Startseite

 

(Die diesem Artikel vorhergehenden Beiträge finden sich im Archiv)

Analyse des bestehenden Steuersystems

 

 

 

Gliederung:

 

1. Ziele und Mittel

2. Verbrauch- und Umsatzsteuern

3. Einkommensteuer

4. Vermögen- und Erbschaftsteuer

5. Kraftfahrzeug- und Mineralölsteuer

6. Sozialabgaben

7. Gewinnsteuern und Kopfsteuern

8. Zölle und Subventionen

9. sonstige Steuern (Körperschaftsteuern, Grundsteuern, Gewerbesteuern)

 

 

 

Kapitel 4. Vermögen- und Erbschaftsteuer Teil III

 

 

 

Gliederung:

 

1. Einführung

2. Vermögensertragsteuer versus Vermögenssubstanzsteuer

3. Einmalige versus laufende Besteuerung

4. Zusatzbesteuerung für Kapitalerträge, da nur Arbeit Wert erzeuge?

5. Gesellschaftliche Funktionen der Vererbung

6. Germanische versus Römische Erbfolge

                  7. Freie Bestimmung des Erblassers

8. Gesetzliche Erbfolge

9. Einfluss der Erbschaftsteuer

 

 

 

6. Germanische versus Römische Erbfolge

 

Die Erbgesetzgebung geht erstens auf zwei Wurzeln zurück. Entsprechend dem germanischen Recht galt die Gesamtrechtsnachfolge, wonach das Vermögen eines Verstorbenen von Gesetzeswegen als Ganzes auf den bzw. die Erben übergeht. Negativ ausgedrückt bedeutet dies, dass keine Freiheit des Erblassers bestand, in einem Testament die Erbfolge selbst zu bestimmen. Das römische Recht erkennt demgegenüber das Recht des einzelnen Erblassers an, in einem Testament selbst zu bestimmen, wer das Vermögen des Erblassers beerben soll und wie das Vermögen gegebenenfalls auf die einzelnen Erben aufgeteilt werden soll.

 

Das heutige Recht kennt eine Verbindung dieser beiden Prinzipien der Vererbung. Auf der einen Seite kommt das römische Recht zum Zuge, in dem jedem Erblasser das Recht eingeräumt wird, in einem Testament selbst festzulegen, wer und in welchem Umfang als Erben eingesetzt werden soll. Hierbei muss jedoch das Testament bestimmte förmliche Vorschriften erfüllen, um anerkannt zu werden. So muss das Testament vor allem grundsätzlich handschriftlich verfasst sein und es muss von einem Notar bescheinigt werden, dass der Erblasser bei der Abfassung seines Testamentes seiner Sinne mächtig war.

 

Liegt jedoch kein gültiges Testament vor, so tritt entsprechend dem germanischen Recht eine vom Gesetzgeber festgelegte Erbfolge ein, wobei das Gesamtvermögen des Erblassers grundsätzlich an den Ehegatten und an die nächsten Verwandten aufzuteilen ist.

 

Die Testierfreiheit ist allerdings in einem Punkt eingeschränkt, als die Ehegatten und die Kinder des Erblassers das Recht auf einen Pflichtteil haben. Der Pflichtteil beträgt hierbei die Hälfte des Gesamtvermögens geteilt durch die Anzahl der Erbberechtigten. Der Ehegatte hat hierbei zusätzlich einen Anspruch auf den Zugewinn, sofern im Ehevertrag eine Zugewinngemeinschaft vereinbart wurde.

 

Unterschiede in der Erbfolge bestehen zweitens auch in der Frage, ob das Gesamterbe dann, wenn eine gesetzliche Erbfolge eintritt, als gesamtes Vermögen grundsätzlich an einen einzigen Erben übergeht oder ob das Gesamtvermögen gleichmäßig auf eine Mehrzahl berechtigter Erben aufgeteilt wird. Das derzeitige Erbrecht sieht bei einer gesetzlichen Erbfolge vor, dass das Gesamterbe gleichmäßig auf die nächsten Verwandten aufzuteilen ist.

 

Ein dritter Unterschied in der Vererbungspraxis der einzelnen Länder besteht weiterhin darin, dass bei gesetzlicher Erbfolge für die Gruppe der Erbberechtigten die Aufteilung des Vermögens nach dem Grad der Verwandtschaft erfolgt. Falls vorhanden fällt das Erbe zunächst dem überlebenden Ehegatten und den Kindern zu. Sind keine Kinder vorhanden, werden die Eltern und die Geschwister des /der Verstorbenen als Erbe eingesetzt. Falls auch keine Erben dieser zweiten Ordnung vorliegen, rücken Großeltern und Geschwister des Verstorbenen in der Erbfolge nach.

 

 

7. Freie Bestimmung des Erblassers

 

Wenden wir uns nun diesen drei Merkmalen einer Vererbungspraxis etwas ausführlicher zu. Wir hatten festgestellt, dass sich die Erbgesetzgebungen erstens darin unterscheiden, inwieweit die Art und Weise, wie Vermögen von den Erblassern an die Erben übergeben wird, vom Erblasser selbst entschieden werden kann. Wir haben gesehen, dass in dieser Frage die BRD wie wohl die meisten modernen Staaten dem römischen Recht folgt und es grundsätzlich dem einzelnen Erblasser überlässt, wen er zu seinen Erben einsetzt und somit sein Vermögen übereignet.

