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Zur Problematik der Pressefreiheit (Fortsetzung)

 

 

 

Gliederung

1. Zur Einführung

2. Der Begriff Pressefreiheit

3. Die Rolle der Pressefreiheit für die Verfassung

4. Pressefreiheit und religiöse Gefühle

5. Pressefreiheit und Berichterstattung von Unglücksfällen

6. Pressefreiheit und terroristische Anschläge

7. Pressefreiheit und Regierungskrisen

8. Rechtsprechung

9. Die Bedeutung der Selbstkontrolle

 

 

 

 

6. Pressefreiheit und terroristische Anschläge

 

Ein weiteres Problem stellt die Berichterstattung über terroristische Anschläge dar. Auch hier muss als erstes festgestellt werden, dass die Öffentlichkeit ein Recht auf eine ausführliche Berichterstattung darüber hat, welche terroristischen Akte verübt wurden und ob etwa in naher Zukunft terroristische Handlungen befürchtet werden müssen. Regierungen haben oftmals ein Interesse daran, den Umfang und die Schwere dieser Aktivitäten herunter zu spielen. Sie sind für die Sicherheit der Bevölkerung verantwortlich und der Hinweis auf zahlreiche terroristische Aktivitäten könnte durchaus in der Bevölkerung den Eindruck erwecken, dass die Regierung in dieser Frage nicht erfolgreich war und dass zu wenig zur Abwendung dieser Gefahren getan wurde.

 

Es interessiert in diesem Zusammenhang weniger die Frage, ob diese Befürchtungen zu Recht bestehen. Gegen Terrorismus gibt es bekanntlich keinen hundertprozentigen Schutz. Wichtiger ist hier der Umstand, dass der – vielleicht auch falsche – Eindruck der Bevölkerung die Wiederwahlmöglichkeiten der Politiker ernsthaft gefährden kann und dass die Politiker somit ein Interesse daran haben, diese Gefahren unter Umständen zu verharmlosen. De facto lässt sich in der Tat beobachten, dass die Zahl der von solchen terroristischen Akten betroffenen Personen (Tote, Verletzte) und der Umfang der einge­tretenen Schäden von Regierungsseite im Allgemeinen zunächst sehr viel geringer angegeben wird als von den öffentlichen Medien, die Wahrheit mag bisweilen in der Mitte liegen, denn die Presse hat ihrerseits unter Umständen ein Interesse daran, den Umfang aufzubauschen; auf jeden Fall fällt auf, dass die offiziellen Statistiken über Terrorakte nach einiger Zeit zumeist nach oben korrigiert werden müssen.

 

Andererseits könnte die Regierung aber auch unter gewissen Bedingungen ein Interesse daran haben, den Umfang terroristischer Akte größer als tatsächlich erscheinen zu lassen und bewusst in der Bevölkerung Angst zu schüren, dann z. B., wenn sie weitere Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus plant und wenn diese Maßnahmen mit einer starken Einschränkung der persönlichen Bürgerrechte verbunden sind und deshalb in der Öffentlichkeit starker Kritik unterliegen.

 

Hier kann es Aufgabe der öffentlichen Medien sein, darauf hinzuweisen, dass die tatsächliche Gefahr geringer ist oder dass das vorhandene Instrumentarium zur Bekämpfung des Terrorismus durchaus ausreicht. Es besteht nämlich die Gefahr, dass die Regierenden dazu neigen, in einen reinen Aktionismus zu fallen, dass sie es für wichtiger ansehen, dass überhaupt etwas übernommen wird, auch dann, wenn diese Maßnahmen vielleicht gar nicht zu einer Verbesserung der Abwehr gegenüber dem Terrorismus führen. Solche Maßnahmen sind natürlich unerwünscht, da sie die persönlichen Rechte der Bürger einschränken, ohne dass dadurch der Schutz der Bevölkerung verbessert werden kann.

 

In gewissem Umfang mögen sogar von einer ausführlichen Berichterstattung positive Wirkungen ausgehen, wenn sich die Berichterstattung auf geplante Akte des Terrorismus bezieht. Wir haben einmal damit zu rechnen, dass sich bei Kenntnis der möglichen Gefahren die Bevölkerung vorsichtiger und umsichtiger verhält und dass auf diese Weise der dann zu befürchtende Schaden geringer ausfällt. Wenn z. B. bekannt würde, dass an einem bestimmten Zeitpunkt an einer bestimmten Stelle ein Selbstmordattentat in Fernzügen erwartet werden müsse, so wird nur derjenige diese Züge benutzen, der dieser Gefahr nicht ausweichen kann. Auch könnte die Regierung in diesem Falle besser Vorsorgemaßnahmen treffen. Im Allgemeinen wird man jedoch vermuten können, dass eine solche positive Wirkung sehr unwahrscheinlich ist, da in der Regel Zeit und Ort solcher Akte nicht exakt bestimmt werden können. Das Beispiel der zahlreichen Selbstmordattentaten im Irak zeigt, wie gering diese Möglichkeiten tatsächlich sind und dass trotz Kenntnis der Gefahr täglich zahlreiche Opfer von diesen Anschlägen betroffen werden.

