kann, stellen für den einzelnen Eheschließenden eine Art immaterieller Kosten dar, welche die Eheschließung erschweren.

 

Gleichzeitig entscheidet aber auch die Frage, wie schwer es ist, eine Ehe wieder aufzulösen, darüber, wie viel Ehen tatsächlich geschlossen werden. Wenn eine Ehe de facto nicht geschieden werden kann, wie dies im Mittelalter der Fall war, dürfte die Bereitschaft zur Eheschließung geringer sein, als dann, wenn eine Ehe jederzeit geschieden werden kann, wenn die Ehepartner feststellen, dass sie nicht zueinander passen. Ist eine Scheidung nur in Ausnahmefällen erlaubt, haben Ehen rein formal gesehen natürlich größeren Bestand als in gesellschaftlichen Systemen, welche eine Scheidung erlauben. Man muss sich allerdings darüber im Klaren sein, dass zwar hier die Ehen bestehen bleiben, dass aber trotzdem an den Ursachen für eine Zerrüttung nichts geändert ist, sodass die Zahl der funktionierenden Ehen trotzdem gering ist.

 

Wenn vorwiegend aus Liebe geheiratet wird, sollte man eigentlich meinen, dass dieser Umstand den Bestand der Ehe fördert. Wer sich liebt, denkt auch an keine Scheidung. De facto lässt sich jedoch feststellen, dass gerade in den Zeiten, in denen die Liebesheiraten überhand nahmen, die Zahl der Scheidungen ebenfalls zunahm. Wenn auch für diesen Umstand mehrere Ursachen verantwortlich sind, trägt sicherlich das Phänomen der Liebesheirat selbst dazu bei, dass Ehen häufiger auseinanderfallen.

 

Der Grund hierfür liegt darin, dass die erotische Liebe in aller Regel nach einiger Zeit erlöscht. Wenn die Ehepartner es nicht verstanden haben, die anfänglich sinnliche Liebe in eine geistige, auf Verständnis basierende Liebe umzuwandeln, besteht die Gefahr, dass nach Erlöschen der sinnlichen Liebe die Ehepartner eher geneigt sind, die Ehe aufzukündigen. Gerade die Tatsache, dass im Mittelalter die eigentliche Triebkraft einer ehelichen Bindung in der Erhaltung und im Ausbau des elterlichen Betriebes lag und diese Kräfte die Zeiten sinnlicher Liebe überstiegen, trug dazu bei, die Ehe auch zu erhalten.

 

Wieweit eine Ehe Bestand hat oder nicht, hängt weiterhin davon ab, ob sich in der Ehe zwei Partner treffen, welche nach ihren Lebensgewohnheiten und Überzeugungen zueinander passen. Hierbei ist es nicht unbedingt notwendig, dass beide Partner gleiche Bedürfnisse und Verhaltensweisen aufweisen. Partner können sich auch ergänzen und gerade aufgrund unterschiedlicher Fähigkeiten besonders zueinander passen. Die Frage einer Übereinstimmung bezieht sich auch darauf, dass die beiden Eheleute auch bei den geschlechtlichen Beziehungen aufeinander abgestimmt sind. Insofern kann in einer Gesellschaft, in welcher vorehelicher Geschlechtsverkehr erlaubt ist, sogar zu einem besseren Zusammenhalt der Ehen beitragen.

 

Begünstigt wird die Bildung einer Ehe und das Verhindern einer Ehescheidung vor allem auch auf dem Wege steuerlicher oder anderer Anreize. Der Umstand, dass der Staat das Zusammenleben der Ehepartner steuerlich begünstigt, trägt sicherlich dazu bei, dass sich manche Individuen dafür entscheiden, eine Ehe einzugehen oder auch auf eine Scheidung zu verzichten. Eine steuerliche Begünstigung liegt z. B. in dem Ehegattensplitting vor. Da der Einkommenssteuersatz mit wachsendem Einkommen ansteigt, verringert sich die Steuerlast, wenn die Ehepartner ein unterschiedlich hohes Einkommen beziehen. Derjenige Partner, welcher das höhere individuelle Einkommen bezieht, gewinnt hier dadurch, dass seine Steuerpflicht nur auf die Hälfte des gemeinsamen Einkommens bezogen wird. Da eine Ehe zumindest zum Teil eingegangen wird, weil man mit seinem Ehepartner eigene Kinder zeugen und erziehen will, trägt auch ein staatliches Kindergeld dazu bei, materielle Anreize zur Eheschließung zu schaffen.