 

Diese Praxis lässt sich mit dem Grundsatz freiheitlicher Rechtsstaaten rechtfertigen, wonach die Entscheidungen in wirtschaftlichen Fragen grundsätzlich beim Konsumenten bzw. bei den privaten Haushalten selbst liegen – man spricht hierbei von der Konsumentensouveränität – , der einzelne Bürger hat durch seine wirtschaftlichen Handlungen dazu beigetragen, dass zumindest in einer funktionierenden Marktwirtschaft sein Einkommen seiner Marktleistung entspricht und dass er selbst frei – natürlich im Rahmen einer Wirtschaftsordnung  – darüber entscheidet, welche Teile dieses selbst erworbenen Einkommens er konsumieren und welchen restlichen Teil er sparen will und damit sein Vermögen vergrößern will. Es besteht also grundsätzlich Testierfreiheit.

 

Man geht hierbei davon aus, dass der Erblasser in der Zeit seines wirtschaftlichen Wirkens im Allgemeinen sehr viel besser in der Lage ist als staatliche Behörden, wie das von ihm selbst erwirtschaftete Vermögen entsprechend seinen Vorstellungen eingesetzt wird. Der Staat hat danach weder das Recht noch die notwendigen Kenntnisse, für jeden Einzelfall zu bestimmen, welchen Zwecken ein Privatvermögen zugeführt werden soll.

 

Diese grundsätzliche Entscheidung zugunsten des einzelnen Erblassers ist keinesfalls selbstverständlich. Im biblischen Zeitalter kannte der israelitische Staat die Einrichtung eines Jubeljahres. Im altertümlichen Israel gab es das sogenannte Jubeljahr, wonach alle 50 Jahre die Sklaven in die Freiheit entlassen wurden, ein Schuldenerlass gewährt wurde und der verkaufte Boden zurückgegeben werden musste (3. Buch Moses, Kapitel 25, Vers 8). Auf diese Weise sollte einer zu starken Differenzierung in den Vermögen entgegengewirkt werden und es sollte jeder neuen Generation ein Neuanfang auch dann ermöglicht werden, wenn die Elterngeneration in wirtschaftlicher Hinsicht versagt hatte. Es erwies sich jedoch diese Einrichtung des jüdischen Jubeljahres als wachstumshemmend, da immer kurz vor Eintreten dieses Jubeljahres der Leistungsantrieb rapide zurückging, da ja der einzelne davon ausgehen musste, die Vergütung für seine Leistung zum größten Teil zu verlieren. Unter Historikern ist auch umstritten, ob diese Einrichtung tatsächlich im alten Israel praktiziert wurde oder nur eine Zielvorstellung war, die später einmal realisiert werden sollte.

 

Wir haben gesehen, dass dieser Grundsatz der Testierfreiheit im deutschen Erbrecht nur dadurch durchbrochen wird, dass der Staat auf der einen Seite eine gesetzliche Erbfolge für den Fall vorsieht, dass der Verstorbene es unterlassen hat, in einem Testament seinen letzten Willen über die Vererbung seines Vermögens festzulegen, hier erfordert es bereits das Prinzip der Rechtssicherheit, dass für diesen Fall klar sein muss, wem das Vermögen eines Verstorbenen zufällt, nur auf diese Weise kann verhindert werden, dass in all diesen Fällen langjährige Erbschaftsprozesse vor den ordentlichen Gerichten stattfinden und gleichzeitig die Gefahr besteht, dass die Gerichte vor allem in der untersten Instanz bei gleicher Ausgangslage unterschiedlich entscheiden und dass damit gleichzeitig das Prinzip der Gleichheit vor dem Gesetz gravierend verletzt wird.

 

Auf der anderen Seite sieht der Gesetzgeber – wie gezeigt – zusätzlich vor, dass dem Ehegatten und den nächsten Verwandten auf Antrag ein Pflichtteil zusteht und dass auf diese Weise das Recht des Erblassers im begrenzten Maße eingeschränkt wird. Diese Bestimmung lässt sich damit rechtfertigen, dass in einer freiheitlichen Demokratie jedem Bürger bestimmte Mindestrechte zustehen, auch dann, wenn er durch die allgemeinen Regeln der Demokratie überstimmt wird. Man garantiert auf diese Weise, dass jeder nähere Verwandte zumindest zu einem gewissen Teil an der Aufteilung der Vermögen eines Verstorbenen beteiligt wird.

 

 

8. Gesetzliche Erbfolge

 

Das zweite grundsätzliche Merkmal unsrer heutigen Vererbungspraxis besteht – wie gezeigt – darin, dass immer dann, wenn kein Testament vorliegt und somit die gesetzliche Erbfolge eintritt, das Vermögen des Verstorbenen auf mehrere Erben aufgeteilt wird, wobei sowohl der Ehegate als auch die Kinder zu den Erben zählen.

 

Dieser Grundsatz steht dem germanischen Recht entgegen, da dieses grundsätzlich verfügte, die Vermögensmasse eines Verstorbenen nicht auf mehrere Erben aufzuteilen. Man betrachtete vielmehr das Vermögen als Bestandteil einer familiären Unternehmung und war der Auffassung, das nur auf diese Weise sichergestellt werden kann, dass die Unternehmung mit Erfolg weitergeführt wird.

 

In der Tat muss befürchtet werden, dass in aller Regel die Aufspaltung eines Betriebsvermögens das erfolgreiche Weiterführen einer Unternehmungseinheit in Frage stellt. Im Rahmen einer Unternehmung geht es in aller Regel nicht einfach darum, dass Güter nach einer vererbten Technik produziert werden und dass es im Grunde gleichgültig ist, welche Betriebsgröße eine Unternehmung erreicht. Vielmehr ist davon auszugehen, dass gerade die erfolgreichen Unternehmungen und die hiermit verbundenen technischen Erfindungen auch eine ganz bestimmte Unternehmungsgröße voraussetzen, die nicht mehr garantiert ist, wenn das Vermögen nach dem Tode eines Unternehmers auf mehrere Erben aufgeteilt wird.

