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Wunder, gibt’s die überhaupt?

 

 

 

Gliederung:

 

1. Einführung

2. Wunder in der Wissenschaft

3. Wunder in der Bibel

4. Wunder in der Religion

 

 

 

1. Einführung

 

Wir wollen uns in diesem Artikel mit der Frage befassen, ob es überhaupt Wunder gibt und welche Rolle Wundern – falls es sie gibt bzw. falls an die Existenz von Wundern geglaubt wird – im alltäglichen Leben spielen. Wir wollen hierbei zwischen zwei ‚Welten‘ unterscheiden: der Bedeutung von Wundern im Rahmen der Wissenschaften sowie in den einzelnen Religionen. Und da vor allem für die Juden, Christen und Moslems die Heiligen Schriften zur Beantwortung dieser Frage maßgeblich sind, wollen wir die Frage nach der Bedeutung von Wundern in der christlichen Religion mit der Untersuchung beginnen, welche Rolle denn Wundern in der Heiligen Schrift zugewiesen wird, wobei wir uns allerdings auf das Alte und Neue Testament der christlichen Religion beschränken möchten.

 

Es gibt wohl kaum einen Themenbereich, der so kontrovers diskutiert wird wie gerade die Frage, ob es überhaupt Wunder gibt und welche Bedeutung ihnen zuerkannt wird. Für den Wissenschaftler fällt die Existenz von Wundern in den Bereich des Aberglaubens, der in der Vergangenheit von Seiten der Religion genährt worden sei, für einen Wissenschaftler werden die Vorkommnisse hier auf Erden und im Weltall durch Naturgesetze geregelt, hier ist kein Platz dafür, dass sich Wunder tatsächlich ereignen.

 

Dass in der Öffentlichkeit trotzdem immer wieder von Wundern gesprochen wird, kann nach Auffassung der Wissenschaft darauf zurückgeführt werden, dass unser Wissen unvollkommen ist und vermutlich trotz gewaltigen wissenschaftlichen Fortschritts auch in Zukunft niemals vollkommen sein wird. Im Hinblick auf Wunder kann nur davon gesprochen werden, dass bestimmte Ereignisse heutzutage mangels ausreichendem Wissen noch nicht erklärt werden können, es wird aber zumeist die sichere Erwartung damit verbunden, dass auch diese heute nicht erklärbaren Vorkommnisse eines Tages aufgrund verbesserten Wissens sehr wohl als Ergebnis des Wirkens der Naturgesetze erklärt werden können.

 

Drei Fragen sollen hierbei im Mittelpunkt unserer Analyse stehen: Wir haben erstens zu klären, was wir überhaupt unter Wundern zu verstehen haben. Wir werden dann zweitens die Frage untersuchen müssen, wie denn die Existenz oder auch Nichtexistenz eines Wunders erklärt wird, hier dürften die größten Unterschiede zwischen den einzelnen Betrachtungsweisen sichtbar werden. Drittens schließlich gilt es zu untersuchen, welche Rolle denn die Wunder im Rahmen des Weltbildes der einzelnen Sichtweisen einnehmen.

 

Zwar voneinander unterschieden, aber doch eng damit verbunden steht die andere Frage nach der Bedeutung des persönlichen Schicksals. Sind die Menschen in ihrem Handeln frei oder sind gewissermaßen alle Handlungen und Ereignisse der einzelnen Menschen von vornherein vorherbestimmt und durch den Menschen gar nicht beeinflussbar. Auch in dieser Frage scheiden sich die Antworten zwischen diesen hier zu analysierenden zwei Sichtweisen. Die Wissenschaft war zumindest in der Zeit des Aufbruchs der Aufklärung von der Idee überzeugt, dass der Mensch im Grunde alles machen und gestalten könne, dass der Menschheit keine Begrenzungen auferlegt sind und dass zur Verwirklichung dieses Wunschtraumes lediglich die Fesseln, welche der Glaube im Mittelalter den Menschen angelegt habe, gesprengt werden müssten. Wir werden allerdings sehen, dass sich gerade in dieser Frage zwischenzeitlich auch im wissenschaftlichen Bereich sehr differenzierte Konzeptionen entwickelt haben.

