In ihrem größerem Umfang gewannen seit den letzten Jahren Populisten und Politiker extremer Parteien an Boden. In den USA regiert Trump und verletzt zahlreiche demokratische Spielregeln, in Polen wird durch vorzeitige Entlassung höchster Richter das Prinzip der Gewaltenteilung verletzt, in Ungarn wird die Pressefreiheit eingeschränkt, in Italien, Frankreich und den Niederlanden erstarken rechtsradikale Parteien und in der BRD, vor allem in den bisherigen DDR-Ländern, erreicht die AFD fast ein Viertel der Stimmen.
Es ist klar, dass diese Gruppe von Politikern ernsthaft den Bestand der westlichen Demokratien gefährdet und deshalb politisch entschieden bekämpft werden muss. Es fragt sich jedoch, ob dieser Kampf auch darin bestehen muss, dass man diesen Politikern – wo immer möglich – feindlich begegnet und sie bis aufs Messer bekämpfen muss.
Es ist fraglich, ob diese Art von Haltung dazu führt, den Rechtsradikalismus zu bekämpfen, ob auf diese Weise nicht erst recht der Rechtsradikalismus sogar gestärkt wird. Schließlich besteht die Gefahr, dass die Bevölkerungsgruppen, welche die radikalen Parteien gewählt haben, diese Angriffe gegen sich gerichtet ansehen, sich damit in ihrer Überzeugung bestätigt ansehen, dass sich das Establishment gegen sie richte und entschieden ihre oppositionelle Haltung verteidigen und eventuell sogar vermehrt zu Randale bereit sind.
Wir wollen die Problematik eines Umgangs mit Populisten an zwei Beispielen aufzeigen: an der Haltung der demokratischen Partei und einem Teil der öffentlichen Medien gegenüber Trump und weiterhin an der Haltung der Parteien und dem Fernsehen gegenüber der AFD.
Beginnen wir mit dem erwünschten Verhalten gegenüber Trump. In der Vergangenheit haben sowohl die Demokratische Partei wie auch der größte Teil der öffentlichen Medien Front gegen Trump ergriffen.
Zur Frage steht nicht, wieweit diese Kritik berechtigt ist. Wichtige Entscheidungen Trumps, wie z. B. seine Haltung gegenüber Freihandel oder in der Klimafrage schaden langfristig eindeutig den USA und dem Welthandel.
Zur Diskussion steht allein die Frage, ob es richtig ist, dass Trump in der Öffentlichkeit permanent angegriffen und lächerlich gemacht wird.
So schadet der Versuch der Demokratischen Partei, gegen Trump ein Amtenthebungsverfahren einzuleiten. Wiederum geht es nicht primär um die Frage, inwieweit die vorgebrachten Anschuldigungen der Wahrheit entsprechen.
Entscheidend ist allein die Tatsache, dass der Senat und nicht das Repräsentantenhaus darüber entscheiden muss, dass eine Amtsenthebung durchgeführt wird. Bekanntlich haben die Republikaner im Senat eine satte Mehrheit von 20 Abgeordneten und es ist deshalb sehr unwahrscheinlich, dass im Senat eine Mehrheit für eine Amtsenthebung Trumps stimmen wird.
Wenn aber der Senat mehrheitlich entscheidet, dass eine Amtsenthebung nicht berechtigt ist und dass die von den Demokraten vorgebrachten Beweise nicht stichhaltig sind, so bedeutet dies zweifelslos, dass Trump aus diesem Verfahren als Sieger und gestärkt hervorgeht.
Trump kann und wird darauf hinweisen, dass die Anschuldigungen gegen ihn widerlegt wurden. Seine Position vor den Wählern wird besser und nicht wie die Demokraten mit Einleitung dieses Verfahrens bezweckt haben schlechter. Und dies bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit der Wiederwahl Trumps Ende des nächsten Jahres sogar ansteigt.
Die bisherigen Wähler Trumps fühlen sich bestätigt. Sie wanden sich vor allem gegen das Verhalten des Establishment und in ihrer Auffassung ist der permanente verbale Angriff auf Trump eine Bestätigung dieser Haltung, welche auf diese Weise befestigt wird.
