Startseite

 Widersprüche in der Bibel

 

 

Gliederung:

 

 1. Inspiration des Hl. Geistes und Widersprüche in der Bibel

 2. Schöpfungsbericht

 3. Erbsünde, Voraussetzung für Schuld ist das Können

 4. Rächender Gott bis ins Dritte Glied- barmherziger Gott

 5. Freiheit des Menschen - Vorherbestimmung

 6. Holocaust und Allmacht Gottes

 7. Feindesliebe - Vernichtung der Feinde durch Gott

 8. Tod Jesu notwendig zur Erlösung der Menschen?

                 9. Ein Gott drei Personen

                 10. Bindung Gottes an Entscheidungen der Kirchenbehörde

                 11. Gleichheit vor Gott und Patriarchalismus

                 12. Am Sabbat heilen trotz Sabbatruhe

                 13. Von Gott kein Bildnis machen - Jesusbilder

                 14. Alle Sünden werden vergeben, nicht die Sünde gegen den heiligen Geist

 

 

 

Kapitel 13: Von Gott kein Bildnis machen - Jesusbilder

 

 

Gliederung:

 

1. Das Problem

2. Das Bildverbot im Alten Testament

3. Das Nichtaussprechen des Namens Gottes

4. Schlussfolgerungen

 

 

 

1. Das Problem

 

In diesem Kapitel wollen wir uns mit dem Widerspruch befassen, dass im ersten Gebot des Dekaloges den Israeliten eindeutig die Weisung erteilt wurde, du sollst dir kein Gottesbild machen, dass aber Christen mit wenigen Ausnahmen Bilder nicht nur von Jesus Christus, sondern auch von Gott Vater, dem Schöpfer des Himmels und der Erde nicht nur dulden, sondern sogar in den Kirchen aufstellen und verehren.

 

Im ersten Gebot des Dekalogs im 2. Buch Moses Kapitel 20 heißt es:

 

4  ‚Du sollst dir kein Gottesbild machen und keine Darstellung von irgendetwas am Himmel droben, auf der Erde unten oder im Wasser unter der Erde.‘

 

Eng zusammen mit dem Verbot, sich von Gott ein Bild zu machen, steht die im Alten Testament mehrfach geäußerte Überzeugung der Israeliten, dass noch nicht einmal der Name Gottes ausgesprochen werden sollte. In der Tat wird an den verschiedensten Stellen des Alten Testamentes immer dann, wenn von Gott die Rede ist, eine Umschreibung gewählt.

 

Gleichzeitig erfahren wird an den unterschiedlichsten Stellen des Alten Testamentes, dass die Menschen noch nie oder allenfalls nur mit gewissen Ausnahmen Gott von Angesicht zu Angesicht gegenübergetreten sind, dass sich Gott den Menschen zumeist in einer Wolke oder in einem brennenden Dornbusch offenbart.

 

Nach Karl Barth ist der Schöpfergott unergründlich und kann deshalb auch nicht von den Menschen in seinem Wesen voll erkannt werden. Diese Charakterisierung Gottes steht allerdings in Gegensatz dazu, dass Jahwe, der Gott der Juden ganz im Gegensatz zu vielen Göttern der Heiden zur Zeit Abrahams und danach gerade nicht als ein Wesen beschrieben wird, das wie die andern Götter von blindem Hass gegen die Menschen erfüllt ist und in seinem Zorn die Menschen willkürlich vernichtet, gleichgültig ob sie als schuldig oder nichtschuldig sind und dem man sich nur unterwürfig nähern darf und denen man sogar Menschen zum Opfer bringen muss.

 

Ganz im Gegenteil zu diesen Auffassungen heidnischer Religionen zur Zeit Abrahams erfahren wir aus der Bibel, dass Jahwe ein gütiger Gott ist, der sich um das Schicksal der Menschen kümmert, der nur den Schuldigen bestraft und diesen auch wiederum verschont, sofern er nur seine bisherigen Sünden bereut und ehrlichen Herzens zur Umkehr bereit ist, mit dem man  – wie es Abraham getan hat – auf Augenhöhe diskutieren und auch Zweifel äußern kann, sogar Gott ungestraft daran erinnern kann, dass auch er sich an die Gesetze zu halten habe, die er den Menschen aufgetragen hatte. Warum sollte gerade ein solcher gütiger Gott gleichzeitig unnahbar sein?

 

Um diesen Wandel und diese Nichtbeachtung dieses Teils des ersten Gebotes besser bewerten und verstehen zu können, müssen wir uns zunächst fragen, warum denn das erste Gebot jede Abbildung Gottes verbietet. Dieses Verbot dient sicherlich letzten Endes dazu, die Verehrung Gottes als Schöpfer der Erde und als oberstem Richter sicherzustellen.

 

Nach dem Schöpfungsbericht hat zwar Gott den Menschen als sein Ebenbild erschaffen, trotz allem gilt es festzuhalten, dass Gott Vater kein Mensch ist und deshalb auch nicht in Menschengestalt dargestellt werden kann, vor allem im Alten Testament wurde Jahwe stets als der Unnahbare angesehen, dem man in keinster Weise dadurch gerecht werden kann, dass man Gott menschliche Züge verleiht.