 

Im Alltag begegnen wir im Hinblick auf die Bedeutung des persönlichen Schicksals oftmals recht extremen Auffassungen. Erfährt jemand außerordentliches Leid, so werden viele Menschen nur dadurch mit diesem Ereignis fertig, in dem sie es als Ergebnis eines vorherbestimmten Schicksals ansehen, das nicht beeinflusst werden kann und viele verbinden mit diesem Glauben die Hoffnung, dass es sich in Zukunft einmal – wenn es ein gläubiger Mensch ist, vielleicht erst im Jenseits – erweisen wird, dass auch dieses Ereignis seinen Sinn hatte und sich schließlich für den Betroffenen zum Guten wende. Wieder andere geben sich einer fatalistischen Haltung hin, wonach der Einzelne den Gewalten dieser Erde machtlos ausgeliefert sei.

 

In dieser Frage nehmen die Religionen – auch hier wollen wir uns auf den christlichen Glauben beschränken – eine mittlere Position ein. Auf der einen Seite ist es für einen Gläubigen sicher, dass Gott diese Welt erschaffen hat und dass deshalb alles, was sich auf dieser Erde oder im Kosmos ereignet, durch den Willen Gottes geschieht. Auf der anderen Seite glauben die Christen aber auch daran, dass Gott den Menschen als sein Ebenbild erschaffen hat und dies bedeutet in allererster Linie, dass auch die Menschen als freie Wesen erschaffen wurden, denen es frei steht, sich für oder gegen Gott zu entscheiden und die Gebote Gottes zu beachten oder ihnen zuwiderhandeln. Insofern liegt es nach dieser Auffassung durchaus in der Macht des Menschen, sein Geschick selbst in die Hand zu nehmen und zumindest in begrenztem Maße hierauf Einfluss zu nehmen.

 

Wenn man von Wunder spricht, denkt man in allererster Linie an freudige Ereignisse. Es ist ein Wunder, dass jemand, der von einer Krankheit befallen war, die ganz allgemein als tödlich eingestuft wurde, dann trotzdem geheilt wurde. Oder es ist ein Wunder, dass jemand aus einer Situation, die als auswegslos angesehen werden musste, dann doch noch zu allerletzt einen Ausweg aus der vermeintlichen Sackgasse gefunden hat.

 

Aber Wunder können natürlich auch Leid bringen. Wenn es nach der Erzählung des Alten Testamentes Josua in letzter Minute gelingt, seine Feinde mit Gottes Hilfe trotz drückender Übermacht des Gegners zu besiegen und zu vernichten, dann mag dieses Wunder, das Gott bewirkt hat, für die kämpfenden Juden ein erfreuliches Ereignis gewesen sein. Für die Kanaaniter, die vernichtend geschlagen wurden, war das gleiche Ereignis ein sehr leidvolles Geschehen. Oder nehmen wir als zweites Beispiel die Wunder, welche Moses auf Anweisung Gottes vor dem Pharao bewirkte, auch sie waren ein zweischneidiges Schwert: Für Moses und die Juden bewirkten diese Wunder, dass der Pharao zähneknirschend die Juden ziehen ließ, für den Pharao selbst führten die verschiedenen Plagen fast zum Ruin des ägyptischen Staates.

 

Legen wir den Duden zugrunde, so kann mit dem Begriff ‚Wunder‘ im Grunde zweierlei Inhalt verbunden werden.

