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Gliederung der Vorlesung:

 

01. Einführung

02. Leitbilder

03. Tarifverhandlungen  

04. Gesamtwirtschaftliche Verteilungstheorie

05. Institutionelle Unterschiede

06. Finanzpolitik

07. Geschichte der Sozialversicherung

08. Rentenversicherung

09. Krankenversicherung

10. Arbeitslosenversicherung

11. Vermögenspolitik

12. Bildungspolitik

 

 

 

Kapitel 2: Leitbilder (2. Fortsetzung)

 

 

Gliederung:

 

01. Das Gleichheitsprinzip

02. Egalität nutzenmaximierend?

03. Das Diskriminierungsverbot

04. Das Leistungsprinzip

05. Das Bedarfsprinzip

06 Die paretianische Redistribution

07 Downs These von der Nivellierungstendenz

08 Die Rolle der Verbände

09 Wirtschaftsverfassung und Distribution

 

 

 

05. Das Bedarfsprinzip

 

Das Leistungsprinzip wird im Allgemeinen insoweit akzeptiert, als fast alle darin einig sind, dass bei der Verteilung der Einkommen der Leistung des Einzelnen eine entscheidende Bedeutung zugemessen werden sollte. Allerdings wird zumeist die Vorstellung vertreten, dass das Leistungsprinzip der Korrektur und zwar vor allem der Ergänzung durch das Bedarfsprinzip bedürfe.

 

Die Forderung nach einer Verteilung der Einkommen nach Bedarf kann natürlich nicht so verstanden werden, dass jeder Einzelne einen Anspruch auf all die Güter und in einem solchen Maß habe, wie er selbst seinen Bedarf einschätzt. Das hieße nur, dass derjenige, der am lautesten schreit, auch am meisten erhalten würde. Dies wäre sicherlich nach allgemeiner Überzeugung das Gegenteil von einer gerechten Lösung des Verteilungsproblems.

 

In Wirklichkeit wird mit dem Bedarfsprinzip die Vorstellung verbunden, dass es einen eng umgrenzten Bereich objektiv feststellbarer Bedarfselemente gibt, die bei der Verteilung Berücksichtigung finden sollten.

 

Im Allgemeinen wird hierbei an zwei solcher Bedarfstatbestände gedacht: an den Bedarf, der im Zusammenhang mit den sozialen Risiken entsteht und an den Familienlastenausgleich.

 

Zu den sozialen Risikotatbeständen rechnet man im Allgemeinen Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Unfall, erwerbsloses Alter, Invalidität, Arbeitslosigkeit. Man geht hierbei davon aus, dass die einzelnen Personen aus Gründen, die sie nicht selbst verschuldet haben, in unterschiedlichem Maße (und zwar unterschiedlich häufig und auch unterschiedlich schwer) von diesen Risiken befallen werden.

 

Gerade deshalb ist man in der Regel der Meinung, dass die Kosten, die im Zusammenhang mit diesen Risiken auftreten (Arztbesuche, Krankenhausaufenthalte, Medikamente, Rehabilitationsmaßnahmen etc.) von der Allgemeinheit (von der Versichertengemeinschaft) zu tragen seien. Der Einzelne habe also in dem Maße, in dem er überdurchschnittlich von den sozialen Risiken betroffen wird, einen Anspruch auf einen materiellen Ausgleich.

 

Prinzipiell können die sozialen Risiken im Rahmen einer privaten Versichertengemeinschaft, weiterhin in den Sozialversicherungssystemen sowie in Versorgungssystemen versichert werden. In den privaten Versicherungssystemen findet allerdings nur ex post gesehen eine Umverteilung statt, nicht jedoch ex ante. Der private Versicherungsgeber bemisst den zu zahlenden Beitrag nach der Höhe der Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines Versicherungsfalles, sodass sich hier die Leistung der Versicherung und die Gegenleistung des Versicherungsnehmers entsprechen. Da jedoch die Wahrscheinlichkeit, von sozialen Risiken befallen zu werden, von Person zu Person sehr unterschiedlich ist, kann also im Rahmen der Privatversicherung  ex ante auch keine Umverteilung stattfinden.

 

Ex post gesehen, sozusagen nach dem Ableben eines Versicherten, wird man natürlich feststellen, dass diejenigen, die dann tatsächlich überdurchschnittlich vom Risiko betroffen waren, auch insgesamt mehr materielle Mittel aus der Versicherung erhalten haben, als sie in Form von Beiträgen zeit ihres Lebens eingezahlt haben.

 

Befassen wir uns nun mit dem Problem des Familienlastenausgleichs, dem zweiten wichtigen Tatbestand, der dem Bedarfsprinzip zugrunde liegt. Auch dann, wenn zwei Arbeitnehmer (gleich welchen Geschlechts) am Arbeitsplatz die gleiche Leistung verrichten und deshalb entsprechend dem Leistungsprinzip einen Anspruch auf einen gleich hohen Lohn besitzen, wenn jedoch der eine Arbeitnehmer z.B. ledig ist und der andere Arbeitnehmer Kinder (eine Familie) mitzuversorgen hat, dann billigt man diesem Arbeitnehmer entsprechend dem Bedarfsprinzip wegen seines höheren Bedarfs auch ein höheres Einkommen zu.