 

Es könnte weiterhin unter Umständen damit gerechnet werden, dass die Medien von terroristischen Akten Kenntnis erlangen, dass durch die Berichterstattung auch die Regierungsstellen unterrichtet werden und dass diese deshalb Schutzmaßnahmen einleiten können, die sonst nicht möglich wären. Aber auch hier wird man diese Möglichkeiten nicht hoch einschätzen können. Es gibt eigentlich keinen Grund dafür, dass die Medien in stärkerem Maße von solchen Aktivitäten erfahren als der sehr umfangreiche Regierungsapparat mit seinen zahlreichen Geheimdiensten.

 

Dass die Berichterstattung über innerpolitische Aktivitäten erwünscht und notwendig ist, liegt vielmehr daran, dass gerade auf politischer Seite – wie bereits gezeigt – starke Anreize bestehen, dass bestimmte Aktivitäten, welche die Erfolgsaussichten der regierenden Politiker beeinträchtigen könnten, nicht veröffentlicht werden. Im Gegensatz hierzu haben in der Regel Regierungsstellen wie Presse ein gleiches gemeinsames Interesse daran, dass terroristische Akte abgewehrt werden.

 

 Schließlich könnte durch Berichterstattung über eine zu erwartende terroristische Aktion dadurch ein positiver Effekt eintreten, dass die Terroristen auf die geplante Tat verzichten, da bei Kenntnis der näheren Umstände die geplanten Todesfälle wesentlich geringer ausfallen und deshalb aus der Sicht der Terroristen ihren Zweck verfehlen. Aber auch diese Möglichkeit dürfte äußerst gering sein, da auf der einen Seite – wie bereits erwähnt – ohnehin die Kenntnisse über geplante Terrorakte zu unpräzise sind, um sich erfolgreich gegen diese Anschläge zur Wehr zu setzen und da solche Aktionen so vieler Vorbereitungen bedürfen, dass eine einmal angelaufene Aktion nicht mehr abgestoppt werden kann.

 

Um diese Zusammenhänge besser zu verstehen, muss man sich darüber klar werden, wie terroristische Akte im Allgemeinen geplant und ausgeführt werden. Die Berichterstattung über die durchgeführten Terrorakte stellt nun einen ganz wesentlichen Teil in der Ausführung des Terrorismus dar. Den Terroristen geht es ja nicht primär darum, ganz bestimmte Personen zu töten, sondern vielmehr darum, an bestimmten Stellen, welche das öffentliche Interesse in besonderem Maße berühren, möglichst spektakuläre Taten zu vollbringen, um das öffentliche Interesse auf sich zu ziehen und damit in der Bevölkerung Angst zu verbreiten und die Politiker zu panischen Reaktionen zu veranlassen. Hierzu zählt auch das Ziel, die Politiker zu Handlungen – wie z. B. Einschränkung der persönlichen Freiheiten aller Bürger – zu bewegen, welche eigentlich konträr zu den letztlichen Zielen aller freiheitlichen Demokratien liegen.

 

In dieser Hinsicht besteht nun die Gefahr, dass die Medien unbewusst und unabsichtlich zu Handlangern der Terroristen werden, da der eigentliche Zweck der Aktion eben nicht das Sterben zahlreicher unschuldiger Personen ist, sondern – wie bereits erwähnt – darin liegt, dass diese Aktionen bekannt werden und panische Furcht in der Bevölkerung hervorrufen, dass die Politiker zu Taten veranlasst werden, aufgrund derer sich die Bevölkerung von den Regierungen abwendet und somit schließlich eine Destabilisierung in der gesamten westlich orientierten Welt eintritt.

 

Es wäre weiterhin wohl falsch zu unterstellen, dass hier eine hoch durchorganisierte zentralistische Organisation des Terrorismus besteht, dass alle Aktionen zentral geplant werden und dass die ausführenden Selbstmordattentäter reine Befehlsempfänger der Zentrale sind, welche jederzeit – auch kurz vor Ausführung der Tat – zurückgepfiffen werden können.

 

Natürlich ist es richtig, dass z. B. an der Grenze zwischen Pakistan und Afghanistan zentrale Strukturen der Al-Qaida bestehen, dass dort von zentraler Stelle in Lagern mögliche Attentäter in Kampftechniken ausgebildet werden und dass auch von dieser zentralen Stelle aus Appelle zu Selbstmordattentaten in die Welt ausgestrahlt werden. Die Durchführung dieser terroristischen Akte erfolgt jedoch zumeist durch ein loses Netz von zahlreichen zum Teil auch konkurrierenden örtlichen Einheiten, welche sehr wohl eigenständig darüber entscheiden, welche Aktionen, zu welchem Zeitraum und an welcher Stelle und von welchen Kämpfern durchgeführt werden.