 

Nur in ganz wenigen Ausnahmefällen erschien Gott den Menschen von Angesicht zu Angesicht, Gott befand sich vielmehr zumeist in oder über einer Wolke oder in einem brennenden Dornbusch, seine Ansprachen waren von Donner und Blitz begleitet, ja schon das Aussprechen des Namens Gottes galt als ein Sakrileg.

 

Wenn nun das Christentum trotzdem bereit war, Darstellungen Gottes in künstlerischer Form auch in Kirchen zuzulassen, so lässt sich dieser Wandel damit erklären, dass nach Überzeugung der Christen Jesus – obwohl er göttlichen Ursprungs ist – als wahrer Mensch auf die Erde kam und deshalb auch menschliche Züge annahm, die man dann auch abbilden darf, da sich ja auch Jesus in Menschengestalt seinen Zuhörern zu erkennen gegeben hatte. Auch wird man die Gefahr, dass bei einer künstlerischen Darstellung die Verehrung Gottes gefährdet ist, insgesamt gering einschätzen dürfen.

 

Allerdings muss sicherlich nach wie vor die Gefahr gesehen werden, dass in jeder bildlichen Gestalt menschliche Züge dargestellt werden, welche Menschen gleichen, für die man – aufgrund spezieller biographischer Entwicklungen – alles andere als herzliche Zuneigung aufbringen kann. Sicherlich gibt es de facto zahlreiche Bilder von Gott und Jesus, welche von vielen Gläubigen als ausgesprochen kitschig empfunden werden und welche deshalb auch den gläubigen Zugang zu Gott eher erschwert als erleichtert haben.

 

 

2. Das Bildverbot im Alten Testament

 

Fragen wir uns nun, wie in den weiteren Büchern der Thora, die eine Art Gesetzesanwendung der im Dekalog als Magna Charta verkündeten Grundwahrheiten angesehen werden kann, zu dieser Frage Stellung bezogen wird. In Levitikus Kapitel 26 heißt es:

 

1 ‚Ihr sollt euch keine Götzen machen, euch weder ein Gottesbild noch ein Steinmal aufstellen und in eurem Land keine Steine mit Bildwerken aufrichten, um euch vor ihnen niederzuwerfen; denn ich bin der Herr, euer Gott.‘

 

Hier kommt bereits ein ganz wichtiges Merkmal dieses Verbotes zum Ausdruck: Das Verbot, ein Gottesbild zu machen, bezieht sich hier vorrangig auf dreidimensionale Gottesbilder. Es wird hier vorrangig nicht von Bildern gesprochen, welche die Gestalt und das Gesicht Gottes auf einer Leinwand erkennen lassen, sondern von Statuen und ähnlichen Gebilden, wie einem aus Gold und Silber gegossenen Kalb oder einem anderen Tier.

 

Wesentlich ist hierbei, dass der Mensch das Abbild eines Wesens, z. B. eines Tieres, mit seinen eigenen Händen erschaffen hat und die von ihm auf diese Weise erzeugte Figur dann anbetet. Hier wird das Götzenbild zu einem Objekt erniedrigt, das von Menschenhand erschaffen wurde und gerade deshalb, weil es von Menschen erschaffen wurde, auch als beherrschbar angesehen werden kann.

 

Der Vorwurf gegen diese Art von Götzenbildern richtet sich also in erster Linie dagegen, dass hier ein Geschöpf der Menschen angebetet wird, während der wahre Glaube davon ausgeht, dass der Gott der Juden und Christen von Anbeginn der Zeiten an existent war, dass er also weder von Menschen oder von anderen Göttern erschaffen wurde. Alles was hier auf Erden und im Himmel vorhanden ist, ist von Gotteshand erschaffen und diese Geschöpfe Gottes sollen allein ihren eigenen Schöpfer und nicht stellvertretend ein von Menschen geschaffenes Geschöpf als Gott achten und ehren.

 

Gerade dadurch, dass das Götzenbild von Menschenhand erschaffen wurde und somit auch nur solche Eigenschaften erhalten hat, die dem Menschen bekannt und von ihm gewollt sind, gewinnt der Mensch dann auch Herrschaft über diese Figur, er kann den Gottesglauben für seine eigenen Ziele einsetzen.

 

Es sind dann auch nicht die Herrschenden, welche diese Götterbilder vorwiegend deshalb in Auftrag gegeben haben, um in diesen Gebilden Gott die Ehre zu erweisen und sich ihm zu unterwerfen, es sollen vielmehr die den Herrschern untergebenen Menschen zur Anbetung Gottes gezwungen werden und diese Anbetung soll keineswegs dem Gott bzw. den Göttern zugute kommen, sondern dienen vielmehr in erster Linie der Machterhaltung der Herrschenden.

 

In dem Buch Richter erfahren wir allerdings, dass es in der Zeit der Richter, bevor es also Könige gab, noch nicht als sündhaft angesehen wurde, eine eigene Kultstätte einzurichten, darin ein selbst fabriziertes Bild Gottes aufzustellen und zu verehren und für diese Zwecke einen eigenen Priester anzustellen. Erst allmählich setzte sich somit der im Dekalog formulierte Grundsatz durch, es als schwere Sünde anzusehen, Gott in einem selbst angefertigten Bild zu verehren. Im Buch der Richter Kapitel 17 und 18 wird uns folgendes berichtet:

 

1  ‚Im Gebirge Efraim lebte ein Mann namens Micha.