 

Nun lässt sich dieses Problem in einer freien Marktwirtschaft nicht einfach dadurch regeln, dass die Arbeitnehmer mit Familie jeweils vom Arbeitgeber zu den Leistungsanteilen des Lohnes noch entsprechende Kinderzuschläge erhalten. Unternehmungen, die dies aus ethischen Grundsätzen heraus von selbst täten, gerieten automatisch in eine Benachteiligung gegenüber all den Unternehmungen, die sich nicht zu dieser Zahlung verpflichtet fühlten. Die zahlenden Unternehmungen hätten höhere Kosten und könnten deshalb nicht im Wettbewerb mit den anderen Unternehmungen bestehen. Götz Briefs sprach in diesem Zusammenhang von der auf Märkten herrschenden Grenzmoral: Die moralischen Vorstellungen dessen, der die geringsten Ansprüche an die Moral stellt, setzen sich auf freien Märkten langfristig durch, diejenigen, die höhere moralische Ansprüche stellen, werden aus dem Markt gedrängt.

 

Nun könnte man auf den Gedanken kommen, alle Unternehmungen von Gesetzes wegen zu verpflichten, den Arbeitnehmern mit Kindern entsprechende Kinderzuschläge zu zahlen. Trotzdem wäre das Problem nicht gelöst. Die Stückkosten der Unternehmungen würden nämlich nun u. a. auch davon abhängen, wie viel Arbeitnehmer mit Kindern in den einzelnen Unternehmungen beschäftigt werden, Unternehmungen könnten versucht sein, durch Beschäftigung von möglichst wenig Arbeitnehmern mit Kindern die Stückkosten zu senken und auf diese Weise Wettbewerbsvorteile zu erlangen.

 

Wiederum würde gelten, dass Unternehmungen mit höherer sittlicher Verantwortung, die sich also bei der Einstellung nicht nach dem Familienstand richten und ganz bewusst auch Arbeitnehmer mit Kindern einstellen würden, Wettbewerbsnachteile in Kauf nehmen würden. Gleichzeitig hätten es Arbeitnehmer mit Kindern sehr viel schwerer als ledige Arbeitnehmer, einen neuen Arbeitsplatz zu erhalten oder auch bei allgemeinen Entlassungen den bisherigen Arbeitsplatz zu behalten.

 

Eine sachgerechte Lösung des Problems des Familienlastenausgleichs kann also nur dadurch erfolgen, dass die Kinderzuschläge von einer anderen Stelle als dem jeweiligen Arbeitgeber, also vom Staat, ausgezahlt werden.

 

Allerdings lassen sich Zweifel anmelden, ob es sich bei diesem zweiten Bedarfselement um ein Problem der primären Umverteilung handelt, bei dem also demjenigen, der keine Kinder hat, über Steuern Einkommensteile entzogen werden müssen, um sie dann den Personen mit Kindern in Form von Subventionen oder Steuerbefreiungen zu gewähren.

 

Die Probleme des Familienlastenausgleichs werden in der Öffentlichkeit oftmals stark ideologisch diskutiert, die Zusammenhänge werden zu stark vereinfacht, es werden Extremsituationen heraufbeschworen, die in Wirklichkeit überhaupt nicht zur Diskussion stehen.

 

So wird z. B. in einer Art Horrorszene ausgemalt, was alles passieren könnte, wenn eine Bevölkerung aussterbe, also keine jungen Erwerbspersonen mehr nachwüchsen und eines Tages die alten, nicht mehr Erwerbstätigen mangels Güterproduktion notgedrungen verhungern müssten. Demgegenüber muss klar gestellt werden, dass das Aussterben einer Bevölkerung in der Realität nicht zur Diskussion steht, es geht vielmehr darum, dass Bevölkerungen in der Vergangenheit stark angestiegen sind, dass aber vor allem hoch industrialisierte Bevölkerungen auch wiederum schrumpfen.

 

Es leuchtet ohne weiteres ein, dass eine wachsende Bevölkerung andere Probleme mit sich bringt als eine schrumpfende Bevölkerung, es mag sogar richtig sein, dass sich bestimmte wirtschaftliche Probleme in einer wachsenden Gesellschaft sehr viel leichter lösen lassen und es ist genau so richtig, dass der Übergang von einer wachsenden zu einer schrumpfenden Bevölkerung struktureller Umstellungen bedarf, ohne die ernsthafte politische Schwierigkeiten entstehen können.

 

Eine zu vereinfachte Darstellung findet bei der Vorstellung statt, die Probleme der Ernährung der älteren Bürger seien gelöst, wenn nur dafür Sorge getragen werde, dass genügend Kinder geboren werden. Der Reichtum einer Nation bestimmt sich immer aus der Entwicklung des Pro-Kopf-Einkommens. Das Pro-Kopf-Einkommen wird in seiner Höhe nicht nur bestimmt von der Anzahl der Arbeitskräfte, sondern darüber hinaus auch der Ausbildung der Arbeitskräfte (dem human Capital), dem Sachkapitalbestand und dem technischen Fortschritt. Hierbei kann in hohem Maße eine Substitution stattfinden, vor allem einfache Arbeit kann durch Sachkapital (Mechanisierung und Rationalisierung) ersetzt werden.