 

In diesem Zusammenhange besteht nun die Gefahr, dass eine sehr ausführliche Berichterstattung vor allem in den Schlagzeilen dazu beiträgt, die Aktivitäten der terroristischen Kampfeinheiten zu verstärken. Die einzelnen Zellen erfahren von den Anschlägen anderer Zellen, sie sind neidisch auf dessen Erfolg und versuchen diese zu überbieten. Auf jeden Fall wirkt die Berichterstattung anreizend, dem Beispiel anderer zu folgen.

 

Diese Anreize bestehen übrigens auch dann, wenn in den Medien über Misserfolge terroristischer Aktionen berichtet wird. Solche Informationen tragen in der Regel keineswegs dazu bei, die Terroristen zu entmutigen und von der Erfolglosigkeit ihrer Aktivitäten zu überzeugen; ganz im Gegenteil stellt die Kenntnis missglückter Attentate einen zusätzlichen Anreiz, die eigenen Anstrengungen zu verstärken, wobei jede einzelne Zelle von der Überzeugung ausgeht, dass sie erfolgreicher sein werden als ihre Konkurrenten, dass ihnen weniger gravierende Fehler unterlaufen werden.

 

Aus dieser Sicht muss man also befürchten, dass eine zu auffällige und zu ausführliche Berichterstattung den Umfang terroristischer Aktionen eher verstärkt und dass es aus Gemeinwohlüberlegungen heraus oftmals günstiger wäre, wenn über terroristische Akte nicht an vorderster Stelle berichtet würde und wenn sich die Berichte auf wenige sachliche Hinweise beschränken würden. Damit würde der Nährboden für den Terrorismus zumindest eingeschränkt.

 

 

7. Pressefreiheit und Regierungskrisen

 

Es gehört sicherlich zu den elementaren Aufgaben der öffentlichen Medien, Verfehlungen der Politiker aufzudecken. Wir haben bereits gesehen, dass gerade in dieser Aufgabe die eigentliche Begründung liegt, den öffentlichen Medien größere Rechte als normalen Bürgern einzuräumen, da das Machtmonopol des Staates den jeweils regierenden Politikern eine Machtfülle einräumt, welche selbst wiederum die Gefahr des Machtmissbrauches nach sich zieht. Aber gerade diese Rechte der öffentlichen Medien verleihen den Journalisten Macht, welche natürlich ebenfalls missbraucht werden kann.

 

Worin liegen nun in diesem Zusammenhang die eigentlichen Gefahren. Natürlich muss immer mit der Möglichkeit gerechnet werden, dass einzelne Journalisten ihre Macht dadurch missbrauchen, dass sie fehlerhaft recherchieren, deshalb über einzelne Politiker Unwahrheiten verbreiten und unliebsame Politiker zu Unrecht beleidigen. Aber dies ist eine allgemeine Gefahr, sie spielt im Zusammenhang mit der Pressefreiheit keine eigene besondere Rolle, es gilt eben nur, dass auch Journalisten Menschen sind und dass einzelne Menschen ihnen übergebene Macht bisweilen missbrauchen.

 

In unserem Zusammenhang verdient die Gefahr größere Beachtung, dass die öffentlichen Medien durch ihr Verhalten dazu beitragen, Regierungskrisen auch dort auszulösen, wo bei sachlicher Betrachtung die Politiker zwar Fehler gemacht haben, diese Fehler aber keinesfalls eine Ablösung der Regierung rechtfertigen.

 

Diese Vorgänge beziehen sich auf eine Reihe unterschiedlicher Tatbestände. Journalisten greifen etwa Politiker wegen Verfehlungen an, welche die Politiker in ihrer Jugend unter ganz anderen politischen Systemen begangen haben; oder aber es werden Enthüllungen aus der Privatsphäre eines Politikers gemacht, die auf ein angeblich amoralisches Verhalten eines Politikers hinweisen. Oder aber es werden Praktiken bekannt, welche von einzelnen Politikern in ihrer Eigenschaft als Finanzchef ihrer Partei im Zusammenhang mit Spendenbeschaffungen angewandt wurden, welche zu der damaligen Zeit, als diese Verfehlungen begangen wurden, unter allen größeren Parteien üblich waren, aber aufgrund eines Wandels in den Auffassungen in der Zwischenzeit erfreulicher Weise als amoralisch und verwerflich eingestuft werden. Schließlich machen die Journalisten vielleicht auch auf un­überbrückbare Meinungsverschiedenheiten von Parteien einer Koalitionsregierung aufmerksam und spielen diese Unterschiede hoch, obwohl eigentlich diese Unterschiede schon immer bekannt waren und auch nicht so groß sind, dass ein gemeinsames Regieren nicht mehr möglich erscheint.

 

Gelingt es den öffentlichen Medien Verfehlungen der Politiker – vor allem in der Vergangenheit – aufzudecken, lässt sich ein allgemeines Verhaltensschema der so angegriffenen Politiker erkennen, das unabhängig von der Parteizugehörigkeit und auch unabhängig davon, in welchem Land diese Vorgänge sich abspielen, nach gleichen oder ähnlichen Mustern abläuft.