 

Joseph Alois Schumpeter hat die Produzenten in Wirte und Unternehmer eingeteilt, während Produzenten, welche sich nur als Wirt betätigen, im Grunde nur das Überkommene übernehmen und allein an der Arbitrage verdienen, zeichnen sich nach Schumpeter die eigentlichen Unternehmer dadurch aus, dass sie neue Erfindungen wagen und gerade dadurch nicht nur ihr eigenes Vermögen vermehren, sondern gleichzeitig durch den hiermit verbundenen technischen Fortschritt einen Beitrag zur Steigerung der gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrt leisten. Aber gerade dieser Wachstumsimpuls setzt in aller Regel voraus, dass die Vermögensmasse gewahrt bleibt und nicht im Zusammenhang mit der Vererbung zersplittert wird.

 

Neben dieser wachstumspolitischen Funktion kommt der Vererbung von Vermögen auch eine familienpolitische Funktion zu. Auch dann, wenn die heutige Familie gegenüber dem Altertum und dem Mittelalter wesentliche Funktionen an übergeordnete gesellschaftliche Einrichtungen wie z. B.  an die Schule oder an die Systeme der Sozialen Sicherheit abgegeben hat, erfüllt die Familie auch heute noch wesentliche Funktionen zum Erhalt der Gesellschaft.

 

So dient die Familie der Regeneration der Bevölkerung. Nur dadurch, dass zumindest in dem Maße, wie Bürger sterben, Kinder geboren werden, können wichtige Aufgaben der sozialen Sicherheit überhaupt erfüllt werden. Wenn nicht an die Stelle der älteren Erwerbspersonen, welche altersbedingt die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit aufgeben, neue jüngere Arbeitskräfte treten, werden die Belastungen im Zusammenhang mit der Finanzierung der Sozialen Sicherungssysteme pro Arbeitnehmer immer größer.

 

Auch dann, wenn die berufliche Erziehung heutzutage nicht mehr von den Eltern übernommen wird, sondern in allgemeinen Schulen erfolgt, kommt auch heute noch der Familie eine wesentliche Aufgabe in der kindlichen Früherziehung zu. Wesentliche Voraussetzung dafür, dass die einzelnen Jugendlichen später in der Schule und an der Arbeitsstelle lernfähig sind, ist die Bereitschaft der Eltern, auf die frühkindlichen Erkundungsversuche ihrer Umwelt einzugehen und damit Anreize für die Lernbegierigkeit zu schaffen.

 

Gerade aber, weil der Familie heutzutage wesentlich weniger Aufgaben als im Mittelalter zukommen, besteht die Gefahr, dass die Familie wegen dieses Funktionsverlustes an Bedeutung verliert und die auch heute noch notwendigen Funktionen nicht mehr erfüllt. Hier kommt es also darauf an, dass von der Gesellschaft Anreize ausgehen, welche den Familienzusammenhalt stärken. Die Möglichkeit der Vererbung stellt einen solchen Anreiz dar.

 

Indem die Kinder erwarten können, dass ihnen nach dem Tode ihrer Eltern das elterliche Vermögen zufällt, steigt die Bereitschaft der Kinder, den Anweisungen und Ratschlägen ihrer Eltern zu folgen und an den gemeinsamen Zielen der Familie mitzuarbeiten. Diese familienpolitische Funktion dürfte allerdings wesentlich eher erreicht werden, wenn das Vermögen möglichst gleichmäßig auf alle direkten Nachkommen aufgeteilt wird und sich somit auch alle Kinder als gleichberechtigt und gerecht behandelt fühlen können.

 

Nun könnte man vermuten, dass diesem Konflikt in der Realität nur eine geringe Bedeutung zukommt, da ja unser geltendes Erbrecht dem Erblasser freistellt, durch Anfertigung eines Testamentes die Aufspaltung des Gesamtvermögens zu verhindern. Demgegenüber muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass von der gesetzlichen Erbfolge sehr wohl ein starker Einfluss auch auf die Gestaltung der Testamente ausgeht. Gerade dadurch, dass der Gesetzgeber in der gesetzlichen Erbfolge eine grundsätzliche Teilung des Vermögens vorsieht, erzeugt er auf diese Weise ganz bestimmte Erwartungen der möglichen Erben, die den Erblasser dazu bewegen mögen, diesen Erwartungen auch zu entsprechen und damit die Zielsetzung einer Erhaltung des Gesamtvermögens weitgehend aufzugeben.

 

Auch gilt es zu bedenken, dass viele Eltern das Anfertigen eines Testamentes hinausschieben, teils weil sie sich noch jung fühlen und von der Erwartung ausgehen, dass sie noch viele Jahre tätig sein können, teils aber auch deshalb, weil sie eine Entscheidung zuungunsten eines Teils ihrer Nachkommen scheuen und deshalb immer wieder hinausschieben. Bei einer 2006 von Professor Chr. Hommerich durchgeführten Umfrage gaben immerhin 74% der Befragten an, weder ein Testament gemacht zu haben noch einen Erbvertrag abgeschlossen zu haben. Nur 18% der Befragten haben ein Testament geschrieben und sogar nur 3% haben sowohl ein Testament gemacht sowie einen Erbvertrag geschlossen.

 

Schließlich muss man sich aber auch darüber klar sein, dass die Bestimmung, wonach immerhin 50% des Gesamtvermögens für den Pflichtteil reserviert ist, die Möglichkeit der Erhaltung der Vermögensmasse im Grunde doch stark einschränkt.