 

Genauso wenig wie es richtig ist, dass eine bloße Zunahme von Geburten noch keine Gewähr dafür bringt, dass die Heranwachsenden auch wirklich in den Produktionsprozess später eingegliedert werden, genauso falsch ist es, zu meinen, dass bei jedem Rückgang der Kinderzahl das Pro-Kopf-Einkommen automatisch zurückgehen muss, ein gemäßigter Rückgang in der Kinderzahl kann sehr wohl dadurch kompensiert werden, dass der Bildungsgrad erhöht wird, dass Rationalisierungen stattfinden, dass die Arbeitszeit bei Ausdehnung der Lebenszeit verlängert wird u. s. w.  Auf lange Sicht wird die Weltbevölkerung eher an einem zu starken Wachstum (wegen mangelnder natürlicher Ressourcen) als an einem zu geringen Wachstum zugrunde gehen.

 

Wilfried Schreiber hat die These aufgestellt, dass das Problem des Familienlastenausgleichs primär nicht ein Problem der interpersonellen Umverteilung, sondern vielmehr ein Problem der intrapersonellen Einkommensumschichtung des Lebenseinkommens darstelle. Es gehe nicht darum, dem Einen etwas zu nehmen und dem Andern etwas zu geben. Vielmehr gelte für jeden heute lebenden Erwachsenen ausnahmslos, dass er während seiner Kindheit eine Phase der Erwerbsunfähigkeit durchlaufen hat, innerhalb der sein Lebensunterhalt vorfinanziert werden musste. Jeder hat also in seiner Kindheit de facto von einem Kredit gelebt, den er als Erwachsener und während seiner Erwerbszeit zurückzuzahlen hat und nahezu Jeder kommt in seinen letzten Lebensjahren in eine Situation, in der er nicht mehr durch eigene Arbeitskraft seinen Unterhalt erwirtschaften kann.

 

Das Lebenseinkommen, das in der Erwerbszeit erwirtschaftet wird, muss also umgeschichtet werden auf die Zeit vor der Erwerbszeit wie auf die Zeit nach der Erwerbszeit. In dem einen Fall müssen Einkommensteile für das erwerbslose Alter zurückgelegt werden, in dem anderen Falle muss während der Kindheit de facto ein Kredit aufgenommen werden, der aus dem späteren Erwerbseinkommen des Herangewachsenen letztlich zurückgezahlt werden muss.

 

Natürlich entstehen auch in diesem Zusammenhange sekundäre Probleme einer Umverteilung. Als erstes muss festgestellt werden, dass diese Kredite nicht von privaten Banken gewährt werden können, da für die heranwachsenden Kinder keine Sicherheiten gegeben werden können. Es ist ja unsicher, ob und wann und in welcher Höhe die Herangewachsenen über ausreichend Erwerbseinkommen verfügen werden, um diese Kredite zurückzahlen können. Gerade deshalb muss ein öffentlich rechtlicher Weg gewählt werden, z. B. dadurch, dass der Staat Bürgschaften übernimmt oder Bildungsgeld gewährt. Es ist aber nicht unbedingt notwendig, dass eine öffentlich-rechtliche Stelle diese Kreditvergabe vornimmt und die Rückzahlung organisiert.

 

Darüber hinaus entsteht die Frage, in welcher Höhe diese Kredite gewährt werden sollen. Da die Kinder ja wohl de facto den Lebensstandard der Eltern während ihrer Kindheit übernehmen, läge es nahe, die Höhe der Kredite vom Einkommen der Eltern abhängig zu machen. Dies führt jedoch zu erheblichen Problemen, da nicht damit gerechnet werden kann, dass die Zahlungsfähigkeit und das zukünftige Einkommen der Herangewachsenen stets denen der Eltern entsprechen. Auf diesem Umwege fände also eine inverse Umverteilung von unten nach oben statt. Man wird sich deshalb zu dem Kompromiss bereitfinden müssen, die Kredite in einer einheitlichen Höhe unabhängig vom Einkommen der Eltern zu gewähren, was zur Folge hat, dass die Eltern – vor allem die reicheren - de facto immer einen Teil der Erziehungskosten übernehmen müssen.

 

Während bei einer Regelung ohne Familienlastenausgleich und allgemeinem Kreditsystem die Arbeitnehmer, welche Kinder aufziehen, die gesamten Lasten der Erhaltung der Bevölkerung übernehmen, trägt in diesem System des Familienlastenausgleichs fast jeder zu seiner eigenen Erziehung in der Kindheit bei, mit dem Schönheitsfehler, dass einige – wegen späterer Erwerbslosigkeit – ihre Schulden nicht mehr zurückzahlen können.