2  Er sagte zu seiner Mutter: Die elfhundert Silberstücke, die dir jemand weggenommen hat und deretwegen du den Fluch ausgestoßen und ihn sogar vor meinen Ohren wiederholt hast, dieses Geld befindet sich bei mir; ich selber habe es genommen. Seine Mutter sagte: Sei gesegnet vom Herrn, mein Sohn.

3  Er gab die elfhundert Silberstücke seiner Mutter zurück. Seine Mutter aber sagte: Ich weihe mein Silber dem Herrn, damit es wieder meinem Sohn zugute kommt. Man soll ein mit Metall überzogenes Gottesbild machen. Fürs Erste aber will ich es dir wiedergeben.

4  Doch der Sohn gab das Silber seiner Mutter zurück. Seine Mutter nahm zweihundert Silberstücke und gab sie einem Goldschmied. Der machte ein mit Metall überzogenes Gottesbild daraus, das dann im Haus Michas aufgestellt wurde.

5  So hatte Micha ein Gotteshaus. Er machte nun ein Efod und Terafim und stellte einen seiner Söhne dazu an, ihm als Priester zu dienen.†

6  In jenen Tagen gab es in Israel noch keinen König; jeder tat, was ihm gefiel.

7  In Betlehem in Juda lebte (damals) ein junger Mann [aus der Sippe Juda]. Er war Levit und lebte dort als Fremder.

8  Dieser Mann zog aus der Stadt, aus Betlehem in Juda, fort, um sich irgendwo als Fremder niederzulassen, wo immer es sei. Auf seiner Wanderung kam er auch ins Gebirge Efraim zum Haus Michas.

9  Micha fragte ihn: Woher kommst du? Er antwortete ihm: Ich bin ein Levit aus Betlehem in Juda und bin unterwegs, um mich irgendwo als Fremder niederzulassen, wo immer es sei.

10  Micha sagte zu ihm: Bleib bei mir und sei mir Vater und Priester! Ich werde dir jährlich zehn Silberstücke geben, dazu die nötigen Kleider und deinen Lebensunterhalt. [Da ging der Levit.] 

11  Der Levit willigte ein, bei ihm zu bleiben, und der junge Mann wurde für Micha wie einer seiner Söhne.

12  Micha stellte also den jungen Leviten als Priester an und er blieb bei ihm im Haus.

13  Und Micha sagte: Nun weiß ich, dass der Herr mir Gutes erweisen wird; denn ich habe einen Leviten als Priester.

 

Kapitel 18 des Buches der Richter erzählt dann über das weitere Schicksal dieses Heiligtums:

 

11 ‚Darauf brachen von dort, also von Zora und Eschtaol aus, sechshundert mit Waffen ausgerüstete Männer aus der Sippe der Daniter auf.

12  Sie zogen hinauf und schlugen bei Kirjat-Jearim in Juda ihr Lager auf; deshalb nennt man diesen Ort bis auf den heutigen Tag »Lager Dans«; es liegt hinter Kirjat-Jearim.

13  Von dort zogen sie hinüber ins Gebirge Efraim und kamen zum Haus Michas.

14  Da sagten die fünf Männer, die unterwegs gewesen waren, um das Land [Lajisch] zu erkunden, zu ihren Brüdern: Wisst ihr auch, dass es in diesen Häusern ein Efod und Terafim sowie ein mit Metall überzogenes Gottesbild gibt? Überlegt also, was ihr tun wollt.

15  Da bogen sie (von ihrem Weg) ab und gingen zum Haus des jungen Leviten [zum Haus Michas] und begrüßten ihn.

16  Die sechshundert mit Waffen ausgerüsteten Daniter blieben am Hoftor stehen,

17  während die fünf Männer, die unterwegs gewesen waren, um das Land zu erkunden, hineingingen. Sie nahmen das Gottesbild mit dem Metallüberzug sowie das Efod und die Terafim, während der Priester am Eingang des Tores bei den sechshundert mit Waffen ausgerüsteten Männern stand.

18  Als die Leute in das Haus Michas eindrangen und das Gottesbild mit dem Metallüberzug, das Efod und die Terafim nahmen, fragte sie der Priester: Was macht ihr da?

19  Sie antworteten ihm: Schweig! Halt den Mund! Geh mit uns und werde uns Vater und Priester! Was ist besser – wenn du Priester im Haus eines einzigen Mannes bist oder wenn du Priester für einen Stamm und eine Sippe in Israel bist?

20  Das erschien dem Priester gut. Er nahm das Efod, die Terafim und das Gottesbild und begab sich damit unter die Leute.

21  Dann brachen sie auf und zogen weiter. Die Kinder, das Vieh und die Habe führten sie an der Spitze des Zuges mit sich.

22  Als sie schon weit vom Haus Michas weg waren, rief Micha die Männer in den Häusern, die in der Nähe lagen, zusammen und sie verfolgten die Daniter.

23  Sie riefen hinter den Danitern her, diese aber wandten sich um und sagten zu Micha: Was ist los? Warum habt ihr euch zusammengetan?