 

Erstens wird an einen ‚außerordentlichen, staunenerregenden, der Erfahrung oder den Naturgesetzen zuwiderlaufenden Vorgang gedacht: Es ist ein Wunder geschehen; es war ein Wunder, dass er befreit wurde; nur ein Wunder kann sie noch retten; die Geschichte klingt wie ein Wunder; sie hofften auf ein Wunder.‘

 

Zweitens wird mit diesem Begriff einfach etwas verbunden, ‚was in seiner Art, durch sein Maß an Vollkommenheit das Gewohnte, Übliche weit übertrifft und Staunen erregt und eine große Leistung darstellt: Diese Brücke ist ein Wunder der Technik; die Apparate sind wahre Wunder an Präzision oder er wird sein blaues Wunder – gemeint ist eine böse Überraschung – erleben.‘ Während im ersten Falle ein Wunder mit den Naturgesetzen nicht erklärt werden kann, können Wunder der zweiten Art sehr wohl als Ergebnis naturgesetzlicher Vorgänge angesehen werden.

 

 

2. Wunder in der Wissenschaft

 

Wenden wir uns nun als erstes der Bedeutung von Wundern im Rahmen der Wissenschaft zu. Wir hatten eingangs davon gesprochen, dass der Wissenschaftler im Allgemeinen an die Existenz von Wundern nicht glaubt. Für ihn würde ein Wunder dann vorliegen, wenn es nicht durch die Naturgesetze erklärt werden kann. Zwar kann natürlich auch die Wissenschaft nicht umhin, zuzugeben, dass nicht alle Phänomene ausreichend erklärt werden können. Das liegt jedoch nach Auffassung der meisten Wissenschaftler nicht daran, dass diese Ereignisse den Naturgesetzen widersprechend eingetreten sind, vielmehr müsse davon ausgegangen werden, dass restlos alle Ereignisse hier auf Erden und im Kosmos aufgrund des Wirkens der Naturgesetze erfolgt sind. Nur deshalb, weil unser Wissen heute noch unvollkommen ist, sind wir heute noch nicht in der Lage, bestimmte Ereignisse zu erklären. Verbunden mit diesem Zugeständnis wird die Hoffnung verbunden, dass in naher oder auch entfernter Zukunft einmal auch diese heute unerklärlichen Ereignisse befriedigend auf das Wirken der Naturgesetze zurückgeführt werden können.

 

Bei näherem Zusehen erweist es sich jedoch, dass im Einzelnen in dieser Frage von Seiten der Wissenschaft doch sehr unterschiedliche Positionen vertreten werden. Wir wollen deshalb an dieser Stelle unsere Frage nach der Möglichkeit von Wundern von drei Seiten aus beleuchten. Wir beginnen mit der Position eines Wissenschaftstheoretikers, der sich mit der Frage befasst, was wir denn überhaupt wissen können und wo die Grenzen unseres Wissens liegen, wir werden uns dann in einem zweiten Schritt mit Positionen der Medizin befassen, welche im Zusammenhang mit der Diskussion über Placeboeffekte einräumen musste, dass offensichtlich Medikamente, die überhaupt keinen Wirkstoff enthalten, trotzdem die erhoffte Wirkung zeigen können. Und wir werden drittens uns kurz mit den Feststellungen der Psychologie und hier insbesondere der Parapsychologie auseinandersetzen, deren Vertreter glauben nachgewiesen zu haben, dass Ereignisse tatsächlich belegt sind, welche nach den Gesetzen der traditionellen Wissenschaft überhaupt gar nicht möglich sein dürften.

 

Fragen wir also als erstes nach der Antwort des Wissenschaftstheoretikers auf die Frage, ob es überhaupt Wunder gibt. Im Rahmen der Wissenschaftstheorie wird die Entdeckung unseres gesamten Wissens im Grunde auf die Existenz zweier Organe zurückgeführt. Wir gelangen zu neuem Wissen einmal mit Hilfe unserer Sinnesorgane, zum andern dadurch, dass wir mit Hilfe unseres Verstandes aus diesen Beobachtungen Schlussfolgerungen ziehen, wir verallgemeinern und wir schließen Widersprüche aus.