 

Es wird bisweilen behauptet, diese Lösung sei familienfeindlich, weil sie die Rolle und Bedeutung der Eltern als Ernährer ihrer Kinder abschwäche. Dem ist nicht so. Ganz im Gegenteil stärkt dieses Kreditsystem das Familiensystem, da nun die Kosten der Aufziehung nicht mehr nur einem Teil der Familien aufgebürdet werden. Die Kredite sind selbstverständlich an die Eltern auszuzahlen, die diese Gelder für ihre eigenen Kinder verwalten und ausgeben. Missbrauchen Eltern in Ausnahmefällen ihre Macht, so kann auf diesem Wege eine sachgerechte Ausgabe dieser Gelder auch sehr viel einfacher vom Staat (von den Jugendämtern) kontrolliert werden als in einem System ohne Familienlastenausgleich.

 

 

06. Die paretianische Redistribution

 

Zunächst ergibt sich aus dem Ansatz von V. Pareto, dass keinerlei Umverteilung wissenschaftlich beurteilbar ist. Aber die Existenz externer Nutzeneffekte kann trotzdem eine Umverteilung rechtfertigen.

 

Es gibt unterschiedliche Arten externer Konsum-Effekte:

 

·        Der Nutzen von A hängt ab vom Nutzen des B oder

·        der Nutzen von A hängt ab vom Einkommen des B oder schließlich

·        der Nutzen von A hängt ab von der individuellen Spendenhöhe.

 

Diese Wohlfahrtseffekte aufgrund einer Umverteilung erfolgen zunächst auf freiwilliger Basis. Trotzdem kann der Kollektivgutcharakter einer Umverteilung einen Zwang rechtfertigen.

 

Ausgangspunkt sei ein 2-Quadrantensystem, wobei im rechten Quadranten auf der Abszisse das Einkommen des Spenders, auf der Abszisse des linken Quadranten die Spendenhöhe abgetragen wird. Auf der Ordinate wird der Grenznutzen abgetragen.

 

Wir zeichnen in das rechte Diagramm die Kurve des internen Grenznutzens ab, die angibt, auf welchen Nutzen der Spender durch seine Spende verzichten muss. Im linken Diagramm tragen wir die Kurve des externen Nutzens ab, die uns darüber unterrichtet, welche Nutzenzuwächse der Spender aus der Spende zieht. Ein Nutzenmaximum erzielt der Spender dann, wenn sich interner Nutzenentgang und externer Nutzenzuwachs gerade entsprechen. 

 

 

                                                                                                    

 

 

07. Downs These von der Nivellierungstendenz

 

Fragen wir uns nun, inwieweit diese einzelnen Leitbilder der Verteilung von der jeweiligen Ordnung eines Gesellschaftssystems abhängen. Downs hat die These vertreten, dass die Stimmenmaximierung der Politiker in einer repräsentativen Demokratie zu einer Nivellierungstendenz in den Netto-Einkommen führe und somit automatisch das Ziel einer Einkommensnivellierung herbeiführe.

 

Die Politiker könnten Stimmengewinne erzielen, wenn sie die Reichen besteuern würden und diese Steuereinnahmen den Ärmeren als Transfereinkommen zur Verfügung stellten. Es würden nur bei der kleinen Gruppe von Reichen Stimmenverluste eintreten, aber sehr hohe Stimmengewinne bei der Gruppe der begünstigten Ärmeren. Per Saldo würde die Umverteilung von den Reichen zu den Armen einen Stimmengewinn bringen.

 

Vergleichen wir das Prinzip der Stimmengleichheit in einer Demokratie mit der Einkommensdifferenzierung in einer Marktwirtschaft. Innerhalb von Märkten üben Individuen je nach Einkommen einen unterschiedlichen Einfluss aus. Folglich ergeben sich aus dem Marktprozess auch sehr unterschiedliche Einkommenshöhen. Bei Wahlen hat jedoch jeder nur eine Stimme. Deshalb müsste eigentlich der politische Einfluss auf alle Bürger gleichmäßig verteilt sein.

 

Empirische Untersuchungen unterstützen die These allerdings nicht. Der Hauptgrund für diesen Widerspruch dürfte darin liegen, dass die einzelnen Bürger über Interessengruppen einen zusätzlichen Einfluss gewinnen können, dass aber die Organisationsfähigkeit der Bürger sehr unterschiedlich hoch ist.

 

Der Umstand, dass in einer Demokratie jeder Bürger eine und nur eine Stimme hat, wirkt deshalb zwar im Prinzip einkommensnivellierend. Trotzdem kommt diese Nivellierungstendenz in praxi kaum zum Zuge, da die einzelnen Bürger in einer repräsentativen Demokratie nicht nur dadurch Einfluss auf die Politik nehmen können, dass sie sich an den Wahlen zum Parlament beteiligen, sondern zusätzlich über lobbyistische Aktivitäten Einfluss gewinnen können, diese Einflussmöglichkeiten jedoch sehr unterschiedlich verteilt sind. Diese Einflussmöglichkeiten sind Gegenstand des nächsten Abschnittes.