 

Dieser Konflikt zwischen familien- und wachstumspolitischer Funktion der Vererbung könnte allerdings dadurch entschärft werden, dass man eine Aufteilung des unternehmerischen Vermögens verhindert und das Vermögen nicht einem einzelnen Erben vermacht, sondern einer familienbezogenen Gesellschaft (also einer juristischen Person) überträgt, in der dann zwar immer noch ein maßgeblicher Haupterbe die Leitung dieser Unternehmung übernimmt, aber den übrigen Nachkommen trotzdem einen entscheidenden Platz innerhalb der Führung dieser Unternehmung überträgt.

 

Unsere Überlegungen beschränkten sich zunächst auf den relativ kleinen Teil der Bevölkerung, der sich als selbstständiger Unternehmer beteiligt. Im übertragenen Sinn können diese Überlegungen auch für den größten Teil der Bevölkerung angewandt werden, bei denen zwar ein maßgebliches Vermögen vorhanden ist, das aber andererseits nicht in einer Unternehmung angelegt ist.

 

So könnte z. B. bereits ein Wohnungseigentum eine solche gemeinsam verwaltete Einheit darstellen und das Weiterführen dieser Einheit sicherstellen. Bei einer Aufteilung des elterlichen Vermögens auf eine Mehrzahl von Erben besteht zur Zeit oftmals de Gefahr, dass sich die Erben nicht auf eine gemeinsame Nutzung des Wohneigentums verständigen können, dass aber einem einzigen Erben die finanziellen Mittel fehlen, um die Eigentumsanteile der übrigen Erben zu übernehmen und dass gerade aus diesen Gründen das gesamte Wohneigentum an Dritte veräußert werden muss. Hier lässt sich das Ziel des Erblassers, die gesamte vererbte Anlage als Ganzes der Erbengemeinschaft zu erhalten, nicht mehr verwirklichen.

 

 

9. Einfluss der Erbschaftsteuer

 

Auf die Realisierung der mit einer Vererbung von Vermögen verbundenen gesamtwirtschaftlichen Ziele kann der Staat nicht nur darüber Einfluss ausüben, dass er bestimmte Voraussetzungen der Vererbung vorschreibt oder anregt, sondern darüber hinaus auch dadurch, dass er eine Erbschaftsteuer erhebt und über die Ausgestaltung dieser Steuer bestimmte Verhaltensformen der Erblasser beeinflusst, in dem entweder durch einen besonders hohen Steuersatz Anreize gesetzt werden, bestimmte Arten der Vererbung zu vermeiden oder aber ein besonders niedriger Steuersatz die Wahl der vom Gesetzgeber präferierten Form begünstigt. Es muss allerdings auch gesehen werden, dass von jeder Besteuerung auch ungewollte und negativ zu bewertende Einflüsse ausgehen, wie wir in den vorhergehenden Kapiteln gezeigt haben.

 

In der BRD haben wir eine Ausgestaltung der Erbschaftsteuer, welche die Vererbung an den Ehegatten bzw. an die Kinder, also an die nächsten Verwandten mit besonders niedrigen Steuersätzen belegt, während die Vererbung an Personen, welche einen entfernteren Verwandtschaftsgrad aufweisen, wesentlich höhere Steuersätze vorsieht. Besonders hohe Steuersätze sieht die Erbschaftsteuer für den Fall vor, dass Teile des Vermögens Personen vermacht werden, die in keinem Verwandtschaftsverhältnis zueinander stehen.

 

In dieses Bild passt dann auch, dass zur Ergänzung der Erbschaftsteuer auch die Schenkungssteuer diese Abstufung der Steuersätze nach dem Verwandtschaftsgrad übernimmt. Hierbei hatte die Einführung einer Schenkungssteuer in erster Linie die Funktion, zu verhindern, dass die potenziellen Erblasser anstelle einer Vererbung nach dem Tode schon zu Lebzeiten große Teile ihres Vermögens ihren Verwandten oder auch Bekannten vermachen.

 

Neben der Staffelung des Steuersatzes nach dem Verwandtschaftsgrad kennt die Erbschaftsteuer in der BRD ähnlich wie bei der Einkommensteuer und der früher geltenden Vermögensteuer eine Progression nach der Höhe des jeweils zu vererbenden Vermögens. Die Erbgesetzgebung sieht einerseits relativ hohe Freibeträge vor, sodass also eine Besteuerung de facto erst ab einer bestimmten Größe des den Erben übertragenen Eigentums vorsieht, andererseits steigt der Steuersatz in wenigen Stufen bis zu derzeit 40% der vererbten Vermögensmasse.

 

In diesem Zusammenhang sollte auch daran erinnert werden, dass ein Teil der politischen Parteien, zumindest große Teile der SPD, weiterhin die Partei der Linken wie der Grünen die Absicht geäußert haben, dass bei einem Wahlsieg diese Steuerprogression noch wesentlich gesteigert werden sollte, um auf diese Weise ehrgeizige Sozialziele zu finanzieren.

 

Bei der Beurteilung dieser Ausgestaltung der derzeitigen Erbschaftsteuer muss als erstes festgestellt werden, dass die meisten Argumente, welche im ersten Teil dieses Kapitels gegen den Versuch einer Wiedereinführung einer Vermögensteuer vorgetragen wurden, in gleicher Weise auch gegen die Art und Weise der derzeitigen Erbschaftsteuergesetzgebung, vor allem aber gehen die Reformpläne der links ausgerichteten Parteien gelten.