24  Er antwortete: Ihr habt meinen Gott, den ich mir gemacht hatte, und auch den Priester weggenommen und seid davongezogen. Was habe ich jetzt noch? Wie könnt ihr da zu mir sagen: Was ist los?

25  Die Daniter entgegneten ihm: Lass dein Geschwätz, sonst fallen unsere erbitterten Leute über euch her und du bist selbst schuld, wenn du zusammen mit deiner Familie das Leben verlierst.

26  Dann zogen die Daniter auf ihrem Weg weiter. Micha aber sah ein, dass sie stärker waren als er, kehrte um und ging nach Hause zurück.

27  Sie aber nahmen das Bild, das Micha angefertigt hatte, samt dem Priester, den er hatte, und überfielen Lajisch, ein ruhiges und friedliches Volk. Sie erschlugen die Leute mit scharfem Schwert und steckten die Stadt in Brand.

28  Niemand konnte zu Hilfe kommen; denn die Stadt lag weit entfernt von Sidon und hatte auch mit den Aramäern nichts zu tun; sie lag im Tal von Bet-Rehob. Die Daniter bauten die Stadt wieder auf und wohnten in ihr.

29  Sie nannten sie Dan, nach dem Namen ihres Stammvaters Dan, der einst dem Israel geboren worden war. Doch früher hatte die Stadt den Namen Lajisch.

30  Die Daniter stellten das Gottesbild bei sich auf und Jonatan, der Sohn Gerschoms, des Sohnes des Mose, und seine Nachkommen dienten dem Stamm der Daniter als Priester bis zu dem Tag, an dem die Bewohner des Landes in die Gefangenschaft geführt wurden.

31  Sie hatten also das Gottesbild, das Micha gemacht hatte, bei sich aufgestellt und (es stand dort) die ganze Zeit über, solange es das Gotteshaus in Schilo gab.‘

 

Die Geschichte beginnt also mit dem harmlosen Bedürfnis, im eigenen Heim ein Bild Gottes aufzustellen, verbunden mit dem Wunsch, dass auf diese Weise auch Gott mit ihnen ist. Sehr bald aber wird dieses Bild geraubt und es dient nun dazu, andere Stämme zu überfallen und damit Macht über andere Menschen zu erlangen.

 

Das Grauenvolle, das offensichtlich in einer Verehrung Gottes in einem Bild zu sehen ist, wird dann im Psalm 97 angesprochen:

 

1 ‚Der Herr ist König. Die Erde frohlocke. Freuen sollen sich die vielen Inseln.

2  Rings um ihn her sind Wolken und Dunkel, Gerechtigkeit und Recht sind die Stützen seines Throns.

3  Verzehrendes Feuer läuft vor ihm her und frisst seine Gegner ringsum.

4  Seine Blitze erhellen den Erdkreis; die Erde sieht es und bebt.

5  Berge schmelzen wie Wachs vor dem Herrn, vor dem Antlitz des Herrschers aller Welt.

6  Seine Gerechtigkeit verkünden die Himmel, seine Herrlichkeit schauen alle Völker.

7  Alle, die Bildern dienen, werden zuschanden, alle, die sich der Götzen rühmen. Vor ihm werfen sich alle Götter nieder.

8  Zion hört es und freut sich, Judas Töchter jubeln, Herr, über deine Gerichte.

9  Denn du, Herr, bist der Höchste über der ganzen Erde, hoch erhaben über alle Götter.

10  Ihr, die ihr den Herrn liebt, hasst das Böse! Er behütet das Leben seiner Frommen, er entreißt sie der Hand der Frevler.

11  Ein Licht erstrahlt den Gerechten und Freude den Menschen mit redlichem Herzen.

12  Ihr Gerechten, freut euch am Herrn und lobt seinen heiligen Namen!‘ 

 

Hier wird offensichtlich, dass das Anfertigen eines Gottesbildes gleichgesetzt wird mit der Verehrung mehrerer Götter, so wie es die Heiden tun. Es geht dann in erster Linie darum, Jahwe, den Gott der Juden, von den Göttern abzuheben, welche von den Heiden verehrt werden, dieser Gott der Juden ist ganz anders als die üblichen Götter, selbst in der Art der Verehrung wird ein deutlicher Trennungsstrich zum heidnischen Glauben gezogen.

 

Auch im Buch der Weisheit Kapitel 14 klingt dieses Thema an :

 

1 ‚Ein anderer, der sich zu einer Seefahrt rüstet, auf der er wilde Wogen durchqueren wird, ruft ein Holz an, das gebrechlicher ist als das Fahrzeug, das ihn trägt.

2  Das Fahrzeug hat der Erwerbstrieb ersonnen und die Weisheit eines Künstlers hergestellt.

3  Deine Vorsehung, Vater, steuert es; denn du hast auch im Meer einen Weg gebahnt und in den Wogen einen sicheren Pfad.

4  Damit zeigst du, dass du imstande bist, aus jeder Lage zu retten, so dass auch jemand, der keine Erfahrung hat, ein Schiff besteigen kann.

5  Du willst, dass die Werke deiner Weisheit nicht ungenutzt bleiben. Darum vertrauen Menschen ihr Leben sogar einem winzigen Holz an und fahren wohlbehalten auf einem Floss durch die Brandung.