 

 

08. Die Rolle der Verbände

 

Das Wahlrecht legt also nur einen Mindesteinfluss fest; darüber hinaus besteht ein Einfluss über Verbände und Parteien. Die Politiker sind teilweise auf die Verbandsaktivität angewiesen. Verbände üben nämlich einen Einfluss auf die Wählerstimmen aus. Die Verbände verfügen weiterhin zum Teil über Informationen, welche die Politiker für eine effiziente Politik benötigen.

 

Die einzelnen Interessengruppen verfügen aber über einen unterschiedlichen Einfluss auf die Politik. So sind die einzelnen Bevölkerungsgruppen in unterschiedlichem Maße organisationsfähig. Vor allem Mancur Olson hat in einem Modell die These entwickelt, dass die Organisationsfähigkeit von Interessengruppen vor allem von ihrer Gruppengröße abhängt.

 

Betrachten wir hierzu folgende Graphik. In einem Diagramm tragen wir auf der Abszisse das Kollektivgut ab, auf der Ordinate die Grenzkosten und den Grenzertrag, welche mit dem Angebot an Kollektivgütern verbunden sind. Der Schnittpunkt der Grenzkostenkurve mit der Grenzertragskurve markiert die Gütermenge, welche auf einem freien Konkurrenzmarkt erzielt würde. Nun müssen wir jedoch zwischen einem privaten und einem kollektiven Grenzertrag unterscheiden. Die Marktteilnehmer berücksichtigen immer nur ihren privaten Grenzertrag.

 

In die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt geht jedoch der kollektive, der – der gesamten Bevölkerung zufließende – Grenzertrag ein, sodass das Wohlfahrtsoptimum beim Schnittpunkt zwischen Grenzkostenkurve und Kurve des kollektiven Grenzertrages liegt. Dieser Schnittpunkt wird bei einer größeren Menge als beim Marktgleichgewicht erreicht. 

 

Entscheidend ist nun, dass mit der Gruppengröße die Transaktionskosten zur Bildung von Organisationen und zur Einflussnahme auf die Politik steigen und deshalb die Bereitschaft zur Übernahme der kollektiven Kosten zurückgeht. Es besteht deshalb die Gefahr, dass sich nur kleine Interessengruppen in Organisationen zusammenschließen und damit die Kollektivinteressen der Gruppen vertreten können. 

 

 

 

 

Die Organisationsfähigkeit hängt weiterhin neben der Gruppengröße auch davon ab, ob Interessen der Einkommenssicherung oder der Einkommenssteigerung zur Diskussion stehen. Wenn die Gefahr einer Einkommensminderung besteht, z. B. aufgrund einer Erhöhung der Einkommensteuer, ist der drohende Nutzenverlust relativ groß. Wenn hingegen die Aussicht besteht, das Einkommen zu erhöhen, z. B. durch Abbau von Handelsbehinderungen, ist der zu erwartende Nutzengewinn etwas geringer. Anhand der Grenznutzenkurve lassen sich diese Unterschiede in den Nutzenveränderungen und damit auch in der Bereitschaft zur Bildung einer Interessengruppe darstellen. 

 

 

 

 

 

Die Organisationsfähigkeit einer Interessensgruppe hängt drittens auch davon ab, ob Interessen der Einkommensentstehung oder der Einkommensverwendung vertreten werden sollen. Obwohl die Arbeitnehmerschaft eine relativ große Gruppe darstellt, war es möglich, Gewerkschaften zu bilden, da das primäre Ziel der Gewerkschaften in der Forderung nach Lohnerhöhung besteht und damit die Einkommensentstehung und nicht die Einkommensverwendung betrifft.

 

Auch die Konsumentenschaft stellt eine sogar noch größere Gruppe dar, schließlich ist jeder Bürger ein Konsument, aber nicht unbedingt ein unselbständiger Arbeitnehmer. Trotzdem konnte in der Vergangenheit keine schlagkräftige Interessengruppe gebildet werden, welche die Interessen der Konsumenten verteidigt. Der Grund liegt darin, dass über die Verwendung von Einkommen sehr viel größere Meinungsverschiedenheiten bestehen als über das Ziel einer Lohnerhöhung.

 

Im Zusammenhang mit dem Verbandseinfluss kommt der staatlichen Bürokratie eine entscheidende Rolle zu. Ein direkter Einfluss auf die Parlamentarier ist nämlich im Allgemeinen verpönt. Der Einfluss über die Bürokratie spielt sich stärker im Verborgenen ab und ist deshalb einflussreicher. Werden die Gesetzesvorlagen der Ministerien durch lobbyistische Tätigkeit beeinflusst, ist dieser Einfluss den Parlamentariern, die über die Gesetze abzustimmen haben, weniger bewusst, als wenn dieser Einfluss direkt auf die Parlamentarier erfolgt wäre.

 

 

09. Wirtschaftsverfassung und Distribution

 

Nach D. C. Mueller erlangt die Verfassung im Zusammenhang mit der Einkommensverteilung eine bedeutende Rolle. Nach Mueller entscheidet der zeitliche Horizont über das Verhalten der Wirtschaftssubjekte.