Gleichzeitig konnte Trump erreichen, dass sich die wirtschaftlichen Daten während seiner bisherigen Regierungszeit entscheidend verbessert haben, die Arbeitslosenzahl gering zurück und das durchschnittliche Einkommen stieg an.
Die Ursachen hierfür sind zahlreich. Erstens profitiert jede Regierung im ersten Jahr von den Maßnahmen der vorhergehenden Regierung, da sich politische Maßnahmen immer erst nach einem gewissen time lag auswirken.
Dadurch, dass Trump die Kohlewirtschaft in den Gebieten, welche in der Vergangenheit unter der Umstellung im Energiebereich am meisten betroffen waren (Arbeitsplätze wurden abgebaut, die qualifizierteren Arbeitnehmer wanderten in andere Regionen) massiv förderte, stieg das wirtschaftliche Wachstum. Gleichzeitig stimulierte eine drastische Steuersenkung das wirtschaftliche Wachstum.
Diese Erfolge dürften jedoch nicht anhalten. Auf der einen Seite konnte dieser wirtschaftliche Erfolg nur dadurch erreicht werden, dass die Klimaschutzziele vernachlässigt wurden und die Kohle- und Gasproduktion forciert wurde. Auf der anderen Seite trägt die Schutzzollpolitik Trumps zu hohen Kostensteigerungen bei den importierten Produktionsgütern bei und dies wird auf lange Sicht das Wachstum hemmen.
Wenden wir uns der Haltung gegenüber der AFD zu. Auch hier greifen die übrigen im Parlament vertretenen Parteien sowie die meisten öffentlichen Medien die AFD massiv an und erschweren den Vertretern der AFD wo immer nur möglich die Mitwirkung im Parlament.
Auch hier müssen wir aber davon ausgehen, dass die Wähler, welche aus welchen Gründen auch immer die AFD gewählt haben, diese Angriffe gegen sich gerichtet ansehen und gerade aus diesen Gründen aus Trotz an der AFD festhalten.
Diese Wähler wird man nur dann zurückgewinnen können, wenn man nicht nur die Sorgen dieser Wähler ernst nimmt, sondern auch den Politikern, welche sie gewählt haben, mit Respekt begegnet.
Dies bedeutet natürlich nicht, dass man die Argumente der AFD übernimmt oder diese Politiker an den Regierungsgeschäften beteiligt. Dies tut man ja auch nicht im Verhältnis zu den anderen Parteien. Eine Koalition mit der AFD ist auf jeden Fall der falsche Weg. Er ermöglicht nur radikalen Parteien den Zugang zur Macht.
Eine sachlich geführte Auseinandersetzung mit den Argumenten der AFD ist notwendig. Diese kann aber auch so erfolgen, dass man die politischen Gegnern mit Respekt behandelt. Ein offener Angriff auf Politiker der AFD ist jedoch nur dort angebracht, wo Gesetze und Grundwerte der Verfassung verletzt werden. Und in diesem Falle ist es dann auch notwendig, z. B. einzelne Gruppierungen der AFD durch den Verfassungsschutz beobachten zu lassen.
Eine aktive Gegenwehr gegenüber einzelnen Äußerungen bestimmter AFD-Politiker war z. B. notwendig, als Herr Gauland den Holocaust als Vogelschiss der deutschen Geschichte bezeichnet hat.
Natürlich kommt es in den politischen Debatten immer wieder vor, dass man unangemessene Formulierungen wählt. Eine nachträgliche Entschuldigung für diese Entgleisungen reicht hier durchaus aus. Von Vogelschiss im Zusammenhang des Holocaust zu sprechen, kann aber mit dem besten Gewissen nicht als ein solches harmloses Versprechen gedeutet werden.
Ein Vogelschiss ist ein sicherlich sehr unangenehmer, aber eindeutig ein natürlicher Vorgang, den wir eben erdulden müssen. Er hat nichts mit einer moralischen Haltung zu tun. Und gerade deshalb ist der Versuch, das wohl größte Verbrechen in der deutschen Geschichte als nur einen Vogelschiss zu bewerten, eine nicht akzeptable Äußerung, gegenüber der mit schärfstem Widerspruch zu begegnen ist.