6  So hat auch in der Urzeit beim Untergang der übermütigen Riesen die Hoffnung der Welt sich auf ein Floss geflüchtet und, durch deine Hand gesteuert, der Welt den Samen eines neuen Geschlechtes hinterlassen.

7  Denn Segen ruht auf dem Holz, durch das Gerechtigkeit geschieht.

8  Fluch hingegen trifft das von Händen geformte Holz und seinen Bildner, ihn, weil er es bearbeitet hat, jenes, weil es Gott genannt wurde, obwohl es vergänglich ist.

9  Denn Gott sind in gleicher Weise Frevler wie Frevel verhasst; 

10  mit dem Bildner wird sein Werk der Strafe verfallen.

11  Darum kommt auch über die Götzenbilder der Völker das Gericht, weil sie in Gottes Schöpfung zum Gräuel geworden sind, zum Anstoß für die Seelen der Menschen und zur Schlinge für die Füße der Toren.

12  Mit dem Gedanken an Götzenbilder beginnt der Abfall und ihre Erfindung führt zur Sittenverderbnis.

13  Weder waren sie von Anfang an da, noch werden sie ewig bleiben.

14  Durch die eitle Ruhmsucht der Menschen sind sie in die Welt gekommen; darum ist ihnen auch ein jähes Ende zugedacht.

15  Bedrückt durch allzu frühe Trauer ließ ein Vater von seinem Kind, das gar schnell hinweggerafft wurde, ein Bildnis machen; so ehrte er einen toten Menschen als Gott und führte bei seinen Leuten geheime Kulte und festliche Bräuche ein.

16  Im Lauf der Zeit verfestigte sich die frevelhafte Sitte und wurde schließlich als Gesetz befolgt;

17  die Standbilder erhielten auf Anordnung der Herrscher göttliche Verehrung. Konnten die Menschen einen König nicht unmittelbar ehren, weil er weit weg wohnte, dann vergegenwärtigten sie den Fernen; sie machten von dem verehrten König ein Bildnis, das allen sichtbar war, um dem Abwesenden, als ob er gegenwärtig wäre, mit Eifer zu huldigen.

18  Der Ehrgeiz des Künstlers führte dazu, dass auch jene, die den König gar nicht kannten, ihm göttliche Verehrung erwiesen.

19  Wohl um dem Herrscher zu gefallen, bot er seine ganze Kunst auf, um ihn schöner darzustellen, als er war.

20  Von der Anmut des Bildes hingerissen, betete die Menge den, der noch kurz zuvor nur als Mensch geehrt wurde, jetzt wie einen Gott an.

21  Der Welt ist dies zum Verhängnis geworden: Die Menschen haben, unter dem Druck von Unglück oder Herrschermacht, Stein und Holz den Namen beigelegt, der mit niemand geteilt werden kann.

22  Als ob es nicht genug wäre, in der Erkenntnis Gottes zu irren, nennen sie in dem heftigen Zwiespalt, den die Unwissenheit in ihr Leben bringt, so große Übel auch noch Frieden.

23  Bei kindermörderischen Festbräuchen, heimlichen Kulten oder wilden Gelagen mit fremdartigen Sitten 

24  halten sie weder Leben noch Ehe rein, sondern einer tötet heimtückisch den andern oder beleidigt ihn durch Ehebruch.

25  Alles ist ein wirres Gemisch von Blut und Mord, Diebstahl und Betrug, Verdorbenheit, Untreue, Aufruhr und Meineid;

26  es herrscht Umkehrung der Werte, undankbare Vergesslichkeit, Befleckung der Seelen, widernatürliche Unzucht, Zerrüttung der Ehen, Ehebruch und Zügellosigkeit.

27  Die Verehrung der namenlosen Götzenbilder ist aller Übel Anfang, Ursache und Höhepunkt.

28  Sie rasen im Freudentaumel, weissagen Lügen, leben in Ungerechtigkeit oder schwören leichthin einen Meineid.

29  Im Vertrauen auf leblose Götzen fürchten sie nicht, dass ihre Meineide ihnen schaden könnten.

30  Jedoch für beides wird sie die gerechte Strafe treffen: dass sie sich von Gott eine verkehrte Vorstellung machten, indem sie Götzenbilder verehrten, und dass sie unter Missachtung der Heiligkeit des Eides hinterlistig und ungerecht schworen.

31  Es ist nie die Macht derer, bei denen sie schworen, sondern immer die den Sündern gebührende Strafe, die die Vergehen der Frevler verfolgt.

 

Deutlich wird hier davon gesprochen, dass mit dem Versuch, Gott, der vollkommen ist, in Gestalt eines Bildes oder einer Statue zu verehren, der Anfang alles Bösen gesehen werden muss, da alles, was der Mensch gestaltet, unvollkommen ist wie der Mensch selbst. Auch in diesem Buch wird wiederum das Bemühen des Menschen, durch Nachbilden Gottes in einem Bild, Einfluss auf Gott zu nehmen, als ungebührend verworfen.‘ 

 

Dieses Thema wird dann im Buch Jeremias Kapitel 10 fortgesetzt:

 

14 ‚Töricht steht jeder Mensch da, ohne Erkenntnis, beschämt jeder Goldschmied mit seinem Götzenbild; denn seine Bilder sind Trug, kein Atem ist in ihnen.