 

Das individuelle Verhalten hänge davon ab, ob die Auswirkungen einer politischen Maßnahme sofort eintreten oder erst nach langer Zeit. Muss der Einzelne damit rechnen, dass sich die zur Diskussion stehenden politischen Maßnahmen unmittelbar und auf kurze Sicht auf sein Interesse negativ auswirken, wird der Einzelne den Versuch unternehmen, diese Maßnahmen zu verhindern oder zumindest zu umgehen.

 

Liegen jedoch die zu erwartenden Auswirkungen in ferner Zukunft, so ist ungewiss, wie sich diese Maßnahmen auf das eigene Interesse auswirken werden, das einzelne Individuum wird in diesem Falle die anstehenden Maßnahmen mehr nach allgemeinen Kriterien beurteilen, es nimmt dann ein quasialtruistisches Verhalten  ein.

 

Deshalb sind Verfassungsbestimmungen im Hinblick auf gesamtwirtschaftliche Ziele oftmals erfolgreicher als einfache Gesetze und Verordnungen. In diesem Sinne erlangten die Fürsorgeeinrichtungen sowie die Einführung der dynamischen Rente eine quasi verfassungsmäßige Bedeutung, indem die kurzfristigen Interessen hintangestellt werden.

 

Nach D. C. Mueller lassen sich Verteilungsziele im Rahmen langfristig angelegter Gesetzesvorhaben effizienter realisieren als im Rahmen kurzfristiger Maßnahmen. Der Grund hierfür liegt darin, dass bei kurzfristig wirksamen Maßnahmen bekannt ist, wer zu den Verlierern der Maßnahmen zählt, sodass die belastete Gruppe Widerstand gegen diese Maßnahmen ergreifen kann und deshalb auch wird.

 

Je länger jedoch der Zeitraum ist, in dem sich diese Maßnahmen in distributiver Hinsicht auswirken, umso weniger ist bekannt, wer zu den Verlierern dieser Maßnahmen zählen wird. Mueller unterstellt, dass die Bevölkerung in diesem Falle aufgrund dieser Unsicherheit eher dazu bereit ist, die Erwünschtheit dieser Maßnahmen aufgrund von objektiven Argumenten zu beurteilen und somit einen quasi-altruistischen Standpunkt zu beziehen.

 

Im Rahmen der älteren Wohlfahrtstheorie versuchte man – wie bereits gezeigt – nachzuweisen, dass die Gesamtwohlfahrt bei einer egalitären Einkommensverteilung maximiert sei. Begründet wurde diese These mit dem Gesetz vom abnehmenden Grenznutzen des Einkommens. Der Nutzenentgang beim Reicheren sei stets kleiner als der Nutzenzuwachs beim Ärmeren. Diese Schlussfolgerung gilt aber nur dann, wenn man für alle Personen identische Bedarfsstrukturen unterstellt. Unterschiede in den Bedarfsstrukturen führen dazu, dass das Wohlfahrtsmaximum bei einer ganz bestimmten Einkommensdifferenzierung erreicht wird. Es gibt dann nicht nur eine zu hohe Einkommensdifferenzierung, sondern auch eine zu geringe.

 

Weiterhin hat V. Pareto bestritten, dass es überhaupt möglich ist, die individuellen Nutzenvariationen personell miteinander zu vergleichen. Bei Gültigkeit dieser Annahme entfällt jedoch die Rechtfertigung einer Egalität mit Nutzenkalkülen. Vor allem aber muss berücksichtigt werden, dass im Zusammenhang mit Umverteilungsmaßnahmen der Gemeinschaft zusätzliche Kosten entstehen, sofern Umverteilung einen Verwaltungsapparat notwendig macht und sofern sowohl bei den Begünstigten wie auch bei den Belasteten Anreize entstehen, weniger Leistungseinkommen zu erwerben.

 

Auch dann, wenn man mit Pareto die Möglichkeit interpersoneller Nutzenvergleiche ablehnt, lässt sich mit der neueren Wohlfahrtstheorie trotzdem die Erwünschtheit von Umverteilungen erklären, sofern man externe Konsumeffekte berücksichtigt.

 

Externe Konsumeffekte liegen vor, wenn ein Haushalt nicht nur aus dem eigenen Konsum, sondern auch aus dem Konsum anderer Personen eine Befriedigung erfährt. Dies ist z. B. bei altruistischer Haltung der Fall, aber auch wenn Umverteilungsprozesse drohende Gefahren abwenden. Dieser nachparetianische Ansatz erklärt zunächst nur freiwillige Formen der Umverteilung.

 

Zwang kann jedoch notwendig werden, wenn der Erfolg der Umverteilung den Charakter von Kollektivgütern aufweist. In diesem Falle besteht die Gefahr von Trittbrettfahrerverhalten. Zwang kann diese Gefahr vermindern. Zwang liegt hier im eigenen Interesse der Betroffenen, da der einzelne nun davon ausgehen kann, dass sich auch die übrigen Individuen an den Umverteilungsaktivitäten beteiligen werden.