 

Mit den Sinnesorganen machen wir Beobachtungen, wir sehen oder hören oder ertasten bestimmte Ereignisse und wenn wir feststellen, dass zwei oder mehrere Vorgänge immer wieder gleichzeitig oder kurz hintereinander in einer ganz bestimmten Gesetzmäßigkeit auftreten, bilden wir eine Hypothese über diese Zusammenhänge. Und wenn es uns dann gelingt, durch zahlreiche empirische Untersuchungen, diese Beobachtungen zu bestätigen, sprechen wir von einer Theorie, welche durch empirische Untersuchungen bestätigt wurde.

 

Allerdings unterliegen wir Menschen bei diesen Untersuchungen gewissen Begrenzungen. Erstens können wir nur Dinge mit unseren Sinnen beobachten, welche hier auf Erden oder im Kosmos stattfinden. Metaphysische Fragen, wie z. B. ob die Welt von einem Gott erschaffen wurde oder rein zufällig entstanden ist oder ob es ein Leben nach dem Tode gibt, lassen sich mit Hilfe unserer Sinne nicht erforschen. Und zwar ist damit nicht in erster Linie gemeint, dass unsere Sinne nicht immer ein exaktes Abbild der Wirklichkeit darstellen oder dass sehr wohl in Einzelfällen Sinnestäuschungen aufgrund der Unvollkommenheit der Sinnesorgane möglich sind.

 

Diese Schwächen mindern nicht die Tatsache, dass wir in aller Regel gerade diese Unvollkommenheiten erkennen können und dass wir deshalb auch in der Lage sind, diese Unvollkommenheiten zu beseitigen oder zumindest zu verringern. Bei metaphysischen Fragen scheitern unsere Sinnesorgane grundsätzlich, es sind nicht nur partielle Unvollkommenheiten, welche unsere Sicht trüben, vielmehr sprechen unsere Sinnesorgane diese Fragenkomplexe gar nicht an, so wie wenn ein Instrument, das Lichtwellen wahrnimmt, gar nicht die Fähigkeit aufweist, gleichzeitig Gerüche oder Geschmacksempfindungen wahrzunehmen.

 

Eine zweite Begrenzung unserer Wahrnehmungsorgane besteht darin, dass wir Gesetzmäßigkeiten, welche für eine ganz bestimmte Gruppe von Objekten formuliert werden, zwar falsifizieren, aber niemals verifizieren können. Machen wir uns diese Begrenzung an der Hypothese klar, dass alle Unternehmer den Versuch machen, ihren Gewinn zu maximieren.

 

Finden wir durch unsere Beobachtungen nur einen einzigen Unternehmer, welcher nicht dieser Maxime entsprechend handelt, so ist diese generelle Behauptung, ‚alle Unternehmer maximieren den Gewinn‘ bereits widerlegt, da wir ja einen Unternehmer gefunden haben, der dieser Maxime nicht folgt.

 

Wie steht es aber mit der möglichen Verifizierung dieser Hypothese? Es gibt keine Möglichkeit, eine allgemeine Gesetzmäßigkeit eindeutig in dem Sinne zu verifizieren, dass sie restlos für alle Objekte, in unserem Falle also für alle Unternehmer gültig wäre. Es dürfte schon sehr schwierig sein, diese These für alle heute lebenden Unternehmer zu überprüfen. Ein solcher Versuch würde bereits an den immensen Kosten einer solchen empirischen Überprüfung scheitern, ganz geschweige davon, dass wir auch über keine Mittel verfügen, alle Unternehmer zu zwingen, sich an einer solchen Überprüfung zu beteiligen, auch könnte ein Unternehmer oftmals ein bestimmtes Verhalten nur vortäuschen, ohne dass er in dieser Absicht eindeutig überführt werden könnte.

 

Aber nehmen wir einmal an, wir könnten diese Schwierigkeiten überwinden und wären also in der Lage, alle heute lebenden Unternehmer auf diese Frage hin zu überprüfen und korrekte Antworten zu erhalten. Aber wie steht es mit den Unternehmern, welche in der Vergangenheit gelebt haben? De facto wurden in der Vergangenheit nicht alle damals lebenden Unternehmer auf dieses Verhalten hin getestet.