15  Nichtig sind sie, ein Spottgebilde. Zur Zeit ihrer Heimsuchung gehen sie zugrunde.

16  Anders der Gott, der Jakobs Anteil ist. Denn er ist der Schöpfer des Alls und Israel der Stamm, der ihm gehört. Herr der Heere ist sein Name.‘

 

Dem vom Menschen fabrizierten Gottesbild fehlt der Atem, wiederum ist das vom Menschen Erschaffene unvollkommen und stumm und wird eines Tages wie alles Irdische vergehen und kann gerade deshalb nicht Gott, den ewig Seienden und Vollkommenen – auch nicht nur annähernd – ersetzen.‘

 

Die gleiche Begründung für die Ablehnung, Gott in einem vom Menschen geschaffenen Bildnis zu verehren, finden wir dann schließlich auch bei Habakuk, der in der Zeit der heraufkommenden Bedrohung durch die Chaldäer um 598 v. Chr. als Prophet aufgetreten ist:

 

18 ‚Was nützt ein Götterbild, das ein Bildhauer macht, ein gegossenes Bild, ein Lügenorakel? Wie kann der Bildhauer auf den Götzen vertrauen, auf das stumme Gebilde, das er selber gemacht hat? 

19  Weh dem, der zum Holz sagt: Erwache!, und zum stummen Stein: Wach auf! Gibt der Götze denn Auskunft? Gewiss, er ist mit Silber und Gold überzogen, doch er hat keinen Geist, keinen Atem.

20  Der Herr aber wohnt in seinem heiligen Tempel. Alle Welt schweige in seiner Gegenwart.‘

 

Obwohl das Christentum im Gegensatz zu der jüdischen Religion sehr wohl eine Verehrung Gottes in Bildgestalt sogar in den Gotteshäusern und damit in der Wohnung Gottes zulässt und dieser Wandel seine Ursache in der Weiterentwicklung des jüdischen Glaubens durch Jesus seine Wurzel hat, finden wir diesen Gedanken, dass ein vom Menschen geschaffenes Abbild Gottes trügerisch ist, auch noch bei Paulus. In seinem Brief an die Römer Kapitel 1 heißt es:

 

23 ‚Sie vertauschten die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes mit Bildern, die einen vergänglichen Menschen und fliegende, vierfüßige und kriechende Tiere darstellen.

24  Darum lieferte Gott sie durch die Begierden ihres Herzens der Unreinheit aus, sodass sie ihren Leib durch ihr eigenes Tun entehrten.

25  Sie vertauschten die Wahrheit Gottes mit der Lüge, sie beteten das Geschöpf an und verehrten es anstelle des Schöpfers – gepriesen ist er in Ewigkeit. Amen.‘

 

Der Versuch der Menschen, durch Anfertigung von Abbildern eines Lebewesens Herrschaft über dieses Wesen zu gewinnen, ist allerdings nicht erst in der Zeit, in welcher Abraham lebte, zu beobachten. Bereits für die prähistorische Zeit wurden Höhlenmalereien von Tieren gefunden, welche – so wird vermutet – dazu dienten, Einfluss auf die zu jagenden Tiere zu erhalten. In dem die zu jagenden Tiere an den Höhlenwänden aufgezeichnet wurden, mussten sich die Menschen Klarheit über die Eigenschaften dieser Tiere verschaffen und konnten sich auf diese Weise sehr wohl auch darüber klar werden, auf welche Weise sich diese Tiere besser jagen ließen und damit beherrschbar wurden. Auch hier kommt wieder der Wunsch zum Ausdruck, diese Bilder nicht zur Verehrung, sondern zu ihrer Beherrschung zu gebrauchen.

 

 

3. Das Nichtaussprechen des Namens Gottes

 

Wir erwähnten oben bereits, dass die jüdische Forderung, den Namen Gottes nicht auszusprechen, dem gleichen Anliegen dient wie das Verbot, Gott in Bildern darzustellen. Als Gott Moses beauftragte, zum Pharao zu gehen und den Auszug der Israeliten aus Ägypten zu verlangen (Exodus Kapitel 3,6-15), antwortete Moses, die Israeliten werden mich fragen: Wie heißt er? Was soll ich ihnen darauf sagen?:

 

6  ‚Dann fuhr er (Jahwe) fort: Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs. Da verhüllte Mose sein Gesicht; denn er fürchtete sich, Gott anzuschauen.

7  Der Herr sprach: Ich habe das Elend meines Volkes in Ägypten gesehen und ihre laute Klage über ihre Antreiber habe ich gehört. Ich kenne ihr Leid.

8  Ich bin herabgestiegen, um sie der Hand der Ägypter zu entreißen und aus jenem Land hinaufzuführen in ein schönes, weites Land, in ein Land, in dem Milch und Honig fließen, in das Gebiet der Kanaaniter, Hetiter, Amoriter, Perisiter, Hiwiter und Jebusiter.

9  Jetzt ist die laute Klage der Israeliten zu mir gedrungen und ich habe auch gesehen, wie die Ägypter sie unterdrücken.