 

***

 

Zusammenfassung:

 

01. Verteilungspolitik verfolgt das Ziel, Ungerechtigkeiten abzubauen. Jede Gerechtigkeitsvorstellung geht vom Gleichheitsprinzip aus, wonach Gleiches gleich, Ungleiches aber ungleich zu behandeln ist.

 

02. Nur in den seltensten Fällen (etwa von den Vertretern des Frühsozialismus) wird das Gleichheitsprinzip im Sinne einer Egalität, der Forderung nach gleichem Pro-Kopf-Einkommen für alle Bürger ausgelegt.

 

03. Allerdings sind nach weitverbreiteter Auffassung alle Bürger insoweit gleich zu behandeln, als jeder einen Anspruch auf ein gleich hohes Mindesteinkommen im Sinne eines Existenzminimums habe und als der Differenzierungsgrad der Einkommen eine bestimmte Höchstgrenze nicht überschreiten sollte.

 

04. Nach J. A. Rawls sind Ungleichheiten im Einkommen solange zu rechtfertigen, als die wirtschaftspolitischen Maßnahmen das Einkommen der einkommensschwächsten Gruppe absolut erhöhen (= Maximin-Prinzip).

 

05. Entsprechend dem Leistungsprinzip sind unterschiedliche Einkommen solange gerechtfertigt, als diese Unterschiede mit unterschiedlicher Leistung begründet werden können. Die Schwierigkeit bei der Realisierung dieser Forderung besteht darin, dass Anbieter und Nachfrager von bzw. nach Leistung diese unterschiedlich bewerten. Allerdings erfolgt auf funktionierenden Märkten im Preis für diese Leistung eine Annäherung dieser Bewertungen.

 

06. Trotzdem kann nicht jeder tatsächliche Marktpreis mit dem Leistungsprinzip gerechtfertigt werden, da bei monopolistischer Marktkontrolle der Preis durch künstliche Verknappung erhöht werden kann und eine künstliche Verknappung das Gegenteil eines Beitrages zum Inlandsprodukt darstellt.

 

07. Man hat deshalb vorgeschlagen, den Konkurrenzpreis als Leistungsindikator zu nehmen, die Schwierigkeit liegt darin, dass bei Fehlen von Konkurrenz der Konkurrenzpreis nicht bekannt ist.

 

08. Erich Preiser hat weiterhin darauf aufmerksam gemacht, dass auch in den Konkurrenzpreis Machtverhältnisse eingehen, sofern die Arbeitnehmer nur über die Arbeit als einzige Einkommensquelle verfügen. Richtig ist an dieser Vorstellung, dass in einer Markwirtschaft die Entlohnung stets von der Verteilung der Faktoren abhängt und dass deshalb eine Entlohnung nach der Leistung nur dann als gerechtfertigt angesehen werden kann, wenn auch die Verteilung der Produktionsfaktoren als gerechtfertigt gilt.

 

09. Das Bedarfsprinzip besagt nicht, dass das Einkommen jeweils nach dem Umfang der individuellen Bedarfsäußerungen verteilt werden sollte, sondern dass auch bei gleichem Einkommen der aus diesem Einkommen zu ziehende Nutzen sehr unterschiedlich ausfallen kann und dass deshalb Umverteilungen notwendig werden.

 

10. Die Berücksichtigung von Bedarfselementen wird einmal im Zusammenhang mit der Forderung nach einem Familienlastenausgleich vertreten. Erziehung und Ernährung von Kindern verursachen Kosten, die nach allgemeiner Überzeugung nicht allein von den Eltern getragen werden sollten, da das allgemeine Wachstum zumindest eine Konstanz der Bevölkerung voraussetzt.

 

11. Zum andern wird das Bedarfsprinzip im Zusammenhang mit der Forderung nach Risikoschutz vertreten. Die einzelnen Individuen sind von den sozialen Risiken sehr unterschiedlich betroffen. Bei nicht schuldhaftem Verhalten der Betroffenen billigt das Bedarfsprinzip den Betroffenen eine Übernahme der mit diesen Risiken verbundenen Kosten durch die Allgemeinheit zu.

 

12. Das Diskriminierungsverbot legt fest, mit welchen Unterschieden eine Einkommensdifferenzierung auf keinen Fall gerechtfertigt werden darf. Hierzu zählt vor allem das Verbot einer Diskriminierung aufgrund der Rasse, der Religion oder des Geschlechts.

 

13. Nach Antony Downs führt eine demokratische Ordnung automatisch zu einer Nivellierung der Einkommen. Da die Gruppe der Ärmeren stets größer sei als die Gruppe der Reichen, könne ein Politiker Stimmengewinne erwarten, wenn er eine Umverteilung von den Reichen zu den Armen in Aussicht stelle.  Der Wettbewerb der Politiker um Stimmen führe dazu, dass alle größeren Parteien unter dem Druck stehen, Umverteilungen vorzunehmen.