 

In einem ersten Schritt werden Politiker auf ihre Verfehlungen in der Vergangenheit angesprochen. Da diese Fragen für die Politiker oftmals unerwartet kommen, haben sie auch keine befriedigende Antwort parat. Da sie aber mit Fragen angegriffen werden und die Politiker ihr Gesicht wahren wollen, streiten sie die Vorwürfe pauschal ab oder geben auf Fragen, die sich auf bestimmte Zeitabläufe beziehen, falsche Antworten, gar nicht so sehr, um die Öffentlichkeit zu täuschen, sondern einfach deshalb, weil ihnen im Zeitpunkt der Befragung der genaue Zeitpunkt nicht bekannt ist, oder auch deshalb, weil sie eine schlechte Figur abgeben würden, wenn sie wahrheitsgemäß antworten würden, dass ihnen im Augenblick der genaue Zeitpunkt nicht gegenwärtig ist.

 

Ist einmal eine – auch unabsichtlich gegebene – falsche Antwort gefallen und stellen die angesprochenen Politiker den Fehler ihrer Aussagen fest oder werden sie von Parteifreunden gedrängt, ihre Aussagen richtig zu stellen, so geraten sie sehr leicht in widersprüchliche Aussagen, da sie um Antworten kämpfen, bei denen sie nicht ihre Falschaussagen offen zugeben müssen; dies würde in der Öffentlichkeit bereits als Zugeständnis eines schuldhaften Verhaltens ausgelegt und den betroffenen Politiker im Kampf um Ansehen vor den Wählern zurückwerfen.

 

Die Krise zieht immer weitere Kreise und endet in der Regel damit, dass der betroffene Politiker seine Laufbahn mit großem Gesichtsverlust verliert. Hierbei geht es bei dem Verlangen nach Rücktritt gar nicht mehr so sehr um die eigentlichen Verfehlungen, sondern nur noch darum, dass die Unwahrheit – vielleicht sogar vor einem Untersuchungsausschuss des Parlaments – bestraft werden muss.

 

Hierbei gilt es zu bedenken, dass bei den betroffenen Politikern gar nicht so sehr die Absicht vorherrschte, die Öffentlichkeit zu belügen, sondern dass sie aus Unkenntnis und aus dem vermeintlichen Zwang, auf Angriffe aus der Presse angemessen zurückzuschlagen, sich zu diesem Verhalten gezwungen sahen. Es sind Mechanismen, welche sich im gegenseitigen Wettbewerb um die Wähler allmählich durchgesetzt haben, der einzelne ist diesen Mechanismen ausgesetzt und macht sich schwer, aus diesen Mechanismen so auszubrechen, dass im Endergebnis anfangs gemachte unwahre Aussagen korrigiert werden können, ohne hierdurch das Gesicht zu verlieren und politischen Schaden zu nehmen. Würde man z. B. von Seiten der öffentlichen Medien vermeiden, dass die Politiker unvorbereitet angegriffen und mit vergangenen Aktivitäten konfrontiert werden, würde die Klarstellung der vergangenen Handlungen für alle beteiligten Personen vermutlich befriedigender verlaufen.

 

Befassen wir uns nun mit diesen unterschiedlichen Fällen etwas ausführlicher. Vor allem in der BRD – aber auch in anderen Ländern – wurden vereinzelt Politiker wegen ihrer Tätigkeiten in der Nazizeit von den Medien angegriffen und es wurde ein Prozess ausgelöst, der mit einem Rücktritt dieses Politikers endete und ein sonst durchaus verdienstvoller Politiker vor einem politischen Scherbenhaufen stand. Man kann sehr unterschiedlicher Meinung sein, ob Personen, welche in der Vergangenheit einer undemokratischen Partei angehört haben, überhaupt noch das Recht haben sollten, am politischen Leben aktiv teilzunehmen und höhere Positionen einzunehmen. Man sollte aber diese Frage für alle Personen gleich behandeln, unabhängig davon, ob dieser Politiker früher einmal einer rechts- oder linksextremen Partei angehörte.

 

Leider muss man feststellen, dass gerade in Deutschland ein Teil der Medien rechtslastige Politiker anders behandelt als solche, die sich im linksextremen Milieu bewegt haben. Zugunsten des Standpunktes, dass jedem, der einmal in seiner Jugend politische Fehlentscheidungen getroffen hat, eine zweite Chance eingeräumt werden sollte, wenn klar wird, dass sich diese Person in ihren Auffassungen gewandelt hat, spricht vor allem der Umstand, dass es an fähigen Politikern oft mangelt und dass eine Gemeinschaft Chancen unnötigerweise verschenkt, wenn sie auf Politiker verzichtet, die sehr wohl dem Gemeinwohl Nutzen bringen könnten. Es ist sicherlich zur Wahrung des Gemeinwohls nicht erwünscht, dass Politiker, welche Jahre lang unbestritten Regierungsverantwortung übernommen hatten und sich in diesen Ämtern keiner Verfehlungen schuldig gemacht haben, bei Bekanntwerden bestimmter politischer Aktivitäten in der Jugendzeit deshalb in Schande und Schmach gestürzt werden, ohne dass eine Beteiligung an kriminellen Akten für die betroffenen Politiker nachgewiesen werden konnte.