10  Und jetzt geh! Ich sende dich zum Pharao. Führe mein Volk, die Israeliten, aus Ägypten heraus!

11  Mose antwortete Gott: Wer bin ich, dass ich zum Pharao gehen und die Israeliten aus Ägypten herausführen könnte?

12  Gott aber sagte: Ich bin mit dir; ich habe dich gesandt und als Zeichen dafür soll dir dienen: Wenn du das Volk aus Ägypten herausgeführt hast, werdet ihr Gott an diesem Berg verehren.

13  Da sagte Mose zu Gott: Gut, ich werde also zu den Israeliten kommen und ihnen sagen: Der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt. Da werden sie mich fragen: Wie heißt er? Was soll ich ihnen darauf sagen?

14  Da antwortete Gott dem Mose: Ich bin der »Ich-bin-da«. Und er fuhr fort: So sollst du zu den Israeliten sagen: Der »Ich-bin-da« hat mich zu euch gesandt.

15  Weiter sprach Gott zu Mose: So sag zu den Israeliten: Jahwe, der Gott eurer Väter, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs, hat mich zu euch gesandt. Das ist mein Name für immer und so wird man mich nennen in allen Generationen.‘

 

Nun ist die Auskunft, dass sich Gott als der ‚Ich bin der »Ich-bin-da‘ ausweist, sicherlich nicht sehr inhaltsreich. Karl Barth hat aus dieser Formulierung auch geschlossen „Ich bin der, dessen eigentlichen Namen niemand nachspricht – das ist bedeutsam genug: Der offenbarte Name selbst soll durch seinen Wortlaut an die Verborgenheit auch und gerade des offenbarten Gottes erinnern. Und der Alttestamentler Ludwig Köhler (1936) betonte zu Ex 3,14: „'Ich bin der ich bin' ist eine Aussage, welche die Auskunft verweigert. Gott gibt Mose nicht das Geheimnis seines Wesens preis. Wer Gott ist, wird Mose an seinem Wirken schon sehen.“

 

Aber eine solche Interpretation lässt sich nur sehr schwer vereinbaren mit der Tatsache, dass doch gerade der Gott Abrahams und Moses als ein Gott charakterisiert wird, der im Gegensatz zu den Göttern der Heiden rings um das Volk Israel in ganz besonderem Maße den Menschen zugetan ist.

 

Er hat sich nicht, wie es das deistische Gottesbild lehrt, nach der Schöpfung zurückgezogen und die Menschheit sich selber überlassen oder er äußert seine Wut und Enttäuschung über das Handeln der Menschen nicht in einem blinden Ausbruch von Naturgewalten wie bei den Göttern, die in Kanaan zur Zeit Abrahams verehrt wurden, er kümmert sich vielmehr um das Schicksal seines auserwählten Volkes, schützt sie vor den Feinden der Israelis und ist immer wieder von Neuem bereit, die Verfehlungen seines Volkes zu verzeihen. Warum sollte ein solcher Gott seine Eigenschaften vor seinem geliebten Volk verbergen wollen?

 

Die verweigerte Preisgabe der Attribute Gottes im Namen dieses Gottes dürfte vielmehr damit zusammenhängen, dass Gott das ganz andere, von den Menschen unterschiedene Wesen darstellt und dass die Menschen gar nicht in der Lage sind, mit Hilfe ihrer Wahrnehmungsorgane das Wesen Gottes auch nur einigermaßen – schon gar nicht voll – zu erfassen.

 

Zwar wurde nach Aussagen des Schöpfungsberichtes der Mensch als Abbild Gottes erschaffen, dies bedeutet aber keinesfalls, dass der Mensch nun in seiner Gesamtheit Gott gleicht. Die Bibel, vor allem das Alte Testament wird nicht müde, immer wieder von Neuem von der Unvollkommenheit der Menschen zu berichten.

 

Diese Unvollkommenheit gilt nicht nur für das einfache Volk, sondern gerade auch für die Auserwählten Gottes. Wir erfahren auf der einen Seite von der Unvollkommenheit der Menschen in moralischer Hinsicht, so ist es David der von Gott gesalbte König, welcher Ehebruch begeht und dann noch den Gatten der Frau, mit der David gesündigt hat, in die Schlacht schickt und die Anordnung gibt, ihn dort hinzuschicken, wo er mit Sicherheit getötet werden wird.

 

Oder nehmen wir das Beispiel des Petrus, welcher nach der Verhaftung Jesu diesen im Vorhof des Kaiphas gegenüber einer dort anwesenden Magd dreimal hintereinander verleugnet: ‚wahrlich ich kenne diesen Menschen nicht‘. Und ausgerechnet diesen Menschen hat Jesus zu seinem Nachfolger bestimmt: ‚Ich aber sage dir: Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. (Matthäus Kapitel 16,18).

 

Und diese Erwählung erfolgte keinesfalls aus Unkenntnis darüber, dass Petrus Jesus später dreimal verraten werde, vielmehr hatte Jesus diesen Verrat bereits nach dem letzten mit den Aposteln gemeinsam gefeierten Passahmahl beim Gang auf den Ölberg vorausgesagt: ‚Amen, ich sage dir: In dieser Nacht, noch ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen.‘ (Matthäus Kapitel 26,34)

 

Die in der Heiligen Schrift geschilderte Unvollkommenheit der Menschen bezieht sich aber auf der anderen Seite auch auf die allgemeinen Fähigkeiten der Menschen. Seit dem die Menschen aus dem Paradies vertrieben sind, ist ihr ganzes Tun recht unvollkommen und mühsam. Wir erfahren aus der Bibel:

 

16. ‚Zur Frau (EVA) sprach er (Gott): Viel Mühsal bereite ich dir, sooft du schwanger wirst. Unter Schmerzen gebierst du Kinder. Du hast Verlangen nach deinem Mann; er aber wird über dich herrschen.