 

14. Empirische Untersuchungen konnten die Nivellierungs-These von Antony Downs nicht bestätigen. Der Grund hierfür dürfte vor allem darin liegen, dass in einer Demokratie nicht nur durch Wahlstimmen, sondern auch durch Verbandsaktivität politischer Einfluss ausgeübt werden kann, dass aber die verschiedenen Bevölkerungsgruppen in sehr unterschiedlichem Maße befähigt sind, sich in Interessengruppen zu organisieren. So nimmt die Organisationsfähigkeit einer Interessengruppe mit ihrer Größe ab, da die Kosten der Organisationsbildung mit der Größe der Gruppe überproportional stark ansteigen.

 

15. Weiterhin gilt, dass sich Entstehungsinteressen besser organisieren lassen als Verwendungsinteressen und dass es leichter ist, einen Widerstand gegen Einkommenskürzungen als eine Interessengruppe zur Erreichung von Einkommenssteigerungen zu organisieren.

 

16. Der Versuch, den Verbandseinfluss über die Bürokratie zu erreichen, ist im allgemeinen erfolgreicher als die Beeinflussung der Parlamentarier auf direkte Weise, da der Einfluss über die Bürokratie weniger sichtbar und damit auch weniger angreifbar ist.

 

 

Fragen zu Kapitel 2:

 

01. Was ist die Grundregel des Gleichheitsprinzips?

 

02.  Was besagt hingegen das Egalitätsprinzip?

 

03. Worin unterscheidet sich das kulturelle vom physischen Existenzminimum?

 

04. Was besagt das Rawls‘sche Maximin-Prinzip?

 

05. Welche Einkommensunterschiede sind nach dem Leistungsprinzip erwünscht?

 

06. Welche Einkommensunterschiede sind auch nach dem Leistungsprinzip unerwünscht?

 

07. Warum hält Erich Preiser auch den Konkurrenzpreis als ungerecht?

 

08. Was wäre eine Fehlinterpretation des Bedarfsprinzips?

 

09.  Unter welchen Voraussetzungen sind Einkommensunterschiede nach dem Bedarfsprinzip erwünscht?

 

10. Wie ist es zu erklären, dass entgegen der Thesen von Downs in Demokratien keine Nivellierungstendenz festgestellt werden konnte?

 

11. Warum führt die Verbandsaktivität in Demokratien zu einer Differenzierung, obwohl doch jeder Bürger das Recht hat, sich in Interessengruppen zu organisieren?

 

12.  Auf welche Gesetzmäßigkeit führte die ältere Wohlfahrtstheorie die These zurück, dass eine Maximierung der Gesamtwohlfahrt gerade bei einer Egalität der Einkommen erreicht sei?

 

 

Antworten zu Kapitel 2:

 

01. Das Gleichheitsprinzip besagt, dass Gleiches gleich, Ungleiches jedoch ungleich behandelt werden soll.

 

02. Das Egalitätsprinzip besagt, dass alle Menschen ein gleich hohes  Einkommen erhalten sollten.

 

03. Das kulturelle Existenzminimum umfasst nicht nur die materiellen zum Überleben notwendigen Güter, sondern auch ein Minimum kultureller Werte.

 

04. Das Rawls‘sche Maximin-Prinzip besagt, dass eine Einkommensdifferenzierung solange tolerierbar ist, als die durch politische Maßnahmen herbeigeführten Differenzierungen gleichzeitig das Einkommen der Ärmsten erhöhen.

 

05. Entsprechend dem Leistungsprinzip sind Einkommensunterschiede solange erwünscht, als sie auf unterschiedliche Leistung zurückgeführt werden können.

 

06. Nach dem Leistungsprinzip sind alle Einkommensunterschiede unerwünscht, welche auf Monopolmacht zurückzuführen sind.

 

07. Erich Preiser hält auch Konkurrenzpreise dann für ungerecht, wenn  sie auf einer Vermögensverteilung beruhen, bei der die Arbeitnehmer über kein Erwerbsvermögen verfügen.

 

08. Das Bedarfsprinzip würde fehlinterpretiert, wenn man hieraus die Forderung ableiten würde, dass jeder, der einen überdurchschnittlich hohen Bedarf aufweise, auch einen Anspruch auf ein überdurchschnittlich hohes Einkommen besitze.

 

09. Nach dem Bedarfsprinzip sind Einkommensunterschiede dann erwünscht, wenn der unterschiedliche Bedarf entweder aus dem Familienstand oder aus unterschiedlichen sozialen Risiken erwächst.

 

10. Dass die von Downs beschriebene Nivellierungstendenz in den realen Demokratien nicht beobachtet werden konnte, kann zumeist auf den Einfluss der Verbände zurückgeführt werden.

 

11. Der Einfluss auf die Politik über die Bildung von Interessengruppen ist unterschiedlich, da sich die einzelnen Bevölkerungsgruppen in der Organisationsfähigkeit unterscheiden.

 

12. Die These der älteren Wohlfahrtstheorie, dass eine Maximierung der Gesamtwohlfahrt gerade dann erreicht sei, wenn alle Einkommen gleich verteilt seien, beruht auf dem Gesetz vom abnehmenden Grenznutzen des Einkommens.