 

Besonders umstritten sind die Fälle, in denen Politiker wegen unsittlichen Verhaltens in ihrer Privatsphäre schließlich ihr Amt eingebüßt haben, auch dann, wenn ihre Fähigkeiten als Politiker unbestritten waren. Natürlich kann man der Auffassung sein, dass Politiker auch in moralischer Hinsicht ein Vorbild sein sollten und dass nur solche Politiker tätig sein sollten, welche sich auch in moralischer Hinsicht keine Blößen gegeben haben. Diese Beurteilung übersieht jedoch, dass sich eine moderne Gesellschaft ein solches Verhalten gar nicht leisten kann. Die Auswahl eines Politikers im Rahmen einer freiheitlichen Demokratie erfolgt danach, welcher unter den konkurrierenden Politikern am erfolgreichsten in dem Bemühen ist, mehrheitsfähige Kompromisse herbeizuführen. Politische Ämter können nur dann erfolgreich für das Gemeinwohl geführt werden, wenn bei den in Frage stehenden Politikern eine Kompetenz für solche Entscheidungen vorliegt.

 

Der gute Wille und die moralische Integrität reichen auf jeden Fall nicht aus, die höchsten Ämter in Politik und Gesellschaft wahrzunehmen. Es würde dem Gemeinwohl sehr schaden, wollte man die Qualifikation an moralischen Qualitäten allein festmachen. Räumt man jedoch ein, dass in modernen Gesellschaftsstrukturen nur solche Führungskräfte gewählt werden können, welche eine fachliche Kompetenz aufweisen, so muss man damit rechnen, dass die moralische Qualität eines Politikers im Durchschnitt dem moralischen Standard der Bevölkerung notwendigerweise entsprechen muss, dass es deshalb auch unter Politikern genauso oft zu moralischen Verfehlungen kommt wie in der übrigen Bevölkerung.

 

In der BRD kam es in der Vergangenheit vor allem im Zusammenhang mit verschiedenen Spendenaffären zu politischen Krisen größten Ausmaßes. Die Krise wurde dadurch ausgelöst, dass die angesprochenen Politiker sich sehr schnell in Widersprüche verwickelten und nur nach wiederholten Versuchen schließlich mit der Wahrheit herausrückten. Diese Vorgänge entwickelten sich schließlich zu einer Staatsaffäre größten Ausmaßes. Da die Aburteilung einzelner Politiker durch die öffentlichen Medien zumeist deshalb erfolgt, da in der Beurteilung der Berechtigung bestimmter Praktiken ein entscheidender Wandel eingetreten ist, fragt es sich, ob hier nicht elementare Regeln der Fairness einer freiheitlichen Rechtsstaates verletzt werden, schließlich gilt der Grundsatz, dass man nur für solche Handlungen belangt werden kann, welche schon in dem Zeitpunkt, in dem diese Handlung erfolgte, als strafwürdig angesehen wurden.

 

Es geht hierbei nicht darum, dass Verfehlungen nicht rechtlich geahndet werden sollen; kommt es nämlich zu einem gerichtlichen Verfahren, so werden diese Grundsätze sehr wohl beachtet. Es geht hier vielmehr allein darum, dass auf diesem Wege eine Vorverurteilung in der Öffentlichkeit stattfindet und dass diese Verurteilung auch dann den Betroffenen im politischen Alltagskampf schadet, wenn diese später durch die Gerichte von diesem Vorwurf befreit werden können.

 

Schließlich einige Worte zu der Gefahr, dass Meinungsverschiedenheiten zwischen Koalitionspartnern oder auch innerhalb der Parteien so hochgespielt werden, dass sich hieraus die Gefahr einer Regierungskrise herausbildet. Nehmen wir das Beispiel der jüngsten großen Koalition in der BRD. Das Zusammengehen von CDU und SPD erfolgte bekanntlich nicht aus der gegenseitigen Überzeugung, dass ein solches Zusammengehen sinnvoll und erwünscht ist, sondern ergab sich allein aus der Tatsache, dass der Wähler sich bei den vorhergehenden Wahlen so entschieden hatte, dass andere Koalitionen nicht ernsthaft möglich waren. Es war der Wählerauftrag und nicht der freie Wille der Parteien, der zu dieser Regierungsbildung geführt hat. Nach wie vor war klar, dass sich beide Parteien als Konkurrenten im Kampf um die Wählerschichten verstanden und dass sich in ihren Parteiprogrammen unüberbrückbare Gegensätze feststellen lassen.