17  Zu Adam sprach er: Weil du auf deine Frau gehört und von dem Baum gegessen hast, von dem zu essen ich dir verboten hatte: So ist verflucht der Ackerboden deinetwegen. Unter Mühsal wirst du von ihm essen alle Tage deines Lebens.

18  Dornen und Disteln lässt er dir wachsen und die Pflanzen des Feldes musst du essen.

19  Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis du zurückkehrst zum Ackerboden; von ihm bist du ja genommen. Denn Staub bist du, zum Staub musst du zurück.‘ (Genesis Kapitel 3,16-19)

 

Obwohl schon mehrere Tausend Jahre ein ganzes Heer von Wissenschaftlern die Naturgesetze zu erkunden versucht, ist man sich im Allgemeinen einig, dass bisher nur ein Bruchteil der Naturgesetze erkannt wurde. Dies bedeutet aber, dass uns in dem Bemühen, der Weisung Gottes zu folgen und uns ‚die Erde untertan zu machen‘ immer wiederum verheerende Fehlurteile und damit auch Fehlentscheidungen unterlaufen, die zu schweren Schäden führen.

 

Ganz im Gegensatz hierzu unterstellen wohl alle gläubigen Menschen, dass Gott vollkommen ist, in den verschiedenen monotheistischen Religionen geht man davon aus, dass Gott allmächtig, allwissend, gerecht und barmherzig ist.

 

Er ist allmächtig, da er mit der Schöpfung die Naturgesetze etabliert hat. Da nach seinem Willen der einzelne Mensch frei ist, sich für oder auch gegen Gott zu entscheiden, entstehen durch Menschen Schaden und Ungerechtigkeiten und deshalb mag Gott einzelne Schlachten verlieren, er wird aber im Kampf um das Böse letztendlich am Ende der Zeiten diesen Krieg gewinnen.

 

Gott ist allwissend, dies will heißen, nur Gott kann in die Herzen der Menschen schauen, die Menschen sind sich niemals hundertprozentig sicher, ob sie den Aussagen ihrer Mitmenschen trauen können.

 

Gott ist gerecht, es wird uns zwar aufgrund unserer Unvollkommenheit hier auf Erden niemals gelingen, eine absolute Gerechtigkeit zu garantieren und jedes Verbrechen gerecht zu bestrafen, gläubige Menschen rechnen jedoch fest damit, dass am Ende der Zeiten jeder gute Mensch seinen gerechten Lohn, die bösen Menschen aber ihre gerechte Strafe erfahren.

 

Gott ist schließlich barmherzig, da er den sündigen Menschen immer wieder verzeiht, mögen ihre Vergehen noch so groß sein und noch so häufig auftreten. Einzige Voraussetzung dafür, dass dem Sünder von Gott verziehen wird, ist dass er Reue zeigt, ehrlichen Gewissens zu einer Umkehr bereit ist und seinerseits seinen Mitmenschen, die sich ihm gegenüber versündigt haben, ebenfalls verzeiht.

 

 

4. Schlussfolgerungen

 

Wenn wir also davon ausgehen müssen, dass Gott insgesamt ganz anders ist als die Menschen und wenn wir weiterhin berücksichtigen, dass wir mit unseren Wahrnehmungsorganen nur irdische Gesetzmäßigkeiten auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen können, dass wir unfähig sind, überirdische, metaphysische Wahrheiten endgültig zu verifizieren oder zu falsifizieren, wird es uns auch niemals gelingen, das Wesen Gottes voll zu erfassen. Wenn wir nun den Versuch machen wollten, mit Hilfe der Namensgebung die Eigenschaften Gottes zu fassen, müssen wir notwendiger Weise scheitern.

 

Es gelingt uns also nicht das Wesen Gottes zu ergründen und deshalb besteht stets die Gefahr, dass wir dann, wenn wir mit einem Namen bestimmte Eigenschaften zu umreißen versuchen, die eigentlich nur auf den Menschen zutreffen, im Grunde gerade deshalb ein falsches und irreführendes Bild von Gott gewinnen.

 

So mag es zu erklären sein, dass sich dann Gott mit dem Namen: ‚ich bin der ich bin‘ zu erkennen gibt und damit kundtut, dass er anders als wir Menschen ist und deshalb auch für den Menschen nicht ergründet werden kann.

 

Im Grunde liegt hier der gleiche Grund für das Nichtaussprechen des Namen Gottes vor wie bei dem im ersten Gebot verkündete Verbot, sich von Gott ein Bildnis zu schaffen. Bei dem Versuch, Gott in einem Bildnis darzustellen und anzubeten, dürften die Gefahren, dass Gott menschliche oder irdische und damit falsche Züge angedichtet werden, sogar noch größer sein als bei einer Namensgebung für Gott. Mit dem Namen wird vorwiegend der Verstand, mit dem Bildnis werden jedoch gleichzeitig auch die Sinne angesprochen.