 

Des Weiteren hat eine allgemeine Gesetzmäßigkeit unabhängig von Raum und Zeit zu gelten, es fehlt uns auf jeden Fall der Nachweis, ob sich auch die Unternehmer in Zukunft an diese Maxime halten. Dies bedeutet, dass wir gar nicht in der Lage sind, Gesetzmäßigkeiten eindeutig zu verifizieren. Wir begnügen uns deshalb bei der Überprüfung allgemeiner Hypothesen darauf, in einigen wenigen Fällen das behauptete Verhalten zu überprüfen. Und wenn es uns zum wiederholten Male nicht gelungen ist, eine Hypothese auf diese Weise zu widerlegen, so sprechen wir davon, dass sie vorläufig bestätigt wurde, dass es nicht gelungen ist, sie zu widerlegen, wir fügen jedoch hinzu, dass diese Bestätigung nur vorläufig, also nicht endgültig gilt, da in Zukunft sehr wohl Fälle bekannt werden könnten, bei denen dieses Verhalten nicht festgestellt wird.

 

Wir gehen in diesem Falle davon aus, dass das Auftreten der in der Hypothese aufgestellten Beziehungen abhängt von einer oder mehrerer Voraussetzungen, von denen nie mit hundertprozentiger Gewissheit bekannt sein kann, ob wir bereits alle diese Voraussetzungen kennen. Es muss stets mit der Möglichkeit gerechnet werden, dass bestimmte Ereignisse von Voraussetzungen abhängen, welche heute tatsächlich vorliegen, aber als solche nicht erkannt werden. Wenn nun in der Zukunft diese notwendige Voraussetzung entfällt, würde das hier getestete Ergebnis nicht mehr vorliegen und es würde offensichtlich, dass unsere Hypothese korrigiert werden muss, in unserem Falle vielleicht dadurch, dass wir die These vom gewinnmaximierenden Verhalten einschränken auf die Fälle, in denen die Unternehmer einem intensiven Wettbewerb ausgesetzt sind und zu diesem Verhalten gedrängt werden, während wir dann von Monopolisten diese These nicht mehr als gegeben und selbstverständlich annehmen könnten.

 

Versuchen wir nun dieses Wissenschaftsbild auf die Frage anzuwenden, ob wir – wie oben angedeutet  – wissenschaftlich einwandfrei feststellen können, dass es gar keine Wunder geben könne. Beginnen wir mit einem konkreten Einzelfall: Zur Diskussion stehe die Frage, ob die Heilung eines Kranken, der von einer tödlichen Krankheit befallen sei, als Wunder eingestuft werden kann. Der Wissenschaftler kann hier allenfalls feststellen, dass es entweder nach heutigem Wissensstand keine Möglichkeit gibt, diese Heilung zu erklären – man müsste aber einschränkend hinzufügen, dass es durchaus denkbar ist, dass in Zukunft wissenschaftliche Erkenntnisse gewonnen werden können, aufgrund derer eine Heilung dieser Krankheit aufgrund bestimmter Naturgesetzmäßigkeiten erklärt werden kann.

 

Oder aber es ist auch denkbar, dass man zu dem Ergebnis kommt, dass diese konkrete Heilung sehr wohl mit den heute gültigen Erkenntnissen erklärbar erscheint. Aber gerade deshalb, weil unser Wissen immer unvollkommen ist, müsste man auch in diesem Falle einräumen, dass es auch denkbar wäre, dass der hier unterstellte Zusammenhang in Wirklichkeit die Heilung nicht bewirkt habe, dass diese Heilung vielmehr aufgrund eines anderen, heute noch nicht erklärbaren Zusammenhanges zustande kam.