 

Diese Ausgangslage macht jedoch ein zeitweises Zusammengehen keinesfalls unmöglich, gibt es doch fast immer gewisse politische Felder, in denen übereinstimmende Vorstellungen existieren, welche für beide Parteien einen akzeptablen Kompromiss zulassen. Diese Zusammenhänge waren allen Beteiligten klar und man fragt sich, worin denn der Sinn liegen soll, wenn diese Gegensätze immer wiederum durch die Medien so stark hochgespielt werden, dass das Regieren in Frage gestellt wird. Da das Zusammengehen beider Parteien bis zur nächsten Wahl die einzige realistische Alternative darstellte, wäre es für das Gemeinwohl sehr viel zweckdienlicher gewesen, wenn die Presse nicht immer wiederum die bestehenden Unterschiede hervorgehoben hätte und emotional geführte Debatten zwischen den  Koalitionspartnern ausgelöst hätte, welche fast an den Rand einer Regierungskrise geführt haben.

 

Ähnliches gilt für Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Parteien. Es ist sehr bedenklich, wenn immer wieder – durch die Medien angestachelt – unterschiedliche Positionen einzelner Parteimitglieder so dargestellt werden, dass sie die Glaubwürdigkeit dieser Partei in Frage stellen, und dass es erwünscht sei, dass alle Mitglieder einer regierenden Partei mit einer Stimme sprechen. Abgeordnete sind in einer freiheitlichen Demokratie zunächst nur ihrem Gewissen unterworfen.

 

Es ist nicht nur ihr gutes Recht, zu Beginn einer Debatte, unterschiedliche Positionen zu vertreten, es ist vielmehr auch für die Durchsetzung des Gemeinwohls zweckdienlich, wenn zunächst einmal auch innerhalb einer Partei um die jeweils beste Position hart gerungen wird; nur durch diese Diskussion werden alle Seiten einer geplanten Maßnahme bekannt und können auf diese Weise unerwünschte Auswirkungen unterbunden werden. Meinungsverschiedenheiten zu tadeln ist allenfalls dann angebracht, wenn nach ausführlicher Diskussion um das pro und contra ein gemeinsamer Kompromiss geschlossen wurde und einzelne Abgeordnete nach dem Kompromiss, bei dem sie mitgewirkt und dem sie zugestimmt haben, diesen erneut in Frage stellen.

 

 

8. Rechtsprechung

 

Unsere bisherigen Ausführungen haben gezeigt, dass den öffentlichen Medien auf der einen Seite eine Schlüsselrolle bei der Verteidigung des freiheitlich demokratischen Rechtsstaates zukommt, dass aber auf der anderen Seite von der Pressefreiheit auch recht unterschiedliche negative Auswirkungen ausgehen können, die vor allem dadurch ausgelöst werden, dass den öffentlichen Medien durch die Pressefreiheit eine außerordentliche Machtfülle zuwächst und dass deshalb die Gefahr besteht, dass auch diese Macht im Einzelnen missbraucht wird. Fragen wir uns also nun, auf welchem Wege dieser Missbrauch – soweit wie nur möglich – verhindert werden kann.

 

Sicherlich kommt der allgemeinen Rechtsprechung in dieser Frage eine entscheidende Bedeutung zu. Die Rechtsprechung ist im Allgemeinen in einem freiheitlich demokratischen Rechtsstaat in der Lage, fast jede Form von Verfehlungen ihrer Bürger zu verfolgen. Die allgemeinen Prinzipien der Rechtsprechung garantieren, dass die Rechte sowohl der angegriffenen wie auch der anklagenden Personen bestmöglich gewahrt werden. Die anstehenden Fragen werden weitgehend objektiv und interessefrei von den Richtern entschieden. Dadurch, dass gegen die erstinstanzlichen Urteile in der Regel Widerspruch eingelegt werden kann, können auch vereinzelt falsche Richterentscheidungen revidiert werden.

 

Entscheidungen durch Gerichte weisen jedoch in zweierlei Hinsicht gravierende Mängel auf. Auf der einen Seite ist der Weg von der Tat bis zur möglichen Verurteilung bzw. bis zum Freispruch sehr langwierig. Gerade im Hinblick auf die Pressefreiheit erfolgen die Beeinträchtigungen oftmals dadurch, dass die Position der angegriffenen Politiker kurzfristig eingeschränkt wird; auch dann, wenn auf lange Sicht durch Gerichtsentscheid dem angegriffenen Politikern schließlich Recht gegeben wird, nützt diese Rehabilitation oftmals nichts mehr im alltäglichen Kampf um die politischen Ämter, so etwa, wenn ein Politiker aufgrund nicht berechtigter Angriffe die bevorstehenden Wahlen verloren hat.

 

Auf der anderen Seite können Streitfragen nur dann auf gerichtlichem Wege eindeutig geklärt werden, wenn die Beweislage eindeutig ist. Aber gerade dies ist in politischen Fragen in der Regel nicht der Fall. Es bestehen Vermutungen, die nicht eindeutig bewiesen werden können, bei denen jedoch auch eine eindeutige Widerlegung unmöglich erscheint. Die betroffenen Politiker werden dann mangels Beweisen freigesprochen, obwohl der angerichtete Schaden nur dann – und auch hier nur zum Teil – behoben wäre, wenn ein Freispruch erster Klasse (das heißt aufgrund eindeutiger Beweise) erfolgen könnte.