 

Als erstes ist einzuwenden, dass jede Form einer Erbschaftsteuer eine Doppel- oder sogar Dreifachbesteuerung insofern darstellt, als auf der einen Seite bei der Entstehung von Einkommen entsprechend der Einkommenshöhe eine Einkommensteuer zu entrichten ist und auf der anderen Seite bei Vorliegen einer echten Vermögensteuer im Sinne einer Vermögenssubstanzsteuer Jahr für Jahr für die ersparten Teile dieses Einkommens eine zusätzliche Steuerpflicht entsteht und dann beim Wechsel einer Vermögensmasse an eine andere Person zum dritten Mal beachtliche Teile dieses ersparten Einkommens der Erbschaftsteuer unterliegen.

 

Hierbei richtet sich die Kritik nicht so sehr daran, dass derselbe Tatbestand (Einkommenszuwächse) mehrfach besteuert wird. Ob nämlich ein bestimmter Steuersatz der Kritik unterliegt, hängt entscheidend von der Höhe des Steuersatzes ab. Es könnte ja sein, dass man die Höhe des Einkommensteuersatzes als zu niedrig einstuft und eine zweite oder dritte Steuer einfach deshalb fordert, um per saldo die erwünschte (gerechtfertigte) Steuersatzhöhe insgesamt zu erreichen. Ein solches Vorgehen müsste zwar trotzdem kritisiert werden, da es ausgesprochen ineffizient ist, eine Steuerschuld in Form mehrerer Besteuerungsformen zu erheben, bei jedem getrennten Besteuerungsvorgang entstehen ja zusätzliche Verwaltungskosten, die bei einer einheitlichen Besteuerung weggefallen wären. Aber immerhin richtet sich die Kritik hier nur daran, dass eine ineffiziente Art der Besteuerung durchgeführt wurde, nicht aber dagegen, dass der erhobene Steuerumfang als ungerechtfertigt hoch angesehen wird.

 

Die eigentliche Kritik dieser Doppelbesteuerung richtet sich vielmehr gegen den Umstand, dass Einkommen bei gleichen Verhältnissen unterschiedlich besteuert werden, je nachdem, ob die Einkommen verbraucht oder gespart werden. Wer sein Einkommen durch Kauf von Konsumgütern verbraucht, zahlt die Einkommenssteuer nur einmal, wer aber Teile seines Einkommens spart und damit sein Vermögen vergrößert, hat für diese gesparten Einkommensteile ein zweites Mal eine Steuer: die Vermögensteuer zu entrichten. Und wer dann weiterhin sein Vermögen während seines Lebens verbraucht und deshalb kein Vermögen hinterlässt, stellt sich wiederum besser als derjenige, der sein Vermögen den Erben vermacht und dann beim Übergang dieser Vermögensteile ein drittes Mal vom Staat zur Kasse gebeten wird.

 

Diese Doppelbesteuerung widerspricht aus mehreren Gründen allgemeinen rechtstaatlichen Prinzipien. Erstens wird der Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz verletzt: Bei gleicher Einkommenshöhe hat derjenige eine höhere Steuerschuld zu entrichten, der Teile seines Vermögens spart und erst recht derjenige, der Teile seines Vermögens an Dritte vermacht. Diese Art der Besteuerung widerspricht vor allem deshalb zweitens unseren allgemeinen Grundsätzen, da der Staat gleichzeitig in anderem Zusammenhang die Vorsorge als eine besonders lobenswerte Handlung ansieht und sie auch in Form von Sonderausgaben, welche von der zu besteuernden Einkommenshöhe abzuziehen ist, prämiert.

 

Der Vorgang des Sparens ist aber eines der wichtigsten Arten der Vorsorge. Aber auch die Tatsache, dass jemand Teile seines Einkommens oder Vermögens dritten Menschen zuwendet, wird im Allgemeinen als eine besonders lobenswerte Eigenschaft herausgestellt und wiederum dadurch begünstigt, dass Spenden von der Einkommensteuer abgesetzt werden können. Durch die Art der Vermögen- und Erbschaftsteuer nimmt der Staat den Bürgern das, was er zuvor in Form von Sonderausgaben gewährt hatte.

 

Eine Besteuerung des Vererbungsvorgangs unterliegt jedoch noch aus einem weiteren Grund der Kritik. Wir hatten weiter oben aufgezeigt, dass der Vorgang der Vererbung von Eigentum sowohl eine wachstumspolitische wie auch familienpolitische Funktion erfüllt. Gerade diese beiden Funktionen werden jedoch in Frage gestellt, wenn der Staat einen beachtlichen Teil des vererbten Vermögens in Form einer Erbschaftsteuer vereinnahmt.

 

Eine Vererbung von Vermögensteilen an die Nachkommen kann das wirtschaftliche Wachstum stützen. Das wirtschaftliche Wachstum wird in erster Linie dadurch ermöglicht, dass technischer Fortschritt stattfindet, dass also die Knappheit der materiellen Ressourcen dadurch überwunden wird, dass mit einem bestehenden knappen Bestand an materiellen Ressourcen mehr Güter produziert werden können. Ein technischer Fortschritt wird aber nur dadurch möglich, dass die Bereitschaft besteht, Risikokapital einzusetzen.

 

Technischer Fortschritt fällt nämlich nicht wie Manna vom Himmel, es müssen zunächst Erfindungen gemacht werden, welche dann in einem langwierigen und kostspieligen erprobt werden müssen, bevor sie in der Produktion eingesetzt werden können. Mit anderen Worten: Technischer Fortschritt setzt Investitionen voraus und Investitionen zeichnen sich dadurch aus, dass sie auf eine lange Zeit ausgerichtet sind, es entstehen in den ersten Jahren nur Kosten und erst nach Erfolg zahlreicher Untersuchungen kann dann nach vielen Jahren ein Ertrag erwartet werden, der den Investoren dann die bisher vorgestreckten Kosten wiederum ersetzt und Gewinne, also einen Überschuss der Erträge über die Kosten ermöglicht.