 

Schließlich können auch von anderen gesellschaftlichen Kräften Anreize zur Ehebildung ausgehen. Dies gilt z. B. dann, wenn der berufliche Aufstieg in den Unternehmungen auch davon abhängig gemacht wird, dass die Führungskräfte eine eheliche Beziehung eingegangen sind. Umgekehrt kann natürlich die Bevorzugung lediger, ungebundener Arbeitskräfte bei der betrieblichen Einstellung Anreize, keine eheliche Bindung einzugehen, auslösen.

 

 

4. Arbeitsteilung in der Familie

 

Im vorhergehenden Abschnitt hatten wir bereits darauf hingewiesen, dass einer der Vorteile der Bildung einer ehelichen Lebensgemeinschaft in der Arbeitsteilung liegt. Bereits Adam Smith, der Begründer der modernen Volkswirtschaftslehre hat in seinem berühmten Nadelbeispiel aufgezeigt, dass eine Unternehmung durch Arbeitsteilung und der hierdurch ermöglichten Spezialisierung die Produktivität entscheidend steigern und mit dem gleichen Einsatz knapper Ressourcen einen wesentlich höheren Ertrag erzielen kann.

 

Dieser Vorteil gilt im Prinzip nicht nur für Unternehmungen, sondern für alle Formen gemeinschaftlicher Arbeit, vor allem auch für Ehe und Familie. Auch hier ist davon auszugehen, dass in einer Familie eine Vielzahl von Aufgaben anstehen, dass die beiden Ehepartner im Allgemeinen über unterschiedliche Neigungen und Fähigkeiten verfügen und dass deshalb auch die in einer Ehe zu erledigenden Aufgaben sehr viel effizienter angegangen werden können, wenn die einzelnen anstehenden Aufgaben arbeitsteilig angegangen werden.

 

Diese Feststellung gilt für alle innerfamiliären Entscheidungen, besonders kontrovers wird jedoch die Aufteilung in außer- und innerfamiliären Aufgaben diskutiert. In unserer abendländischen Kultur galt bis zur Neuzeit eine geschlechtliche Arbeitsteilung in dem Sinne, dass der Mann außer Hause erwerbstätig zu sein habe und dass seine Aufgabe in der Beschaffung des Einkommens für die Familie liege, während die Frau die innerhäuslichen Aufgaben wie Kindererziehung, Kochen und ähnlichem zu erledigen habe.

 

Nun bestehen zwischen Mann und Frau genetisch betrachtet längst nicht so starke Unterschiede, dass sie diese strikte Aufteilung nahelegen. Von den Erbanlagen aus gesehen beschränken sich die Unterschiede im Wesentlichen darauf, dass der Mann zeugen, die Frau gebären und stillen kann. Weitere vermeintliche oder auch tatsächliche Unterschiede sind demgegenüber für unsere Frage nach der außer- und innerfamiliäre Aufgabenteilung von geringerer Bedeutung. Tatsächliche Unterschiede ließen sich vor allem in der Vergangenheit darauf zurückführen, dass zu ganz bestimmten geschlechtlich geprägten Rollen erzogen wurde, wonach bestimmte Aktivitäten männlich oder weiblich seien.

 

Auch gilt es zu bedenken, dass sich auch dann, wenn man nachweisen kann, dass z. B. der Mann ein größeres Gewicht aufweist und deshalb auch körperliche Tätigkeiten besser bewältigen kann, diese Aussagen immer nur auf den Durchschnitt der Personen beziehen. Wir haben nämlich davon auszugehen, dass die einzelnen persönlichen Merkmale in starkem Maße streuen, und das bedeutet, dass ein konkreter Mann sehr wohl bestimmte Eigenschaften stärker aufweisen kann als seine Ehegattin, obwohl diese Eigenschaften im Durchschnitt Frauen stärker aufweisen.