 

Wir haben unser Beispiel zunächst auf einen Einzelfall bezogen, wollten also überprüfen, ob wir für einen konkreten Fall einer Heilung aus wissenschaftlicher Sicht von einem Wunder sprechen oder auch dieses ausschließen können. Viel wichtiger ist jedoch die Frage, ob aus wissenschaftlicher Sicht die allgemeine These, es kann keine Wunder geben, bewiesen werden kann, ob also alle Fälle, bei denen ein bestimmtes Ereignis nicht erklärt werden kann, eindeutig damit begründet werden können, dass unser Wissen unvollkommen ist, dass wir aber dann, wenn wir über vollkommenes Wissen verfügen könnten, Wunder eindeutig ausschließen müssten.

 

Hier stehen wir nach oben Gesagtem vor dem eindeutigen Dilemma, dass gerade diese präzise Antwort mit den Mitteln der empirischen Wissenschaft gar nicht gegeben werden kann. Gerade weil wir davon ausgehen müssen, dass unser Wissen über die Naturgesetze immer unvollkommen bleiben wird, können wir auch niemals exakt ausschließen, dass bestimmte Ereignisse außerhalb der Naturgesetze auftreten können. Dieser Schluss wäre nur möglich, wenn wir eines Tages über ein vollkommenes Wissen über die Naturgesetze verfügen könnten.

 

Wir kommen also zu dem Ergebnis, dass die häufig formulierte These, ‚aus wissenschaftlicher Sicht könne es gar keine Wunder geben, alle Ereignisse auf dieser Erde und im Kosmos könnten zumindest grundsätzlich auf das Wirken der Naturgesetze zurückgeführt werden‘ eine zwar hilfreiche, aber keinesfalls bewiesene, noch nicht einmal beweisbare Hilfshypothese darstellt.

 

Befassen wir uns nun mit einem bestimmten Aspekt der medizinischen Wissenschaft. An und für sich wird im Rahmen der medizinischen Wissenschaft die Möglichkeit echter Wunder abgelehnt und entsprechend der traditionellen Medizin wird davon ausgegangen, dass Medikamente nur dadurch einem Heilungserfolg ermöglichen, dass die in einem Medikament enthaltenen Wirkstoffe auf die erkrankten Körperfunktionen unmittelbar einwirken. Trotzdem konnte im Rahmen empirischer Untersuchungen aufgezeigt werden, dass der Heilungserfolg in ganz entscheidendem Maße nicht nur von den objektiven Eigenschaften der verabreichten Medikamenten, sondern auch von der inneren Haltung der Patienten abhängt.

 

In empirischen Untersuchungen wurde nachgewiesen, dass es so etwas wie einen Placeboeffekt gibt. Ein Placebo liegt hierbei vor, wenn bestimmte Medikamente eine positive Wirkung zeigen, obwohl sie keinerlei spezifische Wirkstoffe enthalten. In diesen Untersuchungen wurden die Testpersonen in zwei Gruppen eingeteilt, die erste Gruppe erhielt das normale Medikament mit den entsprechenden Wirkstoffen, die zweite Gruppe hingegen ein Placebo. Den Testpersonen wurde verschwiegen, dass es sich in dem einen Teil nur um ein Medikament ohne jeglichen Wirkstoff handelt. Auch ließ die äußere Aufmachung des Medikamentes sowie der Beipackzettel nicht erkennen, dass die Wirkstoffe gar nicht in den Pillen enthalten waren. Die Patienten der zweiten Gruppe mussten also davon ausgehen, dass sie die ganz normalen Medikamente verabreicht bekamen. Obwohl nun eigentlich das Placebo keinerlei Heilungseffekt haben dürfte, traten bei einem Teil dieser zweiten Gruppe trotzdem eindeutige Heilungserfolge ein.

 

Diese Untersuchungen wurden nun dadurch noch verbessert, dass die zweite Gruppe der Testpersonen, denen nur ein Placebo überreicht wurde, nochmals in zwei Untergruppen geteilt wurde, bei der ersten Untergruppe war der verschreibende Arzt darin eingeweiht, dass das verabreichte Medikament ein Placebo war, bei der zweiten Untergruppe hingegen ging der behandelnde Arzt selbst davon aus, dass ein wirksames Medikament eingenommen wurde. Es stellte sich heraus, dass in der zweiten Untergruppe der Heilungserfolg sehr viel größer war als in der ersten Untergruppe. Dieser Unterschied lässt sich damit erklären, dass der Heilungserfolg entscheidend davon abhängt, ob der Patient an den Erfolg glaubt und dass dieses Vertrauen dann sehr viel größer ist, wenn auch der behandelnde Arzt vom Erfolg der von ihm verabreichten Medikamente überzeugt ist.