 

Diese Bereitschaft, Risikokapital einzusetzen kann nun unter anderem dadurch verstärkt werden, dass die Investoren ihr Vermögen an ihre Nachkommen weitervererben können. Gerade weil Investitionen, welche im Zusammenhang mit der Einführung neuer technischer Verfahren notwendig werden, erst nach vielen Jahren überhaupt erst Ertrag bringen, bestünde ohne Möglichkeit, das einmal angesammelte Kapital an die Kinder weiterzuvererben, stets die Gefahr, dass die Bereitschaft, die mit einer Innovation verbundenen Risiken auf sich zu nehmen, erlahmen würde. Erst die Aussicht, dass die einmal begonnene Revolutionierung des Produktionsprozesses von den Kindern weitergeführt werden kann, trägt dazu bei, dass auch auf sehr lange Zeit angelegte Erfindungen überhaupt begonnen werden.

 

Wie wird nun diese durch die Möglichkeit der Vererbung von Vermögen an die Kinder ausgelöste Wachstumstendenz durch die Erbschaftsteuer beeinflusst? Es besteht die Gefahr, dass die Art und Weise wie die Besteuerung der Vererbung durchgeführt wird, diese Wachstumspulse lähmt. Denn die für die Bereitschaft, Risikokapital einzusetzen, notwendige Voraussetzung für wirtschaftliches Wachstum setzt natürlich voraus, dass die Betriebsgröße erhalten bleibt. Wird nun durch die Art der Erbschaftsteuer eine Aufspaltung des unternehmerischen Vermögens im Zusammenhang mit der Vererbung herbeigeführt, besteht die Gefahr, dass der Produktionsprozess nicht mehr weitergeführt werden kann. Wenn aber die Aussicht, dass der einmal begonnene Produktionsprozess auch nach dem Tode eines Unternehmers weitergeführt werden kann, schwindet, verringert sich auch die Bereitschaft eines Unternehmers, das stets vorhandene große Risiko der Erneuerung einzugehen.

 

Dies bedeutet, dass mit diesem Wachstumsimpuls eigentlich nur dann gerechnet werden kann, wenn sichergestellt ist, dass das einmal erworbene Vermögen in einer Hand weitergeführt werden kann. Prinzipiell sieht nun unsere Erbgesetzgebung – wie gezeigt – die Möglichkeit vor, dass ein Unternehmer in einem Testament die Erbfolge frei regeln kann und deshalb auch verhindern kann, dass das Vermögen nach seinem Tode aufgesplittert wird und damit funktionsunfähig wird.

 

Trotzdem trägt aus mehreren Gründen die Art und Weise der Erbschaftsbesteuerung dazu bei, dass diese Wachstumsimpulse zumindest stark geschwächt werden. Wir haben gesehen, dass nur ein kleiner Teil der Vermögenden überhaupt von der Möglichkeit Gebrauch macht, die Modalitäten der Vererbung in einem Testament und in einem Erbvertrag zu regeln. Dies bedeutet jedoch, dass in aller Regel eine gesetzliche Erbfolge eintritt. Diese sieht jedoch vor, dass das Gesamtvermögen auf den Ehegatten sowie auf die Kinder des Verstorbenen aufgespalten wird und dass somit in der Tat befürchtet werden muss, dass die existierende Erbschaftsteuer de facto die Wachstumsimpulse schwächt.

 

Diese Schwächung wird dadurch noch vergrößert, dass die gesetzliche Erbfolge keine Rücksicht darauf nimmt, inwieweit die Erben auch die Fähigkeiten mitbringen, die Unternehmungsleitung zu übernehmen. Es ist ja durchaus möglich, dass die unmittelbaren Erben, also z. B. der Ehegatte sowie ein Kind weder die Fähigkeit noch die Neigung aufweisen, welche die Weiterführung der Unternehmung erfordern, dass diese Fähigkeiten aber sehr wohl bei einem Verwandten zweiten Grades, sagen wir bei einem Neffen vorliegen würde. Da aber die derzeitige Erbschaftsteuer Vermögen, die an Verwandte zweiten Grades fallen, mit einem höheren Steuersatz belegt, bedeutet dies gleichzeitig, dass die wachstumshemmenden Faktoren durch die Art der Besteuerung verstärkt werden.

 

Aber selbst dann, wenn wir davon ausgehen könnten, dass die Mehrheit der Unternehmer von der Möglichkeit Gebrauch machen würde, in einem Testament einen einzigen Erben zu bestimmen, muss berücksichtigt werden, dass der Gesetzgeber den in einem Testament nicht bedachten Nachkommen einen Pflichtteil zubilligt und dass dieser Pflichtteil immerhin in seiner Summe die Hälfte des Gesamtvermögens ausmacht. Man kann nun sicherlich nicht davon ausgehen, dass in aller Regel die Hälfte des angesammelten Vermögens ausreicht, um mit Erfolg eine Unternehmung weiterzuführen.

 

Gerade aus diesen Gründen werden die Erben, welche die Weiterführung der elterlichen Unternehmung beabsichtigen, bemüht sein, die Anteile der anderen Erben aufzukaufen, um auf diese Weise die Funktionsfähigkeit der Unternehmung zu erhalten. Aber gerade in diesem Zusammenhang entstehen aufgrund der Art der Besteuerung weitere Probleme, welche de facto eine weitere Schwächung der Wachstumsimpulse nach sich ziehen. Der Erbe nämlich, der nun bemüht sein muss, die übrigen Erbteile aufzukaufen, verfügt in aller Regel nicht über die finanziellen Mittel zur Realisierung dieses ‚Rückkaufes.