 

Unbeschadet dieser Überlegungen bleibt bestehen, dass Ehepartner ihr Leistungsvermögen entscheidend dadurch verbessern können, dass jeder Partner die Aufgaben übernimmt, zu denen er aufgrund Neigungen und Fähigkeiten besser geeignet ist. Eine rationale Entscheidung kann jedoch nur dann erwartet werden, wenn geschlechtsspezifische Vorurteile abgebaut werden. Männer, welche sich für innerhäusliche Tätigkeiten entschieden haben, dürfen also nicht von ihren Geschlechtskollegen als Hausmänner verunglimpft werden genauso wie Frauen, welche ihre Aktivitäten im Haushalt vornehmen, nicht von den Gleichgeschlechtlichen als Hausmütterchen verschrien werden.

 

Welche Arbeitsteilung nun den größten Gewinn bringt, hängt von einer Reihe von Faktoren ab. So kann eine unterschiedliche Ausbildung dafür verantwortlich sein, dass der eine Ehepartner die erwerbswirtschaftlichen Aufgaben besser erfüllen kann. Ganz generell kommt es der Ehegemeinschaft zugute, wenn derjenige Ehepartner die erwerbswirtschaftlichen Aufgaben übernimmt, der eine höhere berufliche Arbeitsqualität aufweist und damit ein höheres Einkommen erhält. In diesem Sinne hing die geschlechtliche Arbeitsteilung der Vergangenheit auch damit zusammen, dass Frauen für gleiche Arbeiten ein geringeres Einkommen als die Männer bezogen haben. Insofern dürfte in dem Maße, wie eine gleiche Entlohnung für Mann und Frau durchgesetzt wird, auch die hierdurch bedingte Aufteilung der familiären Aufgaben sachgerechter erfolgen.

 

Bei unseren bisherigen Überlegungen gingen wir stillschweigend davon aus, dass diese Arbeitsteilung nur so erfolgen kann, dass sich der eine Ehepartner für die innerfamiliären, der andere Ehepartner hingegen für die außerfamiliären Aufgaben entscheidet. Diese Art Arbeitsteilung ist jedoch keineswegs die einzig mögliche. Prinzipiell besteht auch die Möglichkeit, dass sich beide Ehepartner sowohl in die inner- wie auch außerfamiliären Aufgaben teilen. Sie können beide erwerbstätig sein und die sonst innerfamiliären Aufgaben auf dem Mark ankaufen, also z. B. einen Teil der häuslichen Aufgaben von Hausangestellten verrichten lassen.

 

Viel wichtiger ist jedoch der Umstand, dass die moderne Computertechnik und Telekommunikation auch andere Formen der Arbeitsteilung ermöglicht, bei der die spezifisch innerhäuslichen Arbeiten sehr wohl von den Ehegatten übernommen werden. So könnte der eine Ehepartner vormittags, der andere nachmittags einer erwerbswirtschaftlichen Arbeit nachgehen. Oder aber der eine Ehepartner geht seinem Beruf für 3 bis 5 Jahre nach, während der jeweils andere Partner während dieser Zeit beruflich gesehen pausiert und die häuslichen Verrichtungen übernimmt.

 

Bisweilen wird eingewandt, dass vor allem Führungsaufgaben nicht für längere Zeit unterbrochen werden könnten. Dies mag für die Vergangenheit tatsächlich oftmals zutreffen. Gerade hier hat jedoch die moderne Telekommunikation neue Möglichkeiten geschaffen, dass Führungskräfte auch von zuhause aus durchaus in den Entscheidungsprozess eingebunden werden können. Gleichzeitig können sehr viele erwerbswirtschaftliche Aufgaben sehr wohl auch von zuhause aus wahrgenommen werden. Das Problem besteht hier weniger darin, dass diese Möglichkeiten technisch gesehen nicht geschaffen werden könnten, sondern dass sie heute noch nicht in dem durchaus möglichen Umfang von den Unternehmungen angeboten werden.

 

 

Fortsetzung folgt!