 

Dass der Heilungserfolg bestimmter medizinischer Maßnahmen auch davon abhängt, inwieweit der Patient davon überzeugt ist, dass die eingeleitete Therapie auch zum Erfolg führt, wurde in weiteren empirischen Untersuchungen bewiesen. So wurden z. B. in einer Untersuchung das Hirn der Testpersonen einer Reizung mit Strom ausgesetzt, wobei der die Untersuchung durchführende Wissenschaftler der Testperson jeweils mitteilte, wie groß die Stromstärke sei und mit welchen Schmerzen gerechnet werden müsse. Der Trick dieser Untersuchung bestand nun darin, dass die Mitteilungen des Leiters dieser Untersuchung nicht mit den tatsächlich verabreichten Stromschlägen übereinstimmten.

 

Die Testpersonen reagierten nun, wie man eigentlich hätte erwarten müssen, nicht entsprechend der tatsächlichen, sondern der angekündigten Stromstärke. Offensichtlich gab für das Schmerzempfinden der Testpersonen wiederum die Erwartung und nicht primär die tatsächliche Ursache den entscheidenden Ausschlag.

 

Diese Ergebnisse lassen sich in einen größeren Zusammenhang einordnen. Offensichtlich hängt eben der medizinische Erfolg nicht nur allein von den eingeschlagenen therapeutischen Maßnahmen ab, sondern wird vielmehr auch in entscheidendem Maße von der aktiven Haltung des Patienten mitbestimmt. Der Patient muss die vorgeschriebenen Verhaltensweisen auch minutiös einhalten, er muss unter Umständen seine gesamte Lebensführung umstellen und auch innerlich bereit sein, den Erfolg zu wollen und an den Erfolg zu glauben.

 

Würde man nun den Grundüberzeugungen der traditionellen Medizin folgen, müsste man eigentlich bei der positiven Wirkung der eingenommenen Placebos von einer Art Wunder sprechen, die man mit Hilfe der Medizin nicht erklären kann. Natürlich bleibt entsprechend den oben gemachten Überlegungen immer die Möglichkeit, darauf hinzuweisen, dass auch die Placebowirkung eines Tages mit Hilfe der medizinischen Wissenschaft eindeutig erklärt werden kann, dass diese Nichterklärbarkeit bei den ersten Placebo-Untersuchungen nur darauf zurückzuführen ist, dass die augenblickliche Medizin den Wirkungsprozess bei diesen Medikamenten noch nicht ausreichend erforscht hat.

 

In der Tat geht man heute allgemein davon aus, dass auch die Haltung des Patienten für Erfolg oder Misserfolg einer Behandlungsmethode verantwortlich ist, auch weiß man dass der medizinische Erfolg dadurch erhöht werden kann, dass es dem behandelnden Arzt gelingt, beim Patienten den Eindruck zu erwecken, dass er selbst von den eingeleiteten Therapiemaßnahmen voll überzeugt ist. Wie jedoch die objektiven Medikamentengaben und die innere Haltung des Patienten zusammenarbeiten, um einen Erfolg herbeizuführen, ist damit noch lange nicht restlos geklärt.

 

Aber selbst in der modernen Physik gewinnen Phänomene an Bedeutung, welche in der Vergangenheit als Hirngespinste abgetan wurden. In Romanen des ‚Science Fiktion‘ lassen sich wie durch Wunder Menschen oder andere höhere Lebewesen mittels gewisser Vorrichtungen in sekundenschnelle von einem Ort an einen ganz entfernten Ort versetzen, also ‚beamen‘, ohne dass hierzu die in unserer realen Welt bekannten Fahrzeuge eingesetzt werden. Es wird hier von allen Zellen (kleinsten Teilchen) des zu beamenden menschlichen Körpers eine Kopie an einen anderen Ort ausgestrahlt, im Anschluss daran wird der Körper an der Ausgangsstelle zerstört (dematerialisiert) und an der neuen Stelle aufgebaut (materialisiert).