 

Bei einem Freispruch mangels Beweise gilt jedoch in der öffentlichen Meinung das Motto, ‚wo Rauch ist, ist auch ein Feuer’. Es bestehen in den Köpfen der Wähler weitgehende und unbewiesene Spekulationen, welche vor allem deshalb so gefährlich sind, da sie ja annahmegemäß von den Angeschuldigten nicht widerlegt werden können. Die ordentliche Rechtsprechung ist also gerade in diesen Bereichen nur sehr unvollkommen in der Lage, Missbräuche zu bestrafen und damit weitere Missbräuche zu unterbinden. Es bedarf weitergehender Vorkehrungen, um Machtmissbräuche von Seiten der öffentlichen Medien zu unterbinden.

 

 

9. Die Bedeutung der Selbstkontrolle

 

Unsere bisherigen Überlegungen haben gezeigt, dass durch die ordentliche Rechtsprechung allein keine ausreichende Kontrolle der öffentlichen Medien erreicht werden kann. Gerade die Pressefreiheit gewährt den Medien eine außerordentliche Machtfülle, die durchaus in Einzelfällen zu Machtmissbrauch führen kann. Dieser Machtmissbrauch kann genauso wenig allein durch die Rechtsprechung im Allgemeinen in Schach gehalten werden, wie das ja auch gegenüber potentiellen Machmissbrauch einzelner Politiker gilt, diese werden  – wie oben gezeigt – durch die unterschiedlichsten Institutionen wie Parlament, Rechtsprechung und Pressefreiheit kontrolliert und begrenzt.

 

Nun zeigen die oben gemachten Ausführungen aber auch, dass diese Kontrolle niemals auf dem Wege erfolgen darf, dass die öffentlichen Medien von den regierenden Politikern und von der von ihnen abhängigen staatlichen Bürokratie begrenzt werden, denn hierdurch würde die eigentliche Funktion der Pressefreiheit in einem freiheitlich demokratischen Rechtsstaat in Frage gestellt.

 

Es bedarf also anderer Vorkehrungen, um einen Machtmissbrauch der öffentlichen Medien soweit wie möglich zu verhindern. Unter dem Stichwort der Selbstkontrolle wird eine Vielzahl solcher Vorkehrungen zusammengefasst.

 

Als erstes wäre in diesem Zusammenhang die Bildung eines Ehrengerichtes zu erwähnen, wobei hier nicht entscheidend ist, ob solche Instanzen mit den allgemeinen Rechten und Funktionen der allgemeinen Gerichtsbarkeit ausgestattet sind. Entscheidend ist allein, dass es eine oberste Instanz gibt, welche Verfehlungen der einzelnen Medien verfolgt, für diese spürbare Strafen verhängen kann und erzwingen kann, dass falsche Mitteilungen und nicht berechtigte Verunglimpfungen zurückgenommen werden. Alle Organe der öffentlichen Medien müssen bereit sein, sich den Entscheidungen dieser richterlichen Organe zu unterwerfen und diese Bereitschaft kann wohl nur dadurch erzwungen werden, dass im Rahmen einer staatlichen Ordnung mit möglichst Verfassungsrang die Berechtigung dieser richterlichen Entscheidungen festgelegt wird.

 

Nun gelten natürlich die oben genannten Beschränkungen bei der Ausübung der allgemeinen Gerichtsbarkeit auch für die berufsbezogenen richterlichen Instanzen. Man kann unter Umständen diese Schwächen zum Teil dadurch mindern, dass dem Prinzip ‚im Zweifel für den Angeklagten’ hier ein weiterer Grundsatz hinzugefügt wird, dass nämlich dann, wenn die in  den Medien geäußerten Vorwürfe gegenüber Politikern nicht eindeutig nachgewiesen werden können, ohne dass jedoch die Unschuld der Politiker auch einwandfrei aufgezeigt werden kann, die Medien von diesen richterlichen Instanzen gezwungen werden können, diese Vorwürfe öffentlich zurückzunehmen. Wohlbemerkt: diese Verpflichtung zur Zurücknahme gilt hier für die angeklagten Medienvertreter.

 

Hierdurch können jedoch keinesfalls alle Schwächen gerichtlicher Entscheidungen korrigiert werden, es bedarf somit weiterer Vorkehrungen, um sicher zu stellen, dass das Ausmaß an missbräuchlichen Äußerungen so gering wie möglich ausfällt.