 

Da insbesondere gerade in Deutschland die Banken im Allgemeinen wenig Neigung für die Vorfinanzierung von Wagniskapital aufweisen, sind die Möglichkeiten, über großzügige Bankkredite die für den Ankauf der restlichen Erbteile notwendigen Finanzierungsmittel zu erhalten, insgesamt gering. Wenn nun die Erbschaftsteuer unmittelbar nach Einritt des Erbes fällig wird, werden die Möglichkeiten des Rückkaufs der restlichen Vermögensteile und damit auch die Möglichkeiten einer soliden Weiterführung der Unternehmung um ein weiteres verringert.

 

Gerade um diese Gefahren zu verringern, hatte der Gesetzgeber bei seiner letzten Reform der Erbschaftsteuer vorgesehen, dass zur Weiterführung einer Unternehmung die an für sich fällige Erbschaftsteuer gestundet werden kann. Allerdings sehen die gesetzlichen Bestimmungen vor, dass die Unternehmung mindestens sieben Jahre lang Gewinne erzielt. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, wird die Erbschaftsteuer nachträglich fällig.

 

Diese Regelung erreicht jedoch seinen Zweck nicht. Die Frage, ob eine Unternehmung in den nächsten Jahren erfolgreich ist, hängt nicht nur davon ab, die Unternehmung verantwortungsvoll geführt wird, sondern auch davon, wie sich die allgemeine konjunkturelle Lage entwickelt. Eine Unternehmung kann auch bei guter Führung in eine Verlustzone geraten, ohne dass sie diese Entwicklung selbst verursacht hat und ohne dass diese Entwicklung auch bei guter Führung hätte vermieden werden können.

 

In diesem Falle ist es aber nicht berechtigt, dass diese Unternehmung nun nachträglich di Erbschaftsteuer zahlen muss, eine Steuerschuld, welche in diesem Falle genau dann fällig wird, wenn die Unternehmung ohnehin in finanziellen Schwierigkeiten steckt und nur dann gerettet werden könnte, wenn sie zumindest über die an und für sich vorhandenen finanziellen Reserven verfügen könnte. Dadurch, dass diese nun zu einem beachtlichen Teil zur Bezahlung der fälligen Steuerschuld aufgebracht werden müssen, verschärft sich die Gefahr, dass diese Unternehmung bankerott geht. Da dieser Bankerott nun gerade durch die Art der Erbschaftsbesteuerung ausgelöst wurde, wird der Absicht des Gesetzgebers, gut geführte Unternehmungen zu schonen, zuwider gehandelt. Der Zweck dieser Steuerbefreiung wurde also in diesem Falle nicht erreicht und man hätte deshalb auch auf diese Reformmaßnahme verzichten können.

 

Wenden wir uns nun der Frage zu, wieweit denn durch die bestehende Besteuerung vererbten Vermögens die familienpolitische Funktion berührt wird. Man könnte zunächst in dem Umstand, dass die gesetzliche Erbfolge die unmittelbaren Verwandten begünstigt, in der Tat eine Unterstützung der Familie sehen. Gerade weil die engsten Verwandten, der Ehegatte wie die eigenen Kinder durch die gesetzliche Erbfolge begünstigt werden, dürfte die Bereitschaft der Kinder, die elterlichen Bemühungen in der Führung der Unternehmung zu unterstützen, gestärkt sein. Diese Wirkung wird nun anscheinend dadurch noch verstärkt, dass die Erbschaftsteuer der Verwandten ersten Grades deutlich geringer ausfällt als bei den sonstigen Erben.

 

Auch die Forderung nach einem gleichen Opfer der Besteuerten dürfte durch die bestehende Regelung bei der Erbschaftsteuer unterstrichen werden. Derjenige, dessen geerbter Vermögensteil groß ist, wird ein gegebener Steuersatz ein um so geringeres Opfer abverlangen, je höher der vererbte Vermögenswert ist. Es scheint also unter der Hinsicht der Forderung nach einem gleichen Opfer in der Tat die Progression in den Steuersätzen der Erbschaftsteuer voll berechtigt zu sein.

 

Trotzdem unterliegt diese Regelung einer progressiven Erbschaftsteuer der Kritik. Auf der einen Seite wurden nämlich die überkommenen Grundprinzipien von Ehe und Familie in den letzten Jahrzehnten stark aufgeweicht. Die Förderung von Ehe und Familie wurde in der Vergangenheit vor allem damit begründet, dass die Familie gegenüber der Gesamtgesellschaft eine Regenerations- und Erziehungsfunktion erfüllt. Innerhalb der Familie werden Kinder geboren und diese Geburten sind die Voraussetzung dafür, dass die jeweils arbeitende Bevölkerung die aus dem Erwerbsprozess Ausgeschiedenen über ihre Beiträge zur Sozialversicherung miternähren können. Gleichzeitig werden in den Familien die Voraussetzungen dazu geschaffen, dass die Jugendlichen später auf den Schulen überhaupt zur Ausbildung befähigt sind.

 

Um eine Diskriminierung derjenigen Bürger zu vermeiden, welche gleichgeschlechtlich veranlagt sind, wurden in den letzten Jahren Schritt für Schritt Ehen zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern mit den Ehen zwischen Mann und Frau gleichgestellt. So soll vor allem das Ehegattensplitting bei der Einkommensteuer nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes auch auf homosexuelle Ehepaare angewandt werden, obwohl diese aufgrund ihrer erblichen Anlagen gar nicht zur Regeneration der Bevölkerung beitragen können.