 

Selbstverständlich lässt sich auch nach modernsten Erkenntnissen ein solches Beamen über weite Strecken weder erklären noch verwirklichen. Trotzdem ist der modernen Physik im Rahmen der Theorie der Quantenmechanik ein ähnlicher Vorgang und zwar eine Teleportation gelungen: Ausgangspunkt sind sogenannte „verschränkte Teilchen“, welche in ein und demselben Prozess gleichzeitig erzeugt werden und welche jeweils entgegengesetzte Eigenschaften aufweisen. Befinden sich zwei solche verschränkte Teilchen an zwei verschiedenen Orten, so kann man durch Verändern z. B. der Polarisation eines Teilchens am Ort A die Polarisation des Teilchens an dem anderen Ort B verändern.

 

Schließlich wollen wir uns kurz mit der Parapsychologie befassen. Gegenstand dieses Zweiges der Psychologie sind das ‚Bewegt werden‘ von Gegenständen, ohne dass diese Bewegungen mit Hilfe unserer Sinne wahrgenommen werden können (die sogenannte Telekinese), weiterhin das Wahrnehmen seelischer Ereignisse anderer Menschen ohne Vermittlung der Sinnesorgane (die sogenannte Telepathie), wobei ein Sonderfall die Präkognition darstellt, bei der – wiederum nicht mittels unserer Sinne – zukünftige Ereignisse vorausgesagt werden. Schließlich gehören zu diesem Kreis von Studienobjekten der Parapsychologie auch die Geistmaterialisation, also die Kontaktaufnahme mit Geistern aus dem Jenseits. Entsprechend unserer oben erwähnten Definition eines Wunders, also eines Ereignisses, das nicht auf das Wirken der Naturkräfte zurückgeführt werden kann, handelt es sich hierbei in der Tat um Wunder.

 

Die Parapsychologie ist in erster Linie bestrebt, solche nicht sinnlich wahrnehmbaren Ereignisse zu dokumentieren, also nachzuweisen, dass es solche Phänomene gibt oder vielleicht auch nur überprüfen, ob solche Phänomene nachgewiesen werden können, es geht hier vor allem auch darum, die zahlreichen Tricks und bewussten Täuschungen zu entlarven, welche von denjenigen angewandt werden, welche vorgeben, solche außersinnliche Fähigkeiten zu besitzen. Die Vertreter der Parapsychologie geben an, dass es ihnen auch tatsächlich gelungen sei, bestimmte Vorgänge zu dokumentieren, bei denen es trotz akribischer Untersuchungen nicht gelungen ist, sie als unwahr zu erkennen.

 

Die Parapsychologie wird von einem Teil der klassischen Psychologie abgelehnt, da es ihr bisher nicht gelungen ist, die aufgezeigten außersinnlichen Vorfälle zu reproduzieren, also in einem nachträglichen Experiment zu wiederholen, eine Forderung, welche von jeder ernst zunehmenden empirischen Wissenschaft zu erfüllen ist. Nur dadurch, dass bestimmte Zusammenhänge, welche in einer Theorie erklärt werden sollen, mehrmals nachgewiesen werden, kann eine gewisse Sicherheit darüber gewonnen werden, dass diese Zusammenhänge tatsächlich existieren. Vor allem wird von anderen Psychologen moniert, dass die Parapsychologie bisher keine ernst zunehmenden Versuche unternommen hat, die beobachteten Phänomene zu erklären und deshalb auf einer Vorstufe wissenschaftlichen Arbeitens, dem Sammeln von Beobachtungen stehen bleibt.

 

 

Fortsetzung folgt!