 

Die Durchführung der Selbstkontrolle hat vielmehr bereits bei der Ausbildung der Journalisten zu beginnen. Ähnlich, wie z. B. Ärzte im Rahmen ihrer Ausbildung zur Einhaltung des Eides des Hippokrates eingeschworen werden (menschliches Leben auf jeden Fall zu schützen), sollte auch bereits

 in der Ausbildung von Journalisten ein berufliches Ethos entwickelt werden, wonach jeder Journalist als sein höchstes Gebot ansehen sollte, gewissenhaft zu recherchieren, nur eindeutig nachgewiesene Behauptungen aufzustellen, Bewertungen von Tatsachenbehauptungen eindeutig zu trennen und keine Verunglimpfungen der Personen vorzunehmen, die in den Medien angegriffen werden.

 

Für die Einhaltungen dieser Regeln ist natürlich nicht nur notwendig, dass die Einhaltung dieser Prinzipien allen Journalisten zur Pflicht gemacht wird, sondern dass das Anreizsystem, dem die Journalisten ausgesetzt sind, so ausgestaltet wird, dass die Einhaltung dieser Regeln dem Aufstieg eines jeden Journalisten nicht hinderlich ist und dass die Übertretung dieser Regeln keinesfalls zu einer Belohnung irgend einer Art der betroffenen Personen führen darf.

 

Diese Anreizsysteme gehen nun in erster Linie von den Verlagen bzw. von den Organen der öffentlichen Medien aus. Nun unterscheiden wir im Bereich des Fernsehens und des Rundfunks zwischen öffentlich rechtlichen und privaten Sendern. Innerhalb der öffentlich rechtlichen Institutionen mag die Verankerung dieser notwendigen Anreizsysteme durchaus möglich sein. Innerhalb privatwirtschaftlicher Einrichtungen – und hierzu zählen nahezu alle Presseorgane sowie zahlreiche Hör- und Fernsehsender sowie Veröffentlichungen im Internet –  ergeben sich bei der Durchsetzung dieser Prinzipien beachtliche Schwierigkeiten. Privatrechtlich geführte Medien werden nach erwerbswirtschaftlichen Gesichtspunkten geführt und diese erwerbswirtschaftlichen Interessen können durchaus in Konflikt mit der Einhaltung dieser Prinzipien geraten.

 

Dies gilt vor allem dann, wenn ein starker Wettbewerb zwischen den einzelnen Anstalten und Medien besteht und wenn von der Vorstellung ausgegangen werden muss, dass reißerische, nicht auf die Einhaltung dieser Kriterien gerichtete Veröffentlichungen von den Lesern bzw. Zuhörern und Zuschauern erwartet werden. In diesem Falle besteht die Gefahr, dass sich Medienorgane, welche diese Prinzipien rigoros einhalten, Kunden verlieren auf Kosten der Medien, welche diese Regeln eindeutig verletzen.

 

Hier besteht dann die Gefahr, dass mögliche Strafen, welche von den Ehrengerichten verhängt werden, im Vergleich zu den durch die Nichtbeachtung dieser Regeln ausgelösten Umsatzsteigerungen gering sind, deshalb durchaus in Kauf genommen werden und somit ihre beabsichtigte Wirkung (den Missbrauch zu unterbinden) verfehlen.

 

Eine Lösung dieser Probleme könnte nur auf zweierlei Weise erreicht werden: Entweder vereinbaren die konkurrierenden Medien die Einhaltung dieser Prinzipien, verzichten also darauf, auch dann auf reißerische Veröffentlichungen zurückzugreifen, wenn durch solche Veröffentlichungen zusätzliche Kunden gewonnen werden könnten; sie vertrauen darauf, dass sich auch die Konkurrenten an diese Vereinbarungen halten und dass deshalb der potentielle Verlust aufgrund der Einhaltung dieser Prinzipien gering gehalten werden kann.

 

Dieser Vorschlag widerspricht natürlich dem geltenden Wettbewerbsrecht, wonach keine Absprachen zwischen Unternehmungen erlaubt sein dürfen, welche in Wettbewerb zueinander stehen. Man muss also das Verbot von Absprachen für den Fall ausschließen, dass sich die Absprachen allein auf die Einhaltung der Regeln der Fairness beziehen.

 

Oder aber man hofft, dass im Rahmen der allgemeinen Bildungseinrichtungen die Menschen ganz allgemein stärker als bisher dazu erzogen werden, die Zeitungen und Sender stärker danach auszuwählen, ob wahrheitsgemäß berichtet wird und die angegriffenen Politiker in ihrer Menschenwürde geachtet werden und weniger danach, ob die Veröffentlichungen möglichst reißerisch vorgetragen werden. Könnte ein solcher Erziehungserfolg erreicht werden, läge es auch nicht mehr im erwerbswirtschaftlichen Interesse der öffentlichen Medien, diese Regeln der Fairness zu durchbrechen. Vielleicht mag ein solcher Anspruch an die allgemeine Erziehung als unerreichbar und utopisch gelten; immerhin ist ein Erfolg bereits dann gegeben, wenn die Mehrheit der Bürger die Zeitungen und Sendungen nach diesen Kriterien aussucht; der Umstand, dass sich immer ein gewisser kleiner Prozentsatz nicht an diese Prinzipien hält, würde diesen Erfolg nicht in Frage stellen.