 

Zwar ist es richtig, dass auch gleichgeschlechtliche Paare prinzipiell in der Lage sind, adoptierte Kinder zu erziehen und diese Erziehung steht vielleicht nicht der Erziehung jener Kinder nach, welche von lediglich einem Elternteil erzogen werden müssen. Trotzdem muss davon ausgegangen werden, dass eine befriedigende Erziehung eigentlich verlangt, dass dieser Erziehungsprozess von einem Mann und von einer Frau geleistet werden sollte, da die Jugendlichen in ihrem späteren Leben Mann und Frau begegnen werden und deshalb auch auf diese Beziehungen in der kindlichen Erziehung vorbereitet werden sollten.

 

Trotz dieser Aufweichung der traditionellen familienbezogenen Werte im Allgemeinen, findet sich nun auf der anderen Seite im Erbrecht und bei der Besteuerung des Erbvorgangs das Festhalten an diesen Werten, obwohl gerade hier – wie gerade gezeigt – eigentlich die der Vererbung zufallende Funktion gerade nicht in erster Linie davon abhängt, wie nahe der Erbe in verwandtschaftlicher Hinsicht dem Erblasser nahesteht. Wir haben gezeigt, dass die Frage der Weiterführung einer Unternehmung in erster Linie eine Frage der fachlichen Kompetenz ist und dass gerade diese Fähigkeit eigentlich nicht mit dem Grad der Verwandtschaft der Erben mit dem Erblasser zu tun hat.

 

Wie lässt sich nun der Konflikt zwischen dem Ziel lösen, den einzelnen Bürgern im Zusammenhang mit der Besteuerung (hier der Erbschaftsteuer) ein möglichst gleiches Opfer abzuverlangen und dem anderen Ziel, die Vermögen so weit wie möglich so weiter zu vererben, dass die wichtigsten Funktionen der Vererbung erhalten bleiben? Das Ziel eines gleichen Opfers legt es nahe, für jeden Erben ein Pflichtteil festzulegen und einen progressiven Steuersatz vorzusehen, während das Ziel der Erhaltung der Vererbungsfunktionen eigentlich dazu führen müsste, einen möglichst kleinen Pflichtteil für die im Testament vorgesehenen Verwandten vorzusehen, das Vermögen unabhängig vom Verwandtschaftsgrad möglichst einen Erben zu bestimmen, der für die mit diesem Erbe verbundenen Aufgaben bestmöglichst geeignet erscheint und dies ist keinesfalls immer der nächste Verwandte.

 

Nun haben wir bereits gesehen, dass das Grundgesetz in Artikel 14 nicht nur den Schutz des Eigentums fordert, sondern dieses Recht auf Eigentum dadurch verbindet und beschränkt, dass darauf hingewiesen wird, dass Eigentum stets verpflichtet. Man kann nun sogar davon ausgehen, dass diese mit dem Eigentum verbundene Verpflichtung der eigentliche Grund darstellt, dass mit dem Recht auf Eigentum eine sehr ungleiche Verteilung der materiellen Ressourcen verbunden und auch gerechtfertigt ist.

 

Diese Ungleichbehandlung verliert nämlich ihren Stachel, wenn man das Recht auf Eigentum vorrangig damit erklärt, dass mit dem Eigentum dem Erben Aufgaben übertragen werden und dass die Erfüllung dieser Aufgaben materielle Ressourcen voraussetzt. Das Recht des Erben, die mit dem übertragenen Vermögen verbundenen Aufgaben selbst zu bestimmen, lässt sich hierbei damit erklären, dass einzelne Bürger sowohl was die Anreize als auch die Befähigungen anlangt, diese Aufgaben im Allgemeinen besser realisieren können als eine staatliche Behörde.

 

Natürlich ist mit einer solchen Regelung der Vererbung der Vermögen stets die Gefahr verbunden, dass der Erbe gar nicht gewillt ist, das Vermögen vorrangig für die Realisierung dieser Aufgaben einzusetzen, sondern das Vermögen in erster Linie zur Stillung eigener höchst persönlicher Bedürfnisse einsetzt. Es ist jedoch trotzdem falsch, aus der Möglichkeit dieser Gefahren den Schluss zu ziehen, die Vermögen im Todesfalle möglichst breit zu streuen und gleichzeitig beachtliche Teile dieses Vermögens in Form einer hohen Erbschaftsteuer an den Staat abzuführen. Zumeist gelingt dieser Versuch einer Umverteilung nicht, da die Vermögenden zumeist sehr wohl in der Lage sind, das Vermögen dem Zugriff des Staates zu entziehen, sodass auf der einen Seite das mit dieser Erbschaftsbesteuerung verbundene Ziel gar nicht erreicht wird und auf der anderen Seite ein ineffizienter Einsatz knapper Ressourcen in Kauf genommen werden muss.

 

Es fragt sich deshalb, ob die mit der Vererbung verbundenen sicherlich vorhandenen Gefahren einer missbräuchlichen Verwendung des Vermögens einzelner Erben nicht sehr viel besser dadurch bekämpft werden könnten, dass man in Ausführung der grundgesetzlich geforderten Verpflichtung des Eigentümers den Missbrauch betreibenden Erben immer dann belangt, wenn eine missbräuchliche Verwendung dieses Erbes festgestellt wird.

 

Eine solche missbräuchliche Verwendung könnte einmal darin gesehen werden, dass der Erbe mehr als die Hälfte (oder irgendeinen anderen hohen Prozentsatz) des vererbten Vermögens für eigene konsumtive Zwecke ausgibt, zum andern dass die vom Erben unter Einsatz dieses vererbten Vermögens verfolgten Ziele entweder den im Testament verfolgten Absichten des Erblassers oder dem Gemeinwohl widersprechen.